Iranische Raketenangriffe auf Erbil – Deutsche Soldaten nicht betroffen
Die iranischen Revolutionsgarden haben in der Nacht zum Dienstag Ziele in Erbil in der Kurdenregion des Irak mit ballistischen Raketen angegriffen. Die in Erbil stationierten deutschen Soldaten waren nach ersten Angaben der Bundeswehr nicht betroffen.
Nach Angaben offizieller iranischer Medien galten die Raketenangriffe anti-iranischen Terroristen und waren eine Vergeltung für das Vorgehen so genannter anti-iranischer Terroristengruppen. Von der Nachrichtenagentur Tasnim (sorry für Google-Übersetzung, die viele Fragen offen lässt):
Als Reaktion auf die jüngsten Terrorverbrechen der Feinde des islamischen Iran wurden die Spionagezentralen und Versammlungen antiiranischer Terroristengruppen in Teilen der Region Mitte des Jahres von ballistischen Raketen der IRGC angegriffen die Nacht.
Zerstörung der Versammlungsorte der Kommandeure und der wichtigsten Elemente im Zusammenhang mit den Terrorverbrechen von Kerman und Rask in Syrien
Als Reaktion auf die jüngsten Verbrechen terroristischer Gruppen hat das IRGC eine Gruppe unserer lieben Landsleute in Kerman und Rask gemartert; Versammlungsorte der Kommandeure und Hauptelemente im Zusammenhang mit den jüngsten Terroranschlägen; Insbesondere die Identifizierung von ISIS in den besetzten Gebieten Syriens
Zunächst hatte es Befürchtungen gegeben, die Angriffe hätten US-Einrichtungen in Erbil gegolten – das wäre ein direkter Angriff aus dem Iran auf US-Soldaten oder Diplomaten des Konsulats gewesen. Unklar bleibt aber vorerst, welche Ziele mit mindestens fünf Raketen getroffen wurden, wie die kurdische News-Website Rudaw berichtet.
Im internationalen Camp am Flughafen von Erbil sind im Rahmen der Anti-IS-Mission derzeit rund 50 deutsche Soldatinnen und Soldaten stationiert. Nach ersten Angaben des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr am späten Montagabend waren sie von dem Angriff nicht betroffen und in Sicherheit.
Ergänzung von Reuters, aber auch nicht viel mehr Klarheit:
Iran’s Revolutionary Guards said they attacked espionage centers and „gatherings of anti-Iranian terrorist groups“ near Iraq’s northern city of Erbil with ballistic missiles, Iranian state media said late on Monday.
Explosions were heard in an area some 40 kilometers northeast of Erbil in the semi-autonomous Kurdistan region, three security sources said, in an area near the U.S. consulate as well as civilian residences.
Ein Reuters-Korrespondent teilte via X/Twitter mit:
U.S. officials say no American facilities have been impacted by missile strikes in Erbil.
Update: Aus der Übersicht der New York Times vom Dienstag – damit scheint geklärt, dass es nicht, wie ja zeitweise befürchtet, ein Angriff aus dem Iran auf US-Einrichtungen war:
Iran’s Revolutionary Guards launched a missile attack against what they called “anti-Iranian terrorist groups” in a northern Iraqi city, setting off large explosions and sirens, including at the American Consulate, around midnight on Tuesday. (…)
A statement by the elite Revolutionary Guard Corps said that the missile strike in Erbil had been aimed at “the destruction of espionage headquarters and places that anti-Iranian terrorist groups” used to plan a suicide bombing attack in Kerman, Iran, that killed 86 people this month at a memorial procession for Maj. Gen. Qassim Suleimani. The Guards also cited an assault in December on a police headquarters in Rask, Iran, that killed at least 11 officers.
Schön, dass wenigstens hier das Bundeswehrkontingent Erwähnung findet. Bei Tagesschau und n-tv kommt das Wort „Bundeswehr“ in der Berichterstattung nicht vor.
Bemerkenswert übrigens, dass dieser Einsatz niedriger (lange AVZ Stufe 4, jetzt 5) vergütet wird als es jene in Afghanistan und Mali (jeweils Stufe 6) wurden, obschon es hier tatsächlich regelmäßig zu derartigen Angriffen kommt.
Weiß man denn womit der Iran gewirkt hat. Da gibt es ja mehrere Dinge.
Der Iran zündelt mit seinen Proxies weiter. Ziel? Neuordnung der Macht- und Einflusssphären im Nahen und Mittleren Osten.
Und hier wird sich Gedanken gemacht, ob Nordirak für deutsche Soldaten AVZ Stufe 4, 5 oder 6 ist. Man muss sich eben auf die wichtigen Dinge konzentrieren. /sarc
Anscheinend wurde bei dem Angriff ein sehr bekannter und einflußreicher Unternehmer namens Peshraw Dizayee (und seine Frau und Kinder) gezielt getötet, welcher auch oft als Bauunternehmer für die US-Armee tätig war. Die Iraner behaupten nun er habe irgendwas mit dem Mossad zu tun gehabt.
@Pio-Fritz: Die Höhe des AVZ ist wesentlich Ausdruck der politischen (!) Bewertung der Sicherheitslage durch das BMVg und scheint daher schon eine interessante Form des innenpolitischen „low profile“ auf den Fluren des Bundestages zu sein. Wenn man sich die Geschichte der wöchentlichen Unterrichtungen des Parlamentes in den letzten zwanzig Jahren anschaut, dann war das immer wieder Thema im Verteidigungsausschuss: Wie beurteilt das BMVg Stabilität und Sicherheitslage in den verschiedenen Einsatzgebieten? Welche Wortkunstwerke werden errichtet? Dass sparsame Haushälter hier – völlig unpolitisch – die Höherstufung ebenso verhindern wollten / wollen, steht auf einem völlig anderen Blatt Papier. Das Thema war von Anfang an auch immer wieder eines für den Wehrbeauftragten. Sei es aus sicherheitspolitisch/militärischer Perspektive, sei es aus finanzieller/fürsorglicher Perspektive.