Ukraine/Russland/NATO: Nicht so schöne Töne in der Allianz
Es sind vielleicht Randgeschichten – aber während ein russischer Truppenaufmarsch nahe der Ukraine und vor allem die weitgehenden Forderungen Russlands an die USA und die NATO Anlass zur Besorgnis geben, können die Bündnisstaaten der westlichen Allianz nicht von internen Auseinandersetzungen lassen, zur Besorgnis einiger östlicher Mitglieder. Ein Überblick:
• In der vergangenen Woche fiel auf, dass Großbritannien seine Waffenlieferungen an die Ukraine sorgfältig um den deutschen Luftraum herum flog und den längeren Weg über Dänemark wählte. Sowohl Berlin als auch London erklärten dann eilig, es sei keineswegs so gewesen, dass Deutschland die dafür nötige Genehmigung versagt hätte – und dass Großbritannien die auch erst gar nicht beantragt hatte.
Vor dem Foreign Affairs Committee des britischen Unterhauses erklärte Verteidigungsminister Ben Wallace am (heutigen) Dienstag auch, warum. Kurzgefasst: nach britischer Einschätzung hätte die Genehmigung aus Berlin ohnehin zwei Wochen gedauert, und die Deutschen seien ja bekanntermaßen gegen diese Waffenlieferungen. Da wäre es sinnlos gewesen, danach zu fragen. Deshalb sei der Weg gewählt worden, der – bürokratisch, nicht geografisch – am schnellsten schien.
Die Aussage von Wallace zum Nachhören (die ganze Sitzung hier im britischen Parlamentsfernsehen):
Das kann er dann ja auch bei seinem Besuch in Berlin am (morgigen) Mittwoch mit der deutschen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht besprechen.
• Der kroatische Präsident Zoran Milanovic hat – beim Besuch des Jubiläums einer Schokoladenfabrik – angekündigt, dass Kroatien im Fall von Spannungen zwischen der NATO und Russland seine Soldaten aus dem Bündnis abziehen werde. Welche tatsächliche Bedeutung das hat, ist ein bisschen unklar. Aber es klingt nicht nach geschlossener Haltung in der Allianz.
Die Aussagen von Milanovic sind – wenig überraschend – in einer englischen Version bei der russischen Agentur TASS nachzulesen; wer das Original versteht, findet hier ein Transkript seiner Aussagen und das Video hier.
• Am beunruhigendsten allerdings ist ein gemeinsamer Brief der Ausschüsse für Auswärtiges und Verteidigung aus den drei östlichen NATO-Mitgliedsstaaten Polen, Estland, Lettland und Litauen an ihre Kollegen in den Parlamenten der anderen Bündnispartner – und an NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg. Darin warnen die Parlamentarier der vier Länder dringend davor, ihre Sicherheit für eine Entspannungspolitik gegenüber Russland zu opfern.
Aus dem Schreiben, datiert vom 21. Januar:
On behalf of the Committees on National Security and Defence and the Committees on Foreign Affairs of the Parliaments of the Republic of Estonia, the Republic of Latvia, the Republic of Lithuania, and the Republic of Poland, let us express our concern over the severe security threats faced by all NATO member countries in light of the recent meeting of the NATO-Russia Council.
Over the years, Russia has used military aggression against its neighbours, violated international law and spread instability in Eastern Europe and beyond. Then, in December 2021, Russia put forward a set of proposals for “legally binding security guarantees” that the Kremlin was seeking from the West, written in a language that borders on the ultimatum. The demand for the contentious security guarantees followed soon after Western governments alerted the public that Russia had massed over 100,000 troops on its side of the border with Ukraine, a move that could signal an imminent invasion of Ukraine. (…)
We are very much concerned about linking the goals of strengthening Eastern Europe’s security and defence with possible Russia’s invasion into Ukraine. We cannot trade our deterrence and collective defence with Russia, including restrictions on NATO exercises in our region or Allied presence. We must continue NATO deterrence and defence adaptation based on the need to fully implement the Warsaw Summit decisions and subsequent agreements on NATO readiness and rapid reinforcement.
Russia has no right to restrict NATO collective defence and deterrence posture and planning. The current situation is asymmetric and cannot be taken as a baseline for any possible debate on any possible reductions, limitations or unilateral restraints from the NATO side. Over the few years, Russia has significantly modernised and increased the entire range of its capabilities multiple times, improved the readiness of its troops, and developed A2/AD systems. The Alliance is still in a phase of development of its deterrence and defence posture. Therefore, any limitations on NATO posture would only legitimise Russia’s regional military dominance and undermine NATO as a collective defence alliance. (…)
Given the principles mentioned earlier, we must reject Russia’s attempts to undermine European security in the strongest possible way. The division of spheres of influence, the restrictions on national sovereignty, and self-determination are harmful to European and Transatlantic security.
Das Schreiben schließt mit dem Aufruf an alle anderen NATO-Staaten, im Sinne der Einheit der Allianz diese Position zu unterstützen.
(Fürs Archiv der Brief hier:
20220121_Balten_PL_Brief_NATO)
(Archivbild März 2021: British Army anti-tank platoons fire their NLAW fire-and-forget anti-missile system during a mass fire exercise, Salisbury Plain Training Area in Wiltshire – Corporal Rob Kane/Crown copyright 2021/MOD News Licence)
@ Denethor; 28.01.2022 um 17:03 Uhr
„Das Ziel ist halt ein kleinhalten der EU. …“
Da widerspreche ich Ihnen, dass uns hier die große Gefahr aus den USA droht. Die USA sehen in der EU ind er überwiegenden politischen Mehrheit in Washington eher eine Stärkung der eigenen Position und haben auch z.B. vor den negativen Konsequenzen des Brexit gewarnt. Die USA nehmen die EU als Gesprächspartner wahr. Es gibt Konflikte in den Interessen der EU und den USA (siehe die Wirtschaft), und es kann in Zukunft noch stärkere Risse zwischen der EU und den USA geben (wenn die EU hoffentlich wirklich zusammenwächst oder je nach Ausgang der nächsten Wahlen in den USA). Trotzdem sind die USA uns (EU) freundlicher zugewandt als Russland uns (d.h. der EU, nicht Klein-Deutschland).
Aktuell redet Russland nur mit den USA, und nimmt die EU nicht wirklich wahr.
Einer der Auslöser des Ukrainekonflikt war ja auch das Assoziierungsabkommen Ukraine – EU.
Russland schaut nach links, und sieht China. Hier ist der Wettbewerb für Russland absehbar verloren.
Rechts ist die EU, die wirtschaftlich eine große Bedrohung der „Unabhängigkeit“ Russland und seiner gewünschten Weltstellung darstellt. Aber in der EU sind Brüche sichtbar, die Russland ausnutzt, um die EU kleinzuhalten, inklusive des Einfluss der USA. Man verstärkt die Beziehungen zu einzelnen EU-Staaten, und lässt Brüssel links liegen dabei.
Ich habe ja nicht gesagt, dass Russland ein besserer Partner als die USA wäre.
Aber das Ziel der USA ist über die letzten Jahrzehnte schon klar. (Beispiel Leitwährung Euro oder Dollar – siehe Irak – unter Hussein Euro, danach wieder US-Dollar)
Und natürlich geht es am Ende immer um die Wirtschaft, denn die ist in fast allen Ländern die Treibkraft.
Ein Volk im Wohlstand (oder mehr Wohlstand als Vergleichsländer) ist glücklich und zufrieden. Siehe Saudi-Arabien oder Emirate. Ja, dort sind auch viele Gastarbeiter unzufrieden mit dem Druck auf sie und den Bedingungen, aber trotzdem kommen sehr viele aus Asien in das Land, einfach weil es ihnen in ihrem Heimatland noch schlechter geht.
Die USA wollen die EU kleinhalten, aber natürlich auch nicht, dass die EU sich zu einem anderen Partner hinwendet.
Nur muss einem dieses „kleinhalten“ wirklich mal bewusst werden, denn dann sind einige Äußerungen und Maßnahmen im anderen Licht zu betrachten (beispielsweise Erdgas aus Russland und Frackinggas) – Die USA importieren zum Beispiel eine Menge Erdöl aus Russland, mehr als aus Saudi-Arabien. Wir sollen aber kein Erdgas aus Russland beziehen.
Damit verdient Russland weniger Geld, die USA mehr Geld und Deutschland zahlt ein wenig mehr Geld (weil Frackinggas bisschen teurer ist, als russisches Erdgas) und ist damit nicht so wettbewerbsfähig (höheren Kosten) wie mit russischem Gas.
Klassisches Ausspielen von Parteien.
Ölimporte
https://www.eia.gov/dnav/pet/pet_move_impcus_a2_nus_ep00_im0_mbbl_a.htm