Dokumentation: Regierungserklärung des Kanzlers – Aussagen zur Bundeswehr

Bei seiner Regierungserklärung am (heutigen) Sonntag hat Bundeskanzler Olaf Scholz weit reichende Schritte zur finanziellen Ausstattung der Bundeswehr angekündigt, unter anderem ein Sondervermögen von 100 Milliarden Euro. Zur Dokumentation die Aussage dazu aus Scholz‘ Rede vor dem Bundestag:

(Hier zunächst dokumentiert nach dem Redemanuskript, an das sich der Kanzler aber durchgängig gehalten hat. Das stenographische Protokoll der gesamten Rede hier)

Meine Damen und Herren,
die dritte große Herausforderung liegt darin zu verhindern, dass Putins Krieg auf andere Länder in Europa übergreift.

Das bedeutet: Ohne Wenn und Aber stehen wir zu unserer Beistandspflicht in der NATO.
Das habe ich auch unseren Alliierten in Mittel- und Osteuropa gesagt, die sich um ihre Sicherheit sorgen.

Präsident Putin sollte unsere Entschlossenheit nicht unterschätzen, gemeinsam mit unseren Alliierten jeden Quadratmeter des Bündnisgebiets zu verteidigen!

Wir meinen das sehr ernst. Mit der Aufnahme eines Landes in die NATO ist unser Wille als Bündnispartner verbunden, dieses Land zu verteidigen. Und zwar so wie uns selbst!

Die Bundeswehr hat ihre Unterstützung für die östlichen Bündnispartner bereits ausgeweitet – und wird dies weiter tun.

Für dieses wichtige Signal danke ich der Bundesverteidigungsministerin!

• In Litauen, wo wir den Einsatzverband der NATO führen, haben wir unsere Truppe aufgestockt.

• Unseren Einsatz beim Air Policing in Rumänien haben wir verlängert und ausgeweitet.

• Wir wollen uns am Aufbau einer neuen NATO-Einheit in der Slowakei beteiligen.

• Unsere Marine hilft mit zusätzlichen Schiffen bei der Sicherung von Nord- und Ostsee und im Mittelmeer.

• Und wir sind bereit, uns mit Luftabwehrraketen auch an der Verteidigung des Luftraums unserer Alliierten in Osteuropa zu beteiligen.

Unsere Soldatinnen und Soldaten hatten in den vergangenen Tagen oft nur wenig Zeit, sich auf diese Einsätze vorzubereiten.
Ich sage ihnen, und sicher auch im Namen von uns allen: „Danke“!

Danke und für Ihren wichtigen Dienst – gerade in diesen Tagen!

Angesichts der Zeitenwende, die Putins Aggression bedeutet, lautet unser Maßstab: Was für die Sicherung des Friedens in Europa gebraucht wird, das wird getan.

Deutschland wird dazu seinen solidarischen Beitrag leisten.
Das heute klar und unmissverständlich festzuhalten reicht aber nicht aus. Denn dafür braucht die Bundeswehr neue, starke Fähigkeiten.

Und das ist mein viertes Anliegen, meine Damen und Herren.

Wer Putins historisierende Abhandlungen liest, wer seine öffentliche Kriegserklärung an die Ukraine im Fernsehen gesehen hat, oder wer – wie ich – kürzlich persönlich mit ihm gesprochen hat, der kann keinen Zweifel mehr haben: Putin will ein russisches Imperium errichten.

Er will die Verhältnisse in Europa nach seinen Vorstellungen grundlegend neu ordnen. Und dabei schreckt er nicht zurück vor militärischer Gewalt.

Das sehen wir heute in der Ukraine.

Wir müssen uns daher fragen: Welche Fähigkeiten besitzt Putins Russland?
Und welche Fähigkeiten brauchen wir, um dieser Bedrohung zu begegnen – heute und in der Zukunft?

Klar ist: Wir werden deutlich mehr investieren müssen in die Sicherheit unseres Landes. Um auf diese Weise unsere Freiheit und unsere Demokratie zu schützen.

Das ist eine nationale Kraftanstrengung.

Das Ziel ist eine leistungsfähige, hochmoderne, fortschrittliche Bundeswehr, die uns zuverlässig schützt.

Ich habe bei der Münchner Sicherheitskonferenz vor einer Woche gesagt: Wir brauchen Flugzeuge, die fliegen, Schiffe, die in See stechen und Soldatinnen und Soldaten, die für ihre Einsätze optimal ausgerüstet sind.

Darum geht es.

Und das ist ja wohl erreichbar für ein Land unserer Größe und unserer Bedeutung in Europa.

Aber machen wir uns nichts vor: Bessere Ausrüstung, modernes Einsatzgerät, mehr Personal – das kostet viel Geld.

Wir werden dafür ein Sondervermögen „Bundeswehr“ einrichten. Und ich bin Bundesfinanzminister Lindner sehr dankbar für seine Unterstützung dabei!

Der Bundeshaushalt 2022 wird dieses Sondervermögen einmalig mit 100 Milliarden Euro ausstatten. Die Mittel werden wir für notwendige Investitionen und Rüstungsvorhaben nutzen.

Wir werden von nun an – Jahr für Jahr – mehr als zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts in unsere Verteidigung investieren.

Und ich richte mich hier an alle Fraktionen des Deutschen Bundestags: Lassen Sie uns das Sondervermögen im Grundgesetz absichern!

Eines will ich hinzufügen: Wir streben dieses Ziel nicht nur an, weil wir bei unseren Freunden und Alliierten im Wort stehen, unsere Verteidigungsausgaben bis 2024 auf zwei Prozent unserer Wirtschaftsleistung zu steigern.

Wir tun dies auch für uns, für unsere eigene Sicherheit.

Wohl wissend, dass sich nicht alle Bedrohungen der Zukunft mit den Mitteln der Bundeswehr einhegen lassen.

• Deshalb brauchen wir eine starke Entwicklungszusammenarbeit.

• Deshalb werden wir unsere Resilienz stärken – technisch und gesellschaftlich – zum Beispiel gegen Cyberangriffe und Desinformationskampagnen; gegen Angriffe auf unsere kritische Infrastruktur und Kommunikationswege.

Und wir werden technologisch auf der Höhe der Zeit bleiben.

• Darum ist es mir zum Beispiel so wichtig, dass wir die nächste Generation von Kampfflugzeugen und Panzern gemeinsam mit europäischen Partnern – und insbesondere mit Frankreich – hier in Europa bauen. Diese Projekte haben oberste Priorität für uns.
Bis die Flugzeuge einsatzbereit sind, werden wir den Eurofighter gemeinsam weiterentwickeln.

• Gut ist auch, dass die Verträge zur „Eurodrohne“ in dieser Woche endlich unterzeichnet werden konnten.
Auch die Anschaffung der bewaffneten Heron-Drohne aus Israel treiben wir voran.

• Und für die Nukleare Teilhabe werden wir rechtzeitig einen modernen Ersatz für die veralteten Tornado-Jets beschaffen.
Der Eurofighter soll zur electronic warfare befähigt werden.
Das Kampfflugzeug F-35 kommt als Trägerflugzeug in Betracht.

(Die Diskussion dazu bitte nicht in diesem Thread, sondern im passenden Eintrag dazu hier
https://augengeradeaus.net/2022/02/neuer-kurs-auch-in-der-verteidigungspolitik-100-mrd-sondervermoegen-bundeswehr-2-prozent-ziel-wird-erreicht/ )