Deutschland (und die USA) liefern Schützenpanzer an die Ukraine (Neufassung)

Gut zehn Monate nach Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben Deutschland, die USA und Frankreich ihre bisherige Position aufgegeben und der Ukraine die Lieferung gepanzerter Gefechtsfahrzeuge zugesagt. Die Regierungen in Berlin und Washington kündigten am (heutigen) Donnerstag die Abgabe von Schützenpanzern an die Ukraine an; Frankreich hatte bereits am Vortag die Lieferung von schwer bewaffneten Spähpanzern angekündigt. Deutschland wird der Ukraine zudem ein Patriot-Flugabwehrsystem zur Verfügung stellen.

Die Entscheidung, sowohl Marder-Schützenpanzer aus Deutschland als auch Bradley-Schützenpanzer der USA in die Ukraine zu liefern, gaben beide Regierungen am (heutigen) Donnerstagabend in einer gemeinsamen Erklärung bekannt. Zuvor hatte Bundeskanzler Olaf Scholz mit US-Präsident Joe Biden telefoniert:

Präsident Biden und Bundeskanzler Scholz bekundeten ihre gemeinsame Entschlossenheit, der Ukraine so lange wie nötig die erforderliche finanzielle, humanitäre, militärische und diplomatische Unterstützung zu gewähren. Zu diesem Zweck beabsichtigen die Vereinigten Staaten, der Ukraine Schützenpanzer vom Typ Bradley zur Verfügung zu stellen, und Deutschland beabsichtigt, Schützenpanzer vom Typ Marder zu liefern. Beide Länder planen, ukrainische Streitkräfte an den jeweiligen Systemen auszubilden.
Angesichts der fortgesetzten Raketen- und Drohnenangriffe auf die kritische Infrastruktur der Ukraine bekräftigten Präsident Biden und Bundeskanzler Scholz ihre Absicht, weiter unterstützend auf den dringenden Bedarf der Ukraine an Luftverteidigungsfähigkeiten zu reagieren. Ende Dezember kündigten die Vereinigten Staaten an, der Ukraine eine Patriot-Flugabwehrraketenbatterie zu liefern. Deutschland schließt sich den Vereinigten Staaten an und stellt eine weitere Patriot-Flugabwehrraketenbatterie zur Verfügung.

Zusammen mit der Entscheidung des französischen Präsidenten Emmanuel Macron, Spähpanzer des Typs AMX-10 RC zur Verfügung zu stellen, nimmt die Unterstützung der NATO-Staaten für die Ukraine damit eine neue Qualität an. Bislang hatten Mitgliedsländer der Allianz zwar Luftverteidigungssysteme, Artillerie und entsprechende Munition aus westlicher Produktion geliefert. Bei Gefechtsfahrzeugen hatten sich westliche Staaten aber bisher darauf beschränkt, osteuropäischen NATO-Mitgliedern die Abgabe von Material aus früherer sowjetischer Produktion zu ermöglichen, und eine Lieferung aus ihren Beständen abgelehnt.

Entgegen dem Wunsch der Ukraine bleiben sowohl die USA als auch Deutschland und Frankreich allerdings vorerst bei ihrer Haltung, keine Kampfpanzer aus westlicher Produktion in das Kriegsgebiet zu schicken. Der Wunsch der ukrainischen Regierung vor allem nach Leopard-Panzern aus Deutschland, aber auch Abrams-Kampfpanzern aus den USA oder Leclerc aus Frankreich bleibt damit weiterhin unerfüllt. Dennoch dürften die jetzt zugesagten Schützen- und Spähpanzer der Ukraine das Vorgehen gegen die russischen Streitkräfte an den Fronten im Osten und Süden des Landes erleichtern.

Deutschland wird voraussichtlich 40 Marder-Schützenpanzer liefern, die im Wesentlichen von der Industrie kommen sollen. Der Rüstungskonzern Rheinmetall hatte bereits im vergangenen Frühsommer und Sommer angeboten, entsprechende Gefechtsfahrzeuge instand zu setzen und liefern zu können. Unklar bleibt, ob gegebenenfalls zwischenzeitlich auch die Bundeswehr einsatzfähige Marder abgeben wird. Nach der nötigen Ausbildung ukrainischer Soldaten soll die Übergabe noch zum Ende des ersten Quartals erfolgen.

Die USA werden nach Presseberichten rund 50 Bradley-Schützenpanzer liefern, infrage kommt vor allem der Typ M2. Die US-Streitkräfte verfügen über einen größeren Vorrat an diesen älteren Gefechtsfahrzeugen.

Während sich die Entscheidung zur Abgabe von Schützenpanzern in Berlin abgezeichnet hatte, kommt die angekündigte Lieferung eines Patriot-Flugabwehrsystems etwas überraschend: Derzeit hat die Luftwaffe drei Systeme in der Slowakei stationiert; drei weitere sollten in Polen zum Schutz eines Umschlagpunktes für die Ukraine stationiert werden. Nachdem die USA bereits die Abgabe einer Patriot-Batterie an die Ukraine angekündigt hatten, dürfte allerdings die Ausbildung an diesem Flugabwehrsystem voraussichtlich als gemeinsame Aufgabe der beiden Länder unproblematisch sein.

Interessant und auffällig: via Twitter bedankte sich der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj für die deutsche Zusage der Patriot-Batterie. Die Schützenpanzer erwähnte er dabei jedoch nicht:

(Archivbild Januar 2022: Marder-Schützenpanzer bei der Übung Allied Spirit 22 auf dem Übungsplatz Hohenfels – U.S. Army Photo by Capt. Alun Thomas, 201st Theater Public Affairs Support Element)