Lambrecht ordnet grundlegende Bestandsaufnahme der Bundeswehr an – Strukturplanungen der Vorgängerin gestoppt
Alles auf Anfang: Die mit der Ampelkoalition im Dezember vergangenen Jahres neu ins Amt gekommene Verteidigungsministerin Christine Lambrecht hat eine grundlegende Bestandsaufnahme von Bundeswehrstruktur und Einsatzbereitschaft bis zum Juni angeordnet. Zugleich stoppte die Amtsspitze die von ihrer Vorgängerin Annegret Kramp-Karrenbauer eingeleiteten Umstrukturierungen der Streitkräfte.
Im Koalitionsvertrag hatten SPD, Grüne und FDP vereinbart: Die Strukturen der Bundeswehr müssen effektiver und effizienter gestaltet werden mit dem Ziel die Einsatzbereitschaft zu erhöhen. Dazu unterziehen wir Personal, Material und Finanzen einer kritischen Bestandsaufnahme. Darauf bezog sich die neue Staatssekretärin Margarethe Sudhof, die mit Lambrecht ins Ministerium gekommen war, in einem Rundschreiben an Streitkräfte und Behörden der Bundeswehr am (heutigen) Donnerstag.
Nach Sudhofs Anweisung sollen unter Federführung des Stabs Organisation und Revision die Einzelheiten für eine Bestandsaufnahme zusammengetragen werden. Beteiligt werden die Abteilungen Personal für die personelle Einsatzbereitschaft und Führung Streitkräfte für die materielle Einsatzbereitschaft sowie die Haushaltsabteilung. Das Ergebnis der Bestandsaufnahme einschließlich eines Vorschlages zum weiteren Vorgehen ist bis Ende Mai 2022 vorzulegen.
Ausdrücklich nicht weiter verfolgt werden nach Vorgabe der Staatssekretärin die Planungen für Strukturveränderungen, die die vorherige Verteidigungsministerin eingeleitet hatte. Kramp-Karrenbauer hatte im Mai vergangenen Jahres ein Eckpunktepapier für die Bundeswehr der Zukunft vorgelegt, nach denen die Streitkräfte mit einem Umbau der Führungsstruktur vorrangig auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausgerichtet werden sollten. Dafür sollte sich die Truppe künftig an den Einsatzdimensionen Land, Luft/Weltraum, See und Cyberraum orientieren; die Organisationsbereiche Streitkräftebasis und Zentraler Sanitätsdienst sollten aufgelöst werden und in den anderen Teilstreitkräften aufgehen.
Das Eckpunktepapier scheint inzwischen von der Webseite des Ministeriums gelöscht worden zu sein (wenn es auch in Berichten zur Bundeswehrtagung 2021 erwähnt wird; außerdem gibt es hier eine Sicherungskopie). Sudhoff machte in ihrem Rundschreiben deutlich, dass die darin enthaltenen Überlegungen bis auf Weiteres nicht verfolgt würden:
Während der Bestandsaufnahme sind Veränderungen der Grobstruktur der Bundeswehr ausgesetzt. Entscheidungen zu den in den „Eckpunkten für die Bundeswehr der Zukunft“ postulierten Strukturveränderungen – wie Auflösung von Organisationsbereichen und Neueinrichtung/Verlagerung von Dienststellen – sind nicht getroffen. Im Rahmen der Bestandsaufnahme sind „Leitrationale“ zu entwickeln, an denen Optionen für mögliche strukturelle Veränderungen ergebnisoffen zu bewerten sind.
Auffällig ist bei dieser neuen Bestandsaufnahme, dass zwei für die Strukturen der Bundeswehr zentrale Abteilungen nicht genannt werden: Sowohl die Abteilung Ausrüstung, die dem zweiten beamteten Staatssekretär Benedikt Zimmer unterstellt und für die Rüstungsbeschaffung zuständig ist, als auch die Planungsabbteilung werden nicht erwähnt. Ebenso, und das ist erst recht auffällig, spielt Generalinspekteur Eberhard Zorn, der im vergangenen Jahr gemeinsam mit der damaligen Ministerin die Strukturüberlegungen vorgelegt hatte, in dieser Bestandsaufnahme keine besondere Rolle.
(Foto: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht spricht mit Generalleutnant Martin Schelleis, Inspekteur der Streitkräftebasis, und Kommandeurin Oberstleutnant Anja Buresch-Hamann während des ersten Truppenbesuchs beim Logistikbataillon 172 in Beelitz am 14.12.2021 – Maximilian Schulz/Bundeswehr)
@Hans Dampf
Klar muss jemand die Arbeit am Ende machen – aber die Bundeswehr organisiert sich so ineffizient, dass jeder Auftrag erstmal 15 Hände durchläuft bis er beim „Macher“ ist und wieder 20 Hände beim Weg zurück mit dem Ergebnis.
Eine kleine Übersicht:
Der Anteil der taktischen Ebene – also vom Trupp bis zur Korpsebene – inkl all ihrer organischen Verwaltung und Bürokratie macht gerade einmal so ca. 120.000 – 130.000 Soldaten aus. Inkl aller taktischen und operativen Führungseinrichtungen (EFK, WRK, ZLO, FltKdo etc.) und taktischen (internationalen) Führungsstäben. Der Rest (ca. 60.000) verschwindet in Schulen, Kommandobehörden, Ämtern, sonstigen Dienststellen etc. – Ergo um 120.000 Soldaten für den Einsatz abzubilden braucht die Bundeswehr derzeit 60.000 Soldaten in administrativen Tätigkeiten und 70.000 Zivilisten. Alleine die militärische Ämterebene frisst mehr als 15.000 Dienstposten. Vom strukturellen Offenbarungseid BAAINBw (fast 7000 Mitarbeiter) ganz zu schweigen. Ein Planungsamt, dass den Namen nicht verdient hat, auch weil man ihm die Funktion der Kontrolle entzogen hat. Und in einem ist die Bundeswehr Meister: Irgendwelche Dinge tun die nicht zum eigentlichen Auftrag gem. GG gehören. Geschichtsforschung, medizinische Forschung, zivile wissenschaftlche Bildung, politische Bildung, Strukturdopplung zu zivilen Behörden wo es nur geht (Umweltschutz, Arbeitsschutz, medizinische Versorgung, Infrastruktur, usw.), Wehrtechnische Forschung (die in großen Teilen aber nicht mehr forscht sondern eher prüft), ein bisschen Militärpolitik hier – ein bisschen Küsten-, Gebirgs- und letztlich Grenzschutz dort. Alles irgendwie begründbar und für sich alles immer nur „Kinkerlitzchen“ – zusammen aber plötzlich deutlich fünfstellig.
Das ist alles schon auch irgendwie in Ordnung – wenn man sich das leisten kann. Das können (und konnten?) die Streitkräfte sich aber schlichtweg nicht. Trotzdem wird da mantramäßig daran festgehalten.
Das ist Organisationsversagen. Es braucht für jede Soldat*in auf dem Feld eine weitere Person in der Bundeswehr, die etwas anderes tut….
Und ja die „ineffizientesten“ Bereich waren eben die SKB und der ZSan. Der ZSan braucht zur Führung von nichtmal 20.000 Soldaten selbst über 1000 nur in den Kommandobehörden. Das inkludiert noch nicht die Verwaltungsabteilungen von z.B. den BWKhs oder die Stäbe der Verbände. Dazu kommen noch alle Einrichtungen die nicht einsatzfähig (im Sinne lassen sich weltweit auch projizieren) sind. In der Ratio „echte Truppe“ zu Stab/Ämterebene ist der ZSan ungeschlagen bei über 20% Anteil in Stäben mit administrativen Charakter.
Die SKB hat alleine 4.000 Soldaten in ihren Kommandobehörden und Ämtern. Bei 35.000 Gesamtstärke. (14%)
Im Vergleich dienen im Heer auch fast 2.000 Soldaten in Ämtern und Kommandobehörden – jedoch bei 66.000 Gesamtstärke. (3%) Bei der Marine sind es nichtmal 500 bei fast 18.000 (1%). Und da finden ja schon alle die Brigadeebene (Flotille) eher nutzlos…
Das sind die Kennzahlen die erschreckend sind. Und da gibt es massiv Optimierungspotential und -bedarf!
Und diese harten Fakten – und harten Reformen – waren Teil des Eckpunktepapiers. Ich kann mich hier nur wiederholen – viele wissen wohl nicht (weil es auch nicht offiziell kommuniziert wurde – weil zu früh) wie schonungslos die Bw da in der Vorbereitung auf links gedreht wurde.
„Abteilung Halt“ hat auch Auswirkungen auf die Spezialkräfte.
Schreibt jedenfalls Soldat und Technik, die Aufstellung der Fernspähkompanie 1 verzögert sich.
Man könnte jetzt gehässig sein und sagen, wenigstens hat es die Lösung des ePa-Problems noch rechtzeitig ins Ziel geschafft ;-)
Die Beschäftigung mit Umweltschutz, Arbeitsschutz etc. ist grundsätzlich sinnvoll für die Streitkräfte, da sie so zum einen im Eigenvollzug arbeiten können, anstatt von lokalen Behörden kontrolliert zu werden, die sich mit militärischen Eigenheiten nicht auskennen und in vielen Bereichen ein Problem mit dem Geheimschutz haben könnten, und da es so zum anderen möglich ist, von zivilen Vorgaben abzuweichen, wo es zur Auftragserfüllung notwendig oder sinnvoll ist. Es wird nur viel zu selten getan. Sinnvolles Beispiel ist z.B. das Zulassungswesen für militärische Lfz. Zivil verstoßen fast alle mil. Lfz gegen Lärmschutzbestimmungen, es gibt zivil keine Schleudersitze, Störkörper, Abwurfwaffen etc.
Der hier vielbeschriebene Wasserkopf existiert nmB deshalb, weil wir in vielen Tätigkeiten in den Stäben und KdoBeh einfach unprofessionell aufgestellt sind, was die fachlichen Tätigkeitsskills der dort Beschäftigten angeht. Ein schönes Beispiel sind die Softwareskills. Beispiel SAP. Da fällt die Fachkenntnis ab A13 umgekehrt proportional zum Ansteigen drr Erfahrungsstufe der Besoldung. Dabei ist SAP das übergreifende Datentool und die übergreifende Datenauswertebasis für viele Prozesse in der Logistik oder Personal. Ich kenne aber kaum einen StOffz, der sich dort tiefergehende Kenntnisse aneignet. Meist sind schon der Umgang mit einfachen Leserechte eine Herausforderung.
Was passiert stattdessen? Man steckt bei Problemen ahnungslos hilfesuchend in der Gruppe die Köpfe zusammen, das Problem muss in einer Besprechung lang und breit thematisiert werden. Es werden Aufgabenfelder identifiziert, Termine koordiniert, an den Prozessen „herumgemodelt“. Aber auf den Problemkern kommt man selten, weil tiefergehende Kenntnisse von Zusammenhängen, Möglichkeiten und Unmöglichkeiten einer digitalisierten Armee mit integrativen Softwarelösungen nicht vorhanden sind. Stattdessen wird „digitalisiertes Papier“ erzeugt: pdf, ppt, xls, dokmbw usw. Dafür braucht es eben statt weniger Profis eben das dreifache an „digitalen Papiertigern A13+“.
Die Auswüchse sind enorm. Man digitalisiert an der Digitalisierung vorbei. Kurzfristig terminierte An- /Abfragen und Auswertungen aus BMVg, KdoBeh und Ämtern verstopfen die LoNo-Kanäle. Dabei hat man auf die Daten „da oben“ genauso Zugriff wie unten in der prozessualen Schlammzone. Da fehlt dann aber der Hauptfeldwebel bzw. das Fachwissen, wie und wo das „ausm System“ herauszuholen ist. Bzw. was der Kauderwelsch dann bedeutet.
Mein Eindruck ist: wenn der „Hauptfeldwebel“ gerade nicht greifbar ist, kann das zu Lähmungserscheinungen führen. Und der Herr HptFw soll sich bloss nicht den Hinweis auf die Leserechte oder eine Inhouseschulung, oder irgendwas, was in Richtung Erwerb von Expertenwissen geht erlauben.
Dabei geht es auch anders. In der zivilen Komponente bin ich auf der A13+ Ebene noch nie von einem RR oder ORR in solchen tiefergehenden fachlichen Fragen mit einem Achselzucken und Verweis auf den Experten im mittleren oder gehobenen Dienst abgefrühstückt worden (ähnlich ist es bei der Marine).
Was den militärischen Wasserkopf angeht, ist das also auch eine Frage der fachlichen Professionalisierung von großen Teilen der Ebene A13+.
@sputo.di.rospo
SASPF und viele andere Werkzeuge gehen oft am Kern der Tätigkeit vorbei. Die Aufgabenfülle und -vielfalt erlaubt es vielen Führungskräften schlichtweg nicht sich in der Tiefe mit z.B. den vorhandenen Transaktionen zu beschäftigen. ES macht auch keinen Sinn eine Führungskraft in etwas zu schulen, dass er dann zweimal pro Jahr nutzt. Dazu ändert sich dann das Werkzeug auch noch regelmäßig. In einigen Bereichen sind wir zu spezialisiert und in anderen Bereichen sollen Alle Alles können. Da fängt es schon an. Dazu sinnlose Abfragen von Ämtern die an deren Aufgaben vorbei gehen und andere belasten. Wenn man seinen eigenen Auftrag schon nicht beherrscht, so kann man sich doch wenigsten bei Anderen neunmalklug einmischen. In der Führungsorganisation gibt es zu viel Dopplungen, sowohl in Kommandos als auch Ämtern. Dazu auch noch zu viele die Mitreden wollen.
Wenn man das löst hat man auch genug Ressourcen für die vielen von @Jas vorgebrachten Aufgaben die im Detail doch wichtiger sind als sie erscheinen.
@sputo.di.rospo
Erfrischend, wie hier viele die Chance ergreifen, endlich mal gegen die „unfähigen“ Offz/StOffz austeilen zu dürfen…
Bin ich schonmal von weiter „oben“ bzgl der Verfügbarkeit irgendwelchen Materials abgefragt worden? Bestimmt! Hab ich das dann auch per LoNo (für die militärisch unbedarften =“email“) nach „unten“ weitergeleitet? Wahrscheinlich! Andererseits sind mir vom FGG 4 auch schon SAP-Auszüge vor die Nase gehalten worden, die mit der Realität nicht viel zu tun hatten. Also insofern vielleicht auch wieder gar nicht schlecht so ein „Reality check“….
Wenn ein wie auch immer geartetes System eine gewisse Komplexität inne hat, dann kann eben auch nicht jeder Experte dafür sein. Man eignet sich schon reichtlich Wissen autodidaktisch an…ich hab jedenfalls keinen Lehrgang in MS Office (um mal ein vergleichsweise banales Beispiel zu nennen) gehabt und .ppt zu erstellen ist kein privates Hobby von mir ;-)
SAP oder auch IMEX(?)…das sind halt auch alles so super „intuitive“ Tools. (sarc off)
Manchmal heisst „Wissen“ einfach zu wissen, wo es steht. Und manchmal reicht auch schon zu wissen, dass es überhaupt irgendwo steht! Und wenn es dann heisst: „Herr HptFw, können sie bitte mal….“ (oder beim HEER halt in der Befehlsform) …. Wo ist das Problem?
[Sorry für das Abdriften ins OT]
Ruck Zuck sind wir wieder bei SASPF und ähnlich vergleichbaren, komplexen Zusammenhängen. Richtig ist das ja ganz sicher. Da kann man nich schon mal verhaken. Komplexität, Unverständnis, Fehler…
Doch worum geht es bei der Bestandaufnahme?
Bestandsaufnahme: Informationen sammeln und systematisch aufbereiten. Eine strukturierte Übersicht muss dann diese Sachinformationen und das Wissen vor Ort aus unterschiedlichen Quellen erfassen und zu einer Bestandsaufnahme zusammenführen. Dazu werden datenbasierte Fakten, Kenntnisse über alle OrgBer, Behörden, Ämter Institutionen, Akteur*innen und Netzwerke sowie das Erfahrungswissen der Fachkräfte zu Bedarfen und Bedürfnissen unserer Soldat*innen, der Bundeswehr ‚gesammelt‘. Anschließend werden diese Informationen fachübergreifend
zusammengeführt, beraten, um konkrete Ziele, Handlungsempfehlungen und Maßnahmen abzuleiten. Das ist nicht alles, klar, nur ein kurzer Abriß.
Bestandsanalyse:Aus Informationen Schlussfolgerungen ziehen und Strategien entwickeln
Bestandsaufnahme und Bestandsanalyse, das reicht also vom Stand der Strategieentwicklung bis zur Strukturbildung. Was soll die Bundeswehr, was kann sie, was kann sie nicht, warum nicht. Halt ein SOLL – IST Vergleich für die neue politische Leitung. Das Leistungsprofil (dabei aber nicht nur Fähigkeitsprofil) der BW legt z.B. fest, innerhalb welcher Zeit und mit welcher Truppenstärke diese Leistungen zu erbringen sind. Da sollte man doch einfach mal kritisch hinschauen. Also- gerade in Sachen Verteidigungsfähigkeit und Effizienz hapert es gewaltig. Und auch als Arbeitgeber hat die Bundeswehr ganz aktuell erneut an Attraktivität verloren. Etc. etc.
Man kann es auch so formulieren:
Erfüllt die Bundeswehr gerade ihren verfassungsmäßigen Auftrag? Wer trägt konkret Verantwortung für Fehler und Fehlentwicklungen der Vergangenheit? Wer übernimmt diese?
Fehlendes Rückgrat in hohen und höchsten Führungsebenen, schädliches Mikromanagemen, warum immer noch verschleiert, gar vertuscht? Gab und gibt es verdecktes oder gar bekanntes negatives Führungsverhalten? Mal als Beispiel: Führung aus Sicht der Geführten (!) verstehen: Denn wem nicht aufrichtig gefolgt wird, der führt nicht. Um es anders zu sagen, wie wirkt sich das , was da im BMVg oder an den Spitzen der OrgBer gerade abläuft auf die Moral eines Soldaten/einer Soldatin aus, der/die in Mali im Lager sitzt und morgen auf Patrouille muss?
Bei ‚warum‘ besser ‚warum nicht‘ herrscht, außer in diesem Blog, eine erstaunliche Zurückhaltung, oft ist es schlicht auch Feigheit, die Dinge beim Namen zu nennen. Erstaunlich auch, dass oft die, welche die ‚Karre an die Wand fuhren‘, nun wieder im Analyseteam sitzen und offenbar zu den lautesten Kritikern zählen.
Sicher ist SASPF ein Baustein!
Doch wie kommen wir aus der Falle des Schönredens, des Ab- und Wegduckens raus?
Interessant ist es, den Grund für die Entscheidung der Ministerin zu erfahren. Die Arbeit, die in das Eckpunktepapier reingesteckt wurde, dürfte wahrscheinlich umsonst gewesen sein. Jetzt wird wieder neu geplant. Das dauert und dann kommt eine neue Regierung und das Ganze geht von vorne los. Sollte es so sein, was ich nicht hoffe, kommen wir nicht weiter. Die Motivation der Soldaten dürfte durch Diskontinuitäten nicht gefördert werden. Es reicht nicht Besseres zu wollen, man muß es auch durchsetzen. Das setzt Entscheidungen voraus. Immer wieder von vorne anzufangen, hilft nicht. Es sei denn, es liegt ein guter Grund vor. Nichthandeln ist auch ein Tun, das Fakten schafft.
Christian Bühring:01.02.2022 um 16:11 Uhr
Stimmt!
Prozess versus Ergebnis? Diese Frage stellt man sich oft im nachgeordeneten Bereich.
Trotz guter Ansätze von Gen Zorn, nun alles eingestampft.
Was nun wieder Prozess!
Als wir mal Ergebnisse hatten, 2010/2011 war es ein Tiefschlag von dem sich die BW bis heute nicht erholte.
Ich teile die hier vetretenen Ansichten, dass man nicht wieder im Prozess verhalten sollte, es ist genug Analyse verfügbar. 3 Jahre volle Last, für Planer/Org/HH/….
Doch Fehlentwicklungen müssen klar mit Verantwortung verbunden werden. Wasserköpfe, mangelnde Einsber, KriegsUNtüchtigkeit, bis hin zur hier bereits angesprochenen Verschwendung.
Wahrscheinlich nicht fair, mir sind die bunten Bilder der Antrittsbesuche ein wenig zu bunt. Ich verstehe, das ist für die Medien. Aber Bilder und Worte hatten wir reichlich.
Wird auch Klartext gesprochen? Gerade bei BAAIN/ZSAN/SKB und den noch folgenden Besuchen. Ich denke da besonders an das Heer. Kriegstüchtigkeit und andere Schlagwörter vs Verantwortung!
@Christian Bühring 16:11: Genau. Auf den Grund (genauer: die tatsächliche Zielsetzung) kommt es an. „Wes Geistes Kind“ ist die neuerliche Bestandsaufnahme?
Wenn ich nichts übersehen habe, konnte dazu hier noch niemand eine mit Quelle belegte Aussage machen (könnte natürlich auch VS-eingestuft sein).
Wenn die neuerliche Aktivität tatsächlich ergebnisoffen ist, könnte es zumindest sinngemäß auch wieder auf das Eckpunktepapier hinauslaufen.
Weiteres Mutmaßen m.E. erst angebracht, wenn nähere Fakten kommen.
Nach langer Zeit der Zurückhaltung…
Ist es eine Überraschung, dass die neue IBUK eine Sachstandsfeststellung macht??? NEIN!!! Denn nach 16 Jahren Verantwortung – inkl. einer strategisch völlig fehlgeleiteten Reform – einer Volkspartei muss mal genau hingeschaut werden.
Die Probleme der FüOrg sind nur ein Teil. In der Logistik merken wir die Probleme, wenn Prozesse völlig sinnbefreit bearbeitet werden. Das ein oder andere RüProj (und ich meine jetzt mal NICHT FCAS) leidet unter unklaren Zielen und Prozessen/Verantwortlichkeiten.
Der Fisch fängt vom Kopf an zu stinken – und da wird jetzt in die größten Problemfelder hineingeschaut. Ich vermute, dass Frau Lambrecht klar ist, dass nicht alles zum Besseren verändert werden kann – also schaut Sie sich die aus ihrer Sicht größten Baustellen an – gut so, denn EPP hatte einige massive Fehler, die uns wieder Jahre zurück geworfen hätten (Systemhaus – Zitat eines B3 – So viel uninspirierte Scheiße hab ich schon lange nicht mehr gesehen!)
Also schauen – wo brennts am schlimmsten und wie können wir das schnell lösen – und ja – der Ganzkörperspiegel, Kühlschrank und Fernseher ist an der LogSBw Gold wert – also nicht alles verteufeln.
Ich persönlich bin auf die weiteren Produkte im Bereich Sicherheit der BReg gespannt, denn daraus leitet sich für die Bw der neue Desired End state ab – und vielleicht bekommen wir jetzt mal eine gescheite Strategie im Sinne von Ends, Ways, Means hin – denn FPBw war im Bereich Material leider zu gutgläubig in Bezug auf die Leistungsfähigkeit BAAINBw.
Und für dieses Amt mit den vielen guten Leuten die ich dort treffen konnte hoffe ich, dass endlich sinnbefreite und unnötige Prozessschritte entfernt werden, sodass diese ihr wahres Potential zeigen können!!!!! Denn die Menschen dort können was – nur das System verhindert es!!!!
So genug gemotzt – ab ans Schrauben zählen – 1, 2, 3 … fertig ;)
Die Presse nimmt heute verstärkt Meldungen auf, dass die Bundesverteidigungsministerin Christine Lambrecht auf eine Reform des oft kritisierten Beschaffungswesens der Bundeswehr ‚drängt‘!
Dies steht im Zusammenhang mit Gesprächen bei den sogenannten Antrittsbesuchen.
Mich verwundert, die immer wieder zu lesende Aussage, dass Frau Lambrecht betont, dass die ersten Schritte schon gemacht seien. Ob das der Besuch beim BAAIN war? Wie sind erste Schritte zu verstehen, wenn noch nicht einmal die Bestandsaufnahme begann? Denken wir positiv und bewerten die Absichtserklärungen als erste Schritte.
Doch Absichteserklärungen und Ankündigungen gab es schon zu hauf.
Wäre schon spannend zu hören, was man in ihrem Haus so sagt, warum es nicht läuft.
Auch der neue Militärische Vizepräsident des BAAIN, Herr General Puschmann, kann rasch Antworten zum bisherigen Versagen geben. Am 1. Oktober 2019 wurde Puschmann die Aufgabe des Projektleiters der Arbeitsgruppe zur Umsetzung der Ergebnisse der Untersuchung der Beschaffungs- und Nutzungsorganisation der Bundeswehr im BMVg übertragen. Wenn er es nicht weiß? Muß ja gut gelaufen sein, denn ihm persönlich wurde schon mit Förderung gedankt. Bestandsaufnahme braucht man wohl da nicht, den die o.g. Untersuchungsergebnisse sind doch verfügbar. Auch für die Öffentlichkeit? Oder auch geheim?
Kommt auch eine weitere Frage für die Bestandsaufnahme auf: Zauberwort Projektmanagement BMVg– Fluch oder Segen? Insider bezeichnen die störende Projektorganisation „UMSETZUNG der Ergebnisse der Untersuchung der Beschaffungs- und Nutzungsorganisation“ als ein wucherndes multilaterales Problem. Ob sie wohl recht haben oder hatten? Bald werden wir es wissen. Normalerweise würde ich keine Bibeltexte hier verwenden, doch passt es diesmal wie die Faust auf’s Auge!:
An ihren Taten sollt ihr sie erkennen! (1. Johannes 2,1-6)
leicht off-topic… aber bzgl kritischer Materiallage die auf schlechte Orga des Beschaffungswesens und Haushaltsmittel zurückzuführen ist…
CH53 der Luftwaffe musste heute wohl wieder eine Sicherheitslandung wegen technischer Probleme durchführen…
das zeigt mal wieder dass hier Ersatz in Form des STH mehr als dringend nötig ist.
Ich befürchte wir müssen hier erst noch einen Absturz erleben bevor der Ernst der Lage erkannt wird.
Die Probleme hierfür sind aber NUR hausgemacht…
1) zu wenig finanzielle Mittel
2) zu viel Umorganisation (Helis vom Heer zur Luftwaffe)
3) zu viel Strecken und schieben von dringendem Ersatz (wieso werden Hauptwaffensysteme nicht fix nach 30 Jahren abgelöst, sondern müssen >50 Jahre fliegen, schwimmen, fahren?? gerade bei fliegenden Systemen ist das ja sicherheitstechnisch mehr als bedenklich)
4) man weiß nicht was man will… obwohl eigentlich nur 2 Muster zur Auswahl stehen.
5) man bekommt keine saubere Ausschreibung hin obwohl sowas eigentlich das täglich Brot des Amtes sein sollte.
[Dringende Bitte, jetzt nicht in diesem eher generischen Thread zu Bw-Struktur etc. jedes einzelne Waffensystem und jede einzelne Baustelle detailliert durchzudeklinieren. T.W.]
@Logistiker
@dieandereMeinung
Naja die Erkenntnisse der Ministerin stimmen ja mit denen ihrer Vorgängerin überein. Das BAAINBw in seiner jetzigen Form ist ein historischer Fehler.
Jahrzentelang hat sich der betriebswirtschaftliche Grundsatz „Zentralisierung spart Ressourcen“ gegen den organisationspsychologischen „Zentralisierung schafft Distanz“ durchgesetzt. Das war ein Fehler. Das beten seit Jahren alle Inpsekteure und Teile des BAAINBw selbst.
Nicht jeder will nach Koblenz. Und schon garnicht für ein paar Jahre. Und mal eben ins BAAINBw und dann wieder auf die reelle Nutzerseite wechseln lässt die Bw oftmals nicht zu oder es ist sozial maximal unattraktiv. – unter modernen Gesichtspunkten der Personalentwicklung eben schwer zu verkaufen. Da schießt sich die Bw in der Realität selbst in den Fuß.
Das System schafft mangelnde Sachkenntnis auf der Ämter- und Entscheidungsebene. Dies kompensiert man mit verschränkteren aber deutlich langwierigeren Prozessen. Am Ende geht vieles langsamer, kostet mehr Geld und bindet mehr Personal ohne besser zu werden. Das ist die bittere Erkenntnis dieses Feldversuches.
Das Eckpunktepapier hatte hier schon den Lichtkegel am Horizont aufgezeigt – die Systemhäuser. Der Panzerrüster in den Diensten des BAAINBw – bzw. generell auf der Seite der Rüstung kann doch seinen Job auch locker aus dem Heeresstandort machen.
Plakativ: Man muss schon früh am Zwetschgenwasser naschen um gut zu finden, die Abteilung See einer Rüstungs- und Beschaffungsbehörde nicht an die Küste und in Mitten der Marine für die sie rüstet zu setzen sondern mit ein paar Beamten aus der Eiffel nach Koblenz. Das dann die richtigen Expertiseträger der Marine ihren Weg nicht niedrigschwellig nach Koblenz finden ist irgendwie auch klar.
Da sollten die Systemhäuser durchaus erstmal auch gedanklich die Möglichkeit bieten viele der Aufgaben wieder zum Nutzer zu holen. Oder gar den Bedarfsdecker zum Nutzer – örtlich wie emotional. Wenn ich seit 2 Jahren feststelle, dass die Projektleiter von zu Hause arbeiten können….
Daher kann ich ihren Ausführungen @Logistiker nicht folgen. Das EPP hatte viele wirklich viele gute und dringend notwendige Vorschläge. Und es war auch eben nur das ein Eckpunkte(!) Papier – keine Reform. Die eigentlichen Maßnahmen waren und sind ja in der Erarbeitung – und aus den Bereichen der TSK zumindest mit wenig maulen verbunden. Ein seltenes und gutes Zeichen eigentlich
Vielleicht sollte man sich die Bw-Struktur vor 2011 anschauen. Nach einhelliger Meinung hier im Forum war dies die letzte ( ! ) Struktur, mit der die Bw einigermaßen arbeitsfähig war.
Was hat sich seit 2012 geändert ? Was ist geblieben ? Wo liegen die Probleme ?
Für den Bereich Logistik kann man feststellen, dass die 100 % Abstützung auf die Industrie wohl ein Fehler war. Sowohl was die technisch logistische Betreuung, die Lagerhaltung, die Bewirtschaftung und Lagerung von Ersatzteilen für die verschiedenen Waffensysteme als auch die Instandsetzungskapazitäten der 2. logistischen Ebene anbelangt.
Als Eckpunkte mögen die Abschaffung des Marinearsenal in Kiel, die Privatisierung der Heeres-Instandsetzungslogistik, die Abschaffung der Lw-Systemwerften (bzw. Instandhaltungsgruppen), die Aufgabe eigener Lager für Ersatzteile, die Einführung von SASPF und die Nutzungsveranwortung im BAAINBw genannt sein.
Man muss sich immer bewusst sein, die Industrie als Partner der Bw fährt eine MiniMax-Strategie ! Mit geringsten Personal- und Kapitalaufwand den maximalen betriebswirtschaftlichen Gewinn aus dem Einzelplan 14 herauszuholen. Der Faktor „Effektivität der gestellten Aufgabe wie Instandsetzung von Wehrmaterial, Bevorratung von Ersatzteilen, geringe Durchlaufzeiten und ähnliches“ kommt bei der betreuenden Industrie als Zielsetzung nicht vor.
Wenn man dies als Grundaxiom akzeptiert, muss man einiges von der 2011er Reform zurückdrehen !
Ich hätte nie gedacht, dass ich das sagen werde, aber im Wettbewerb strategischer Ahnungslosigekeit, politischem Halbwissen, schwacher Kommunikation ist es nicht Baerbock, welche den Preis für die ‚unterirdischste‘ Antwort gewinnt (siehe neuer Faden zu ihr). Frau Lambrecht schlägt mit solchen Aussagen alle, sogar Baerbock, vom Inhalt, vom Auftreten, sie erzeugt bei mir Unbehagen. Hätte ich anfangs so nicht gedacht! Es könnte als meine Einzelmeinung gelten, meine persönlichen 2 cent, akzeptiert. Doch in meinem Umfeld wird das (die inhaltliche und mediale Schwäche der Ministerin) allzu häufig angesprochen. Wie schon erprobt – bei ihren Vorgänger*innen, gern hinter vorgehaltener Hand – um dann offiziell zu ‚jubeln‘ Das Gegenstück mnacher kritischen Stimmen sind die artigen Rückmeldungen der Inspekteure auf Twitter „Danke für Ihren Besuch Frau Ministerin!“ Ist wohl der neue Zeitgeist, statt Informationen halt Danksagungen (OT, ich weiß). Mit Blick auf die Großwetterlage und den dringenden Problemen, fällt das Auftreten von unseren Politikern an der Spitze nicht nur besonders in das Gewicht, sondern es hat sicher auch tiefergehende Folgen. „Sie ist nett“ – das ist dann doch zu wenig.
[Dieser Kommentar ist in einem Thread zu Mali, in dem die deutsche Verteidigungsministerin noch nicht mal mittelbar vorkommt, reichlich merkwürdig platziert. Ich verschiebe ihn in den Thread zur Bestandsaufnahme des Verteidigungsministerium, da passt er noch am ehesten hin, obwohl es inhaltlich außer Abneigung gegen die Ministerin nicht sehr viel sagt… T.W.]
Es ist schon lustig hier mitzulesen. Alles dreht sich um’s Kästchen (an)malen. In dieser Gedankenwelt scheinen die Diskutanten regelrecht gefangen zu sein. Damit ergibt sich aus meiner Sicht ein relativ klarer Hinweis warum die Dinge bei der BW nicht laufen:
Niemand stellt sich die Frage: „Was kann ich auf meiner Ebene und mit meinen Befugnissen tun, damit wir Ziel X erreichen?“
„Culture Eats Strategy For Breakfast“ und somit lohnt es sich stets mehr über die Menschen einer Organisation nachzudenken als über deren Struktur. Aber vielleicht brauchen die organisationswütigen Deutschen nochmal 10 Jahre um zu verinnerlichen was in anderen Ländern schlicht als gesunder Menschenverstand gilt?
P.S X zu kennen würde die Sache natürlich noch zusätzlich erleichtern ;-)
Die fortwährende ministerielle, auffallend kleinkarierte, von fehlendem Vetrauen geprägte Gängelung der aller, sogar der „mittleren und unteren Führungsebenen“ der BW führt mich zu Überlegungen was eigentlich ministeriell ist.
Auf einem Lehrgang in Mannheim habe ich dazu gelernt:
„Um ministerielle Aufgaben handelt es sich, wenn die Aufgaben inhaltlich davon geprägt sind, dass sie strategischer, politischer, Recht setzender/ normativer, konzeptioneller oder koordinierender Art sind. Typische ministerielle Aufgaben sind daher die Vorbereitung und Unterstützung der Gesetzgebung, der Erlass untergesetzlicher Normen, Fachaufsicht, konzeptionelle und grundsätzliche Führung des nachgeordneten Bereichs sowie Aufgaben im politischen Raum, insbesondere die Zusammenarbeit mit Regierung und Parlament, den Verwaltungen anderer Staaten, der EU und internationalen Organisationen.“
„Zu den nicht-ministeriellen Aufgaben gehören solche mit überwiegend operativem, Recht anwendendem und ausführendem Charakter, die routinemäßig erfüllt werden. Nicht-ministerielle Aufgaben sind den nachgeordneten Bereichen zuzuweisen.“
„Insbesondere bei der Fachaufsicht ist darauf zu achten, dass Ministerien grundsätzlich koordinierend, anleitend und normativ tätig werden. Das Ministerium sollte nur in Ausnahmefällen selbst operativ tätig werden.“
Das ist sicher bei der Bestandaufnahme verfügbar. Wie schon hier beschrieben SOLL -IST.
Vorschläge mit haushaltswirksamem Einsparpotenzial? Diese liegen sprichwörtlich vor der Hautür der Ministerin.