EU-Beschluss zur Marinemission im Roten Meer formal festgezurrt

Der Einsatz europäischer Kriegsschiffe im Roten Meer zum Schutz von Handelsschiffen vor Angriffen der Huthi-Milizen in Jemen ist formal auf den Weg gebracht: Ein entsprechender EU-Beschluss wurde im Amtsblatt der Europäischen Mission veröffentlicht. Die deutsche Fregatte Hessen, die Teil der EU-Mission Aspides werden soll, hat inzwischen die Atlantikküste Spaniens erreicht. Noch vor dem für kommende Woche erwarteten Bundestagsbeschluss für diesen Einsatz will Verteidigungsminister Boris Pistorius das Schiff im Mittelmeer besuchen.

Der Beschluss, der am vergangenen Freitag im Umlaufverfahren im Rat der Europäischen Union gefassst wurde, wurde am (heutigen) Montag im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht – die wesentlichen Punkte:

BESCHLUSS (GASP) 2024/583 DES RATES
vom 8. Februar 2024
über eine Operation der Europäischen Union der maritimen Sicherheit zur Wahrung der Freiheit der Schifffahrt im Zusammenhang mit der Krise im Roten Meer (EUNAVFOR ASPIDES)
DER RAT DER EUROPÄISCHEN UNION —
gestützt auf den Vertrag über die Europäische Union, insbesondere auf Artikel 42 Absatz 4 und Artikel 43 Absatz 2,
(…)
HAT FOLGENDEN BESCHLUSS ERLASSEN:
Artikel 1
Auftrag
(1) Die Union richtet eine Militäroperation der Europäischen Union der maritimen Sicherheit zur Wahrung der Freiheit der Schifffahrt im Zusammenhang mit der Krise im Roten Meer ein. Diese Operation trägt in Zusammenarbeit mit anderen wichtigen Akteuren zur maritimen Sicherheit entlang der wichtigsten Seeverbindungen in dem in Absatz 3 genannten Gebiet bei.
(2) Die Bezeichnung der Operation lautet EUNAVFOR ASPIDES.
(3) Das Operationsgebiet umfasst die Meerenge von Baab al-Mandab und die Straße von Hormus sowie die internationalen Gewässer im Roten Meer, im Golf von Aden, im Arabischen Meer, im Golf von Oman und im Persischen Golf. Die genauen Grenzen, die Untergebiete und das Gebiet von Interesse werden in den einschlägigen, vom Rat gebilligten Planungsdokumenten festgelegt.
(4) Das strategische Ziel der EUNAVFOR ASPIDES besteht darin, in enger Zusammenarbeit mit gleichgesinnten Bereitstellern maritimer Sicherheit in dem Operationsgebiet eine Marinepräsenz der Union und somit die Freiheit der Schifffahrt sicherzustellen.
(5) Zu diesem Zweck wird die EUNAVFOR ASPIDES im Rahmen ihrer Mittel und Fähigkeiten
a) Schiffe im Operationsgebiet begleiten,
b) eine maritime Lageerfassung im Operationsgebiet sicherstellen,
c) Schiffe vor bereichsübergreifenden Angriffen auf See unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts, einschließlich der Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, in einem Untergebiet des Operationsgebiets schützen.
Artikel 2
Ernennung des Befehlshabers der EU-Operation Flottillenadmiral Vasileios GRYPARIS wird zum Befehlshaber der EU-Operation EUNAVFOR ASPIDES ernannt.
Artikel 3
Bestimmung des operativen Hauptquartiers der EU
Das operative Hauptquartier von EUNAVFOR ASPIDES befindet sich in Larissa, Griechenland.
(…)
Artikel 6
Kohärenz der Reaktion der Union und Koordinierung mit Dritten
(…)
(3) Die EUNAVFOR ASPIDES stimmt sich eng mit der durch die Gemeinsame Aktion 2008/851/GASP des Rates (3) eingerichteten Militäroperation der Europäischen Union als Beitrag zur maritimen Sicherheit im westlichen Indischen Ozean und im Roten Meer (EUNAVFOR ATALANTA) ab.
(4) Die EUNAVFOR ASPIDES arbeitet mit der Operation „Prosperity Guardian“, den multinationalen Seestreitkräften und bereitwilligen Staaten, die zur maritimen Sicherheit in ihrem Einsatzgebiet beitragen, zusammen.
(5) Die EUNAVFOR ASPIDES arbeitet eng mit der Schifffahrtsindustrie zusammen, insbesondere über das Maritime Sicherheitszentrum — Horn von Afrika.
(…)
Artikel 10
Weitergabe und Austausch von Informationen
(…)
(2) Der Hohe Vertreter ist befugt, als EU-Verschlusssachen eingestufte Informationen, die für die Zwecke der EUNAVFOR ASPIDES generiert werden, unter Einhaltung des Beschlusses 2013/488/EU des Rates soweit angezeigt und entsprechend den operativen Erfordernissen der EUNAVFOR ASPIDES an benannte Drittstaaten weiterzugeben, und zwar
a) bis zu der Stufe, die in den jeweils geltenden Geheimschutzabkommen zwischen der Union und dem betreffenden Drittstaat vorgesehen ist, oder
b) für Informationen, die an Ägypten, den Golf-Kooperationsrat und seine Mitgliedstaaten, an Indien sowie an andere vom PSK benannte Drittstaaten weitergegeben werden, bis zum Geheimhaltungsgrad „RESTREINT UE/EU RESTRICTED“.
(3) Der Hohe Vertreter wird ermächtigt, mit der Operation „Prosperity Guardian“ und den multinationalen Seestreitkräften gemäß dem Beschluss 2013/488/EU und vorbehaltlich der Vereinbarungen zwischen dem Hohen Vertreter und den für diese Einsätze zuständigen Behörden über deren Hauptquartier Verschlusssachen von Bedeutung für die Zwecke der EUNAVFOR ASPIDES bis zum Geheimhaltungsgrad „SECRET UE/EU SECRET“ auszutauschen, wenn ein solcher Austausch im Einsatzgebiet aus operativen Gründen erforderlich ist.

Auffällig ist der – recht große – Zuschnitt des Operationsgebiets, das bis zur Straße von Hormus reicht und damit weit über das Rote Meer hinaus.

Das Operationsgebiet von ‚Aspides“: Vom Roten Meer und dem Bab el Mandeb im Westen (markiert) bis zur Straße von Hormus im Osten (ebenfalls markiert)

Faktisch dürfte sich der Einsatz allerdings auf das Rote Meer konzentrieren – auch wenn die genauen Einsatzgebiete nicht in dem Beschluss festgelegt sind, deutet das die Formulierung des Auftrags an: Schiffe vor bereichsübergreifenden Angriffen auf See unter uneingeschränkter Achtung des Völkerrechts, einschließlich der Grundsätze der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit, in einem Untergebiet des Operationsgebiets schützen.

Damit ist auch gleichzeitig die Grenze des Waffeneinsatzes definiert: Allein der Schutz der Handelsschiffe ist zulässig, ein Kampfauftrag ist damit nicht verbunden. Allerdings wird ein sehr weitreichender Datenaustausch mit der US-geführten Operation Prosperity Guardian ausdrücklich festgeschrieben.

Die ebenfalls vorgesehene Zusammenarbeit mit der EU-Mission Atalanta zur Bekämpfung der Piraterie vor Somalia und damit teilweise im gleichen Seegebiet dürfte einfach werden: Am (gestrigen) Sonntag übernahm die italienische Marine das Kommando über Atalanta – und das Force Headquarters (FHQ) von Aspides soll ebenfalls auf einem italienischen Kriegsschiff in der Region etabliert werden.

Die Hessen, die zeitgleich mit dem EU-Beschluss am vergangenen Freitag in Wilhelmshaven ausgelaufen war, hatte nach ihrem AIS-Signal (sichtbar auf der Seite vesselfinder.com) am Montag die Biskaya passiert und ihre Fahrt entlang der spanischen Atlantikküste fortgesetzt.

Nach Informationen von Augen geradeaus! plant der Verteidigungsminister für kommende Woche einen Besuch an Bord – dann voraussichtlich im Mittelmeer. Die Fregatte wird absehbar den Suezkanal erst dann passieren und ins Rote Meer weiterfahren, wenn der Bundestag die Mission gebilligt hat. Der Beschluss wird für den 23. Februar erwartet.

(Karte: OpenStreetMap)