USA liefern der Ukraine Raketenartillerie – und Deutschland auch

Die USA wollen der Ukraine die von der Regierung in Kiew seit langem dringend gewünschte Raketenartillerie liefern – und Deutschland wird mitziehen. Nachdem US-Präsident Joe Biden die Lieferung entsprechender Systeme zugesagt hatte, wenn auch mit Raketen kürzerer Reichweite, soll die Bundeswehr ebenfalls Raketenwerfer und Artillerieortungsradar zur Verfügung stellen. Diese Systeme könnten deutlich eher geliefert werden als die zugesagte Flugabwehr und mehr Bedeutung für das Kriegsgeschehen bekommen.

Die ukrainische Regierung hatte bereits seit Wochen in den USA darum gebeten, Mehrfach-Raketenwerfer zur Verfügung zu stellen, um mit diesen weit reichenden Waffensystemen gegen die russischen Artilleriestellungen vorgehen zu können. Dass diese so genannten MARS (Multiple Artillery Rocket Systems) geliefert werden könnten, war bereits seit Tagen absehbar – allerdings gab es in Washington offensichtlich Vorbehalte, dafür auch Raketen mit großer Reichweite zu liefern.

Diese Bedenken griff US-Präsident Joe Biden in einem Gastbeitrag für die New York Times auf: Darin sagte er zwar die Lieferung der Raketenwerfer zu, verband das aber zugleich mit Einschränkungen:

We have moved quickly to send Ukraine a significant amount of weaponry and ammunition so it can fight on the battlefield and be in the strongest possible position at the negotiating table.
That’s why I’ve decided that we will provide the Ukrainians with more advanced rocket systems and munitions that will enable them to more precisely strike key targets on the battlefield in Ukraine. (…)
We are not encouraging or enabling Ukraine to strike beyond its borders. We do not want to prolong the war just to inflict pain on Russia.

Was das bedeutet, erläuterte ein hochrangiger Regierungsmitarbeiter nach Angaben der New York Times so:

But a senior administration official said later that the weapons system — the most advanced provided to the Ukrainians to date — was promised only after direct assurances by Ukraine’s leaders that they would not use it against targets within Russian territory.

Konkret dürfte das darauf hinauslaufen, dass für die MARS bzw. HIMARS-Systeme der USA Raketen mit einer Reichweite von rund 70 Kilometern an die Ukraine geliefert werden, nicht aber noch leistungsstärkere Munition mit rund 200 Kilometern Reichweite.

In Absprache mit den USA ist offensichtlich auch die Bundesregierung bereit, solche Raketenartillerie an die Ukraine zu liefern. Offiziell bestätigt ist das noch nicht, und auch Bundeskanzler Olaf Scholz erwähnte das in seiner Regierungserklärung im Bundestag am (heutigen) Mittwoch nicht. Aus der Meldung von dpa:

Deutschland will vier Mehrfachraketenwerfer aus Beständen der Bundeswehr in die Ukraine liefern. Das geschehe in enger Abstimmung mit den USA, die auch die Ausbildung ukrainischer Soldaten an den Systemen übernehmen würden, erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Mittwoch aus Regierungskreisen. Geplant sei, die schweren Waffen, die Ziele in großer Entfernung treffen können, bis Ende des Monats zu liefern.

In der Bundespressekonferenz sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums dazu lediglich, Deutschland sei darüber mit den USA im Gespräch. Für die Bundeswehr wäre die Lieferung von vier solchen Systemen fast schon ein Kraftakt: Insgesamt verfügen die deutschen Streitkräfte über rund 40 Raketenwerfer MARS II, von denen allerdings nur etwa die Hälfte auf dem neuesten technischen Stand ist.

Nachtrag: Nach Berichten aus Washington wollen die USA ebenfalls vier solcher Systeme liefern. Die Ausbildung soll in Europa stattfinden – die Vermutung liegt nahe: in Deutschland.

(Archivbild Dezember 2016: Ein mittleres Artillerieraketensystem II (MARS) des Artilleriebataillons 295 aus Stetten am kalten Markt unterstützt den Angriff eines gemischten Gefechtsverbandes im Rahmen der binationalen Übung Feldberg auf dem Truppenübungsplatz Bergen – Carl Schulze/Bundeswehr)