Abgeordnete billigen Beschaffung von 2. Los Puma-Schützenpanzer – mit Auflagen
Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat die Beschaffung weiterer 50 Schützenpanzer des Typs Puma gebilligt. Die Abgeordneten stimmten der Bestellung mit einem Finanzvolumen von 1,5 Milliarden Euro zu, verbanden das angesichts der technischen Probleme mit dem Gefechtsfahrzeug in der Vergangenheit und der Bedenken von Bundesrechnungshof (BRH) und Bundesfinanzministerium aber mit Auflagen. Verteidigungsminister Boris Pistorius zeigte sich nach der Abstimmung zufrieden.
Das Verteidigungsministerium hatte dem Parlament eine Beschaffungsvorlage vorgelegt, die zusätzlich zu den bereits vorhandenen 350 Schützenpanzern des so genannten ersten Loses den Einstieg in ein zweites Los vorsieht. Für die 50 Schützenpanzer ist ein Preis von gut einer Milliarde Euro angesetzt; zusammen mit Zubehör und vor allem einem Sicherheitspolster für Preissteigerungen beträgt der gesamte Finanzbedarf 1,5 Milliarden Euro, die aus dem Sondervermögen für die Bundeswehr kommen sollen. Die schnelle Beschaffung weiterer Puma sei dringend nötig, um in der aktuellen sicherheitspolitischen Lage die Verteidigungsbereitschaft sicherstellen zu können, argumentiert das Verteidigungsministerium. Auch die Lücken, die die Abgabe von älteren Marder-Schützenpanzern an die Ukraine gerissen hätten, müssten mit dem modernen Waffensystem geschlossen werden.
Nach der Zustimmung des Haushaltsausschusses sagte der Verteidigungsminister, der neue Schützenpanzer sei ein Quantensprung im Vergleich zum alten System Marder, was den Schutz der Soldaten und die Beweglichkeit angehe. Wir brauchen ein robustes System mit diesen Fähigkeiten, das kriegstauglich ist, betonte Pistorius. Einen anderen Schützenpanzer für die Truppe auszuwählen, wäre langwierig und teurer gewesen. Eine spätere Entscheidung für ein zweites Los wäre ebenfalls teurer geworden und hätte die nötige Ausstattung der Bundeswehr verzögert.
Das Statement des Ministers zum Nachhören:
Die Abgeordneten der Koalitionsparteien und der Union im Haushaltsausschuss verbanden die Freigabe der Mittel für die neuen Schützenpanzer mit einem so genannten Maßgabebeschluss. Darin werden die Bedenken gegen den Puma aufgegriffen und eine regelmäßige Kontrolle der Haushälter gefordert. Unter anderem will das Parlament rechtzeitig über die Ergebnisse der Nachrüstung der bereits in der Bundeswehr vorhandenen Puma auf den so genannten Konstruktionsstand S1 und dessen Verbesserung S1 gehärtet informiert werden, ebenso über die Pläne für das Erreichen der vollständigen Gefechtsbereitschaft (Full Operational Capability, FOC) und die als Option mögliche Nachrüstung einer Turmunabhängigen Sekundären Waffenanlage (TSWA).
Darüber hinaus sollen die Truppe und die Heeresinstandsetzungslogistik (HIL) mehr Rechte für eigenständige Reparatur- und Wartungsarbeiten an den Schützenpanzern bekommen. Die erhoffte höhere logistische Unterstützung unabhängig vom industriellen Anbieter ist eine Konsequenz aus dem Ausfall aller 18 Puma bei einer Übung im Dezember vergangenen Jahres, der auch durch unklare Zuständigkeiten für Reparaturen während dieser Übung verschärft worden sein soll.
Der Beschluss im Wortlaut:
Der Haushaltsausschuss des Deutschen Bundestags sieht die Notwendigkeit, die Bundeswehr mit einem modernen Schützenpanzer als Hauptwaffensystem der Panzergrenadiertruppe auszustatten. Aktuell kann allerdings kein erprobtes und marktverfügbares System beschafft werden.
Der Haushaltsausschuss teilt die im BRH-Bericht und im Anschreiben des BMF genannten Kritikpunkte. Es bestehen erhebliche Risiken für den Bundeshaushalt. Bei der anstehenden Beschaffungsentscheidung ist dennoch die Dringlichkeit der Beschaffung eines 2. Loses nPUMA zu berücksichtigen. Durch die Abgaben der SPz Marder, die auch im Zusammenhang mit dem brutalen russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erfolgte, ist eine schnelle Beschaffung noch dringlicher geworden.
Der Haushaltsausschuss fordert das Bundesministerium der Verteidigung (BMVg) auf:
1.) Die Berichterstatter des Epl. 14 werden vom BMVg zeitnah nach dem 30. Juni 2024, jedoch spätestens zum 1. September 2024, über die taktische Erprobung im vertraglich definierten Konstruktionsstand S1 inklusive Überprüfung des logistischen Konzepts schriftlich unterrichtet.
2.) Die Berichterstatter des Epl. 14 werden vom BMVg zeitnah nach März 2024, jedoch spätestens zum 15. Juni 2024, über die finalen Ergebnisse der FOC-Konzeptstudie schriftlich unterrichtet.
3.) Den Berichterstattern des Epl. 14 ist parallel zum Haushaltsaufstellungsverfahren zum Bundeshaushaltsgesetz 2024 ein Finanzierungskonzept auf Basis der bereits vorliegenden Kosten und der absehbaren Restkosten für die Option I TSWA und optionaler Fahrschulpanzer schriftlich vorzulegen. Dazu gehört auch eine aktualisierte und inflationsbereinigte Kostenaufstellung zur Festbeauftragung für das 2. Los PUMA sowie zu den Folgekosten für weitere Beschaffungen aus dem Rahmenvertrag sowie zu den erwartenden Betriebskosten. Die Bundesregierung ist zu einer Darstellung aufgefordert, wie trotz einer Preiseskalation von 12,5 Prozent zwischen Dezember 2021 und Dezember 2022 der vorgesehene Finanzrahmen eingehalten wird. Die kalkulatorische Grundlage betrug nur 5 Prozent.
4.) Die Umsetzung des Garantieversprechens der Industrie über 100 Mio. Euro für den Fall, dass die Meilensteine „S1 Härtung“ oder „S1 taktische Untersuchung“ nicht fristgerecht erreicht werden, ist schnellstmöglich vertraglich festzuschreiben. Die Berichterstatter des Epl. 14 sind über den Abschluss zu unterrichten.
5.) Einen wirtschaftlich angemessenen Vertrag mit dem Anbieter entsprechend der Absichtserklärung im Eckpunktepapier vom 7. Februar 2023 (Nr. 4.b) zu schließen.
Dadurch ist sicherzustellen, dass zukünftig die Instandsetzungskräfte der Bundeswehr und der HIL zusätzliche Rechte zur Reparatur ausgewählter Baugruppen erhalten, um als Konsequenz aus den gravierenden Ausfällen des Hauptwaffensystems PUMA im Schießübungszentrumsdurchgang im Dezember 2022 eine höhere logistische Unterstützung unabhängig vom industriellen Anbieter sicherzustellen.
(Archivbild Januar 2023: Puma beim Gefechtsschiessen der 2. Kompanie des Panzergrenadierbataillons 122 auf dem Truppenübungsplatz Altengrabow – Florian Gaertner/photothek.de)
Richtige und wichtige Entscheidung!
auch die Auflagen sind OK
„Wir brauchen ein robustes System mit diesen Fähigkeiten, das kriegstauglich ist“
Das schließt die weitere Beschaffung und den Einsatz des PUMA – zumindest derzeit – doch aus ?
Und da haben wir unsere Antwort: Die im März 2021 erklärte Taktische Gefechtstauglichkeit aka. Einsatzreife war tatsächlich nur eine Nebelkerze, das Fahrzeug „reift“ seither weiterhin beim Kunden. Es ist schon erstaunlich, wieviel man bei dieser Kiste bereits gemauschelt und hingebogen hat… „Gelogen“ wäre ja justiziabel, daher sei von diesem Begriff mal abgesehen.
@Voodoo
Wie wäre es mit: „unwahre dienstliche Meldung“ ?
Ich kenne die Probleme nicht, aber man denke man hätte 2017 mit der Beschaffung des A400M aufgehört – hätte auch niemandem was gebracht.
Frage @T.W.: War das eigentlich die einzige Vorlage heute, oder wurde noch anderes gebilligt?
[So weit ich das auf der Tagesordnung sehen konnte, war es die einzige. Gab noch einen Bericht zu D-LBO, aber keine 25Mio-Vorlage. T.W.]
@Michael S. @Hausherr
Es war noch eine 25 Mio € Vorlage auf der Tagesordnung zur Beschaffung von 28 Löschfahrzeugen, ungeschützt..
@Voodoo
Full Operational Capability ist die Abbildung aller zugesagten Fähigkeiten. Es hat nicht notwendigerweise etwas mit Mauschelei zu tun, dem Fahrzeug die Erreichung der Gefechtstauglichkeit *vorher* zuzubilligen. Zum Beispiel ist der Puma auch ohne die (bisher nicht in alle SPz eingebaute) Sprengkörperwurfanlage zur Nahbereichsverteidigung des Hecks gefechtstauglich – das sind alle anderen SPz ohne dieses Feature ja auch.
Warum nicht lieber 50 Radspz Boxer 30 mm Gun aufgepanzert auf 30 to?
Guten Tag,
Dies ist mein erster Post hier, ich lese aber schon eine längere Zeit mit.
Ich möchte mich bei Herrn Wiegold für diesen Blog und seine angenehme Art bedanken, die der Allgemeinheit dieses Thema näher bringt.
Ich bin, speziell bei solchen Beschaffungen, eigentlich seit einigen Jahren wirklich ratlos, was die Gesamtstrategie sein soll. 50 Stück, zu den schon beschafften 350.
Und das reicht im Idealfall, für die aktuellen Bataillone, sowie den Schulen und ein wenig Umlaufreserve. Wenn überhaupt.
Wenn die, in einen Konflikt benötigt würden, im Rahmen von Bündnisverteidigung, was macht dann die zweite und dritte Welle? Zu Fuss gehen, den Bus nehmen?
Das der russische Angriff auf die Ukraine doch eins zeigt, dass volle Depots und Reservefahrzeuge immanent sind.
Das soll keine Polemik sein, weiss Gott nicht. Ich bin mittlerweile froh, das überhaupt was bestellt wird und sei es ein Schützenpanzer, wo man sich elektronisch, scheinbar nicht darauf verlassen kann das er einen hin und wieder zurückfährt.
Ich hoffe nur, dass man dieses, sehr teure Fahrzeug, technisch soweit in den Griff bekommt, dass sich die Besatzungen darauf verlassen können.
Ich würde mir wünschen und mich besser fühlen, wenn nochmal die gleiche Anzahl im Depot stehen würde.
@ Michael S.
Es gab noch eine Vorlage aus dem EPl14 (Top 11 im Haushaltsausschuss) für die Beschaffung von 28 Hilfeleistungslöschfahrzeugen ungeschützt, wohl für die Bundeswehrfeuerwehren.
Zitat:“der neue Schützenpanzer sei ein Quantensprung im Vergleich zum alten System Marder, was den Schutz der Soldaten und die Beweglichkeit angehe.“
Wenn immer ich das mit dem „Quantensprung“ höre geht es mir wie unserem Hausherren beim Wort „Luftangriff“. Ein Quantensprung, dass ist der Übergang eines Teilchens von einem Energienivieau zu einem anderen nächstgelegenen Energienivieau. Es gibt nur wenige Vorgänge, die noch kleiner sind. Im Fall des Puma sollte man eigentlich einen größeren Fortschritt erwarten.
[Das Wort, das mich triggert, ist „Luftabwehr“ – niemand hat die Absicht, Luft abzuwehren. Aber Luftangriff ist als Begriff durchaus verwendbar. T.W.]
Es ist einfach nur aufwändig und teuer. Boxer zu 30Tonnen ist billiger und passt samt Besatzung in den a400m.
Das erste Los waren rund 350 Puma. Das zweite Los soll insgesamt 229 umfassen, davon wurden jetzt 50 freigegeben. Nach meiner Rechnung sind 400 Puma mehr als ausreichend für alle PzGrenBtl die wir anstreben. Die restlichen 179 würden für drei bis vier weitere PzGren Btl ausreichen, die wir nicht in Planung haben.
@ Sven
Ich mag mich täuschen, mir ist so, dass es einen Rahmenvertrag gibt, aus dem zunächst 50 Fahrzeuge angerufen wurden und in der Folge weitere 61 (das macht dann die zwischenzeitlich kolportierten 111 SPz Puma) beschafft werden können.
Und dann geht es noch um rund 100 weitere SPz, die entweder durch die Bw oder Verbündete abgerufen werden können.
Insofern sind diese 50 SPz (hoffentlich) nur der erste Schritt einer Ergänzungsbeschaffung.
@Sven:
Bitte nicht ein 20 Mio Fahrzeug auf Halde stellen.
Das ist das beste des Besten für die Besten, die Elite, den volldigitalisierten deutschen Übersoldaten….
Da hier ja einige immer wieder Wehrpflichtige für die 2te und 3te Welle haben wollen, die könnten mit dem superduper sondergeilen Puma doch gar nichts anfangen. 1 Bedienfehler und es wird wie auf der Übung alles schwarz….
tut mir Leid musste sein. Der Puma ist für mich Inbegriff der Goldrand…Moment…Eigentlich schon Platinlösung.
OT: Warum verteidigt man sich dann eigentlich gegen Luft ;)
Gibt es irgendwo eine Übersicht, was von den an die Ukraine abgegebenen Bundeswehrbeständen nachbestellt wurde oder wenigstens als Beschlußvorlage für den Bundestag vorliegt oder als solche in konkreter Vorbereitung ist? Dito für das Material, das zur eigentlichen Vollausstattung fehlt?
Warum werden denn die Rahmenverträge abgeschlossen ? Vor Wochen für die P2000, jetzt für den Puma und in Kürze für den Leo 1A8 ? Doch nur weil die Bundeswehr weitere P2000, Marder und Leopard aus eigenen Beständen an die Ukraine abgeben wird. Das gleiche gilt für Munition. Wie ich vor Monaten schon gesagt habe, die Bundeswehr wird in den nächsten Jahren material- und munitionstechnisch nicht aufwachsen. Ist halt so……
Aber immerhin haben wir jetzt einen VM der relativ schnell nachbestellt… und das teilweise auch aus dem EP60.
@ Dominik
OT: man verteidigt sich nicht gegen die Luft, man verteidigt die Luft ( oder besser: den Luftraum)
Businessinsider berichtet, der Vertrag hätte unterschriftsreif im BMVg herumgedümpelt:
„Aufgrund der verzögerten Vorlage des Vertrages, welcher sich noch auf dem Preisstand 12/2021 befindet, ist bereits für den Preisstand 12/2022 eine Steigerung von rund 12,8 Prozent eingetreten. Dies entspricht einer Preiseskalation um zusätzliche 138 Mio. Euro“.
Falls dies zutreffend sein sollte: So kann man auch mit anvertrauten Geldern umgehen.
„S21 auf Ketten“
Manchmal geht’s zügig.
Nachdem der Haushaltsausschuss am 10. Mai der 25-Mio-Vorlage zur Beschaffung von neuen Schützenpanzern Puma zugestimmt hat, hat das @BaainBw mit der PSM (1) eine entsprechenden Rahmenvertag über bis zu 229 Puma im Konfigurationsstand S1 geschlossen.
Abgerufen werden davon vorerst 50 SPz (Siehe oben).
[Ich füge mal die Originalquelle ein:
https://www.presseportal.de/pm/147341/5507897
T.W.]
(1) PSM: Projekt System & Management GmbH – einem Joint Venture der Firmen Krauss-Maffei Wegmann (KMW) und Rheinmetall.
Soldat&Technik nennt 12 „weitere“ PzH 2000, 25 Mio Vorlage ist demnach Haushaltsausschuss zugeleitet.
[… und steht noch nicht auf der Tagesordnung der nächsten Sitzung am 26. Mai; der Vollständigkeit halber… T.W.]
Vom „kleinen“ ins „große“
Fliegerabwehr (aller Truppen)
Schiere Selbstverteidigung angegriffener Truppenteile mit allem was man zur Hand hat (Sturmgewehr aufwärts). Beispieleffektor: MG in Fliegerabwehrringlaffette auf LKW. Es gibt wenige Systeme die speziell hierfür beschafft werden, die Grenze zur Flugabwehr ist schnell überschritten.
Flugabwehr
Abwehr von mit Flugzeugen durchgeführten Angriffen durch hierfür besonders ausgerüstete und ausgebildete Soldaten. Lokal und taktisch. Beispieleffektor: Gepard
Luftverteidigung
Besser zum Verstehen: Luftraumverteidigung. Verteidigung des Luftraums über eigenem Gebiet/Truppen gegen feindliches Eindringen bzw. Nutzung durch den Feind. Großräumig und operativ-strategisch. Hochintegriert und technisch. Die Grenze zwischen Luftverteidigung und Flugabwehr ist technisch und organisatorisch aber nicht „hart“, so können Effektoren und Sensoren sowohl im Kontext Luftverteidigung als auch im Kontext Flugabwehr eingesetzt werden (z.B. in der Marine auf F124 SMART-L SM-2 sowohl als Sensor-Effektor Kombination in der Luftverteidigung im NATINAD Verbund (NATO Integrated Air Defense) als auch zur Verbandsflugabwehr).
Sehr gut! Zügiger Vertragsabschluss mit Option für mehr. Da die Produktionsrate wohl so im Bereich von 10 Pumas pro Quartal liegt, bleibt jetzt ca. ein Jahr, die nächste Tranche zu überlegen