Merkposten Mali: Russische Waffen, islamistische Angriffe, deutsche Regierungsgespräche

Die Streitkräfte Malis haben ein umfangreiches Paket mit Militärhubschraubern und Flugzeugen erhalten – vor allem aus russischen Beständen. Die Angriffe islamistischer Milizen auf die malischen Streitkräfte halten an. Eine deutsche Regierungsdelegation führte vor dem Hintergrund anhaltender Verstimmungen zwischen der Regierung in Bamako und den internationalen Truppen Gespräche im malischen Verteidigungsministerium.

Zu den jüngsten Entwicklungen ein Überblick am (heutigen) Dienstag:

Auf dem Flughafen von Bamako wurden in einer großen Zeremonie in Anwesenheit des Übergangspräsidenten Assimi Goïta zahlreiche Waffensysteme an die malischen Streitkräfte übergeben. Fast alles davon stammt aus Russland, und der russische Botschafter in dem westafrikanischen Land war ebenfalls anwesend. Aus der Mitteilung des malischen Präsidentenpalastes:

Die Fähigkeiten der Luftwaffe wurden durch die Neuanschaffung von Jagdflugzeugen des Typs L39 und Suhkoi 25, Angriffshubschraubern des Typs MI24-P, Transporthubschraubern des Typs MI-8 sowie eines zweiten taktischen Transportflugzeugs des Typs Airbus Casa-295 gestärkt.
„Oberst Sadio CAMARA, Minister für Verteidigung und Kriegsveteranen, freute sich: „Mit diesen Neuanschaffungen beschleunigen wir den Aufwuchs unserer Streitkräfte. Seiner Meinung nach ist es das Ziel der Übergangsbehörden, die malische Armee neu zu gründen, damit sie professioneller, gut ausgerüstet, gut ausgebildet, mit einer guten Moral ausgestattet, dem Volk, aus dem sie stammt, näher steht und den Operationsraum nach strengen Einsatzregeln beherrscht. „Eine Armee, die die kriegerischen Werte Malis widerspiegeln wird“, sagte er und betonte, dass es das Ziel sei, zuerst zu kämpfen, um die Kriege zu gewinnen, die der malischen Nation aufgezwungen werden, und dann die Bedingungen für einen dauerhaften Frieden zu schaffen.
(übersetzt mit deepl.com)

Vor allem die Lieferung der – wenn auch älteren – Kampfjets ist eine grundlegende Neuerung für Mali. Bislang, so weist das Nachschlagewerk Military Balance aus, verfügte das westafrikanische Land über keine strahlgetriebenen Kampfflugzeuge. Auf den offiziellen Fotos wurden vier Maschinen des – ursprünglich tschechoslowakischen – Typs L39 gezeigt, dazu eine Su-25, NATO-Codename Frogfoot, die auch in der Ukraine eingesetzt wird.

Russland soll noch über rund 1.000 Maschinen des Typs L39 verfügen, aus diesem Bestand dürften die Maschinen für Mali stammen. Die Flugzeuge können zur Bekämpfung von Zielen am Boden eingesetzt werden, ebenso wie die ebenfalls gelieferte Su-25, die eigens für diesen Zweck entwickelt wurde.

Kampfhubschrauber des Typs Mi-24 und Transporthelikopter Mi-8 hatte das westafrikanische Land bereits zuvor schon erhalten. Interessant ist die bei der Zeremonie ebenfalls offiziell in Dienst gestellte Transportmaschine Casa-295 von Airbus: Der europäische Rüstungskonzern hatte den Auftrag für die Lieferung einer zweiten Maschine dieses Typs bereits 2020 von Mali erhalten, die Lieferung hatte sich bis jetzt verzögert.

Nachtrag (danke für den Leserhinweis!): Die Airbus-Maschine war nach Angaben der malischen Streitkräfte bereits am 31. Mai in Bamako angekommen – und wurde jetzt offensichtlich öffentlichkeitswirksam noch einmal präsentiert:

Die neu gelieferten Waffensysteme sind die Fortsetzung früherer Lieferungen aus Russland, zum Beispiel im März dieses Jahres. Sie verbessern die Möglichkeiten der malischen Armee – aber bedeuten zugleich auch die Fortsetzung der immer engeren Bindung an Russland, während die Beziehungen zum Westen wie auch zur internationalen Gemeinschaft in Form der UN und ihrer Blauhelmtruppe MINUSMA in Mali immer problematischer werden.

Unterdessen setzen islamistische Gruppierungen ihre Angriffe auf die malischen Streitkräfte fort. Allein am vergangenen Sonntag gab es dabei nach Angaben des malischen Generalstabs 17 gefallene und 22 verwundete Soldaten.

Nach Angaben des Sahel-Experten beim französischen Sender France24, Wassim Nasr, gab es am (heutigen) Dienstag erneut einen Angriff mit 30 gefallenen malischen Soldaten:

22 Verwundete seien nach Gao ausgeflogen worden – das ist eine Aufgabe der Bundeswehr, die in Gao deutsche CH53-Hubschrauber für diese MedEvac-Einsätze stationiert hat. Allerdings wollte das Einsatzführungskommando der Bundeswehr diese medizinische Evakukierung nicht bestätigen. Das scheint nicht verwunderlich, wenn man eine weitere Information von Nasr hinzuzieht: Die malische Regierung habe die UN-Truppe aufgefordert, über ihre Unterstützung für die malischen Streitkräfte nicht öffentlich Auskunft zu geben.

Trotz der anhaltenden Spannungen zwischen der Regierung und der UN-Truppe und nicht zuletzt angesichts der Verstimmungen zwischen Bamako und Berlin gibt es offensichtlich wieder direkte Gesprächskontakte der beiden Regierungen. Der für Afrika zuständige Abteilungsleiter Politik im Auswärtigen Amt, Christian Buck, traf in Bamako unter anderem mit dem malischen Verteidigungsminister Oberst Sadio Camara zusammen. Dessen Ministerium berichtete am (gestrigen) Montagabend kurz über diesen Besuch, löschte den Bericht aber recht schnell wieder.

(Einen Screenshot oder eine Sicherheitskopie der Webseite habe ich versäumt, nur noch diesen Thumbnail und dieses Foto von Buck, l., mit Camara hatte mein Rechner gespeichert)

Die weiteren Entwicklungen vor allem im Verhältnis Malis zu den internationalen Truppen hängen natürlich auch davon ab, wie sich die Russland-Orientierung der Regierung in Bamako künftig auswirkt – spätestens dann, wenn die französische Anti-Terror-Operation Barkhane endgültig das Land verlassen hat. Das Barkhane-Kommando zeigte am Dienstag Fotos ihrer letzten verbliebenen Basis – der in Gao, die schon ziemlich besenrein aussieht:

Die interessante Frage wird, wer das Gelände übernimmt: in etlichen anderen Basen, die von den Franzosen geräumt wurden, rückte die russische Söldnergruppe Wagner ein. Solche Nachbarn für das deutsche MINUSMA-Kontingent in Gao wären schon ein Problem.

Der andere Bundeswehreinsatz in Mali, die Beteiligung an der EU-Trainingsmission EUTM Mali, wird dagegen von deutscher Seite zügig abgebaut: Jetzt wurden die (deutschen) Ortsschilder demontiert, die über Jahre über dem Camp in Koulikoro standen.

(Foto oben: Su-25 und Mi-8-Hubschrauber auf dem Flughafen von Bamako/Presidence Mali; Mitte: Malisches Verteidigungsministerium; unten: Französische Streitkräfte/Operation Barkhane)