Nach Ramstein: Weitere Waffenlieferungen für die Ukraine, aber keine Leopard (Zusammenfassung)

Die internationale Kontaktgruppe zur Unterstützung der Ukraine hat sich bei ihrem Treffen in Ramstein zwar auf weitere Militärhilfe für das angegriffene Land verständigt – eine Entscheidung über zusätzliche westliche Kampfpanzer aber vermieden und insbesondere keine Freigabe von Leopard-Panzern aus deutscher Produktion zugesagt. Dazu habe es in der internationalen Koalition unterschiedliche Haltungen gegeben, begründete der neue deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius die Nicht-Entscheidung.

Von dem inzwischen achten Treffen im so genannten Ramstein-Format auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in der Pfalz am (heutigen) Freitag war eine Verständigung auf die Weitergabe der Leopard-Gefechtsfahrzeuge erwartet worden. Einige Länder, allen voran Polen, hatten zuvor öffentlich darauf gedrungen, um in ihren Streitkräften vorhandene Panzer abgeben zu können. Allerdings ist eine solche Lieferung davon abhängig, dass Deutschland als Ursprungsland die Genehmigung zum Re-Export der Kampfpanzer gibt – unabhängig davon, ob aus deutschen Beständen selbst ebenfalls geliefert wird.

Der deutsche Verteidigungsminister sagte am Rande des Treffens, es gebe innerhalb der internationalen Koalition unterschiedliche Positionen zur Frage, ob westliche Kampfpanzer an die Ukraine geliefert werden sollten. Das Bild, dass es eine einheitliche Position gebe, treffe nicht zu. Die Entscheidung werde später getroffen werden, auch ein Nein zu Leoparden für die Ukraine scheint möglich. Welche Länder – neben Deutschland – eine Leopard-Lieferung an die Ukraine ablehnen, sagte Pistorius jedoch nicht. Allerdings ließ er auch erkennen, dass die Entscheidung der Bundesregierung nicht in seine Aufgabe als Chef des Wehrressorts falle, sondern Sache von Bundeskanzler Olaf Scholz sei.

Der deutsche Minister hatte nach eigenen Worten am heutigen Tag vor dem Treffen in Ramstein vorsorglich angewiesen, die deutschen Bestände an Leopard-Kampfpanzern zu prüfen, sowohl in der Bundeswehr als auch bei der Industrie. Es gehe darum, vorbereitet zu sein, falls in zwei Wochen oder auch in einem Tag eine positive Entscheidung getroffen werden sollte. Die jetzt begonnene Ermittlung von Verfügbarkeit, Stückzahlen sowie Kompabilität der Gefechtsfahrzeuge mit Partnernationen sei aber kein Präjudiz für eine mögliche Lieferung.

Nun ist Pistorius zwar erst seit dem (gestrigen) Donnerstag im Amt. Unklar bleibt dennoch, warum eine solche Übersicht über vorhandene Leopard-Bestände im Berliner Verteidigungsministerium nicht schon längst vorliegt – die Debatte darüber läuft seit Wochen, wenn nicht seit Monaten. Ebenso offen bleibt, wie das weitere Verfahren für die ja öffentlich angekündigten Leopard-Lieferungen anderer Länder wie Polen aussieht. Offiziell gingen nach deutschen Angaben bislang keine Anfragen nach Exportgenehmigungen in Berlin ein.

Die Kernaussage von Pistorius zum Nachhören:

Pistorius_Ramstein_Leopard_20jan2023     

 

Der Organisator der Konferenz in Ramstein, US-Verteidigungsminister Lloyd Austin, war nach dem Treffen in seiner Pressekonferenz hörbar bemüht, Deutschland nicht eine Schuld daran zuzuweisen, dass es nicht zu einer Verständigung über Panzerlieferungen kam. Angesichts der umfangreichen zugesagten neuen Waffenlieferungen, vor allem aus den USA, hänge die Stärkung der Kampfkraft der Ukraine nicht von einem einzelnen Waffensystem ab, sagte Austin. Zugleich vermied er es, auf die vermutete Kopplung einer deutschen Zustimmung zu Leopard-Lieferungen mit einer Abgabe von Abrams-Kampfpanzern der USA einzugehen. Zu diesen US-Gefechtsfahrzeugen habe er keine Ankündigung zu machen.

Auf zahlreiche Nachfragen von Journalisten betonte der US-Minister, Deutschland sei aus seiner Sicht ein verlässlicher Verbündeter und habe zudem umfangreiche Hilfe für die Ukraine geleistet. Alle Mitglieder der Ukraine-Kontaktgruppe seien darum bemüht, Systeme mit glaubwürdiger Kampfkraft für die Ukraine zur Verfügung zu stellen – und was bislang geliefert und angekündigt worden sei, erfülle diese Anforderung.

Die Pressekonferenz von Austin und US-Generalstabschef Mark Milley zum Nachhören:

Austin_Milley_Ramstein_20jan2023     

 

Bereits vor dem Treffen hatten zahlreiche Länder ihre geplanten neuen Waffenlieferungen an die Ukraine öffentlich gemacht. Neben dem US-Paket, das unter anderem erstmals Stryker-Radpanzer umfasst, gehören dazu britische Challenger2-Panzer – und damit erstmals auch westliche Kampfpanzer für die Ukraine. Hinzu kommen Flugabwehrsysteme aus verschiedenen Ländern, moderne CV90-Schützenpanzer und weitere Geschütze aus Schweden oder 19 frisch von Frankreich erworbene Geschütze aus Dänemark.

Der Umfang der Zusagen mache ihn zuversichtlich, dass die 54 an der Kontaktgruppe beteiligten westlichen Staaten einig blieben, sagte der US-Verteidigungsminister. Alles was bisher der Ukraine zur Verfügung gestellt worden sei und künftig geliefert werde, sei ein Ergebnis der Absprachen in diesem Ramstein-Format.

(Foto: von links: Der deutsche Verteidigungsminister Boris Pistorius mit seinem US-Kollegen Lloyd Austin und dem ukrainischen Verteidigungsminister Oleksii Resnikow bei der Tagung in Ramstein – U.S. Air Force photo by Staff Sgt. Alexandra M. Longfellow)