Kampfbrigade nach Litauen: Deutschland sagt erstmals Auslands-Stationierung zur Abschreckung zu – Zusammenfassung
Die Bundeswehr soll erstmals in ihrer Geschichte Kampftruppen zur Abschreckung dauerhaft im Ausland stationieren. Verteidigungsminister Boris Pistorius sagte Litauen zu, eine zwischen beiden Ländern vereinbarte Kampfbrigade in dem baltischen Land permanent dort zu stationieren. Bislang hatte Deutschland einen dauerhaften Kommandostab in Litauen eingerichtet, die dazu gehörenden Bataillone wurden jedoch nur zeitweise für Übungen dorthin verlegt und sollen im Falle eines Angriffs auf das baltische Land innerhalb weniger Tage abmarschbereit sein.
Der deutsche Verteidigungsminister machte die Zusage überraschend bei einem Treffen mit seinem litauischen Kollegen Arvydas Anušauskas in der Hauptstadt Vilnius am (heutigen) Montag:
Deutschland ist bereit, dauerhaft eine robuste Brigade in Litauen zu stationieren. Voraussetzung dafür ist, (…) dass die entsprechende Infrastruktur vorhanden ist, Kasernen, Übungsmöglichkeiten und die genannten Depots. Wir reden bei einer Brigade von 4.000 Soldatinnen und Soldaten, plus Material, und bei einer dann dauerhaften Stationierung eben auch Familie.
Die Zusage einer deutschen Brigade, mit der die Abschreckung gegen Russland an der Ostflanke der NATO gestärkt werden soll, geht auf eine Vereinbarung zwischen Bundeskanzler Olaf Scholz und dem litauischen Präsidenten Gitanas Nausėda vor gut einem Jahr zurück. Aus der Vereinbarung, die Scholz und Nauseda getroffen hatten, in der englischen Fassung
Both leaders shared the ambition to further strengthen the Eastern part of NATO, in order to ensure the continued credible deterrence and defence of the Alliance. In this vein, and in light of decisions to be taken at the NATO Summit in Madrid at the end of June, both leaders agreed that, in addition to the current and reinforced enhanced Forward Presence Battle Group already in place, Germany is ready to lead a robust and combat-ready brigade in Lithuania dedicated to deter and defend against Russian aggression. Initially, led by a permanently deployed Brigade Forward Command Element in Lithuania, this brigade will consist of German combat forces specifically designated for this purpose, potentially augmented by possible multinational contributions, to form a powerful and exclusively dedicated combat formation ready to be rapidly de- and employed. These forces will be integrated into a regionally focused, intensive and comprehensive exercise program including rotating forces and Lithuanian Home Defence Forces in order to improve and ensure interoperability, cohesion, combat effectiveness and the ability for rapid reinforcement.
… und aus der später veröffentlichten deutschen Fassung:
Beide Staatsmänner eint der Wille, den östlichen Teil der NATO weiter zu stärken, um die glaubwürdige Abschreckung und Verteidigung des Bündnisses weiterhin zu gewährleisten. In diesem Sinne und im Lichte der auf dem NATO-Gipfel Ende Juni in Madrid zu treffenden Entscheidungen waren sich beide Staatsmänner einig, dass zusätzlich zu dem bereits bestehenden und aufgestockten Gefechtsverband der verstärkten Vornepräsenz Deutschland bereit ist, eine robuste und gefechtsbereite Brigade in Litauen anzuführen, zur Abschreckung und Verteidigung gegen russische Aggression. Diese Brigade, angeführt durch ein permanent disloziertes vorgeschobenes Element eines Brigadestabes in Litauen, wird aus deutschen Kampftruppen bestehen, die eigens diesem Zweck dienen und möglicherweise um multinationale Beiträge ergänzt werden; dadurch entsteht ein starker, zweckgebundener Kampfverband, der schnell disloziert und eingesetzt werden kann. Diese Truppen werden in ein intensives und umfassendes Übungsprogramm mit regionalem Schwerpunkt eingebunden, an dem auch die rotierenden Truppen und die litauischen Streitkräfte teilnehmen, um Interoperabilität, Geschlossenheit, Wirksamkeit im Einsatz und die Fähigkeit zur schnellen Verstärkung zu verbessern und zu gewährleisten.
Den Kern dieser Vereinbarung hatten allerdings Berlin und Vilnius unterschiedlich interpretiert. Während aus deutscher Sicht nur das Forward Command Element (FCE) der Brigade dauerhaft in Litauen bleiben und durch rotierende Kampftruppen zeitweise ergänzt werden sollte, bestand Litauen auf einer ununterbrochenen Präsenz der gesamten deutschen Brigade. Im Ernstfall reiche die Zeit nicht, diese Soldatinnen und Soldaten aus Deutschland heranzuführen, hatte die litauische Regierung argumentiert.
Mit der aktuellen Ankündigung schwenkt die Bundesregierung auf diese Sicht ein – auch wenn Pistorius betonte, eigentlich sei das doch von Anfang an die Haltung in Berlin gewesen. Der deutschen Verteidigungsminister verband die Zusage allerdings mit zwei Vorbehalten:
• Litauen müsse die nötige Infrastruktur für diese Brigade bereitstellen und
• die Planungen müssten mit der NATO abgestimmt werden: Der militärische Oberbefehlshaber (SACEUR) müsse prüfen und klären, ob das mit den Plänen der Allianz für eine schnelle militärische Reaktionsfähigkeit in einer Krise vereinbar sei.
Die neue Position wirft davon unabhängig allerdings einige Fragen auf:
• Bislang fühlt sich Deutschland – im Unterschied zu anderen Bündnismitgliedern – an die NATO-Russland-Grundakte von 1997 gebunden, in der die Allianz auf die dauerhafte Stationierung substanzieller Kampftruppen auf dem Gebiet der ehemaligen Ostblockstaaten verzichtet. Ob mit dem neuen Angebot eine Abkehr von diesem Dokument verbunden ist, bleibt vorerst unklar.
• Das Heer befindet sich derzeit ohnehin in einem Umbauprozess, unter anderem, weil der NATO für 2025 und 2027 einsatzbereite Divisionen zugesagt wurden. Wie die Auslands-Stationierung einer kompletten Brigade dazu passt, bleibt offen.
• Eine dauerhafte Stationierung im Ausland sieht die Bundeswehr bislang nur auf freiwilliger Basis vor. Für eine solche Brigade in Litauen müssten Mannschafter, Unteroffiziere und Offiziere gefunden werden, die ihren Lebensmittelpunkt für einige Jahre nach Litauen verlagern wollen. Abgesehen von einigen – deutlich kleineren – Auslandsposten wie Ausbildungsstätten in den USA oder Frankreich, dem Bataillon der deutsch-französischen Brigade in Illkirch oder der französisch-deutschen Transportfliegerstaffel in Evreux gibt es damit in den deutschen Streitkräften praktisch keine Erfahrungen.
Die Aussagen von Pistorius im Audio – zunächst die erste Aussage zur Stationierung:
… und die gemeinsame Pressekonferenz mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg und dem litauischen Präsidenten:
(Foto: Transportpanzer Fuchs und Lkw der Bundeswehr bei der Übung Griffin Storm in Pabrade/Litauen am 26. Juni 2023)
„….gibt es damit in den deutschen Streitkräften praktisch keine Erfahrungen.“
Das ist zwar korrekt, allerdings kein Grund, etwas nicht zu tun. Dann wird die Erfahrung, ab jetzt beginnend, gesammelt.
Und was die Soldaten angeht, daß AA macht es mit seinem Botschafspersonal doch vor. Entsprechende Bezahlung wirkt, nicht immer problemlos, scheint aber zu funktionieren.
@Pio-Fritz sagt:
26.06.2023 um 17:43 Uhr
…Und was die Soldaten angeht, daß AA macht es mit seinem Botschafspersonal doch vor. Entsprechende Bezahlung wirkt, nicht immer problemlos, scheint aber zu funktionieren…
Wer sich beim AA bewirbt, bewirbt sich gezielt auf eine Beamtenlaufbahn bei der es zum Berufsbild gehört und die haben auch ein Anreiz system, wer in Kabul oder Pjöngjang war der darf danach nach Paris oder Sao Paulo.
@Pio-Fritz
„… daß AA macht es mit seinem Botschafspersonal doch vor.“
Vom Tagesdienst und den Rahmenbedingungen her vergleichen Sie m.M.n. Äpfel und Birnen.
https://www.youtube.com/shorts/IIuWP7I3uco
operativ ist das ein neuer Kurlandkessel – ob sie das freigeben oder nicht, weil der Begriff nicht passt, ich lege dafür meine Finger in die Waagschale – wir haben noch nicht einmal die Kräfte für die Unterstellung je einer Panzerdivision unter die drei deutsch-beteiligten Korps – plus dem Luftlandekorps in UK
Ich bin gespannt, wie der Plan am Ende umgesetzt werden soll.
Die Situation in Litauen ist mit der in Illkirch oder den Beamten des AA nur schwer zu vergleichen.
Es ist aber in Litauen eine hervorragende Gelegenheit, modernste Infrastruktur zu nutzen.
Würde man ganz plötzlich eine Brigade am Rand des Truppenübungsplatzes Oberlausitz stationieren, dann wäre dies selbst in Deutschland eine gigantische Herausforderung, Freiwillige dafür zu finden.
@Thomas Melber sagt: 26.06.2023 um 18:13 Uhr
„Vom Tagesdienst und den Rahmenbedingungen her vergleichen Sie m.M.n. Äpfel und Birnen.“
Ich denke nicht. Dienst im Sudan, Mali, Irak, Iran, Zentralafrikanische Republik etc.pp.. Und noch bestimmt die Hälfte aller Länder dieser Welt ist der Dienst auch nicht ungefährlich. Unbewaffnet auf dem Präsentierteller. Da wird das von den AA-Mitarbeitern ganz offen als „Schmerzensgeld“ deklariert.
@Küstengang01 sagt: 26.06.2023 um 18:10 Uhr
„Wer sich beim AA bewirbt, bewirbt sich gezielt auf eine Beamtenlaufbahn bei der es zum Berufsbild gehört ….“
Ja, das macht ein Soldat doch auch! Wer sich bei der Bundeswehr bewirbt und Auslandseinsätze nicht einkalkuliert, der schläft doch auf`m Baum. Und selbst der Zeitsoldat ist Beamter auf Zeit. Und über einen möglichen alternativen Status diskutieren wir hier doch monatlich bei den Personalzahlen.
Sie offenbaren ein aktuelles Bw-Problem. Bei jeder Neuerung fängt man bei Adam und Eva an und tut so, als hätte man keine Ahnung von Nix.
Schön wäre es, der Mikrokosmos Bundeswehr könnte sich dazu herablassen, sich in dieser Republik umzuschauen, was Andere in ähnlichen Situationen so haben und machen. Ansonsten kommt da wieder Bw-typischer, unpraktikabler Mist heraus.
Starke Idee, aber wie möchte man das Umsetzen???
Daheim fehlt es an allem, Mat, Mun, Pers!
Und dann mal schnell ne ganze Brigade als Auslandsdienststelle Ausrufen, ist man sich über die Kosten bewusst. Auslandsdienstbezüge plus volle UKV und allem was dazu gehört. Da braucht man ja jedes Jahr ein Sondervermögen dazu😂😂
Ist es gesichert, dass es nicht um eine „Dauerrotation“ geht? Also um die „dauerhafte“ Stationierung „wechselnder Truppen? So wie bisher, aber halt auf Brigadeniveau? ggf. Material vor Ort, aber Personal rotierend?
Damit hätte man kein Problem mit Auslands-DP, Familienmitzug, Schulen etc.
Damit würden dann andere Probleme entstehen (nämlich wie wir es schaffen alle 6 oder 9 oder 12 Monate eine komplette Brigade personell einsatztauglich zu bekommen…
Aber vielleicht die kleinere Herausforderung ;)
@Pio-Fritz sagt:
26.06.2023 um 19:40 Uhr
…Ja, das macht ein Soldat doch auch! Wer sich bei der Bundeswehr bewirbt und Auslandseinsätze nicht einkalkuliert, der schläft doch auf`m Baum….
Naja, ein Soldat bewirbt sich auf einen Job bei dem „Auslandseinsätze“ mit dazugehören. Also alle paar Jahre mit unter eine etwa 6 Monatige Verwendung in einer IKM Mission.
Vor zwanzig Jahren war der Spruch noch zwei Einsätze in einer 12 Jährigen Dienstzeit. Heute bestimmt etwas öfter mitunter…
Aber niemand sagt bei der Einstellung… du wirst mehrere Jahre mit dem Eintrag im Perso rumlaufen „Kein Inländischer Wohnsitz“.
Bei den Ammis ist das Normal, bei denen wird man schon im eigenen Land regelmäßig tausende km weit weg versetzt, da gehört es zum Markenkern das man heute in Hawaii morgen in Alabama und übermorgen in Alaska landen kann oder eben 5 Jahre in Deutschland oder Italien landen kann oder halt ein Jahr in einer Kampfzone oder in Korea wo die Familie auch nicht mit kann… das wird denen bei der Einstellung verkauft. Das weiß auch jeder Partner den man kennenlernt… Armylife bedeutet die Welt zu sehen und nirgends lange zu bleiben. Dafür haben die Ammis aber jede Basis zu klein Amerika gemacht…
Bei der Bundeswehr kann ich mir lebhaft vorstellen das die zivile Wehrverwaltung dem 29 Jähirgen Stabsgefreiten der drei Kinder hat, dann ins Gesicht sagt…. sorry Einfamilienhäuser gibt’s erst ab Hauptfeldwebel aufwärts, sie können sich auf eine 2½ Zimmer Wohnung bewerben.
würde auch sagen dass man sixh das AA Rotatiosnverfahren mal ansehen sollte. Davon ist nicht alles übertragbar dienstrechtlich uns strukturell aber eine gute inspirationsquelle.
Rukla ist um längen attraktiver als viele AA Diesntposten in Afrika/Zentralasien etc .
Abgesehen davon bestehen substantielle fianazielle anreize über, steuerfreie, auslandszuschläge.
Man könnte bsw. entweder ganze einheiten (personal) für 3 Jahre rotieren lassen. oder man generiert personal über individuelle rotation für Zeitraum X
@ Pio-Fritz
Nun bleiben Sie bitte auf dem Teppich. Der geneigte „Mannschafter“ (einfacher Dienst, dürfte es im AA gar nicht geben) möchte in aller Regel (möglichst) heimatnah eingesetzt werden und verbleibt in der Regel für die Dauer der Dienstzeit im Verband.
Für die Unteroffiziere (mittlerer Dienst) gilt das im Wesentlichen auch – mit der Ausnahme eines herausgehobenen Dienstpostens (OStFw) besteht kaum ein Grund, sich aus der Stammeinheit versetzen zu lassen.
Insofern könnte Ihr AA-Vergleich höchstens auf die Offizierlaufbahn abzielen, aber auch hier gehört es nicht zum Berufsbild, im Ausland stationiert zu sein – man ist ja kein Diplomat.
Wenn die Bundeswehr aus Mali (schneller) abzieht, dann gibt es genügend Haushaltsmittel für eine Stationierung in Litauen, oder ?
Dabei ist es egal, ob mit Hubschraubern oder mit Radpanzern; wichtig wird neben der Infrastruktur die Durchhaltefähigkeit (Munition und wechselndes Personal) – bei NATO-Freunden. Ein bisschen Familienfreundlichkeit in den Entsendestandorten oder in Deutschland inklusive !!!
Es gibt durchaus eine Erfahrung mit einer Friedens-Auslandsstationierung in der Bundeswehr:
Nämlich den Standort Budel/Niederlande mit dem Legerplaats Budel – mit permanenter Stationierung von bis zu 12 Kompanien zeitgleich über den sehr langen Zeitraum von 1963 bis 2005.
Neben der Kaserne gab es ab 1964 eine in das Dorf integrierte Siedlung mit rund 300 durch die Bundeswehrverwaltungsstelle Budel verwaltete Wohnungen, um die herum in den nächsten Jahrzehnten eine Menge Reihen und Einfamilienhäuser entstanden, die durch Soldaten für sich und ihre Familien angemietet wurden. Es gab auch eine deutsche Schule und Kindergarten.
Die Regelstandzeit in den Niederlanden betrug dabei für Zeitsoldaten in den 70ern/80ern vier Jahre, die dort eingesetzten Soldaten erhielten Auslandszuschläge (Wehrdienstleistende doppelten Wehrsold).
Wenck! Ich wusste nicht, dass wir noch solche Reserven haben!
Spass beiseite, da ist aber eine große Strukturreform notwendig. Dazu gehört eine Abkehr vom Dogma der Heeresgröße! Aber gut, wo Wille, da Weg.
Vorbemerkung: Ich befürworte die Stationierung einer Brigade in Litauen rundum. Das muss in einer großen Kraftanstrengung geleistet werden. ABER an alle AA – Vergleicher: sicher vieles richtig, aber das was gesagt wird, übersieht drei Dinge: 1. Das AA muss sich in einem Gastland um maximal zwei – drei dutzend Familien kümmern, nicht um den Anhang von 4000 + XX dann 2. In Hauptstädten sind die Bedingungen für entsandtes Personal immer besser, als in der militärischen Provinz und 3. Es fällt dem AA immer schwerer, berufstätige Partner zu versorgen. Und das bei meistens akademisch gebildeten mehrsprachigen Leuten! Finden Sie aber mal in Litauen Jobs für nur 500 Deutsche die kein Litauisch sprechen und Schulplätze für .500 Kinder. Alles lösbar, aber nicht wenn man phantasielos bestehende AA – Denkmuster anwendet… Ich traue Minister Pistorius aber zu, in die Sache Bewegung zu bringen.
Es wird die Frage sein, welche Standarts die Litauer für die Unterbringung deutscher Soldaten für angemessen halten. 2 Mann Stube mit Kühlschrank, Flachbildschirm und Internet für Mannschaften ? Oder wird es etwas spartanischer ?
Hoffentlich hat eine 4000 Mann Brigade aus D. 2026 auch die nötige Munition zur intensiven Verteidigung zur Verfügung.
Es ist jetzt klar, dass es eine dauerhafte Stationierung einer Brigade werden soll. Wie die aussehen soll und wie lange der Aufbau dauern soll, ist ja noch zu definieren. Aus meiner Sicht würde in Litauen nur eine zusammen mit den Litauern vollständig eigenständig agierende Brigade Sinn machen. Wie durchsetzungsfähig und wie beweglich sie sein sollte – das halte ich für eine spannende Frage. Für schwere Kräfte spricht, dass sie bereits Frontnah positioniert wäre und sich somit die Transportlogistik in Grenzen hält. Da außerdem der Nachschub in Richtung Litauen aufgrund von Kaliningrad ins Stocken geraten könnte ist ein signifikantes Maß an Durchsetzungsfähigkeit sinnvoll.
Ich würde die Gelegenheit nutzen, sehr zügig mit dem Aufbau kleiner aber vollständiger Kampftruppen dort zu beginnen.
Geschickterweise verzichtet der Minister auf einen Zeitstempel, wann diese Stationierung losgehen soll und verweist hier auf die fehlende Infrastruktur, die Litauen bereitstellen muss.
Insofern produziert auch dieser IBUK erstmal mediengerecht heiße Luft und weitere Absichtserklärungen.
Außerdem halte ich den „Plan“, bis dahin im Spannungsfall die Brigade innerhalb von 10 Tagen mit allem Personal und Material nach Litauen verlegen zu wollen, für völlig unrealistisch.
Einen Transport durch die Suwalki-Lücke wird Russland (im wirklichen Spannungsfall !) nicht kampflos hinnehmen und auch den Seeweg wird die Baltische Flotte mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln (insb. Seeminen) so behindern, dass diese Brigade nicht ohne Verluste in ihren Verfügungsraum gelangt. Auch hier eine völlig unrealistische „Planung“, die das BMVg wohl selbst nicht ernst nehmen dürfte.
Letztlich muss man das Konzept abwarten, ehe man urteilt.
Möglich wäre eine Rotation alte 6 Monate, aber für die stellenden Truppen belastend.
Oder man macht es gleich richtig, Versetzung für 3 Jahre mit Familienumzug, ein ordentliches Wohnkonzept (für Familien), deutsche Kita und Schule (damit die Kinder zurück in Deutschland keine Probleme mit dem Abschluss haben) uvm.
Familien begleiten Pilot*innen für die fliegerische Ausbildung in die USA.
Warum nicht auch nach Litauen…wenn das Konzept stimmt.
(Zum Konzept gehört allerdings auch dazu, wie man die Familien, in Fake einer Krise, innerhalb von 48h nach D bekommt.)
Es wird in den Kommentaren öfters die Brigade 41 als zukünftig fest in Litauen stationierte Einheit genannt.
Das halte ich für unwahrscheinlich,
Sie stellt zwar momentan im Moment die Kräfte der eVA Brigade mit vorgeschobenem Gefechtsstand in LT.
Die Brigade 41 wird zukünftig zu einer Brigade der mittleren Kräfte auf Rädern umgebaut.
Es wurde schon von der BW kommuniziert, dass danach die drei schweren Brigaden (9, 12, 37) rolierend die Rolle der eVA Brigade übernehmen.
Dieser Kreis wird m.M. auch zukünftig die fest in Litauen stationierte Kräfte stellen.
Der Plan ist gut und wichtig und richtig!!
Das Standing der Bundeswehr in der NATO würde sich dadurch erheblich verbessern!!
Ich stelle mal den Zeitrahmen ab 2026/2027 in den Raum (bis Unterkünfte usw gebaut sind)…
ab da soll das ganze so kommen.
Bis dahin wird es weiter mit Rotation gehen müssen.
letztendlich sind 3 Dinge wichtig damit das gelingen kann.
1) mehr Geld (EPL14 MUSS auf 60 Mrd € steigen)
2) mehr Material (die komplette Ausrüstung der Brigade MUSS vor Ort vorgehalten werden, inkl. Munition und Ersatzteilen und Instandhaltung)
3) mehr Personal (die 4.000 Mann sehe ich als zusätzliche Kräfte die kommen müssen)
-> alles 3 nicht so einfach!!
zum Konzept.
Vor Ort macht meiner Meinung nach nur eine Schwere Brigade Sinn.
Die mittleren Kräfte kann man bei Bedarf zusätzlich hin verlegen, oder diese in andere Gebiete an der NATO Außengrenze verlegen (Rumänien, Slowakei, usw.)
Die schwere Brigade besteht dann mindestens aus:
2 x Panzerbataillone (88 x Leo2A8)
2 x Panzergrenadiere-Bataillone (88 x Puma)
1 x Artillerie/Flugabwehr Bataillon (PZH2000, MARS2(Nachfolger), Boxer Skyranger30/SLS)
2-3 Unterstützungs-Bataillone
außerdem würde ich ein System Iris-T SLM im Land stationieren
das o.g. Material würde ich zusätzlich bestellen!!
bzgl. Personal:
Es gibt 2 Möglichkeiten.
1) 4.000-5.000 Mann zusätzlich / neu speziell für diesen Einsatz rekrutieren
oder
2) Rotation des Personals aus den bestehenden schweren Brigaden/Bataillonen.
-> Einsatz 6 Monate vor Ort (1 Battaillon pro Brigade), dann Rotation
-> hier würde es aber Sinn machen dass man zusätzliche Kräfte (zusätzliches Bataillon) aufstellt.
Wäre wunderbar, wenn Politik ein einziges Mal es alle recht machen könnte. Vor dem Hintergrund Deutscher Geschichte im Kalten Krieg, wie vom Minister deutlich angeführt, und der litauischen Bitte (sicher haben Lettland und Estland aus haheliegenden Gründen demnächst gleichartige) ist dieses die richtige politische Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt. Vielleicht könnten alle Bedenkenträger – in Kenntnis der historischen Dimension – im Sinne des Ganzen Gründe für die schnellstmögliche Umsetzung realisieren…
Wird denn diese Brigade on top aufgestellt oder aus der Idee des Inspekteur Heer heraus gebildet?
Bei einem einzelnen Bataillon wäre das vielleicht nicht ganz so wichtig. Bei einer einzelnen Brigade ist das schon erheblich.
Da wurde jetzt in der Tat eine harte Nuss zu knacken gegeben.
Vielleicht/hoffentlich nimmt man das auch zum Anlass, nochmal über die Zukunft von SKB und ZSanDst zu sinnieren – da waren wir ja schon mal weiter, bis eine von „zwei starken Frauen für die (äußere) Sicherheit“ zuständig wurde und alles stoppte.
Angesichts der Tatsache, dass das „Zielbild Heer“ schon jetzt heillos überplant ist, dürfte man sich die Frage stellen, welche Standorte in Deutschland mittelfristig geschlossen werden. Geografisch gesehen dürften ja eher nordostdeutsche Standorte Sinn ergeben.
Tja.
Die Aufzählungen der hiesigen Foristen, was alles getan werden müsste, um mit der stationierten Brigade einen sinnvollen Beitrag in Litauen zu leisten, sind alle sachlich richtig.
Und doch ist das alles Wunschdenken. Die Haushaltsplanung für die kommenden Jahre wird alle notwendigen Maßnahmen unmöglich machen. Das einzige Zugeständnis an Pistorius war ein Ausgleich für die steigenden Personalkosten. That’s it.
Auch die Munitionsbeschaffungen sind doch im Angesicht der Erfahrungen in der Ukraine ein einziger Witz. Die Bundesregierung plant immer noch nicht das Notwendige. Ist aber immer noch Meister darin, unhaltbare Zusagen zu machen.
Bei der Debatte um das Familienthema: Wir reden hier über eine kleine Brigade, 300 km von Zuhause. Was sollten eigentlich die Amerikaner sagen? Oder die Briten? Da sind solche Versetzungen normaler Teil des Soldatenalltags.
@Florian Staudte:
War das eine rhetorische Frage? On top? Bei den derzeitigen Verfügungsständen?
Obwohl: Das wäre mal ein deutliches Signal der Politik. Meine Erfahrung treibt mich aber dazu, die auch in mir zuletzt sterbende Hoffnung realistisch zu dämpfen.
Leider sehe ich das mit bisherigen Denkmustern und dem vorhandenen Mindset in der Bw und Deutschland insgesamt nicht umsetzbar.
Herr Minister, schicken Sie die besten Leute der Abteilungen Haushalt, Recht und Infrastruktur nach Spangdahlem Wiesbaden und Ramstein oder Grafenwöhr. Dort sollen die Damen und Herren sich in den US Garrisons bitte einen Eindruck verschaffen wie man Militär mit deren Familien fern der Heimat „bespaßt“ und funktionierende kampfstarke Einheiten am Laufen hält.
Meine vergangene Kritik an der Regierung / BK Scholz scheint unberechtigt, hier: Brigade versprochen, Stab gesendet. Auch das muss mal gesagt werden.
Nun, wie „Florian Staudte“ schon anmerkt: Ich bin gespannt, wie der Plan am Ende umgesetzt werden soll.
Ich bin ziemlich befremdet ob der ganzen AA-Kopfblockaden. Da gibt es ein Bundesministerium, das schon jahrzehntelange Erfahrung in der Entsendung von Mitarbeitern in alle Länder der Erde hat. Und hier liest man am laufenden Band, warum das nicht vergleichbar ist, warum das bei der Bw was ganz anderes sein soll und pipapo.
Es ist noch nicht mal die Bereitschaft erkennbar, sich mit diesen Gesetzen, Vorschriften und Verfahrensweisen zu beschäftigen – Hauptsache dagegen an stänkern. Natürlich kann man das nicht 1:1 übertragen, aber der (auch haushalts-)rechtliche Rahmen ist gesteckt und den muss man nicht neu erfinden.
Na, dann stöhnt mal schön weiter über fehlende Kita-Plätze, langweilige Landstriche und fehlende Soldaten. Aber da sind die Bedenkenträger immer gut drin, Schritt 3 bis ins Detail zu zerreden, bevor überhaupt Schritt 1 gemacht ist. Ich bin aus dieser Negativ-Diskussion raus.
@ Pio-Fritz
Oha, der Lotse geht von Bord. Natürlich kann man sich erstmal Kopf über ins Abenteuer stürzen (Ihr Schritt 1) und dann mit dem Denkprozess (Ihr Schritt 2) beginnen. Das kann man tun, muss man aber nicht.
Und nichts für ungut: die Bundeswehr hat selbst ausreichend Erfahrung mit Truppe, die im Ausland stationiert ist. Da braucht man nicht bockig zu sein, nur weil ein untauglicher Vergleich mit anderen Ressorts (und übrigens auch mit anderen Streitkräften) auch so beurteilt wird.
Was gern vergessen wird: Anfang der 1990er galten die neuen Bundesländer quasi als Ausland, da wurden auch viele Hebel in Bewegung gesetzt, um West-Personal zum Dienst im Osten zu bewegen. Flexible Dienstzeiten, dienstlich organisierte Transporte, Dienstzeit, die doppelt für das Erreichen der besonderen Altersgrenze gerechnet wurde, besondere Besoldung usw.
Ein Blick zurück und zur Seite, mehr muss nicht getan werden, dann muss „nur noch“ gebaut und organisatorisch umgesetzt werden.
Wenn diese Planung wirklich realisiert wird – die Vorposter haben ja die ganzen Aber aufgeführt – dann wird es wirklich die Zeitenwende. Erstmals setzt Deutschland dann die BW aus eigenen politischen Überlegungen ein und nicht nur in Heerfolge der USA oder Frankreichs. Die angebliche oder tatsächliche (will ich jetzt nicht diskutieren) russische Bedrohung ist ein sehr guter Anlass, die baltischen Staaten enger an Deutschland zu binden. Mit der Intermare- Strategie wollte Polen eigentlich die Vormacht der baltischen Staaten werden. Zumindest Litauen hat sich aber für Deutschland entschieden, sicher nachrangig nach den USA, aber denen kann man nie trauen, wie lange sie dableiben. Deshalb ist der Aufbau einer großen Infrastruktur für die Truppe einschließlich Familien politisch so wichtig. Sie sendet das Signal, wir sind gekommen um zu bleiben. Den aktuellen Abschreckungseffekt gegen Russland kann man auch mit einem Feldlager und rotierenden Truppen erreichen.
Und etwas in die fernere Zukunft geblickt; falls einmal die Frage gestellt werden sollte, ob Kaliningrad zukünftig Krolewiec oder Königsberg heißen soll, hätte man ein Instrument vor Ort. Die polnischen Reaktionen auf diese Stationierungspläne sind auch etwas verhalten. Es würde mich nicht wundern, wenn es bei der Logistik für die Truppe durch Polen gewisse Schwierigkeiten geben sollte. Dafür gibt es dann immer noch die Fährverbindung Mukran – Klaipeda; Ironie der Geschichte.
Spannende Zeiten!
Ich denke, die Summenrechner im Ministerium betrachten das volkswirtschaftlich: mit AFG und MLI fallen zwei Einsätze weg, die dauerhaft mehrere tausend Mann mit zugehörigem Material und enorme Haushaltsmittel gebunden haben nicht zu vergessen die doppelte Menge Personal, das in vor- und Nachbereitung gebunden ist und das Personal, das aus der Heimat unterstützt. Dagegen ist die dauerhafte stationierung einer vstk brig im Baltikum weniger aufwendig, wenn die ortsfeste Infrastruktur erstmal aufgebaut ist.
Die eigentliche Schwierigkeit sehe ich tatsächlich im Bruch der Nato Russland- Vereinbarung über die dauerhafte Stationierung substantieller Kräfte in den Beitrittsländern, insbesondere für die Beziehungen Nato und Deutschland mit Russland in der Zeit nach Putin
@Waldgänger;
Für den Fall, dass für europäische Maßstäbe normale Leute an in Russland an die Macht kommen, wird man wohl sehr schnell neue ähnliche Vereinbarungen treffen können. Wenn es nach mir ginge, gerne auch deutlich umfangreichere Abrüstungsverträge, an die sich aber dann auch Russland nachprüfbar halten muss! Die Menschheit hätte sinnvollere Aufgaben als Geld und Ressourcen inbRüstung zu verplempern….
@ Waldgänger 19:21:
„Die eigentliche Schwierigkeit sehe ich tatsächlich im Bruch der Nato Russland- Vereinbarung über die dauerhafte Stationierung substantieller Kräfte in den Beitrittsländern, insbesondere für die Beziehungen Nato und Deutschland mit Russland in der Zeit nach Putin“
Man kann es auch so sehen. Die russische Politik erwartet, dass die Nato den Artikel 5 im Baltikum mit mehr Leben füllen wird und „muss“. Wenn es die Nato nicht machen würde, würde das auf russischer Seite auf ungläubiges Staunen treffen, und eher als Einladung verstanden werden. Und dass wir Deutschen dort eine Brigade stationieren, ist der russischen Politik vielleicht eher Recht, als wenn es eine Brigade der USA wäre (was aber auch eher unwahrscheinlich wäre). Wir sollten gestalten, und wenn es wir nicht machen, machen es andere.
Die politische Zeichensetzung geht also in die nächste Runde. Nach allem was ich hier zu lesen bekomme ist das ein ziemlicher Aufriss und langfristig teuer. Ist das wirklich sinnvoll?
Voraussetzung für eine echte und akute Bedrohungslage für die baltischen Staaten ist doch, dass die Russen den Krieg in der Ukraine für sich entscheiden können. Die sind mit diesem Krieg aber eigentlch schon überfordert und haben schlicht nicht mehr die Mittel, um selbst ein kleines Land erfolgreich angreifen zu können.
Aber mal angenommen, der Krieg in der Ukraine wurde beendet und die russische Armee wurde erflolgreich wieder aufgebaut. Mal angenommen, die Diplomatie zeigt sich auch weiter unwillig bzw. unfähig eine echte Bedrohungslage, zu entschärfen, dann wäre eine Brigade nicht wirklich viel. Wie sieht es denn bei den Partnern aus? Welche Mitgliedstaaten der NATO beteiligen sich noch mit jeweils einer Brigade, damit man von echter konventioneller Abschreckung reden kann?
Ehrlich gesagt – ich kann nicht mehr.
Nicht weil eine Brigade ins Baltikum verlegt werden soll. Das ist richtig und wichtig.
Auch nicht weil da viele Dinge zu berücksichtigen sind wie z.B. gehen Familien mit oder muss da auch zivile Infrastruktur geschaffen werden. Alles Dinge die man mitdenken und -planen muss.
Aber Aussagen wie:
„Der geneigte „Mannschafter“ (einfacher Dienst, dürfte es im AA gar nicht geben) möchte in aller Regel (möglichst) heimatnah eingesetzt werden“
„Naja, ein Soldat bewirbt sich auf einen Job bei dem „Auslandseinsätze“ mit dazugehören. Also alle paar Jahre mit unter eine etwa 6 Monatige Verwendung in einer IKM Mission.“
„Würde man ganz plötzlich eine Brigade am Rand des Truppenübungsplatzes Oberlausitz stationieren, dann wäre dies selbst in Deutschland eine gigantische Herausforderung, Freiwillige dafür zu finden.“
bringen mich dann doch an den Rand.
Die Kommentatoren haben vermutlich Recht, was das Ganze noch schlimmer macht.
Es fällt uns hier die Leier „die Bundeswehr ist ein Arbeitgeber wie alle anderen auch“ auf die Füße – vor allem so wie das gelebt wurde.
Wer Soldat ist ist Soldat. Dieser Beruf kann – per Definition nicht ortsgebunden sein.
Die Bundeswehr ist eine Armee und wer sich bei einer Armee verpflichtet muss doch zumindest ahnen, dass es irgendwann etwas ungemütlich werden könnte (auch in Formen die vorher nicht absehbar sind. „Leben in der Lage“, „Nichts ist so beständig wie der Wechsel“ etc. pp – diese ganzen netten Worthülsen die bei Apellen und im Smalltalk so häufig verwendet werden).
Viele Kameraden redeten und reden immer von Respekt und das man sich mehr davon von der Bevölkerung und oder der Politik wünscht. Ja, dann muss man auch was dafür tun. Und das bedeutet halt manchmal auch die Härten des Dienstes aus zu halten.
Alles in allem ist das natürlich auch ein Problem der Überalterung und Kopflastigkeit unserer Streitkräfte. Mannschaftler und Unteroffiziere Anfang 20 dürften die wenigsten Probleme damit haben für zwei Jahre in eine Auslandsstationierung zu gehen. Noch kein Kind, kein Rind wie man so schön sagt.
Was höhere Dienstgrade angeht – nun gut. Da ist es auch in etlichen Großkonzernen so, dass man mit einer Delegierung ins Ausland rechnen muss. Die sich übrigens auch meist sehr gut für die Karriere macht.
Vielleicht wäre das ja ein Weg – wer da freiwillig hingeht hat es im weiteren militärischen Werdegang einfacher.
@ GolfEcho83
Da geht aber so einiges gehörig durcheinander. Die Bundeswehr ist seit ihrer Aufstellung 1955 „ortsgebunden“ – in Deutschland. Konstellationen wie sie bei den britischen, französischen oder US-amerikanischen Streitkräften an der Tagesordnung sind/waren (Stationierung von Großverbänden im Ausland), gibt es bei der Bundeswehr nicht – die häufige Wiederholung macht diesen Vergleich nicht treffender. Folglich unterliegen Verwendungen im Ausland der Freiwilligkeit (nicht zu verwechseln mit Auslandseinsätzen, da gilt dies nicht).
Insofern gibt es jetzt zwei Möglichkeiten: man muss eine Verwendung im Ausland über alle Maßen hinaus attraktiv machen (wie ich bereits schrieb, müsste hier das Rad nicht einmal neu erfunden werden) – oder man streicht das Gebot der Freiwilligkeit für Auslandsverwendungen (was es für Versetzungen in Deutschland de jure auch nicht gibt, jedoch de facto durchaus gilt, da es durch z.T. großzügige Stellenbündelungen und entfallene „Pflichttore“ gar keinen „Hebel“ mehr gibt, Soldaten gegen ihren Willen zu versetzen), was einer Zeitenwende gleich kommt.
Wie sich das dann auf die Attraktivität des Dienstes und die Nachwuchsgewinnung auswirkt, wird dann zu sehen sein – man kann nur mit den Damen tanzen, die auch im Raum sind.
@GolfEcho83 sagt:
28.06.2023 um 9:59 Uhr
am Ende es Tages muss jede Armee auch stetig Nachwuchs rekrutieren… bei der Bundeswehr etwa 15.000 SaZ jedes Jahr. Damit man noch halbwegs eine Auswahl treffen kann braucht es dafür den Faktor 6 an Bewerbern… also knapp 90.000 bis 100.000 Bewerbungen jedes Jahr… da sprechen wir knapp über ⅛ des Geburtsjahrgangs die nicht nur darüber nachdenken Soldat zu werden sondern tatsächlich Bewerbungsunterlagen abgeben.
Aus anderen Fäden weiß man diese Zahlen werden heute schon nicht erreicht.
Was glauben sie wie es sich auf die Bewerbungen auswirkt wenn der Wehrdienstberater (ich weiß alter Begriff, aber ich nutze den trotzdem weiter!) dem oder der 18, 19, 20 Jahre alten Bewerbern im Erstgespräch sagen muss….
„Es könnte sein das sie für mehrere Jahre auf einen Dienstposten kommen der nicht in Deutschland liegt.“
Wochenende Pendeln OK, alle paar Jahre ein paar Monate in einen Einsatz OK, wird ja auch irgendwie ausgeglichen… aber Jahre im Ausland und jeden Freund/Kumpel/Bro hinter sich zu lassen, das hat eine andere Qualität.
Es geht hier nicht um „Herumkammern“ sondern um die ernste Betrachtung der Dinge wie die Bundeswehr bei einem Großverband von 4000 Soldaten das bewerkstelligen will.
@Hans Dampf: die Regelungen etc. sind mir durchaus bekannt.
Ich wundere mich nur über das „Mindset“.
Ich kann doch als Soldat nicht erwarten immer nur an Orten und in Arten eingesetzt zu werden die ich jetzt grade toll finde. Das passt nun wirklich nicht mit dem Berufsbild des Soldaten überein.
Klar – in den letzten Dekaden war das Dasein der allermeisten deutschen Soldaten sehr entspannt was Versetzungen, Trennung usw. anging. Nur konnte doch keiner erwarten das dies ewig so weiter geht. Zumal wir jetzt halt eine komplett andere Situation haben.
Ich kann mich als Soldat auch nicht hinstellen und immer davon sprechen, dass ich tolle und gute Ausrüstung haben will um meinen Auftrag zu erfüllen, dann aber nicht bereit sein die auch zu benutzen. Sprich mich mit meiner Panzer in die Nähe einer möglichen Front zu bewegen.
Die Grenze und der zu erwartende Verteidigungsbereich der NATO liegen nun mal nicht mehr direkt vor Fulda und sind für Wochenendpendler geeignet.
Aber ja – ich bin bei Ihnen – der erste Versuch sollte daraus bestehen die Versetzung attraktiv zu gestalten. Geld, Karriereperspektiven, meinetwegen auch irgendein fröhlicher Orden.
@Schlammstapfer:
1. Ich gehe davon aus, daß der Durchschnittsrusse wesentlich leichter/beser für einen Krieg gegen die NATO/USA motiviert werden kann als zum Bruderkrieg. Auch kann man bei ersteren leichtereine Totalmobilisierung/Kriegswirtschaft organisieren.
2. Die Russen werden auch ihre Lehren aus dem Krieg ziehen (taktisch, Ausbildung auf allen Ebenen) und neues Material bauen. Dies mag aus Gründen eher T-90 Modell 2024 (statt Armata) sein, aber die Schlussfolgerungen aus dem Krieg beinhalten.
3. andere NATO-Länder: viele Länder modernisieren im Rahmen der Ringtäusche ihre Großgeräte. Polen rüstet massiv aus. Polens Aufrüstung ist wichtig hinsichtlich der Südgrenze der Kaliningrader Gebietes sowie die Belarus Westgrenze. Truppen die dort gebunden sind, können nicht gen Lituaen wirken. Alanolg bindet Finnland Truppen, die nicht wie aktuell in der Ukraine, verlegt werden können.
@aussenstehender
Zitat1. „Ich gehe davon aus, daß der Durchschnittsrusse wesentlich leichter/beser für einen Krieg gegen die NATO/USA motiviert werden kann als zum Bruderkrieg. Auch kann man bei ersteren leichtereine Totalmobilisierung/Kriegswirtschaft organisieren.“
Klar. Nämlich dann, wenn die NATO aktiv russische Einheiten, bzw. russisches Territorium angreift. Da die NATO aber abstreitet, irgendwelche Absichten in dieser Richtung zu haben, muss man diese Möglichkeit nicht weiter diskutieren.
Natürlich könnte es den einen oder anderen frustrierten russischen Offizier geben der sich in solchen Fantasien ergeht, aber die treffen in Moskau nicht die Entscheidungen. Zumindest noch nicht. Noch ist die russische Regierung nicht so unter Druck, dass sie zum Selbstmord bereit ist. Genau das aber wäre ein Angriff auf ein NATO-Mitglied.
Zitat3:“…andere NATO-Länder: viele Länder modernisieren im Rahmen der Ringtäusche ihre Großgeräte.“
Und das ist gut so. Es ist auch gut dass diese Modersierung auch in unserer Bundeswehr stattfindet. Wenn auch immer noch viel zu langsam. Aber genau dass erhöht das Abschreckungspotential gegenüber Russland.
Zitat2:“Die Russen werden auch ihre Lehren aus dem Krieg ziehen (taktisch, Ausbildung auf allen Ebenen) und neues Material bauen.“
Sie denken langfristig und auch das tue ich auch. Ich stimme Ihnen zu, das wir davon ausgehen müssen, dass die russische Regierung aus diesem Krieg lernt und die notwendigen Reformen einleitet. Natürlich könnte es auch passieren, dass sich die russische Regierung und Generalität als genauso lernunfähig herausstellt wie Teile unserer Regierung. Aber es wäre grob fahrlässig, dass anzunehmen.
Die Expertenmeinungen, die ich dazu bislang so gelesen habe, gehen alle nicht davon aus, dass dies irgenwie schnell geschieht. Aktuell sehen wir personelle Veränderungen in der russischen Militärführung aber noch eher wenig praktische Auswirkungen auf die Praxis der Kriegsführung. Wenn z.B. bekannt würde, dass man die Führung der Frunse Akademie ausgetauscht hätte, dass wäre ein Hinweis auf den Beginn dieses Prozesses.
Außer der von Ihnen angesprochenen technischen und konzeptionellen Modernisierung hat die russische Regierung weitere Schwierigkeiten zu überwinden. Sie wird diese Modernisierung weiter mit einem Budget vornehmen müssen, dass nicht wesentlich höher ist, als das bisherige. Die westlichen Sanktionen und die damit verbundenen größeren wirtschaftlichen Schwierigkeiten werden kein höheres Budget zulassen und das Embargo für Schlüsselkomponenten wird auch die Modernisierung der Produktion und die Entwicklung neuer Waffenasysteme bremsen. Auch ohne gesicherte Zahlen werden wir davon ausgehen können, dass der hohe Blutzoll des Kriegs in der Ukraine die personellen Möglichkeiten bei der Modernisierung der Streitkräfte bremsen wird. Unter den Opfern dieses Krieges werden auch viele junge Unteroffiziere und Offiziere sein, die in den kommenden Jahren die Modernisierung hätten vorantreiben können. Die Russische Gesellschaft und Wirtschaft steht aufgrund des demographischen Wandels unter demselben Druck wie unsere. Auch in Russland wird der Pool an wehrfähigen Männern und Frauen von Jahr zu Jahr kleiner. Es wird nach Ende des Kriegs in der Ukraine sehr lange dauern, bis die russische Armee wieder als Buhmann taugt.
„….gibt es damit in den deutschen Streitkräften praktisch keine Erfahrungen.“
–>> stimmt nicht ganz so, bis in die Anfang/Mitte der 2000er hatten wir einen Standort für Panzerausbildung bei Winnipeg in Kanada, wir hatten die TaktAusbZ Lw in Goose Bay in Kanada, sowie Deci/Sardinien und ebenso die Ausbildungseinrichtung für Jet und FlaRak in El Paso bzw Holloman USA.
Also Auslandsstandorte Bw sind durchaus nichts ganz soo neues.
Bei so einer Geschichte müssten halt ebenso wie in Evreux die Standardstehzeiten von 3-4 Jahren überdacht bzw. wie in Evreux eben längere Stehzeiten vorsehen. ….. wird halt dadurch auch keine „günstige“ Geschichte für unsere BwVerwaltung :-)
@Schlammstapfer: nur kurz zum 1.:
schon aktuell framt Russland die SMO als Präventivkrieg. Genauso würde ich es gegen ein NATO-Land erwarten.
Und die NATO hat seit 1990 keinen Angriff auf den Warschauer Pakt/SU/Russland angedroht und trotzdem ist aktuell SMO=Krieg gegen NATO ein beliebtes Propaganda-Narrativ.