Rotes Meer: Bundesregierung zu Beteiligung an EU-Mission bereit (Update: Warnung an Huthi-Milizen)
Fürs Protokoll: Deutschland ist grundsätzlich an der Beteiligung an einer Marinemission zum Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer bereit. Die USA hatten Ende vergangenen Jahres zur Mission Prosperity Guardian unter ihrer Führung aufgerufen, um die zumnehmenden Angriffe auf Handelsschiffe durch Huthi-Rebellen in Jemen abzuwehren; die Bundesregierung setzt jedoch auf einen Einsatz der Europäischen Union.
Die Aussage von Sebastian Fischer, dem Sprecher des Auswärtigen Amtes, in der Bundespressekonferenz am (heutigen) Mittwoch:
Frage: An das Auswärtige Amt: Herr Fischer, können Sie einmal sagen, wie der Stand der Suche nach einer Rechtsgrundlage für eine wie auch immer geartete deutsche Beteiligung an einem Schutz der Handelsschifffahrt im Roten Meer aussieht?
Fischer: Lassen Sie mich zu Beginn ganz grundsätzlich sagen, dass die gewaltsamen Angriffe der Huthis auf die zivile Handelsschifffahrt massiv in die Sicherheit der internationalen Seeschifffahrt eingreifen, zentrale globale Handelswege gefährden, völlig inakzeptabel sind und aufhören müssen.
Sie wissen, dass es im EU-Rahmen die Prüfung verschiedener Optionen gibt, wie sich die EU und ihre Mitgliedstaaten an dem Schutz der Handelsroute beteiligen können. Dabei ging es zum einen um eine Ausweitung der Operation Atalanta in Richtung des Roten Meeres. Die Debatte haben wir alle vor Weihnachten gesehen. Nachdem sich zunächst ein Konsens in Brüssel abzeichnete, hat ein Mitgliedsstaat dann doch Bedenken gehabt. Diese Bedenken sind bislang nicht ausgeräumt.
Zum anderen wird in Brüssel jetzt geprüft, ob man eine eigenständige EU-Mission für das Rote Meer auf die Beine stellen kann. Wir als Bundesregierung wären dazu bereit und stehen dazu auch in engem Kontakt mit dem Europäischen Auswärtigen Dienst in Brüssel.
Zusatzfrage: Heißt das, dass andere Optionen als eine EU-Mission nicht betrachtet werden?
Fischer: Wir prüfen alle Optionen, die völkerrechtlich und verfassungsrechtlich möglich sind.
Zusatzfrage: Ist denn eine Mission nach dem Vorbild von Counter Daesh aus Ihrer Sicht eine völkerrechtlich und verfassungsrechtlich zulässige Option?
Fischer: An Counter Daesh haben wir uns beteiligt. Trotzdem muss man sehen, dass das Voraussetzungen hatte, die auch mit Entscheidungen der Vereinten Nationen zu tun hatten.
Update: Am Mittwochabend veröffentlichen mehrere Länder, darunter auch Deutschland, eine Erklärung, in der die Huthi-Milizen vor einer weiteren Eskalation mit Angriffen gewarnt werden – mit der Aussage: Sollten die Huthi weiterhin Menschenleben, die Weltwirtschaft und den freien Verkehr von Waren auf den zentralen Seewegen der Region bedrohen, werden sie die Verantwortung für die Folgen tragen.
Die Erklärung in der vom Auswärtigen Amt veröffentlichten deutschen Fassung:
Gemeinsame Erklärung der Regierungen der Vereinigten Staaten, Australiens, Bahrains, Belgiens, Kanadas, Dänemarks, Deutschlands, Italiens, Japans, der Niederlande, Neuseelands und des Vereinigten Königreichs
In Anerkennung des breiten Konsenses, wie er von weltweit 44 Ländern am 19. Dezember 2023 zum Ausdruck gebracht wurde, sowie der Erklärung des VN-Sicherheitsrats vom 1. Dezember 2023, in der die Angriffe der Huthi auf Handelsschiffe bei ihrer Fahrt durch das Rote Meer verurteilt werden, und im Lichte anhaltender Angriffe, einschließlich einer erheblichen Eskalation in der letzten Woche, bei der Handelsschiffe zum Ziel von Raketen, Angriffen mit kleinen Booten und Entführungsversuchen wurden, bekräftigen wir Folgendes und warnen die Huthi vor weiteren Angriffen:
„Die anhaltenden Angriffe der Huthi im Roten Meer sind illegal, inakzeptabel und zutiefst destabilisierend. Gezieltes Vorgehen gegen die zivile Schifffahrt und Marineschiffe lässt sich durch nichts rechtfertigen. Angriffe auf Schiffe, einschließlich Handelsschiffe, mit unbemannten Luftfahrzeugen, kleinen Booten und Raketen, darunter auch der erste Einsatz ballistischer Anti-Schiffs-Raketen gegen Handelsschiffe, sind eine unmittelbare Bedrohung der Freiheit der Schifffahrt, die der Pfeiler des globalen Handels auf einem der weltweit wichtigsten Seewege ist.
Diese Angriffe bedrohen das Leben unschuldiger Menschen aus der ganzen Welt und stellen ein erhebliches internationales Problem dar, das kollektives Handeln erfordert. Fast 15 Prozent des internationalen Seehandels nutzt das Rote Meer als Seeweg, darunter 8 Prozent des weltweiten Getreidehandels, 12 Prozent des Erdölhandels zur See und 8 Prozent des globalen Handels mit Flüssigerdgas. Internationale Reedereien leiten ihre Schiffe weiterhin über das Kap der Guten Hoffnung um, was die Lieferung von Waren erheblich verteuert und um Wochen verzögert und letztendlich den Verkehr von wichtigen Lebensmitteln, Kraftstoffen und humanitärer Hilfe auf der ganzen Welt gefährdet.
Unsere Botschaft ist klar: Wir fordern das sofortige Ende dieser illegalen Angriffe und die sofortige Freigabe der unrechtmäßig festgehaltenen Schiffe und Freilassung der Besatzungen. Sollten die Huthi weiterhin Menschenleben, die Weltwirtschaft und den freien Verkehr von Waren auf den zentralen Seewegen der Region bedrohen, werden sie die Verantwortung für die Folgen tragen. Wir bleiben der regelbasierten internationalen Ordnung verpflichtet und sind entschlossen, böswillige Akteure für widerrechtliche Inbesitznahmen und Angriffe zur Rechenschaft zu ziehen.“
(Zuvor war eine englische Fassung vom Weißen Haus veröffentlicht worden.)
Nachtrag: Reuters hat eine Übersicht der Reedereien, die derzeit das Rote Meer und den Suez-Kanal vermeiden.
Die zentrale Frage ist doch: darf ich „nur“ konkrete Gefahren – also einen Angriff, z.B. durch Drohnen – abwehren oder darf ich auch gegen Vorbereitungshandlungen (i.w.S.) vorgehen? Z.B. die Zerstörung von Depots, Kommandozentralen, u.a., z.B. mit seegestützter Artillerie oder Flugkörpern?
Davon ab: eine rechtliche Grundlage gibt es doch, jeder Staat ist verpflichtet, Piraterie und unberechtigte Angriffe auf den zivilen Schiffsverkehr aktiv zu unterbinden, wobei man hier Piraterie weit auslegen sollte.
https://www.un.org/depts/los/piracy/piracy_legal_framework.htm
https://www.un.org/depts/los/piracy/piracy.htm
Die USA sind UNCLOS allerdings nicht beigetreten, soweit ich weiß 😎 Pirateriebekämpfung hat allerdings eine lange Tradition, das begann bereits zu Beginn des 19. Jh. gg. die Barbareskenstaaten im Mittelmeer.
@Thomas Melber sagt:
03.01.2024 um 19:40 Uhr
…Davon ab: eine rechtliche Grundlage gibt es doch, jeder Staat ist verpflichtet, Piraterie und unberechtigte Angriffe auf den zivilen Schiffsverkehr aktiv zu unterbinden, wobei man hier Piraterie weit auslegen sollte…
Es ist eben keine Piraterie! Piraten sind Kriminelle zur See. Sie versuchen sich durch Raub oder Kidnapping zu bereichern. Die Huties würden wohl darunter fallen wenn sie Lösegeld oder Schutzgeld von den Reedern erpressen würden.
Sie handeln hier ganz klar aber als Kriegs-/Konfliktpartei im Nahost-Konflikt. Es wäre jetzt legitim zu warten bis ein Schiff unter eigener oder verbündeter Flagge angegriffen wird oder ein Flaggenstaat dessen Schiffe angegriffen wurden um Schutz und Beistand ersucht. In dem Fall müsste man aber trotzdem den Huties vormell die Feindseligkeiten ankündigen und sich dann auf Artikel 51 der UN Charter berufen. Damit wäre Deutschland dann aber defakto im Krieg mit den Huties die defakto „Staatsgewalt“ über einen Teil des Jemens ausüben.
Da sind doch die Grenzen machiavellischen Gebahrens und die Grenzen der darin enthaltenen Handlungsempfehlungen klar aufgezeigt: Womit der Norditaliener nicht gerechnet hatten -> Eine Weltmacht, welche im Lichte einschlägiger Resolutionen und dem Völkerrecht mal ein ganzes Schachbrett im Meer versenkt.
@Küstengang01
Ich weiß, es ist dünnes Eis, aber mit Ihrem Ansatz würde man die Huthi offiziell als Kriegspartei (mit Staatsmacht als Quasi- oder Proto-State) / als Kombattanten anerkennen, was z.B. mit den TLB in AFG auch nicht erfolgt ist; diese hat man immer als „Kriminelle“ bzw. ANSA – armed non-state actors – oder OAG – organized armed groups – klassifiziert.
@Küstengang01
Ich habe ‚mal gesucht und dies gefunden:
„UN Security Council condemns acts of piracy and attacks on ships by the Houthi militias“
https://www.mofa-ye.org/Pages/25213/
Wenn die VN dies als „acts of piracy“ definieren sollte es doch keine Schwierigkeiten geben, das zu übernehmen? Den genauen Wortlaut müßte man sich natürlich anschauen.
Selbst die EU spricht von „piracy“ (tbc.):
https://english.aawsat.com/arab-world/4729376-europe-condemns-ongoing-houthi-piracy-red-sea-us-seeks-naval-coalition
Merke: Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe.
Da steht ein Herr Trump wahrscheinlich kurz vor seiner 2. Präsidentschaft. Er wird uns unmissverständlich sagen, dass wir gefälligst selbst u. a. für unsere Sicherheit inclusive der Schifffahrt/Handelswege zu sorgen haben, während das Kriegsrumpelstielzchen Putin weiterhin sein Unwesen ungehindert in Europa treibt.
Wir diskutieren derweil im Rahmen einer regelbasierten internationalen Ordnung über völkerrechtliche und verfassungsrechtliche Fragen.
Das kann man so machen.
Bis wir dann ausdiskutiert und zu Ende geprüft haben, ob wir das überhaupt können, wollen, dürfen und mit welcher einsatzbereiten Fregatte und welchem Mandat haben Andere schon längst – dieses Mal noch – mit für uns gehandelt.
Da möchte wohl unbedingt jemand nach dem November Donald Trump die regelbasierte deutsche Außen- und Sicherheitspolitik persönlich erklären. Kann man so machen.
Interessant finde ich wer sich hier äußert. Deutschland ist dabei, was ich positiv finde. Ich kann mich nicht erinnern dass Deutschland in letzter Zeit jemals so eine robuste Warnung mitgetragen hat. Das Format erinnert an eine Koalition der Willigen.
Frankreich dagegen ist nicht dabei. Warum nicht? Marseille hat doch auch einen Hafen?
Im Lichte der aktuellen Warnungen auch der Hisbollah ist das alles natürlich nicht ohne. Andererseits dürfte auch der Iran seine Fähigkeiten überdehnen wenn er neben der Unterstützung Russlands in der Ukraine, der Huthi und der Hisbollah in einem heißen Konflikt militärisch unterstützen muss.
@Michael S. „Frankreich dagegen ist nicht dabei. Warum nicht? Marseille hat doch auch einen Hafen?“.
Frankreich hat eine große islamische Gemeinde. Und war Kolonialmacht im Libanon und setzt sich dort ein.Frankreich steht Israel kritisch gegenüber.
Daher hält sich Frankreich zunächst zurück.
[Vorsicht und bisschen Faktencheck bitte – Frankreich ist zwar bei dieser Erklärung nicht dabei, aber durchaus mit Kriegsschiffen in der Region präsent und aktiv. Insofern ist das eine arg verkürzte Wahrnehmung. T.W.]
Man sollte den Scope der Analyse entsprechend wählen um zu erkennen, wer wie und welche Interessen verfolgt:
https://unherd.com/2024/01/the-world-should-fear-2024/
Diejenigen, die Religion als Scope ansetzen sind die ersten Verlierer im kommenden Endgame. So n Italiener hat mal gesagt: “Staaten haben Interessen, keine Freunde”
Das erklärt die Passivität der chinesischen Zerstörerflotte am Tor der Tränen und die öffentliche Zurückhaltung der Franzosen und regionalen Regime. Das Massaker der Hamas und der “Mad Dog Approach” der israelischen Reaktion wirken wie ein Katalysator für bestehende Tendenzen.
Ich da mal eine Frage an die Fachleute hier im Forum. Wenn die o.g. Staaten erklären: „Wir bleiben der regelbasierten internationalen Ordnung verpflichtet und sind entschlossen, böswillige Akteure für widerrechtliche Inbesitznahmen und Angriffe zur Rechenschaft zu ziehen.“ Dann heißt es doch, dass die böswilligen Akteure (Piraten, Terroristen, Angreifer) nach Möglichkeit festgenommen werden und vor ein ordentliches Gericht (Seegerichtshof HH?) gestellt werden, richtig?
Bis zu diesem Prozeß verbleiben sie in Haft des Staates, der sie festgenommen hat?
@Küstengang01 und Thomas Melber:
Mir ist kein Staat (außer vielleicht Iran) bekannt, der die Huthis als legitime Regierung der Republik Jemen anerkennt. Somit sind deren Attacken keine völkerrechtlich legitimierte Gewaltausübung eines staatlichen Akteurs sondern i.S. des Art. 101 des UN-Seerechtsübereinkommens „private“ Gewaltanwendungen nicht-staatlicher Personen zu „privaten Zwecken“, mithin Piraterie. Auf die Motivation („Bereicherung“) kommt es hierbei rechtlich nicht an.
Genau das ist aber die Rechtsproblematik für die Bundesregierung: Denn nach § 1 Nr. 3 Seeaufgabengesetz ist für die Abwehr solcher Bedrohungen die Bundespolizei und nicht die Deutsche Marine zuständig. Was kann die Regierung also machen?
1. Die nach Gesetz zuständige Stelle entsprechend ihrer Aufgaben ausrüsten (kostet Geld und dauert Zeit),
2. Die gesetzlichen Regelungen an die Realität anpassen (politisch nicht opportun),
3. Die Rahmenbedingungen so umbasteln, dass man über Art. 24 Abs. 2 GG die rechtlichen Grundlagen für einen gewünschten Marineeinsatz begründen kann („Deutschland als Mitglied einer sicherheitspolitisch agierenden EU, das sich einem gemeinsam durchgeführten Marineeinsatz anschließt“).
„Am Saubersten“ wäre es angesichts der zunehmenden und diffuseren weltweiten Bedrohungslage auf deutsche Sicherheitsinteressen natürlich, unsere Wehrverfassung des Art. 87a Abs. 2 GG auf die neuen Realitäten anzupassen, indem dort z.B. ein Streitkräfteeinsatz für alle völkerrechtlich legitimierten Zwecke (anstatt nur für den Verteidigungsfall nach Art. 115a) verfassungsrechtlich verankert würde. Damit würden nicht nur bislang verfassungsrechtlich zweifelhafte Evakuierungsoperationen wie in Kabul und Khartum auf eine vernünftige Rechtsgrundlage gestellt, auch Anti-Piraterieeinsätze der Deutschen Marine wären rechtlich abgedeckt, da Art. 110 UN-Seerechtsübereinkommen den Einsatz staatlicher Kriegsschiffe ausdrücklich legitimiert.
Die Schaffung sicherer rechtlicher Grundlagen „in einer anderen Welt“ (Baerbock) für unsere Bundeswehr wäre mir allemal lieber als über das Verlassen einer regelbasierten deutschen Politik (und damit von der von mir sehr geschätzten Bindung unserer Regierung an Gesetz und Recht nach Art. 20 GG) zu fabulieren. Die Zeitenwende hat (auch) verfassungsrechtlich halt noch nicht so richtig begonnen.
Gemäß den Veröffentlichungen von US CENTCOM haben die Houthi in den letzten sechs Wochen 22 Zwischenfälle im Roten Meer verursacht.
Hiervon waren 11 Einsätze von UAVs, bei denen mindestens 40 UAVs zum Einsatz kamen.
10 mal wurden Lenkflugkörper abgefeuert (mindestens 14 Stück), 8 mal wurden ballistische Raketen abgefeuert (etwa 20 Stück).
Es gab drei versuchte Boardings, davon eines erfolgreich.
Viele Einsätze verfehlten ihre Ziele oder die UAV richteten nur geringe Schäden an.
Die eingesetzten Kriegsschiffe haben etwa 33 UAV, 6 ballistische Raketen sowie 2 Lenkflugkörper bekämpft.
Es geht also weniger um rechtliche Fragen, als vielmehr darum, ob Deutschland Schiffe und Munition (ESSM, SM-2) hat, um sich hier wirksam beteiligen zu können.
Nachhaltig wird Piraterie an Land bekämpft, das Abwehren ist nur Reaktion, keine Aktion. Vor die Lage (i.w.S.) kommt man so nicht.
@Theobald
Sowohl in AFG als auch in MLI waren die Gegner non-state actors, das hat die Bw nicht groß gekümmert; OK, es gab hierfür Mandate des VNSR. Und weshalb sollte sich ein „safe and secure environment“ nur auf Gebiete an Land beziehen?
Ehe wir hier diskutieren ob Deutschland sich an irgendeiner Mission beteiligen soll müssen wir uns erstmal fragen ob wir für so einen Einsatz die richtige Einheit haben. Zur Luftabwehr kämen ja nur 123 oder 124 in Frage. Bleibt die Frage welche Einheit dann auch zur Verfügung steht und wie schnell sie in den Einsatz gehen kann. Was mich etwas irritiert ist warum Ägypten die Füße still hält denn die sind es doch die an den Passagen durch den Kanal das große Geld verdienen. 2022 waren es wohl 7 Milliarden Euro. Wenn die großen Schiffe jetzt ums Kap fahren geht dem Land ja sehr viel Geld verloren.
@naval_gazing
„The German government doesn’t appear to have a preference about which group to join — the U.S. initiative or a prospective EU push, according to Sebastian Bruns, a senior naval researcher at the Institute for Security Policy at Kiel University. There are ‚political implications‘ associated with either option. … There are no reserve forces available for situations like this, Bruns said.“
Das Kanzleramt weiß also nur nicht was es wollen soll, unabhängig von verfügbaren Einheiten?
@Obermaat 63
Ägypten hält sich raus eingedenk seiner Erfahrungen mit den Muslimbrüdern, die einigermaßen gemeistert scheinen. Einen neuerlichen Pool an Aufständischen in Form der Houthi ist das Letzte, was El-Sisi sich ins Land holen wird, was nämlich absehbare Folge bei kinetischer Beteiligung gegen die Houthi wäre.
@Obermaat
„…..warum Ägypten die Füße stillhält…“
So wie der Westen sich seit Jahren im nahen Osten und im gesamten arabischen Raum diskreditiert hat, kann sich in dieser hochexplosiven Lage wohl kaum ein arabischer Führer auch nur ansatzweise erlauben, nach Westen zu blinzeln geschweige gar eine auch nur irgendwie geartete Anti-palästinensische Position einzunehmen ohne nicht ganz schnell aus dem Palast gefegt zu werden. Der schnöde „ Machterhalt“ schlägt Mamon. Aber das kennen wir durchaus auch. Hebe bitte also niemand den Finger oder rümpfe gar die Nase.
Die Ökonomie birgt womöglich die einfache Antwort. Die Meere und entsprechende Schifffahrt darüber sind ein “öffentliches Gut” welches jeder nutzt aber Kosten, welche zum Erhalt des Gut anfallen, trägt derjenige, der zum Erhalt beiträgt. Das hindert diejenigen, die zum Erhalt nicht beitragen jedoch nicht an der weiteren Nutzung des Gut. Das bezeichnet man als “Trittbrett Fahren”.
In Kairo erkennt man, dass der durch steigen der Preise von Waren ausgelöste wirtschaftliche Druck auf EU – Ökonomien groß ist und Handlungsdruck erzeugt – “Prosperity Guardian” – der so groß ist, dass von dort aus das öffentliche Gut zügig wiederhergestellt wird.
Historie: Die Ägypter haben den Suez Kanal, gebaut wurde der von Kolonialmächten, finanziert auch vom Vatikan. Dann wollten nach der Dekolonialisierung mal die ehemaligen Kolonialmächte gemeinsam mit Israel den Suez erobern, was die USA und Sovietunion verhindert hatten.
Am Rande vergessen wir den Handelshafen Eilat in Israel. Und wenn deutsche Staatsraison tatsächlich ägyptische Probleme lösen sollte….
Unter dem Strich kann ich nachvollziehen, warum Kairo sich zurücklehnt, und zuguckt bevor überhaupt politische Fragen aufkommen. So zynisch es klingt, warum Attentate in Kairo riskieren, wenn es auch Andere treffen kann?
„…..warum Ägypten die Füße stillhält…“
Ägypten hat schon mal Krieg im Jemen geführt mit bis zu 130.000 Soldaten und 26.000 Gefallenen.
Während man in Deutschland noch über die Wortfindung nachdenkt, juristische Auslegungen prüft und DuDu! ruft, dieweil die US Navy bereits seit Wochen im Roten Meer in Sachen Houthi-Piraterie die Kastanien aus dem Feuer holt, gelegentlich unter britischer und französischer Beteiligung, hat sich eine andere Mittelmacht längst zum militärischen Handeln entschlossen:
Die Indische Navy hat im Dezember ihren gesamten Bestand an modernen Lenkwaffenzerstörern westlich des Subkontinents an den Eingang des Roten Meeres verlegt. Alle 3 Einheiten der Kolkakata-Klasse (u. a. 32 VLS ballistische und Flugabwehr, + 16 VLS Brahmos-Antischiff, 76mm-Geschütz, 4 CIWS, 8 Anti-Uboot-Torpedos, 2 reaktive Wabo-Werfer, 2 Bordhubschrauber, Über- und Unterwassertäuschkörper, Stealth-Design usw. usf.) und 2 der noch moderneren Vishnakrata (oder wie die genau heißen ;-) ), dazu P-8 Seeaufklärer und Seeaufklärungsdrohnen. Nice! Bravo Zulu!
…
BTW, die Vishnakratas (Zerstörer, Stealthdesign) kosten pro Stück nur 1 Milliarde Euro. Eigentlich könnte die Bundeswehr respektive Marine die auch ihr eigen nennen. Meh-re-re. Also wenn man nicht bis 2023 10 Milliarden Euro als Entwicklungshilfe an Indien überwiesen würde (Entwicklungshilfe; an eine Atommacht mit eigenem Raumfahrtprogramm und Flugzeugträgern…). Und wenn man sich für Kampfschiffe fähig für einen Peer-to-Peer-Konflikt entscheiden wollte. Ich gehe jetzt mal wieder in den Keller zurück. Etwas weinen, etwas schreien. Was grad hilft.
@ Thomas Melber: Die Bw sollte sich m.E. sowieso nicht um solche Fragen kümmern müssen; sie handelt aufgrund ihres Einsatzbefehls auf Grundlage einer BT-Entscheidung. Völkerrechtlich ist es in internationalen Gewässern auch kein „Problem“ sowohl gegen staatliche (auf Grundlage der UN-Charta und des Seekriegsrechts) als auch nicht-staatliche Angreifer (auf Grundlage des Seerechtsübereinkommens) mit Marinestreitkräften vorzugehen. „Klimmzüge“ über „safe and secure environment“ bedarf es nicht. Der Unterschied zu Landeinsätzen im Hoheitsbereich von Staaten wie Mali oder AFG ist es, dass jene als Militäreinsätze (!) der VN selbst (MINUSMA) oder aufgrund einer Ermächtigung des VNSR nach Kapitel VII der Charta (ISAF) mandatiert waren. Prosperity Guardian wäre in deutscher (!) Rechtssphäre (gegenwärtig) aber ein Polizeieinsatz, den die Bw nicht durchführen darf. Auch „safe and secure environment“ findet sich als Einsatzzweck der Bw im GG nicht.
Die HUTHI sollen jetzt auch unmanned surface vehicles (USV) als Wirkmittel einsetzen, meldet der Business Insider. Das ist natürlich eine andere Hausnummer als eine Kleindrohne.
Es bleibt spannend.
@AoR
Sisi in Ägypten ist zwar im Dezember (erstaunlicherweise;)) wiedergewählt worden, aber sollte er sich de facto auf die Seite Israels stellen, indem sich Ägypten an einem Einsatz gegen die Huthis beteiligt, droht Ärger im Inland. Die Muslimbruderschaft mag verboten sein, aber sie ist noch da und bei der Abwägung zwischen den Einnahmen aus dem Suezkanal und der Gefahr von Demonstrationen oder gar Terroranschlägen überwiegt das letztere. Zumal damit zu rechnen ist, dass die US Navy das Problem auch ohne ägyptische Hilfe löst
@JCR: Zustimmung, nur lassen sie mich anfügen: Die organisationale Evolution des militärischen Arms der Hamas lässt befürchten, die Muslimbruderschaft könnte das kleinste Problem sein.
In Deutschland wird nicht berichtet, wie der Gaza Krieg in der Region wahrgenommen wird. Es besteht riesen Anreiz für jeden Akteur hier Legitimation zu erlangen und das weit über Houthi und Iran hinaus.
“ Was kann die Regierung also machen?“
Dann muss sie eben Gesetzw ändern und alles mal der bestehenden geostrategischen Lage anpassen.
Bei uns hört man als erstes immer nur was nicht geht. Dann versteckt man sich gerne hinter der „europäischen Lösung“, die es dann nicht gibt. Der Iran und Putin warten nur darauf, dass Trump nochmal an die Macht kommt, dann werden sie uns das Fell über die Ohren ziehen. Wenn dann Xi noch an den Fäden zieht, ist der Ofen aus,
@ORR
Die Jurisdiktion (einschließlich des Gerichtsverfahrens) über gefasste Seeräuber obliegt wahlweise
1. dem aufbringenden (=aufgreifenden) Staat (Art. 105 Seerechtsübereinkommen),
2. einem sich dazu bereit erklärenden anderen Signatarstaat (Art. 100 Seerechtsübereinkommen), insb. dem Flaggenstaat des angegriffenen Schiffs,
3. dem Herkunftsstaat des Seeräubers (z.B. die Republik Jemen) oder
4. einem sonstigen Staat, der sich die Verfolgung der entsprechenden Straftaten nach dem Weltrechtsprinzip zu eigen macht und dies nach Opportunitätsgesichtspunkten auch tatsächlich tut.
[Und da wir nicht über Piraterie im rechtlichen Sinne reden, ist dieser OT damit auch schon abgeschlossen. T.W.]