Deutschland will Flugabwehrsystem an die Ukraine liefern – Iris-T SLM aus deutscher Produktion
Als erstes Land will Deutschland der Ukraine ein modernes weitreichendes Flugabwehrsystem aus westlicher Entwicklung und Produktion liefern. Das kündigte Bundeskanzler Olaf Scholz vor dem Bundestag an. Die Ukraine hatte bei ihren Wünschen nach schweren Waffen aus dem Westen neben Kampfpanzern und Artillerie immer wieder auch auf solche Abwehrsysteme gedrungen.
Scholz kündigte in seiner Regierungserklärung vor dem Parlament am (heutigen) Mittwoch an, die Ukraine solle das Flugabwehrsystem Iris-T SLM der Firma Diehl Defence erhalten. Damit könne eine ukrainische Großstadt vor russischen Luftangriffen geschützt werden. Zusätzlich werde Deutschland Radare zur Aufklärung von Artilleriestellungen liefern, die die geplante Abgabe von Panzerhaubitzen der Bundeswehr ergänzen.
Der O-Ton des Kanzlers:
Die Ukraine soll damit ein Luftverteidigungssystem erhalten, über das die Bundeswehr selbst bislang nicht verfügt (wenn es auch möglicherweise mit den geplanten Beschaffungen aus dem 100-Mrd-Euro-Sondervermögen für die deutschen Streitkräfte beschafft wird). Das System Iris-T SLM, von Diehl in Zusammenarbeit mit dem Luft- und Raumfahrtkonzern Airbus, dem Radarspezialisten Hensoldt und der auf Funktechnik spezialisierten Münchner Firma Rohde&Schwarz entwickelt, ist ein Waffensystem, das fast ausschließlich aus deutschen Entwicklungen und Komponenten besteht.
Das Flugabwehrsystem nutzt dafür den Flugkörper Iris-T, der bereits von den Tornado- und Eurofighter-Jets der Luftwaffe zum Kampf gegen Flugzeuge eingesetzt wird. Mit einer Abschussvorrichtung – das SL steht für Surface Launched, vom Boden gestartet – und einem eigenen Radargerät wird damit eine eigenständige Luftverteidigung für ein begrenztes Areal aufgebaut. In der Größenordnung liegt ein Luft-Boden-System Iris-T unterhalb der in der Bundeswehr bereits zur Flug- und Raketenabwehr genutzten Patriot-Systeme.
Die Ukraine dürfte voraussichtlich eine so genannte Feuereinheit Iris-T SLM erhalten: Diese Konfiguration mit drei Startfahrzeugen, so genannten Launchern, einem Radarfahrzeug und einem Führungsfahrzeug kann gegnerische Flugzeuge, Hubschrauber und Marschflugkörper bis zu einer Höhe von 20 Kilometern und einer Entfernung von maixmal 40 Kilometern abschießen. Damit ist das System leistungsfähiger als die Grundkonfiguration Iris-T SLS, das auf eine Reichweite von bis zu zwölf Kilometern ausgelegt ist. Eine solche Feuereinheit könnte, wie vom Kanzler angekündigt, als Schutz für eine Großstadt eingesetzt werden.
Die Lieferung dieses Systems an die Ukraine dürfte vergleichsweise rasch möglich sein: Diehl hat bereits Feuerheinheiten an Ägypten geliefert und bereitet derzeit eine weitere Feuereinheit für das nordafrikanische Land vor. Dieses System könnte voraussichtlich umgeleitet werden; Ägypten würde eine spätere Lieferung erhalten. Derzeit sind die Produktionskapazitäten der Firma auf zwei solcher Feuereinheiten pro Jahr ausgelegt; sie könnten aber auf drei bis vier Feuereinheiten erhöht werden – abhängig von der Frage, ob alle Komponenten für das System beschaffbar sind.
Diehl hat das Iris-T-Flugabwehrsystem bereits an Schweden geliefert (s. Foto oben); Norwegen beschafft es ebenfalls. Bei der Bundeswehr wird die Einführung erwogen, einen Vertrag gibt es aber bislang nicht.
(Archivbild: Erprobung des Iris-T SLS Systems für die schwedischen Streitkräfte in Vidsel im Juni 2020 – Diehl Defence)
Eine durchaus interessante Ankündigung – ich bin jetzt nur wirklich gespannt wie die umgesetzt wird und wann das System die Ukraine erreicht.
Bisher waren deutsche Ankündigungen ja, sobald es was Größeres als Handwaffen betraf, genau das: Ankündigungen.
Das ein derartiges System für die Ukrainer sinnvoll ist dürfte klar sein.
macht Sinn.
Vermutlich wird die Ukraine aber eher 3-4 solcher Systeme benötigen. Außerdem ausreichend Ersatz Flugkörper.
Zum Schutz der Hauptstadt und ggf 1-2 weiteren Großstädten.
Die Gefahr dass diese Technik in Feindeshand gerät sollte auch recht gering sein.
Die Kapazitäten beim Hersteller sollten auf jeden Fall schonmal hochgefahren werden. Ich denke Deutschland wird selbst auch 8-12 solcher Systeme ordern.
Artillerie und Cobra waren ja schon mehr oder weniger bekannt. Bieten aber auch einen großen Mehrwert sobald einsatzbereit.
Anmerkung: Das im Bild ist IRIS-T SLS in der schwedischen Konfiguration, nicht SLM.
[Ja, ich weiß, ich habe auch nur Iris-T SL geschrieben… Aber mache das vielleicht noch deutlicher. T.W.]
1. Ein modernes Flugabwehrsystem Iris-T kann die Ukraine sicher gut gebrauchen. Nur ist eine Feuereinheit ein bisschen sehr wenig, da Kiev, Lemberg, Odessa, Charkov usw. geschützt werden müssen. Da sollte man schon ein paar Feuereinheiten schicken.
2. Leider befürchte ich, daß das Motiv für diese Lieferung nicht ehrenvoll ist, sondern der Kanzler will sich weiter um die ideologisch und fanatisch um die Lieferung von Marder Schützenpanzern und alten Leo I Kampfpanzern an die Ukraine drücken, ohne den Mut zu haben, dies offen zu sagen. Da wird weiter gelogen und getrickst werden, daß sich die Baken biegen. So daß die Lieferung von Iris-T nur ein Trick ist, um von der Nichtlieferung der Panzer abzulenken, damit die SPD-Linke weiter sagen kann, wir liefern keine Offensivwaffen oder Panzer….., gleichzeitig die Ukraine bzw. deren Botschafter die Regierung Scholz nicht weiter jedne Tag an die Wand nagel kann. Und damit die Ukraine den Krieg blos nicht gewinnt, eben nur eine Feuereinheit.
3. Die BW braucht dringend mehr Flugabwehr. Iris-T SL hätte also schon längst für die BW bestellt werden müssen.
Wenn es sich bei dem Artillerieortungsradar um COBRA handelt…. weiß hier jemand aus welchen Beständen da geliefert wird? Aus BW-Beständen? Stehen vlt. welche bei der Industrie?
Die neueste Meldung besagt, dass die Bundesregierung auch Mehrfachraketenwerfer liefern möchte. Ausbildung durch die USA. Bestände aus der BW. Sprich von unseren „59“ MARS geben wir noch welche ab. Ich hatte schon in dem Thread für das 100 M. Paket geschrieben, dass dort nichts von Aufbau dieser Systeme für die BW geplant ist, obwohl man die Wichtigkeit dieser Systeme gerade in der Ukraine sieht. Selbst Polen bestellt 500 dieser Systeme. Sind wir auf diesem Auge blind in der Planung , oder kommen unsere Spezialisten bei der BW zu abweichenden Erkenntnissen über die Wichtigkeit solcher Systeme?
[Hinweis: Es sind nur rund 40 Systeme in der Bundeswehr; und eine weitere Meldung zu dem Thema ist in Vorbereitung. T.W.]
Im Zusammenhang mit der Lieferung von HIMARS geht es nun in die nächste Eskalationsrunde. Mich würde ja interessieren, wie die Finanzierung geklärt ist.
Das Ringen um das Ölembargo zeigt, wir Europäer sind mit Sanktionen so langsam womöglich am Ende der Fahnenstange. Es besteht demnach tatsächlich eine gewisse W‘keit, dass Russland den Donbass einnimmt, sich eingräbt und eine weitere Phase des Playbook einleitet.
Eine Kriegserklärung zur Verteidigung der drei Volksrepubliken würde ins bisherige Propagandanarrativ des Kreml passen. Die öffentlichen Äußerungen in den Medien der gelenkten Demokratie Russland könnten diese Schritte Vorbereiten. (Ist wie in MENA-Diktaturen ein „Testing the Waters“ und sprachliches Strukturieren der öffentlichen Meinung durch Propaganda)
Hierzu könnte dann eine mehrtägige Luftkampagne, Mobilmachung und „Kriegserklärung“ gehören, sollte Kiew die dann zunehmend gefestigte russische Besatzung nicht anerkennen. Wir sollten nicht vergessen, auch ein T-6x hat Glattrohr.
Eine Anzahl Iris-T SL könnte die Luftkampagne empfindlich stören.
#Durchbruchswaffen #Demokratur
Tim Stuchtey, Direktor des Brandenburgischen Instituts für Gesellschaft und Sicherheit, stellt in der Studie des Instituts fest“ „Lethargie, Trägheit, Mutlosigkeit…“
„An gemeinsamen Grundwerten und ethischen Prinzipien orientierte Politik gibt es nicht zum Nulltarif. Lethargie, Trägheit, Mutlosigkeit, realitätsferne Selbsttäuschung und das gedankliche Festklammern an Utopien verursachen nicht nur moralische, sondern auch finanzielle Kosten. Ein angemessener Schutz durch Ausgaben für zivile, innere, äußere und Cybersicherheit ist der Preis für die Nachhaltigkeit des Wohlstands.“ Entgegen dieser Studie kommt bestimmt ganz schnell die Lieferung, wenn denn die „Beratungen und Konsultationen“ vielleicht auch erst später, viel später wahrscheinlich,
eine Lieferung zulassen. Natürlich muss vorher noch ausgebildet werden, die Ukrainer müssen auf das System geschult werden,dabei kann auf Ausbilder der Bundeswehr nicht zurückgegriffen werden, da dort noch nicht vorhanden. Alles zusammen schätze ich mal einfach,in 2022 wird das nichts mehr. Zudem muss ja die Ukraine noch entscheiden, welche Großstadt als einzige in der ganzen Ukraine vor russischen Luftangriffen geschützt werden kann. Ich habe den Eindruck, immer dann, wenn dieser Regierung keine weiteren Ausreden für die Lieferung mehr einfallen und man so in die Enge getrieben dasteht, wird eine neue Ankündigung von „Waffenlieferungen“ losgetreten. Dieses Verhalten zerstört sämtliches Vertrauen, sowohl bei Verbündeten und Partnern, aber auch bei den eigenen Bürgern. Ich verstehe diese Politik nicht.
IRIS-T SLM ist sicherlich eine sinnvolles Asset. Laut Reuters sind wohl 10 Einheiten geplant, mit der ersten Lieferung ab November. (https://twitter.com/jana_puglierin/status/1531922595670544385?s=20&t=mfHPyrar_-Gm1esodt65HA)
Andere Frage, ein Pressebericht der SHZ aus Flensburg berichtet, dass Ukrainische Soldaten bei FFG zur Ausbildung wären. Leider ist der Artikel hinter ner Paywall, aber weiß jemand zufällig, was bei an FFG ausgebildet werden könnte ?
Die bislang benannten (schweren) Systeme, kommen stehen mW ja alle bei KMW oder Rheinmetall
[wg. Iris-T SLM – mit aller Vorsicht, „geplant“ ist wohl eine weitgehende Aussage… angefragt wäre vielleicht treffender. Offiziell geht’s bislang nur um eine Feuereinheit. T.W.]
@Bundesverteidigungsente
Bei FFG stehen wohl noch M113, ggf. wären die bereit, zwar nicht klassisch eine schwere Waffe aber besser als zu Fuß gehen.
Ein System, was die BW sicher gut gebrauchen könnte.
Einer meiner Vorredner hat es schon geschrieben. Die BRD will auch bei MLRS Systemen die Lieferungen der USA unterstützen. Das verstehe ich hinten und vorne nicht. Offizieller Bestand sind 41 ! Systeme. Italien und Frankreich haben noch weniger. Wie soll man denn da was liefern, wenn man schon bei 108 PZH2000 Gesamtbestand, „nur“ 7 entbehren kann.
DIE USA verfügen über fast 1000 dieser System bzw 340 HIMARS , die aber nur einen Pod tragen.
[MARS ist ein gesonderter Thread, bitte hier nicht. T.W.]
Soweit ich das sehe, ist IRIS-T SL nur der stationäre Teil des NNBFla Systems.
Es exisitieren seitens der zukünftigen Nutzung bei der BW (deren Finanzierung Teil des 100Mrde oPakte sein soll) auch noch 2 Plattform KONZEPTE für die fahrzeuggebundenen Version (für Nächstbereich, offensichtlich für einen dortigen Wettbewerb ??, nämlich von Diehl/Rheinmetall und MBDA)
Kauft die Ukraine da also etwas bereits vom Band laufendes aus dem „Hersteller Katalog“ (also die schwedische SLS-IRIS-T Lösung ?) , das deren Fabrik schon morgen liefern könnte, während die BW mal wieder ne komplizierte Komplettlösung entwickeln lässt, die erst 2027ff laufen wird ?…
Oder bekommt die BW die stationäre Variante auch schon zeitnah ?
Sind wir alle schlauer und überrascht, wenn in der EK Liste des 100Mrd pakets in 1 Monat das stationäte NNBFla System und auch schon zusätzlich eines von beiden angebotenen mobilen Systemen für die BW bestellt wird (und so in 202 oder so schon verfügbar wäre ?)
Zumindest das kleinere mobile Fahrzeug des MBDA und DIEHL/RM Entwurfs muss ja wohl erst entwickelt und ausgewählt werden (Wobei ich die MBDA Lösung eher für Firmen Propaganda halte da die „MISTRAL“ nirgendwo in der BW eingeführt wurde, während Systeme von DIEHL (IRIS-T/RAM) erfolgreich seit Jahrzehnten laufen)
Hoffe nicht, das die Hersteller Kapazitäten durch SWE und UKR etc. dann bei DIEHL etc. ausgelastet sind und die BW nix vor 2027/28 bekommt….
Wie ist denn nur dieser Sinneswandel bei unserem Bundeskanzler zu erklären? Schon klar: Ankündigung ist noch längst keine Lieferung!
Und warum so spät, warum erst jetzt?
War es Mariupol etwa nicht wert?
@ Niklot sagt: 01.06.2022 um 13:33 Uhr
Bei FFG stehen wohl noch M113, ggf. wären die bereit, zwar nicht klassisch eine schwere Waffe aber besser als zu Fuß gehen.
Äh, … nein
Welches europäische Land hat den bisher westliche Flugabwehrsysteme mittlerer Reichweite versprochen? Oder westliche Panzer oder Schützenpanzer? Oder Raketenwerfer? Die USA liefert keine Patriots,
MARS Systeme wurden jetzt von USA und Deutschland angekündigt. Es war immer klar, dass die Gepard Panzer in Ausbildung und Lieferung länger brauchen, ebenso wie die PzH2000 . Die ersten Panzerhaubitzen überhaupt (M109) kamen vor 4 Tagen aus Norwegen in die Ukraine.
Und warum macht kein anderes Land außer D einen Ringtausch wg. der Panzer aus russischer Produktion?
Ich habe das Gefühl, keiner will so recht liefern, alle verstecken sich hinter Deutschland das dann noch als Buhmann kritisiert wird.
Kleine Korrektur am Rande: beim IRIS-T SL(M) handelt es sich nicht wie dargestellt um die Luft-Luft Variante mit einer zusätzlichen Startvorrichtung, sondern um einen eigens entwickelten Flugkörper, der sich mit der Luft-Luft Variante einige Komponenten teilt. Der SLS hingegen entspricht dem, was unter den Fliegern hängt mit Anpassungen zum Start vom Boden aus.
Schon drei Monate Krieg in der Ukraine und immer noch hat dieser Kanzler keinen durchdachten Plan wie man der Ukraine helfen kann. Man möchte mit Loriot sagen: „Ja wo liefern sie denn, wo liefern sie denn hin?“ Wenn man sich Christine Lambrecht ansieht ist offensichtlich der Proporz wichtiger als die Qualifikation. Auf dem Puma vermittelte sie für mich den Eindruck „was machen die hier eigentlich mit mir „. Ich hoffe es gibt gute Pläne die 7 Panzerhaubitzen und die 4 Raketenwerfer gegen russische Luftangriffe zu verteidigen, das dürften ja Hochwertziele sein und nur schnelle Stellungswechsel werden auf die Dauer nicht helfen. Viele Hunde sind des Hasen Tod. Iris-T SLM FlaRak sicher nicht schlecht, aber gammeln da nicht noch ein paar SA-2 der NVA so wie die Strela vor sich hin?
Laut dem Artikel von thedrive https://www.thedrive.com/the-war-zone/ukraine-might-get-german-iris-t-slm-medium-range-sam-system-reports erfolgt der Anflug bis zur Infrarotreichweite über Datenlink. Die Daten können dabei auch von extern kommen.
Bedeutet das, dass man komplett das eigene Radar ausschalten kann und von den Awacs über neutralen Staaten ins Ziel geführt werden kann?
Dann gäbe es ja keine Möglichkeit für Russland, die Systeme im Radarbereich aufzuklären.
Bei jedem Abschuss wäre zudem die Vermutung gerechtfertigt, dass die Nato direkt beteiligt war.
Oder liegt da ein Verständnisfehler meinerseits vor?
Wie viele Raketen bekommen die und wie viele können wir dieses Jahr noch liefern?
Bei FFG werden auch Leo 1 upgrades gemacht. Just saying.
Alles, alles was bisher an die Ukraine geliefert wurde kommt aus Beständen der Bundeswehr, alles. Iris – T SLM brauchte Deutschland dringend selber da die Bodengebundene Flugabwehr in Deutschland so gut wie nicht vorhanden ist. Die Bundeswehr wird bisher immer weiter geschwächt. Niemand weiß ob wir in 6 Monaten in 1 Jahr in 5 Jahren diese Verteidigungskapazitäten vielleicht selber brauchen. Dies sollte man immer auch im Auge behalten. Zu meine Zeit als Wehrpflichtiger ( vor 35 Jahren in der Flugabwehr) wären solche Gedanken Müßig gewesen da alle älteren Systeme und Waffen für die Heimatschutzbrigaden und die Reservisten eingelagert waren.
@Jürgen Gosse:
Iris-T SLM ist überhaupt nicht bei der BW im Einsatz.
Matador kam übrigens auch nicht von der BW, sondern von der Industrie nach Bestellung aus UKR direkt.
Ich sehe schon die ersten Trollkommentare „Ukraine als Testfeld für westliche Waffen mißbrauchen“ in anderen Foren.
Also ich sehe das ganz anders. Im Rahmen der Maßnahmen gegen Rußland geht es ja auch darum die russische Rüstungsindustrie und Waffentechnik zu deklassieren. Einsatzerprobte westliche Waffen die effizient russische Technik bekämpfen dürfte Rußland einen Haufen Kunden kosten. Ein Haufen Kunden weniger bedeutet weniger Devisen, weniger Fachpersonal, weniger Einnahmen, kleinere Stückzahlen, mehr Arbeitslose, höhere Einzelpreise…
Wer würde noch Kinschal oder T-90 kaufen wenn die wie am Fließband von IRIS und Javellin gestoppt werden? Und ein modernes westliches Radarsystem welches zuverlässig die russischen Luft- und Artilleriehandlungen erfaßt, analysiert und aufzeichnet dürfte wahrlich Gold wert sein.
Eigentlich sollten wir die Ukraine dafür bezahlen dass sie sowas in Rücksprache mit westlicher Industrie und Militär nutzen.
Nein, IRIS-T SLM ist nicht im Bestand der BW. Dieser LfK wurde aber schon wie lange gefordert um unsere wenigen und teuren PAC-2 und PAC-3 LfK mit Masse zu unterfüttern? Der Rundgang durch eine FES und das Zählen der LfK-Container ist ein sehr ernüchternder Moment im Leben eines Soldaten. Immerhin ist es sehr erhellend zu erleben, dass die Politik sehr wohl recht schnell liefern kann, wenn sie es denn will.
Zur Abgabe der MARS Werfer beschleicht mich dieselbe Ahnung wie bereits bei der PzH 2000. Wenn D WaSys liefert, dann wird sicherlich auch Logistik bereitgestellt, und dazu gehört vor allen Dingen auch die Munition. Wieviel Geld benötigt es nochmal um die Mun Bestände der BW auf den von der NATO geforderten 30 Tage Vorrat zu bringen? 20 Milliarden Euro? Geliefert wird dann ab wann? Der 30 Tage Vorrat steht dann plangemäß zur Verfügung im Jahre 20XX also wann genau? Wie viele Tage könnte die BW im High Intensity Conflict bestehen, bevor uns die Munition ausgeht? Und wie lange wird in der UKR schon mit hoher Intensität gekämpft? Merke: mit Munition satt, da läßt es sich gar trefflich siegen.
@Jürgen Gosse
Nicht nur das die Bundeswehr immer weiter geschwächt wird, bisher wurde ja überhaupt nichts nachbestellt.
Bitte auch einen weiteren Punkt bedenken, dass beispielsweise ein Gaslieferungsstopp seitens Russlands immer wahrscheinlicher wird. Wenn es dazu kommen sollte, sind die ersten Unternehmen in Deutschland denen kein Gas mehr zugewiesen wird, die Unternehmen der Rüstungsindustrie, da Unternehmen der Grundversorgung (Lebensmittel, Pharma, Teile der chemischen Grundstoffindustrie) bevorzugt beliefert würden. Folglich bringen die 100 Mrd. Sondervermögen auch nicht viel, weil man dann nichts mehr bzw. nur wenig produzieren kann (mit Ausnahme dessen was wir in den USA bestellen). Somit schwächen wir uns nicht nur selbst, sondern auch Europa. Und die Ukraine könne wir so auch nicht weiter unterstützen.
Ich bin nicht sicher, ob das hier jeder auf dem Schirm hat, aber die Wahrscheinlichkeit, dass es so kommen kann, schätze ich für hoch ein.
Eine kleine Anmerkung – bei der IRIS-T SL handelt es sich nicht um den Flugkörper, der mit Tornado und Eurofighter genutzt wird.
Die IRIS-T SL ist ein Flugkörper mittlerer Reichweite, der als Sekundärbewaffnung für das Programm MEADS, später TLVS vorgesehen war.
Aktuell wird in Deutschland die Beschaffung des Flugkörpersystems im Rahmen des Vorhabens Luftverteidigungssystem Nah- und Nächstbereichsschutz erwogen.
@Jürgen Gosse
„Niemand weiß ob wir in 6 Monaten in 1 Jahr in 5 Jahren diese Verteidigungskapazitäten vielleicht selber brauchen. Dies sollte man immer auch im Auge behalten.“
Je wirksamer die Ukraine sich verteidigt, umso weniger wahrscheinlich wird, daß wir irgendeine Verteidigungskapazität selber brauchen. Das sollte man immer im Auge behalten.
Oder Frankreich.
Oder Spanien.
Antizipierend, daß Russland bereits derartig viel modernes Großgerät und trainiertes Personal verloren hat, daß Westeuropa nicht mehr ernsthaft gefährdet werden kann, schlug ein spanischer Stabsoffizier kürzlich in einem Gespräch modellhaft vor: Frankreich verleiht seine Artillerie. Und zwar die gesamte. Und Spanien verleiht seine Kampfpanzer. Und zwar alle. Oder umgekehrt.
Das wäre wirksam und wäre relativ schnell machbar.
@ Wait&C
Zitat1: „Ukraine als Testfeld für westliche Waffen…“
Das sehe ich nicht. Nach wie vor rollen weder Abrams noch Leo 2 Derivate durch die Ukraine. Angesichts des gelieferten Materials sieht es eher so aus, als wenn ein paar längst verrentete Generale wissen wollen, ob das Material, mit dem man vor 50 Jahren die „Russen“ aufhalten wollte, denn in der Lage gewesen wäre das auch zu tun. Stichworte: M113, Marder und Gepard. MARS ist auch nicht wirklich das neueste Artilleriesystem.
Zitat2:“Im Rahmen der Maßnahmen gegen Rußland geht es ja auch darum die russische Rüstungsindustrie und Waffentechnik zu deklassieren. Einsatzerprobte westliche Waffen die effizient russische Technik bekämpfen….“
Also „Einsatzerprobte westliche Waffen“ sind doch genau dass, worum die ukrainische Regierung so verzweifelt bettelt und es ist dass, was sie nicht bekommt. Jedenfalls nicht schnell genug und nicht in ausreichender Menge.
Zitat3:“Wer würde noch Kinschal oder T-90 kaufen wenn die wie am Fließband von IRIS und Javellin gestoppt werden?“
Die gleichen, die bisher auch T-72 und andere russische Waffensysteme gekauft haben. Nämlich jene Staaten, die sich westliche (häufig überzüchtete) Waffenysteme entweder nicht leisten können (zu teuer, zu wartungsauffwendig) oder nicht leisten wollen (politische Abhängigkeit) oder die keinen Zugang dazu haben, weil sie aus dem einen oder anderen Grund auf der „schwarzen Liste“ stehen. Zu jeder der drei Kategorien fallen Ihnen bestimmt mehrere Beispiele ein.
Mir erschließt sich vor allem der “kurzfristige” Nutzen im Abwehrkampf der UKR nicht.
Wer und wo soll die Ausbildung für die Bediener, vermutlich noch relativ einfach realisierbar, aber vor allem die Maintenance Ausbildung, eher eine längere Ausbildung, erfolgen? M.E. steht das System der UKR nicht schnell genug zur Verfügung, um nennenswerte Effekte gegen RUS erzielen zu können.
@WJ:
„Mir erschließt sich vor allem der “kurzfristige” Nutzen im Abwehrkampf der UKR nicht.“
Der kurzfristige Nutzen ist auf jeden Fall, dass ein klares Signal der Abschreckung an den russischen Aggressor gesendet wird: Nämlich dass er mittel- und langfristig mit effizienter Gegenwehr bei seinen Terror-Luftangriffen auf ukrainische Städte rechnen muss.
Man darf ja keinesfalls vergessen, dass Putin mehrfach schriftlich erläutert hat, dass sein Ziel die komplette Unterwerfung der Ukraine und dessen Einverleibung ins russische Imperium ist. Er wird seinen Krieg deshalb perspektivisch auch dann weiterführen, wenn er kurzfristig gegebenenfalls einen Waffenstillstand eingehen muss, weil er vielleicht erst einmal militärisch nicht weiter vorankommt. Den Waffenstillstand wird er zur Auffrischung der eigenen Kräfte nutzen wollen, um dann später erneut anzugreifen. Genau das wird ihm dann aber erheblich erschwert werden, wenn dann mittelfristig mehrere IRIS-T SLM Batterien in der Ukraine stehen und dortige Großstädte schützen.
Wenn man die aktuelle Fertigungkapazität bei Diehl betrachtet, könnten bis Ende 2023 die vier größten Städte der Ukraine durch IRIS-T SLM Batterien geschützt werden (also Kiew, Charkiw, Odessa, Dnipro). Ein weiteres Jahr später weitere 3-4 große Städte. Das wäre dann mittelfristig schon ein erheblicher strategischer Vorteil für die Ukraine, und ein entsprechender Nachteil für Russland. Denn es würden damit ja nicht nur die Zivilbevölkerung, sondern auch die Infrastruktur (zivil und militärisch) und Produktionskapazitäten geschützt (von zentraler Bedeutung, dass die ukrainische Wirtschaft weiter laufen kann).
Ich hatte es hier im Forum ja schon mehrfach erläutert: Bei der Hilfe für die Ukraine muss man nicht nur kurzfristige Hilfe leisten, sondern insbesondere auch mittel- und langfristige Hilfe. Auch aus unseren ganz eigenen legitimen Sicherheitsinteressen heraus: Russland hat die globale und europäische Friedens- und Sicherheitsordnung (UN-Charta, Helsinki und alle darauf aufbauenden Folgeabkommen) komplett aufgekündigt. Und bedroht damit direkt und unmittelbar unsere Sicherheit und Freiheit.