Bundestags-Haushaltsausschuss billigt Verteidigungsetat und Sondervermögen – Plus eine Milliarde Euro für Munition
Fürs Protokoll: Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat die letzten Änderungen am Verteidigungsetat im kommenden Jahr und an den geplanten Änderungen für das Sondervermögen vorgenommen. Die Haushälter billigten in der so genannten Bereinigungssitzung am frühen Freitagmorgen einen Verteidigungshaushalt von 50,1 Milliarden Euro sowie geplante Beschaffungen aus dem Sondervermögen im Umfang von 8,4 Milliarden Euro.
Um einzelne Details und Verteilungen von Beschaffungen auf Sondervermögen war in den vergangenen Tagen zwischen Verteidigungsministerium und Haushältern, aber auch im Parlament gerungen worden.
Ein Beschluss fällt dabei auf: Der Haushaltsausschuss erhöhte die vorgesehenen Mittel für die Beschaffung von Munition deutlich – um eine Milliarde in den nächsten drei Jahren. Der ursprüngliche Ansatz der Regierung von 1,125 Milliarden Euro im kommenden Jahr und 800 Millionen Euro in den Folgejahren wurde mit so genannten Verpflichtungsermächtigungen von zusätzlich jeweils 500 Millionen Euro für die Jahre 2024 und 2025 aufgestockt, so dass zu den Ausgaben im kommenden Jahr für 2024 bis 2028 insgesamt rund 1,8 Milliarden Euro hinzukommen. Der Bedarf der Bundeswehr für eine Munitionsbevorratung nach NATO-Vorgabe beträgt rund 20 Milliarden Euro.
Die Abgeordneten verabschiedeten zudem eine Reihe so genannter Maßnahmebeschlüsse, die die Regierung in ihrem Handeln binden – unter anderem für das deutsch-französisch-spanische Projekt des künftigen Luftkampfsystems (Future Combat Air System, FCAS). Dieses Projekt, bei dem im Wesentlichen Frankreich die Führung hat, soll nach dem Willen der Parlamentarier weiterhin eng mit dem Projekt eines künftigen Landkampfsystems (Main Ground Combat System, MGCS) gekoppelt sein, bei dem Deutschland die Führung hat. Für FCAS könnte das zusätzliche Hürden bis hin zum Scheitern des Projekts bedeuten.
Aus dem Maßgabebeschluss:
Die Programme Next Generation Weapon System (NGWS) im Future Combat Air System (FCAS) und Main Ground Combat System (MGCS) werden vom Haushaltsausschuss weiterhin in einem Zusammenhang betrachtet. Die zeitliche Parallelität sowie eine angemessene Verteilung der Technologiebereiche auf Augenhöhe und eine faire Kosten- und Arbeitsverteilung auf staatlicher und industrieller Ebene stellen dabei wesentliche Forderungen des Haushaltsausschusses dar, um für die noch nicht verhandelten Projektphasen auch in zukünftigen Jahren weitere finanzielle Mittel freigeben zu können. Aktuell sind beide Forderungen nicht erfüllt.
Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung daher auf,
1.unverzüglich alle Maßnahmen zu ergreifen, um schnellstmöglich eine zeitliche Parallelität beider Vorhaben zu erreichen.
2. die ressortübergreifende industriepolitische Steuerung der Programme NGWS/FCAS und MGCS fortzuführen und dabei alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um die insbesondere industrieseitig erforderlichen Einigungen herbeizuführen. Hierzu zählt insbesondere auch die Konsolidierung der deutschen Landsystemindustrie.
3. dabei sicherzustellen, dass die Partnerstaaten und ihre Industrien auf Augenhöhe miteinander kooperieren.
4. die bereits ergriffenen Maßnahmen zur (Weiter-)Entwicklung, Herstellung und Verfügbarkeit nationaler Schlüsseltechnologien in und für Deutschland fortzuführen und – wo immer möglich – zu erweitern. Hierzu gehört insbesondere auch die Beteiligung von deutschen Unternehmen an nationalen und internationalen Technologie- und Demonstratorvorhaben. Die Maßnahmen sind dabei ausdrücklich auch auf Projekte und Vorhaben auszuweiten, die in einem inhaltlichen Zusammenhang zu den Vorhaben NGWS/FCAS und MGCS stehen, wodurch Synergieeffekte – insbesondere technologischer und finanzieller Art – erschlossen werden können.
Voraussichtlich mehr dazu und zu weiteren Vorgaben der Haushälter im Laufe des (heutigen) Freitags.
Ein Informationsfitzelchen zum Thema Beschaffung von Munition, und warum das so lange dauert. Angeblich gibt es einen Beschaffungsstau für neue Munition u.a. deshalb, weil in verschiedenen Bunkern noch massive Bestände alter, überlagerter Munition (z.B. mehrere zehntausende 110mm-Raketen für die 2000 außer Dienst gestellten LARS-Werfer), vorhanden sind, die nicht ohne weiteres entsorgt werden können, da aus ihnen Nitroglycerin austrete. Die Bw-eigenen Entsorgungskapazitäten sind hier äußerst gering.
Der Spiegel hat darüber Anfang des Jahres berichtet. Es gab auch im öRR entsprechende Folgeberichte:
Links (SpON und öRR sollten ja ok sein):
https://www.spiegel.de/politik/deutschland/bundeswehr-in-depots-lagern-gefahrliche-raketen-a-29ef2763-3162-4035-988c-75285f6925aa
https://www.tagesschau.de/inland/bundeswehr-munition-probleme-101.html
Die fachgerechte Vernichtung wurde inzwischen wohl (wie hierzulande vorgeschrieben) europaweit ausgeschrieben, jedoch ist dies wohl derzeit Gegenstand eines Nachprüfungsverfahrens.
Ergebnis: Bunker voll mit gefährlichem Kram. Entsorgung derzeit nicht möglich. Weitere Kapazitäten für Einlagerung nicht vorhanden, bzw. wohl auch noch nicht in Planung.
P.S.: Der Hausherr möge es mir nachsehen, falls das hier doch schon Thema gewesen sein sollte. Ich habe trotz intensiver Suche hier keinen entsprechenden Eintrag hier im Blog gefunden, allerdings kann es durchaus sein, dass ich dazu nicht die richtigen Schlagworte oder eine suboptimale Kombination dieser genutzt habe. Überdies kommt bei „LARS“ eben auch oft der nicht unbekannte Herr Klingbeil in den Ergebnissen, auch in Verbindung mit „Raketen“ oder „Munition“. Kann auch sein, dass in den Kommentaren schonmal was darüber geschrieben wurde, aber anfang 2022 lag der gesammelte Fokus ja auch eher auf der Entwicklung in der Ostukraine, mit Blick auf den Ende Februar dann losgetretenen Angriffskrieg Russlands.
Die Milliarde zusätzlich für Munition ist zumindest mal ein (kleines) Signal.
Viel mehr Sorgen macht mir, dass die Umsetzung der verfügbaren Mittel in konkrete Projekte immer noch viel zu lange dauert.
Beispiele:
schwerer Waffenträger Infantrie soll entscheiden sein, Auftrag?
Aufrüstung PUMA auf Standard VJTF, dito
Zweites Los Puma, dito
Ersatzbeschaffung der an die Ukraine abgegebenen Haubitzen dito …
Die Liste ließe sich noch fortsetzen
Auch in dieser Woche wieder kaum 25 Mio.-Vorlagen.
Es dauert einfach alles viel zu lange
Polen hat 24 zusätzliche Haubitzen bereits geliefert bekommen und wir schaffen nicht einmal eine Beschlussfassung zur Beschaffung.
Hm, hätte erwartet, dass der EP14 nochmal etwas nach oben angepasst wird, aber gut. Immerhin gibt es rund 1 Mrd. € mehr für Munition. Hoffentlich nutzt man jetzt auch die vielen bestehenden Munitions-Rahmenverträge und ruft entsprechend die Lose ab. Somit hätte auch die Industrie mehr Planungssicherheit.
Interessantes Interview in der Süddeutschen Zeitung mit dem Inspekteur des Heeres Alfons Mais. Er beklagt, dass die Truppe genauso blank da steht wie am 24. Februar, eher noch blanker, da viel Material abgegeben wurde und noch nicht ersetzt wurde. Auch bei der Verbesserung der Ausrüstung ist bisher kaum etwas passiert. Es zieht sich alles hin. Erst Ende diesen Jahres wird es wohl erste Lieferungen geben wie z. B. neue Bekleidung, Helme, Nachsichtgeräte und Funkgeräte. Bei dem Großgerät (2. Los Puma, Struktur / Aufstellung mittlere Kräfte, etc,) wird wohl weiter munter diskutiert.
Irgendwie erschreckend alles, dass da nix entschieden wird…..es kommt weiter nichts voran.
Kann man das etwa so zusammenfassen?
Positiv:
Mehr Geld für Munition.
Negativ:
FCAS und MGCS statt echter Wettbewerb. Viele Köche verderben den Brei passt wohl auch ganz gut.
Wow, 1 Mrd mehr für Munition bei einem Bedarf von 20 Mrd. Wenn man so weiter macht wäre also Mitte der 2060er das Thema erledigt. Vorausgesetzt die Inflation wird bis dahin bei 0% eingefroren und die Mittel stehen auch unverändert jährlich bereit.
Es gibt bei Kampfflugzeuge keinen echten Wettbewerb!
Ganz offensichtlich ist die Ampel nicht so FR-hörig und damit nicht einfach bereit, mit den mittlerweile knappen deutschen Geldern die FR-Agenda zu befriedigen. Das ist schon ein Paradigmenwechsel.
Offensichtlich vertraut man auch nicht auf die Aussagen auf Airbus (siehe Presse zuletzt) bzw. dass eine jetzt erwartete industrieseitige Einigung Airbus und Dassault für die deutsche Industrie ausreichend gut ist. Man geht wohl von einer Einigungsanweisung des franz. CEOs aus. Bemerkenswert.
Bin mal gespannt, wann es dann wirklich zu Konsequenzen kommt. Die könnten z.B. sein, weitere F35 und eine wesentlich weitergehende Weiterentwicklung EF bzw. auch Suche nach neuen Partnern für ein neues Projekt, dass den eigenen Anforderungen mehr entgegenkommt. Vielleicht wird man bei den neuen NATO-Partnern im Norden fündig. Die haben vielleicht Anforderungen, die den eigenen näher sind wie die franz.
Metallkopf
Wenn das so ist und ich das richtig verstehe, dann können wir unsere Soldaten leider nicht mit der nötigen Munition in genügender Menge versorgen, weil wir noch viel zu viel alte Munition haben, für die wir die Waffenträger aber schon entsorgt haben.
Einziger Trost:
Für die fehlende Munition fehlen uns auch die Waffen in genügender Menge, um sie zu verschiessen.
Wir leben in einer Demokratie mit Redefreiheit.
Wann stellen wir eigentlich mal die verantwortlichen Politiker und Militärs zur Rede?
aktuell hat man das Gefühl dass man der Bundeswehr 100 Mrd pro Jahr zugestehen könnte und es würde nicht wesentlich mehr vorangehen!!
Schon sehr erschreckend… und die Ursachen sehr vielseitig.
Ich verstehe hier manche Prozesse echt nicht mehr… es kann doch so einfach sein…
Beispiel Puma:
Frage 1: taugt der aktuelle Rüststand VJTF2023? ja oder nein?
Wenn ja -> alle Pumas auf diesen Stand bringen und 2. Los >100 SPZ beschaffen
Falls Nein -> Alternative ausschreiben -> Lynx41 zum Beispiel
Frage 2: welche Erkenntnisse kann man aus dem Ukraine Krieg auf die Ausrüstung der BW ableiten?
präzise Artillerie mit großer Reichweite in großer Menge inkl Munition ist wichtig
SHORAD ist wichtig
Aufklärung ist wichtig
Aufklärung und Wirkung in Kombination ist wichtig
Versorgung/Nachschub/Logistik ist wichtig
-> Folge:
wir beschaffen viel neue Artillerie (Ersatz für abgegebene PZH2000 und NEU Boxer RCH155)
wir beschaffen dazu neue, präzise, weitreichende Munition in großen Mengen (VULCANO1555)
wir beschaffen Boxer Skyranger30 (als Nachfolger Gepard) und Iris-T SLS/M
wir beschaffen kleine/mittlere Aufklärungsdrohnen (LUNA-NG usw)
Wir beschaffen Loitering Munition in großen Mengen (zum Beispiel HERO 30/120 Reihe)
wir kümmern uns um einen weiteren Ausbau von Logistik und Instandsetzungskappa
usw.
man kann viele Dinge voranbringen… aber aktuell hat man Angst dass man Fehler macht und macht deswegen gar nichts…
Am Ende ist es doch nicht schlimm ob man 3 Puma zu wenig oder 5 Boxer zu viel beschafft hat…
aber gar nichts!!!!
Man korrigiere mich, aber ich habe nirgendwo gelesen, dass die Finanzplanung für den EPl. 14 um die 1 Mrd. angehoben wurde. Das hieße doch, dass hier nur linke Tasche –> rechte Tasche innerhalb des Verteidigungshaushalts gespielt wird…
Wie lange will die Politik eigentlich noch die deutsche Landsystemindustrie konsolidieren? Dabei ist es wettbewerbspolitisch doch viel interessanter, zwei transnationale Konzerne mit starkem deutschen Standbein zu haben.
Never ending story…
Danke an @Metallkopf für die Information über die gefährlich gammelnde Altmunition.
Wir können also nicht nachfüllen, weil die Lager noch voll sind….
Ich würde geköpft, wenn mir das passieren würde.
Also wieder alles bim Alten:
Wir wollen alles „europäisch“ machen, weil wir weder den Mut, noch das Rückgrat haben, uns einzugestehen, wenn wir auf das falsche Pferd gesetzt haben.
Ein neues Kampfflugzeug werden wir in den 2040ern sicher benötigen – einen wirklich „neuen“ Kampfpanzer nicht.
Wenn der LEO2 A7 immer noch als DER Kampfpanzer gilt und der KF51 wohl hinlänglich ausgereift ist, wer braucht da einen neuen Kpz?
Polen dekt sich in Korea ein und alle anderen rüsten in verhältnismäßig homöopathischen Mengen nach – da gibt es keinen Markt mehr.
So wie sich das bei mir anhört, wird bei FCAS zwar irgendwas Fliegendes rauskommen – ist ja klarer politischer Wille -, aber die Leistungsfähigkeit wird sich nach Proporz etc. bemessen, nicht nach Nachfrage und Notwendigkeit.
Also ein weiterer NH90 als Kampfflugzeug.
Die Kaufkraft des „Sondervermögens“ schmilzt in der Sonne – wenn wir weiter in der Geschwindigkeit bestellen, bekommen wir noch zwei PzH RCH155 und eine Packung Nüsse.
So zynisch es ist: Langsam sehe ich die einzige Möglichkeit Deutschland zu sichern darin, dass sich der Ukrainekrieg möglichst lange hinzieht, damit der einzig wahrscheinliche Agressor sich da dermaßen aufreibt, dass er auf Jahrzehnte nicht in der Lage ist irgendwelche Allmachtsphantasien auszuleben.
Danke Ukraine….
Ich schäme mich wirklich für diese Art der ambitionslosen Politik und Volksvertretung.
Hallo zusammen,
wie ist denn dieser Satz zu verstehen: „Hierzu zählt insbesondere auch die Konsolidierung der deutschen Landsystemindustrie.“
Werferfehler
Bezüglich der vollen Bunker mit alter (überlagerter) Munition kommt sicherlich noch die Verknappung des Lagerraums durch Schließung von MunDepots, verglichen zu „früher“. Das dürfte noch spannend werden…
Ganz ehrlich… können wir nicht einfach FCAS, MGCS und MAWS an den Nagel hängen? Dann ist diese Katastrophe endlich zu Ende und wir können die Haushaltsmittel gewinnbringender Anlegen.
@Werferfehler
Mit der Konsolidierung könnte die Fusionierung von KMW mit Rheinmetall gemeint sein. Das war ein politischer Wunsch in 2014, welcher sich aber durch die Fusion KMW – Nexter zerschlagen hatte. Scheint wohl wieder ein Thema zu sein. Ich persönlich sehe eine Fusion positiv, da wir dann einen Globalplayer mit den entsprechenden Marktzugängen hätten. Link zur Fusion siehe WiWo in 09/2014
Um Überleben zu können reicht halt der ohnehin limitierte deutsch-französische Markt nicht aus. Und andere Mütter haben auch schöne Töchter, siehe Hanwha in Polen oder Norwegen. Ich konnte deren Produkte schon mal detaillierter ansehen, nicht schlecht und weniger komplex. Da kommt auch ein Wehrpflichtiger (Ukrainer oder Pole) schnell damit klar.
Bin mal gespannt, wie die ganze FCAS Geschichte ausgeht. Die Aussagen im Ausschuss klingen ja eher nach den bekannten Unstimmigkeiten. Es knarzt doch schon eine ganze Weile. Vielleicht wäre ein Ausstieg die bessere Wahl.
Aber welche Alternative hätte man, rüber zu Tempest und wahrscheinlich eine noch kleinere Rolle spielen? Mehr F35? Was die deutsche Industrie betrifft, gab es da in den letzten Tagen doch ernüchterne Berichte. Die heimische Industrie kommt beim F35 aktuell fast überhaupt nicht vor.
An ein neues Projekt mit anderen Partnern vermag ich nicht zu glauben. Man ist da selbst zu ambitionslos und Partner sind entweder fest im Sattel bei US Gerät oder eben bei Tempest involviert. Ein Schweden loseisen und dann ein solches Projekt stemmen? kA. ob sowas überhaupt realistisch ist.
@Metallkopf
Interessante Anmerkungen, aber ich denke selbst wenn genügend Lagerkapazitäten vorhanden wären, wäre die deutsche Industrie nicht in der Lage kurzfristig bzw. die nächsten 2 Jahre zu liefern, weil:
1) die vorhandenen Produktionskapazitäten, vor allem in Deutschland, insbesondere für Munition sind auf Jahre zugunsten der Ukraine gebunden (Panzerfaust 3, RGW-Systeme, Munition jeglicher Kaliber (40mm – 155mm), Handgranaten, IRIS-Flugkörper, usw.)
2) ein Aufbau von zusätzlichen Kapazitäten, zumindest in Deutschland ist nur schwer möglich, da keine Fachkräfte vorhanden und teilweise auch rechtliche Hürden bestehen, und, meine persönliche Meinung, der wirklich politische Wille fehlt
Umso wichtiger wäre es nun endlich Lose für Munition aus den vielen bestehenden Rahmenverträgen abzurufen, damit wir wenigstens in 2024 oder 2025 erste Zuläufe haben. Rheinmetall z. B. hätte Planungssicherheit und könnte die Munitionsherstellung in Südafrika weiter ausbauen, ohne politische oder rechtliche Verzögerungen.
Man bedenke, alle übrigen NATO-Staaten sind fleißig am ordern ohne viel Bürokratie und nehmen Deutschland somit immer mehr Kapazitäten vorab weg. Die Rohstoffproblematik ist hier noch gar nicht mal berücksichtigt. Und je länger wir warten, desto mehr macht uns die Inflation zu schaffen..
Fazit: auf absehbare Zeit wird sich für die Truppe, mit Ausnahme der persönlichen Ausrüstung nicht viel ändern. Dringend benötigtes Grossgerät (welches noch nicht bestellt ist) läuft frühestens 2025 zu. Zudem wird weiterhin aus Beständen der Bundeswehr an die Ukraine geliefert werden.
Die Bundesregierung und die Truppe stecken in einem Dilemma….das ist die bittere Realität.
@Frage an den Hausherren
Sind denn wenigstens die beiden 25 Mio € Vorlagen (Funkgeräte, e.g.) durch den Verteidigungs- und Haushaltsausschuss gegangen?
[Schnelle Antwort auf die letzte Frage: Nein, wurden auf die nächste Sitzungswoche geschoben. T.W.]
Kann mir mal jemand erklären, wie wir bei zurückgehendem Verteidigungshaushalt, über 10% Inflation und 8% Gehaltsforderung die 2%-Forderung der NATO jemals erreichen wollen. Oder sollen die 100 Mrd. Sondervermögen in 2 Tranchen binnen 2 Jahren ausgegeben werden?
@T.W. (Antwort bei Labacco)
Eigentlich könnten die doch eine Sondersitzung zu den fehlenden 25 Mio.-Vorlagen machen.
Hatte ich nicht mal am Rande irgendwo mitgelesen, das mindestens noch ein Dutzend 25 Mio.-Vorlagen für dieses Jahr geplant waren?
Gab es dazu mal eine offizielle/halboffizielle Liste?
Es ist seltsam, wie das Sondervermögen ausgegeben wird.
Laut ESUT sind bei den Herstellern der Chinook und F-35 noch nicht einmal Forderungen zum Offset eingegangen, worüber sich die Hersteller mehr als wundern und die deutsche Industrie protestiert, weil sie nicht beteiligt wird. DAS lief in Finnland und der Schweiz gerade völlig anders.
SO kann man Geld auch verschwenden, wenn die komplette Wertschöpfung im Ausland stattfindet.
Da nützt dann auch das tollste Sondervermögen nichts.
[Offset bei FMS Cases? Müssten Sie noch mal erläutern. T.W.]
Ich kann mich den Vorrednern nur anschließen. Das Tempo in Beschaffungsfragen ist als katastrophal zu bezeichnen. Und ich denke das Sondervermögen müsste um die 20 Milliarden Euro für die notwendige Munitionsbeschaffung aufgestockt werden.
FCAS und MGCS erscheinen mir als gigantische Vernichtung von Euros. Da würde ich mal ganz schnöde national denken und dem Heer 600 KF 51 auf den Hof stellen. Und für ein FCAS sollte es in Europa eine Lösung geben und nicht zwei konkurrierende.
@T.W.: „offset“ im Falle der Schweiz wurde der Hersteller vertraglich verpflichtet, in der Schweiz 20% des Auftragswertes als direkte, also unmittelbar mit dem F 35 A verknüpfte Unteraufträge und 40% des Auftragswertes als indirekte, vom F35A unabhängige offset Aufträge zu vergeben. Das geht sogar soweit, dass die Aufträge proportional zur regionalen Sprachverteilung (deutsch 60%, französisch 35%, italienisch 5%) festgelegt sind. In der finnischen Ausschreibung wurden mindestens 30% vom Auftragswert als offset Geschäfte gefordert (z.B. Teileproduktion für den F 35A).
@ T.W.
Offset und FMS schließen sich nicht aus.
Das kann man unter anderem im ESUT-Artikel vom 10.11.2022 über Finnland und die Schweiz lesen.
Mir ist kein Land bekannt, bei dem die heimische Industrie kein Stück vom Kuchen nach Kauf der F-35 nach FMS-Verfahren abbekommen hätte.
Das ist völlig normal. Und wenn Lebenskosten von 40 Milliarden alleine beim STH zusammenkommen, sollte das auch verständlich sein, dass ein Teil der Wertschöpfung in Deutschland stattfindet.
Oder eben deutsche Produkte als Ausgleich von den USA beschafft werden.
Man hat momentan das Gefühl, sowohl die USA, als auch Frankreich versuchen Deutschland über den Tisch zu ziehen.
@Der Realist:
Auch wenn mir der Glaube fehlt….
Wenn Deutschland wirklich gut verhandeln würde, wären die Verträge (Klarstand, Servicelevel, Standzeiten, …) so ausformuliert, dass Boeing & Co. gar nicht anders können, als deutsche Auftragnehmer ins Boot zu holen. Wenn z.B. Standard-Wartungen binnen einer gewissen Ausfallzeit gemacht werden müssen, können Transporte in die USA und zurück schon mal schwierig werden.
Wenn ich den ESUT Artikel richtig verstehe, ist die Industrie da sehr verwundert, war das doch bisher eine double-win situation:
1.) Wir können den deutschen Michel extra zur Kasse bitten, weil die „Integration von Drittfirmen so schwierig ist“
2.) Man musste für gewisse Services keine eigenen Resourcen in Deutschland aufbauen.
Also wäre mein frommer Wunsch, dass endlich mal einer die Pistole der Industrie auf die Brust setzt.
Aber wahrscheinlich hat’s nur mal wieder einer vergessen….
@T.W. & Der Realist
Da die F-35A für die Bw erst noch gebaut werden müssen wäre es denkbar, dass die deutsche Industrie Teile dafür herstellt.
Bis diese aber dazu befähigt wurde, eine Genehmigung nach DEMAR hat und verlässlich liefern kann hätten die ersten F-35A schon ausgeliefert sein sollen.
@K.B. die 1 Mrd sind nicht einer Erhöhung des EP14 in 23 sonder Ermächtigungen von je 500Mio für 24/25.
Sprich man kann jetzt im Umfang von rund 4 statt 3 Mrd bestellen für Lieferung in 23-25.
@SB63 Die 2% Erreicht man so viel schneller Bei sinkendem BIP und gleicher Ausgabehöhe steigt die Quote ;)
@kvogeler
In dem Sinne hatte ich das verstanden. Im Übrigen kann man LARS-Munition mit MARS durchaus verschießen (Zauberwort lautet: „Abschussausstattung 110 mm“) bei HIMARS weiß ich das gerade nicht, aber dafür müsste die Munition halt auch funktionstauglich sein, und nicht massiv Nitro „schwitzen“, so dass man quasi Angst haben muss, in der Nähe zu niesen…
Aber für ein Ende 2000 außer Dienst gestelltes Waffensystem über 20 Jahre lang mehr als 32.000 Raketen vorzuhalten und dann überall woanders noch Depots zu schließen, ist schon irgendwie… merkwürdig…
Aber vielleicht steckt dahinter ja auch ein militärischer Genius, den wir schlichten Geister einfach nicht verstehen.
Ich halte es mit @Bow und hoffe, dass die Aufrüstung der Bw durch die Abnutzung der RUS Kräfte und Systeme durchaus etwas Ruhe verträgt. Die Russen dürften eine Nachbeschaffung ihrer in der UKR verbrauchten Waffen auch nicht gleich ersetzen können.
Wohlgemerkt, gilt nur bei weiterhin konventioneller Kriegsführung.
„Metallkopf sagt: 11.11.2022 um 17:25 Uhr“
„Aber vielleicht steckt dahinter ja auch ein militärischer Genius, den wir schlichten Geister einfach nicht verstehen.“
Ich denke nicht. Die hat man schlicht und einfach „vergessen“. Wurde die Abschusseinrichtung 110 mm überhaupt eingeführt? Dann hätte man ja kostengünstig mit den MARS üben können. Das wäre total sinnvoll gewesen und passt so gar nicht zur Bw nach 2010.
Erinnert irgendwie an die Strela-Fliegerfäuste, die 30 Jahre irgendwo im Bunker lagen. Und dann wundert man sich, daß die nicht mehr alle funktionsfähig sind.
„Aber vielleicht steckt dahinter ja auch ein militärischer Genius, den wir schlichten Geister einfach nicht verstehen“
Jeder Euro, den man damals und heute in die Entsorgung von Munition stecken muss, kann man an anderer Stelle weniger ausgeben. Diese Problematik ist jedem bewusst, angefangen beim Verteidigungsausschuss, der militärischen Führungsebene bis zur politischen Führungsebene.
Das war alles ein vor sich herschieben, bis irgendwann die Blase platzt.
In der Privatwirtschaft würde man sowas in der Art dann Insolvenzverschleppung nennen.
Meiner Meinung nach ist dieses Vorgehen auch eine Dienstplichtverletzung und Eidbruch, aber aus nachvollziehbaren guten Gründen sind die rechtlichen Voraussetzungen dafür schwer zu erreichen.
Im Kern sagt aber der Umgang mit Altlasten (Munition) und Neubeschaffung Munition und Neubeschaffung Kleingerätschaften (Nachtsicht, Funkgeräte, Wintermütze, ….) mehr über das System Bundeswehr inklusive Führung aus, als jedes andere Beispiel, welches in den letzten 7 Jahren hier auf AG diskutiert wurde.
Das ist so traurig wie es klingt.
Ich warne aber Leser davor, sich an diesen Themen aufzureiben und Stunden der eigenen Lebenszeit in diese Diskussionen zu stecken.
Das bringt nichts und man möge die Stunden lieber mit seinen Hobbies und oder Freunden und Familie verbringen.
Das System Bundeswehr muss an seiner eigenen Unfähigkeit ersticken, erst danach kann es wieder besser werden. Selbst ein Krieg vor unserer Haustür lässt die handelnden Führungsstäbe nicht umdenken (auch ein Beamter im Ausrüstungsamt darf mit anderen Beamten zusammen eine Petition schreiben oder einen offenen Brief und die Fehlentwicklungen und Missstände aufzeigen)
@Ex_Inst sagt: 11.11.2022 um 16:41 Uhr
„@K.B. die 1 Mrd sind nicht einer Erhöhung des EP14 in 23 sonder Ermächtigungen von je 500Mio für 24/25.
Sprich man kann jetzt im Umfang von rund 4 statt 3 Mrd bestellen für Lieferung in 23-25.“
Das habe ich soweit mitbekommen. Aber eine Milliarde für Munition in 24/25 bringt ja für die Verteidigungsfähigkeit nur was, wenn der Wehretat insgesamt aufwächst. Ansonsten muss halt an anderer Stelle gestrichen werden.
Natürlich können da Absprachen im Hintergrund stattgefunden haben, dass es in der Finanzplanung einen Aufwuchs des Epl. 14 geben soll (im Gegensatz zur aktuellen gültigen Verstetigung). Aber bis das offiziell ist, finde ich es etwas merkwürdig, wenn sich das BMVg dafür feiert, dass das Parlament die eigene (sicher gut begründete) Finanzplanung über den Haufen wirft und Geld im eigenen Bereich von rechts nach links schiebt
( https://twitter.com/BMVg_Bundeswehr/status/1590977872285474817 ).
@ Piofritz
Strela und die 110mm Raketen hat(te) man schlichtweg noch im Bestand und kann/konnte sie fürs Übungsschießen einsetzen. Das nennt sich Sparsamkeit.
Im Falle der 110mm Rakete war es sogar so, dass man hiermit den scharfen Schuss auch auf den Truppenübungsplätzen durchführen konnte, auf denen die „reguläre“ Übungsrakete MARS nicht freigegeben ist, aus Gründen der Schießsicherheit.
Nun kann die Raketenartillerie nur noch die teuren (Vollkaliber-) Raketen auf zwei Truppenübungsplätzen verschießen, also findet faktisch ein sehr begrenzter Übungsbetrieb statt.
Die F-35 scheint sich zu einer Art Standardkampffflugzeug im Westen zu entwicklen. Schade, daß es keine (?) Ansätze für eine gemeinsame Beschaffung (größere Stückzahl niedriger Preis…), Ausbildung, Wartung, Versorgung zu geben scheint, um so durch Synergien Zeit und Geld zu sparen. Auch mit zweckgebundenen Schulden, die man „Sondervermögen“ nennt, bleibt Geld ein endliches Gut.
Der Spz Boxer ist noch nicht eingeführt, der Puma schon. Die 111 könnte man doch bestellen, während man weiter an den mittleren Kräften „bastelt“.
Gerade mit Hinblick auf Tiefe Integration der Reserve, könnte man überzählige Pumas einmotten und auf Lager liegen. Und sei es, um sie an befreundete Staaten abgeben zu können.
Verwundert habe ich mir die Augen gerieben……die Amis liefern HAWK den Ukrainiern. Ich meine HAWK !.
Das ist ein uralt-System, in der Luftwaffe kennt das fast kein Mensch mehr. Und dennoch ist es jetzt nützlich, genau wie der Gepard.
@Hans Dampf sagt: 12.11.2022 um 10:14 Uhr
„Strela und die 110mm Raketen hat(te) man schlichtweg noch im Bestand und kann/konnte sie fürs Übungsschießen einsetzen. Das nennt sich Sparsamkeit.“
Das ist doch genau der Punkt, auf den ich hinaus will. Offensichtlich hat man diese Möglichkeit nicht in ausreichendem Maße genutzt. Ansonsten wäre das „Zeug“ verbraucht gewesen und die Truppe hätte ausreichend geübt für kleines Geld.
Statt dessen hat man diese Munition, für was auch immer, aufgehoben, bis sie so alt ist, das man einen Teil davon nicht mehr gebrauchen kann (Strela). Oder diese so überlagert sind, das man diese noch nicht mal mehr handhabungssicher umlagern, geschweige denn transportieren kann (110mm-Raketen).
Das ist echte Verschwendung, denn die Entsorgung kostet jetzt ein Vielfaches der seinerzeitigen Anschaffung, ohne dass die Munition irgendeinen Nutzen hatte. Die Bw hat dann in diesem Fall nur Geld verbrannt.
@Chriss sagt: 13.11.2022 um 8:55 Uhr
„Der Spz Boxer ist noch nicht eingeführt, der Puma schon. Die 111 könnte man doch bestellen, während man weiter an den mittleren Kräften „bastelt“.“
Das ist ein Argument, das für den Puma ins Feld geführt wird. Ein Argument dagegen sind die vielfältigen technischen Probleme, die zwar größtenteils, aber immer noch nicht alle behoben sind.
Der Puma ist wieder so ein Versuch einer eierlegenden Wollmilchsau-Lösung, der in einem Problem, das man vorher nicht hatte gemündet ist.