Bundeswehr beendet geplante Evakuierungsflüge aus dem Sudan (Nachtrag: Bundestag billigt Mission)
Die Bundeswehr hat ihre geplanten Evakuierungsflüge für Ausländer aus dem von Kämpfen erschütterten Sudan beendet. Bis zum späten (gestrigen) Dienstagabend wurden mehr als 700 Deutsche und Staatsbürger anderer Nationen mit Transportflugzeugen der Luftwaffe nach Jordanien ausgeflogen. Mit dem Abzug von Soldaten und Gerät von einem sudanesischen Militärflugplatz soll der Einsatz in dem afrikanischen Land am heutigen Mittwoch enden. Der Bundestag billigte unterdessen den Einsatz der Streitkräfte.
Die letzte Maschine mit Evakuierten landete nach Angaben der Bundeswehr am Dienstag um 23.05 Uhr auf dem jordanischen Fliegerhorst Al Azrak, den die deutschen Streitkräfte als Basis für ihre Evakuierungsoperation nutzten. Seit dem vergangenen Sonntag hatte die Luftwaffe insgesamt acht Evakuierungsflüge durchgeführt, die drei letzten am Dienstag. Außenministerin Annalena Baerbock und Verteidigungsminister Boris Pistorius hatten ebenfalls am Dienstag das Ende der Evakuierungsmission angekündigt. Eine vorsorglich geplante See-Evakuierung mit dem Einsatzgruppenversorger Bonn der Deutschen Marine wurde abgesagt; das Schiff drehte kurz vor Erreichen des Suezkanals um.
Mit den Bundeswehrflügen waren gut 200 deutsche Staatsbürger und Bürger von rund 30 anderen Nationen ausgeflogen worden. Ebenso hatten zuvor auch zum Beispiel französische Streitkräfte bei ihren Evakuierungen neun Deutsche Mitgenommen; ein deutscher Staatsbürger wurde bereits am vergangenen Sonntag beim Ausfliegen von US-Diplomaten durch US-Spezialkräfte aus der Hauptstadt Khartum mitgenommen.
Die Bundeswehr hatte zwischenzeitlich die Koordination der Evakuierungsflüge verschiedener Nationen auf dem sudanesischen Airfield Wadi Seidna nordöstlich von Khartum übernommen. Diese Aufgabe soll am Mittwoch an Großbritannien abgegeben werden. Die britischen Streitkräfte hatten am gestrigen Dienstag ebenfalls mit dem Ausfliegen ihrer Staatsbürger begonnen, nachdem in einer ersten Aktion wie von den USA nur Diplomaten gerettet worden waren und daran lautstarke öffentliche Kritik laut wurde. (Die britische Darstellung, ihre Evakuierungsflüge seien erst nach dem Ende der deutschen Flüge möglich geworden, prägte ein wenig die öffentliche Berichterstattung.)
Zur Absicherung der internationalen Flüge hatte die Bundeswehr in Wadi Seidna Soldaten und Gerät wie den Waffenträger Wiesel mit Maschinenkanone und Panzerabwehrlenkwaffen in Bereitschaft gehalten (s. Foto oben). Insgesamt waren in Jordanien rund 1.000 Soldat*innen bereit gehalten worden, von denen allerdings nur ein Teil im Sudan selbst eingesetzt wurde.
Generalinspekteur Carsten Breuer, der am Sonntag selbst nach Al Azraq in Jordanien geflogen war, hatte zuvor im direkten Gespräch mit dem sudanesischen Machthaber und Armeechef Abdel Fattah al-Burhan die Genehmigung für die Nutzung von Wadi Seidna erhalten. Die sudanesische Luftwaffenbasis steht unter Kontrolle der sudanesischen Armee, deren Absicherung gegen die rivalisierenden Rapid Support Forces die Flüge erst möglich machte. Das Zeitfenster war knapp, schrieb Breuer auf Twitter.
Nachtrag: Ungeachtet der Beendigung der Evakuierungsflüge hat der Bundestag das Mandat für diese Operation (Bundestagsdrucksache 20/6528), das die Bundesregierung erst am Vortag beschlossen hatte, ohne Gegenstimme gebilligt. Für die Mission sprachen sich alle Fraktionen praktisch geschlossen aus, was bei Auslandseinsätzen fast nie vorkommt; lediglich bei der Linken gab es sieben Enthaltungen. Formal läuft das Mandat für den Einsatz bis Ende Mai und ermöglicht damit notfalls auch weitere Evakuierungseinsätze der Bundeswehr im Sudan.
(Foto: Ein Waffenträger Wiesel auf dem Militärflugplatz Wadi Seidna im Sudan – Foto Einsatzführungskommando)
sehr vorbildliche, gelungene Aktion!!
gute Planung, gute Ausführung, an mögliche Eventualitäten gedacht (Wiesel)
Zuverlässigkeit des eingesetzten Gerätes (A400M) gezeigt.
Hallo zusammen,
Vielen Dank an die Bundeswehr für ihre Professionalität und Effizienz. Ein solcher Erfolg kann unsere deutsche Armee nur beliebt machen.
Chapeau et merci!
Die britische Verwunderung richtete sich weniger gegen die Bundeswehr vor Ort, sondern dass 1. der eigene Kräfteansatz so gering bemessen war, dass eine Sicherung von Wadi Seidna mit britischen Kräften nicht zu schaffen war, da man sich wie die USA nur auf die Evakuierung von Diplomaten, nicht aber Zivilpersonen konzentrierte. Grundsätzlich gegen „the Germans to the Front“ hatte da niemand etwas, vor allem da ja die Luftwaffe und die Franzosen usw auch Briten ausflogen.
Zum Zweiten hat natürlich unsere Klassensprecherin im Auswärtigen Amt es mal wieder geschafft, nicht nur bei Systemrivalen wie China anzuecken, sondern auch unsere britischen Verbündeten vor den Kopf zu stoßen indem sie natürlich damit prahlen mußte „im Gegensatz zu anderen“ alle zu evakuieren.
Das stieß zumindest in der Daily Mail böse auf und zwang die britische Regierung dazu, sich öffentlich zu rechtfertigen.
[Och bitte. So ein Unsinn wie seinen Hass auf die grüne Außenministerin mal wieder ablassen zu können und sich dann ausgerechnet auf die, hust, Daily Mail zu berufen – auf das Stammtischniveau begeben wir uns hier nicht. T.W.]
Wie Herr Wiegold in seinem Beitrag schreibt, war die Grundvoraussetzung für die Aktion die Zustimmung des sudanesischen Militärs. Es wäre naiv zu glauben, diese Zustimmung wäre aus reiner Humanität erfolgt. Wir werden wohl erst in einiger Zeit erfahren, ob direkt Geld geflossen oder eher ein politischer Preis zu zahlen ist. Die BW hat nach den Medienberichten einen guten Job gemacht, aber realistisch betrachtet als Lufttransportunternehmen. Soviel Reflektion sollte sein.
@Segestes sagt:
26.04.2023 um 13:37 Uhr
…Wir werden wohl erst in einiger Zeit erfahren, ob direkt Geld geflossen oder eher ein politischer Preis zu zahlen ist….
Der politische Preis war wohl, lass uns in Ruhe unsere Staatsbürger ausfliegen und wir interessieren uns dafür einen feuchten Dreck um den Innerstaatlichen Konflikt bei Euch, mit dem Sieger machen wir dann im Anschluss wieder gute Geschäfte.
…Die BW hat nach den Medienberichten einen guten Job gemacht, aber realistisch betrachtet als Lufttransportunternehmen. Soviel Reflektion sollte sein….
Naja, die Sudanesen waren halt schlau genug die Ausländer ziehen zu lassen. Sonst hätte man die 1000 Mann da runter fliegen müssen und den Flughafen wie in Kabul besetzen müssen….
Lobenswert ist doch das die Operation diesmal alles Vorort auf Standby hatte und es durch die millitärischen Führer vor Ort kurzfristig einsetzbar gewesen wäre.
Lesenswert:
Sudan Conflict: More Complex than Meets the Eye
Situation Reports – April 21, 2023
By Dr. Mohamed ELDoh
https://www.geopoliticalmonitor.com/sudan-conflict-more-complex-than-meets-the-eye/
Auf unseren Austausch zurückblickend deutet der Artikel womöglich an, warum man wie diplomatisch navigiert hat: Überlagernde Stellvertreterkonflikte auf Meso- und Makroebene.
Ob da Geld, Honig oder Bakschisch jeglicher Couleur geflossen sind…
Der Auftrag wurde ausgeführt.
@ Johannes Ritter sagt:
26.04.2023 um 12:47 Uhr
Lesen Sie mal z.B. BBC (inkl. Pistorius Zitat). UK hat sich da ggf etwas wie die Axt im Walde vor Ort bei der Diplomaten-Evakuierung verhalten.
https://www.bbc.com/news/world-europe-65401494.amp
Die Tabloids stricken dann ihre eigene Story.
BW/DEU-Bashing ist wohl unangebracht.
Wie hier bei AG schon angemerkt, im UK führt die stockende EvakOp von Staatsbürgern weiterhin zu innenpolitischem Streit.
@CProessl (heute)
Für viele Briten im Sudan wird es kritisch: Eine Waffenruhe endet, @JamesCleverly ruft Bürger im Interview auf @BBCr4today auf, zur Airbase zu kommen. Unklar, wie viele Flüge noch raus gehen können. Letzte Zahlen: in sechs Flügen 536 Briten bislang ausgeflogen.
Bewusste Irreführung: 🇬🇧 Innenministerin behauptet, Flüchtlinge im Sudan könnten sich an den UNHCR wenden, wenn sie fliehen müssten. Nun dementiert die Hilfsorganisation. Es gibt keine legalen Fluchtwege. (independent.co.uk)
Auslöser der Debatte wohl bei Befragung:
Quite an incredible response from the „Secretary of State for Defence“.
Ellwood, „When do you we will start evacuating Brits in Sudan?“
Wallace, „If and when the Germans leave.“
Ellwood, „Sorry?“
Wallace, „If and when the Germans leave.“
Bis dahin hatte London allein unmittelbares Personal der Botschaft evakuiert, unter Nichtbeachtung von Absprachen mit Khartoum, wie auch Boris Pistorius herausstellte.
@KPK: Die Briten evakuiren ihre Zivilisten, wenn die Deutschen gehen, oder wenn die deutschen Zivilisten evakuiert werden? Stehen wir denen im Weg, hä? Wieviele Briten haben wir rausgeholt?
Nix verstehe…