Rotes Meer: Bundesregierung zu Beteiligung an EU-Mission bereit (Update: Warnung an Huthi-Milizen)

Fürs Protokoll: Deutschland ist grundsätzlich an der Beteiligung an einer Marinemission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer bereit. Die USA hatten Ende vergangenen Jahres zur Mission Prosperity Guardian unter ihrer Führung aufgerufen, um die zumnehmenden Angriffe auf Handelsschiffe durch Huthi-Rebellen in Jemen abzuwehren; die Bundesregierung setzt jedoch auf einen Einsatz der Europäischen Union.

Die Aussage von Sebastian Fischer, dem Sprecher des Auswärtigen Amtes, in der Bundespressekonferenz am (heutigen) Mittwoch:

Frage: An das Auswärtige Amt: Herr Fischer, können Sie einmal sagen, wie der Stand der Suche nach einer Rechtsgrundlage für eine wie auch immer geartete deutsche Beteiligung an einem Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer aussieht?

Fischer: Lassen Sie mich zu Beginn ganz grundsätzlich sagen, dass die gewaltsamen Angriffe der Huthis auf die zivile Handelsschifffahrt massiv in die Sicherheit der internationalen Seeschifffahrt eingreifen, zentrale globale Handelswege gefährden, völlig inakzeptabel sind und aufhören müssen.
Sie wissen, dass es im EU-Rahmen die Prüfung verschiedener Optionen gibt, wie sich die EU und ihre Mitgliedstaaten an dem Schutz der Handelsroute beteiligen können. Dabei ging es zum einen um eine Ausweitung der Operation Atalanta in Richtung des Roten Meeres. Die Debatte haben wir alle vor Weihnachten gesehen. Nachdem sich zunächst ein Konsens in Brüssel abzeichnete, hat ein Mitgliedsstaat dann doch Bedenken gehabt. Diese Bedenken sind bislang nicht ausgeräumt.
Zum anderen wird in Brüssel jetzt geprüft, ob man eine eigenständige EU-Mission für das Rote Meer auf die Beine stellen kann. Wir als Bundesregierung wären dazu bereit und stehen dazu auch in engem Kontakt mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst in Brüssel.

Zusatzfrage: Heißt das, dass andere Optionen als eine EU-Mission nicht betrachtet werden?

Fischer: Wir prüfen alle Optionen, die völkerrechtlich und verfassungsrechtlich möglich sind.

Zusatzfrage: Ist denn eine Mission nach dem Vorbild von Counter Daesh aus Ihrer Sicht eine völkerrechtlich und verfassungsrechtlich zulässige Option?

Fischer: An Counter Daesh haben wir uns beteiligt. Trotzdem muss man sehen, dass das Voraussetzungen hatte, die auch mit Entscheidungen der Vereinten Nationen zu tun hatten.

Update: Am Mittwochabend veröffentlichen mehrere Länder, darunter auch Deutschland, eine Erklärung, in der die Huthi-Milizen vor einer weiteren Eskalation mit Angriffen gewarnt werden – mit der Aussage: Sollten die Huthi weiterhin Menschenleben, die Weltwirtschaft und den freien Verkehr von Waren auf den zentralen Seewegen der Region bedrohen, werden sie die Verantwortung für die Folgen tragen.

Die Erklärung in der vom Auswärtigen Amt veröffentlichten deutschen Fassung:

Gemeinsame Erklärung der Regierungen der Vereinigten Staaten, Australiens, Bahrains, Belgiens, Kanadas, Dänemarks, Deutschlands, Italiens, Japans, der Niederlande, Neuseelands und des Vereinigten Königreichs

In Anerkennung des breiten Konsenses, wie er von weltweit 44 Ländern am 19. Dezember 2023 zum Ausdruck gebracht wurde, sowie der Erklärung des VN-Sicherheitsrats vom 1. Dezember 2023, in der die Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe bei ihrer Fahrt durch das Rote Meer verurteilt werden, und im Lichte anhaltender Angriffe, einschließlich einer erheblichen Eskalation in der letzten Woche, bei der Handelsschiffe zum Ziel von Raketen, Angriffen mit kleinen Booten und Entführungsversuchen wurden, bekräftigen wir Folgendes und warnen die Huthi vor weiteren Angriffen:
„Die anhaltenden Angriffe der Huthi im Roten Meer sind illegal, inakzeptabel und zutiefst destabilisierend. Gezieltes Vorgehen gegen die zivile Schifffahrt und Marineschiffe lässt sich durch nichts rechtfertigen. Angriffe auf Schiffe, einschließlich Handelsschiffe, mit unbemannten Luftfahrzeugen, kleinen Booten und Raketen, darunter auch der erste Einsatz ballistischer Anti-Schiffs-Raketen gegen Handelsschiffe, sind eine unmittelbare Bedrohung der Freiheit der Schifffahrt, die der Pfeiler des globalen Handels auf einem der weltweit wichtigsten Seewege ist.
Diese Angriffe bedrohen das Leben unschuldiger Menschen aus der ganzen Welt und stellen ein erhebliches internationales Problem dar, das kollektives Handeln erfordert. Fast 15 Prozent des internationalen Seehandels nutzt das Rote Meer als Seeweg, darunter 8 Prozent des weltweiten Getreidehandels, 12 Prozent des Erdölhandels zur See und 8 Prozent des globalen Handels mit Flüssigerdgas. Internationale Reedereien leiten ihre Schiffe weiterhin über das Kap der Guten Hoffnung um, was die Lieferung von Waren erheblich verteuert und um Wochen verzögert und letztendlich den Verkehr von wichtigen Lebensmitteln, Kraftstoffen und humanitärer Hilfe auf der ganzen Welt gefährdet.
Unsere Botschaft ist klar: Wir fordern das sofortige Ende dieser illegalen Angriffe und die sofortige Freigabe der unrechtmäßig festgehaltenen Schiffe und Freilassung der Besatzungen. Sollten die Huthi weiterhin Menschenleben, die Weltwirtschaft und den freien Verkehr von Waren auf den zentralen Seewegen der Region bedrohen, werden sie die Verantwortung für die Folgen tragen. Wir bleiben der regelbasierten internationalen Ordnung verpflichtet und sind entschlossen, böswillige Akteure für widerrechtliche Inbesitznahmen und Angriffe zur Rechenschaft zu ziehen.“

(Zuvor war eine englische Fassung vom Weißen Haus veröffentlicht worden.)

Nachtrag: Reuters hat eine Übersicht der Reedereien, die derzeit das Rote Meer und den Suez-Kanal vermeiden.