Hinweis zum Nach-Schauen: Die neue Verteidigungsministerin in der Bundestagsdebatte (Nachtrag: Transkript)
Aus privaten Gründen hier am heutigen Freitag nur wenig Aktivität, deshalb als Hinweis zum Nach-Sehen: Die Rede der neuen Verteidigungsministerin Christine Lambrecht in der Generaldebatte des Bundestages, in der sich ja alle Mitglieder der neuen Regierung dem Parlament stellten.
https://www.bundestag.de/mediathek?videoid=7533221#url=L21lZGlhdGhla292ZXJsYXk=&mod=mod536668
Nachtrag: Das Transkript von Lambrechts Rede aus dem Plenarprotokoll:
Christine Lambrecht, Bundesministerin der Verteidigung:
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Unsere Sicherheit in Europa – nicht nur in Europa, aber auch hier – steht aktuell vor großen Herausforderungen. Das informelle Treffen der EU-Verteidigungsministerinnen und -Verteidigungsminister, das die französische Ratspräsidentschaft gestern ausgerichtet hat, war ein sehr gutes Format, um diese Herausforderungen zu beraten. Sie können sich vorstellen: Ein ganz zentrales Thema stand natürlich auf
der Tagesordnung, nämlich Russland und die Ukraine. Ich sage ganz deutlich: Der russische Aufmarsch an der ukrainischen Grenze verstößt gegen alle Regeln des friedlichen Miteinanders.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und jeder russische Angriff auf die Ukraine wird Konsequenzen nach sich ziehen. Denn der Konflikt bedroht den Frieden in Europa, und daher müssen wir Europäer uns auch aktiv einbringen. Und das tun wir auch, im NATO-Russland-Rat, der endlich nach über zwei Jahren
wieder stattgefunden hat, in der OSZE. Überall, wo Gespräche geführt werden, haben wir Europäer eine starke Stimme, und das ist auch gut und richtig so.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es war die Woche der Gespräche. Und es werden weitere Gespräche folgen; denn klar ist: Wir müssen alle – alle! – Mittel ausschöpfen, um diesen Konflikt zu entschärfen. Gleichzeitig haben wir Europäer zusammen mit den amerikanischen Freunden aber auch deutlich
gemacht: Das Völkerrecht muss gewahrt werden. Die staatliche Souveränität unserer östlichen Nachbarn ist unantastbar, und Russland hat kein Vetorecht, wenn es um Bündnisfragen geht, und kann uns hier auch nicht erpressen.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Diese roten Linien müssen klar sein in all den Gesprächen, die jetzt anstehen. Niemand hat erwartet, dass diese Gespräche mit der russischen Seite einfach werden oder dass ein, zwei Gespräche ausreichend sind und der Konflikt dann entschärft ist. Nein, diese Woche hat gezeigt, wie schwer es wird. Aber zwischen diesen roten Linien, die ich beschrieben habe, und einer militärischen Auseinandersetzung ist viel Spielraum, den wir intensiv ausschöpfen müssen, und das ist unsere Verantwortung und auch unsere Herausforderung.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie des Abg. Florian Hahn [CDU/CSU])
Die russische Aggression verdeutlicht einmal mehr: Wir, in Europa und der NATO, müssen ganz eng beieinanderstehen. In der kommenden Woche treffe ich mich hier in Berlin mit NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg, und natürlich werden wir auch intensiv über die russische Aggression beraten.
Meine Damen und Herren, ganz bewusst bin ich für meinen ersten Truppenbesuch im Ausland nach Litauen gereist, zu unserem Kontingent der NATO. Ich war beeindruckt von der hohen Einsatzbereitschaft unserer Soldatinnen und Soldaten vor Ort, und ich habe mich auch bei ihnen bedankt; denn jede und jeder von ihnen steht für eine wirksame Abschreckung dort vor Ort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Und sie alle machen damit eines sehr deutlich: Die Sicherheit unserer Verbündeten ist unsere Sicherheit – auch und gerade in Mittel- und Osteuropa.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Die Bedrohung durch Russland ist das eine. Vor uns liegt aber eine ganze Reihe von globalen sicherheitspolitischen Herausforderungen. Bei alldem gilt: Deutschland steht zu seiner Verantwortung für den Frieden in Europa und in der Welt. Und das beweisen wir auch immer wieder.
Denken Sie nur an unser Engagement im Kampf gegen den IS und zur Stabilisierung des Irak! Über das Mandat wird heute Nachmittag hier im Bundestag beraten. Unsere Bundeswehr leistet hier an der Seite unserer Partner und Verbündeten einen ganz wichtigen Beitrag. Vergangenes Wochenende war ich in Jordanien und im Irak. Ich habe mit unseren Soldatinnen und Soldaten dort gesprochen und mir ein Bild über die Umstände vor Ort gemacht. Ich kann Ihnen eins sagen: Dieser Einsatz ist entbehrungsreich, ja; aber er ist auch gefährlich. Noch kurz vor meinem Besuch sind wieder einmal Raketen auf der Al-Asad Air Base eingeschlagen. Aber unsere Soldatinnen und Soldaten hatten Schutzmaßnahmen ergriffen, und Gott sei Dank – Gott sei Dank! – sind alle wohlauf.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Meine Damen und Herren, wir schulden es unseren Frauen und Männern, dass wir ihren hohen persönlichen Einsatz, der sich da wieder gezeigt hat, klug und besonnen abwägen. Daher müssen wir und daher werden wir auch jeden Auslandseinsatz genau evaluieren, selbstverständlich immer im engen und ehrlichen Austausch mit unseren Partnern und Verbündeten. Aber es geht darum, Ziele und Instrumente zu prüfen und gegebenenfalls auch anzupassen. Was wollen wir erreichen? Wie ist unser militärischer Beitrag in politische und zivile Maßnahmen eingebettet? Und auch: Haben wir eine Exit-Strategie?
Mir ist sehr bewusst, dass diese Evaluierung ein hochpolitischer Vorgang ist. Er betrifft die ganze Bundesregierung, unsere Bündnisse und unsere Rolle als sicherheitspolitischer Partner in der Welt. Wir dürfen Einsätze aber nicht auf das Militärische verengen. Ein Einsatz ist immer auch eine politische Maßnahme. Das ist die wichtigste Lehre aus Afghanistan: Jeder Einsatz steht und fällt politisch. Das hat auch mit der politischen Lage im Einsatzland zu tun und ganz konkret mit der Frage: Wen unterstützen wir eigentlich, wen bilden wir aus, und ist dies mit unseren Zielen und Werten dann auch vereinbar?
Ich sage es ganz konkret: In Mali fordert die internationale Gemeinschaft zu Recht eine Rückkehr zu Demokratie und Wahlen, und das nicht erst in fünf Jahren, wie von dort angekündigt.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Mali muss schnell Neuwahlen ansetzen. Alles andere ist inakzeptabel. Zudem ist es ein schwerer Fehler, dass in Mali von Russland unterstützte Söldner im Einsatz sind, Söldner, die dafür bekannt sind, Menschenrechte zu verletzen, zu morden, zu foltern und andere Staaten zu destabilisieren. Für unseren Einsatz vor Ort gilt deshalb: Wenn sich in Mali nichts ändert, kann es ein einfaches Weiter-so dort nicht geben. Das muss allen Beteiligten sehr bewusst sein.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Meine Damen und Herren, die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger, die Verteidigung unseres Landes und seiner Verbündeten, der Einsatz für Frieden und Freiheit in Europa und der Welt im Dienste unserer demokratischen, offenen und vielfältigen Gesellschaft: Das ist die Aufgabe unserer Bundeswehr. Für diese große Aufgabe
werden und müssen wir sie auch entsprechend ausstatten.
Unsere Soldatinnen und Soldaten riskieren ihr Leben für unser Gemeinwesen. Umso mehr müssen sie dann auch darauf vertrauen können, dass wir sie bestmöglich ausrüsten. Daher teile ich die Meinung des Bundeskanzlers: Unsere Ausgaben für die Verteidigung müssen weiter steigen.
(Beifall bei der SPD, der CDU/CSU und der FDP)
Wir brauchen dieses Geld, um unsere Truppe mit dem nötigen Material zu versorgen. Da geht es von den ganz kleinen Projekten bis zu den großen multinationalen Vorhaben, von Betriebsstoffen über Ersatzteile und persönliche Bekleidung bis hin zu einsatzbereiten Flugzeugen, Schiffen oder Panzern.
Aber es geht nicht nur ums Geld. Wir müssen auch das Beste herausholen aus dem, was wir schon haben. Hier gab und gibt es immer noch zu viele Missstände. Hubschrauber, die nicht fliegen, Gewehre, die nicht treffen, haben zu oft für Gespött gesorgt. Daher werde ich – ich weiß, das ist ein ganz dickes Brett, das zu bohren ist – das Beschaffungswesen gründlich modernisieren.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Bei dieser Modernisierung geht es um eine flexiblere Haushaltsführung. Es geht um das Vergaberecht, das wir verändern müssen. Es geht um mehr Effizienz, auch digitale Effizienz. Mir ist auch klar, dass wir uns die Strukturen der Beschaffung genau ansehen müssen. Ich weiß: Das ist eine große Herausforderung. Aber mein Spruch ist immer: Wenn es einfach wäre, würden es
andere machen.
Meine Damen und Herren, ich habe unsere Truppe nun schon einige Male besucht, zu Hause und im Einsatz, viele Gespräche geführt mit unseren Frauen und Männern in Uniform und in Zivil, und ich kann Ihnen sagen: Wir haben eine hochmotivierte Truppe, auf die sich unsere Bürgerinnen und Bürger zu Recht verlassen können. Das zeigt sich immer dann, wenn es darauf ankommt, beispielsweise im vergangenen Sommer bei der Fluthilfe und jetzt einmal mehr in der Pandemie.
Seit bald zwei Jahren sind unsere Soldatinnen und Soldaten hier im Einsatz gegen das gefährliche Virus, auch unsere Reservistinnen und Reservisten: in Impfzentren, Testzentren und in Pflegeheimen. Sie helfen in den Gesundheitsämtern, beim Krankentransport oder bei der internationalen Coronahilfe. Sie tun das oft unter sehr, sehr schwierigen Bedingungen; denn auch sie werden, ähnlich wie die Polizei, beleidigt, bepöbelt, und das belastet sehr. Deswegen möchte ich an dieser Stelle allen Soldatinnen und Soldaten, die in dieser Pandemie den Menschen in unserem Land zur Seite stehen, sehr ausdrücklich und von Herzen danken.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Aber ich sage auch sehr deutlich: Danke zu sagen allein reicht nicht. Wir werden deshalb genau prüfen, ob wir die Anrechnungsregelungen von Zulagen, so wie sie für die Polizei angedacht sind, auch für die Soldatinnen und Soldaten umsetzen können. Ich denke, das wäre ein richtiges und wichtiges Signal.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Aber auch persönlich handeln die Soldatinnen und Soldaten hoch verantwortlich. Über 90 Prozent haben sich impfen lassen, also deutlich mehr, als die Impfquote durchschnittlich hergibt. Diesen verantwortlichen, diesen solidarischen Geist unserer Truppe gilt es zu bewahren. Wir müssen ihn gegen diejenigen verteidigen, die unsere Werte nicht teilen: gegen die Hetzer, gegen die menschenverachtenden Verschwörungsgeschichten, gegen den rechtsextremistischen Hass.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Lassen Sie mich hier sehr deutlich sagen: Es gilt null Toleranz gegenüber jeder Form von Extremismus. Wegschauen und eine falsch verstandene Kameradschaft darf es nicht geben.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir werden Extremisten konsequent verfolgen und sehr schnell aus der Bundeswehr entfernen, auch durch eine Reform der soldatenrechtlichen Vorschriften, die jetzt sehr schnell kommen wird. Denn zu einer starken Bundeswehr gehört eines ganz sicher: dass man mit beiden Beinen fest auf dem Boden unseres Grundgesetzes steht und dass man die Werte lebt, für die man kämpft.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Versprechen nach mehr Geld müssen Bundeskanzler und Bundesministerin sehr bald einlösen: Mit dem Bundeshaushalt 2022 und dem Finanzplan bis 2025.
Bisher scheint die große Linie des Kanzleramts und des BMF (trotz des Personalwechsels) unverändert zu sein:
Ab 2023 gilt wieder die Schuldenbremse und (!) die Prioritäten liegen anderswo.
Das Klagen der Union darüber in der Debatte (Florian Hahn) ist wohlfeil.
Zu den (heutigen) Einlassungen der Bundesministerin der Verteidigung im Plenum:
„Mali muss schnell Neuwahlen ansetzen. Alles andere ist inakzeptabel. “
Und weiteres:
„Wenn sich in Mali nichts ändert, kann es ein einfaches „Weiter so“ nicht geben.“
Daran wird zu prüfen sein, ob es einen Antrag der Bundesregierung auf Verlängerung des Mandates MINUSMA Mitte Mai in diesem Jahr geben wird.
Die neue Verteidigungsministerin
macht einen sehr eloquenten, sortierten und selbstbewussten Eindruck. Hoffen wir, dass sie diese dicken Bretter, die sie da ins Auge gefasst hat, auch gebohrt bekommt. Die Sache mit dem mehr Geld fand ich auch interessant. Frage mich, wo man das herbekommen möchte, wenn man sich gleichzeitig zur Schuldenbremse bekennt. Und der neuen BuReg mangelt es ja wahrlich nicht an kostspieligen Plänen …
Eine m.E. sehr interessante Rede, die meine anfänglichen Skepsis gegenüber der Verteidigungsministerin zu einem großen Teil beseitigt hat. Nicht zuletzt wegen der umgehenden Besuche bei den Auslandsmissionen und ihrer schnellen Einarbeitung in das neue Amt. Einzig der Neuordnung im Beschaffungswesen sehe ich skeptisch entgegen, sind es doch i.d.R. nachträgliche Wünsche und Änderungsvorgaben seitens bestimmter militärischer Entscheidungsträger während einer Beschaffung, die eine geplante Beschaffung unnötig und auch kostenintensiver in die Länge zieht. Auch habe ich Zweifel, ob bei der Neuordnung Staatssekretär Zimmer weiterhin Einfluss dieser Neuordnung haben sollte.
Neben den Ausführungen zur Evaluierung der Auslandseinsätze, vor allem in Mali, und zu den Beschaffungsvorhaben fand ich die beabsichtigte Neuordnung des Beschaffungswesens bemerkenswert und bin auf das konkrete Vorhaben gespannt.
Ebenfalls sehr positiv der Beitrag des Abg. Faber/FDP mit klarer Aussage pro Tornado-Nachfolger und zur Nuklearen Teilhabe.
Befremdlich war für mich der Beitrag von Florian Hahn. Für den momentan desolaten Zustand der Streitkräfte und deren in weiten Teilen dysfunktionale Strukturen tragen die Verteidigungsminister und -ministerinnen der letzten 16 Jahre maßgeblich die Verantwortung. Jetzt dann erst plenumsöffentlich Nachhilfestunden zur Personalentwicklung weiblicher StOffz zu geben und dann endlich eine rüstungspolitische Entscheidung zur Tornadonachfolge anzumahnen zeigt, dass Herr Abg. Hahn das Wahlergebnis und seine Ursachen noch immer nicht verstanden hat. Ich bin selbst seit über 30 Jahren mal mehr, mal weniger aktives CSU-Mitglied und seit etwas mehr als 30 Jahren aktiver Reserveoffizier mit Beorderung und Erfahrung auf fast allen Führung-DP in einer Brigade des Heeres einschließlich Einsatzerfahrung, vielleicht habe ich mich über den Redebeitrag von Florian Hahn deshalb besonders geärgert.
@Poller sagt: 15.01.2022 um 11:32 Uhr
„Eine m.E. sehr interessante Rede, die meine anfänglichen Skepsis gegenüber der Verteidigungsministerin zu einem großen Teil beseitigt hat. Nicht zuletzt wegen der umgehenden Besuche bei den Auslandsmissionen und ihrer schnellen Einarbeitung in das neue Amt.“
Wie bitte? Wo ist denn der umgehende Besuch in den Auslandsmissionen? Sie ist jetzt seit 6 Wochen im Amt und hat wie viele Missionen bereits besucht? Und was hat sie über Weihnachten gemacht? Entschuldigung, das spricht jetzt mal gerade überhaupt nicht für unsere neue IBuK.
Inhaltlich habe ich bisher einen neutralen Eindruck von ihr. Wenig positives, wenig negatives. Da muss man ihr fairer Weise aber vermutlich auch einfach noch etwas Zeit lassen.
Aber was ich vermisse sind Zeichen in die Streitkräfte. Die hätte sie ja nun wirklich schon ausreichend senden können. Ihr muss ja klar sein, dass man ihr in der Bw von vielen Seiten sehr skeptisch gegenüber steht. Da hätte ich mir mehr erhofft und auch erwartet.
@Matthias Limapunkt sagt: 15.01.2022 um 13:09 Uhr
„Jetzt dann erst plenumsöffentlich Nachhilfestunden zur Personalentwicklung weiblicher StOffz zu geben und dann endlich eine rüstungspolitische Entscheidung zur Tornadonachfolge anzumahnen zeigt, dass Herr Abg. Hahn das Wahlergebnis und seine Ursachen noch immer nicht verstanden hat.“
Habe mir gerade seinen Redebeitrag angesehen und kann Ihre Bewertung nicht nachvollziehen.
Ich fand die Rede auch nicht besonders stark und auch nicht gut vorgetragen.
Aber gerade in den beiden Punkten hat Hr. Hahn doch 100% das richtige gesagt.
Sowohl seine Nachhilfe in Bezug auf die sinnbefreiten Aussagen der IBuK in der BamS war richtig und amS auch notwendig, als auch die Aussagen zum Tornado, denn die ist ja nicht an AKK und der Union gescheitert, sondern an der SPD. Also gerade die beiden Punkte waren doch richtig und berechtigt.
Sie ist gewiß eine eloquente Verwaltungsjuristin und hat die Herausforderungen in der Rede gut umrissen.
Lackmustest wird aber sein, inwieweit sie innerhalb der Bundesregierung den Finanzbedarf der Bw durchsetzen kann und ob bei Entscheidungen wie TOR Nachfolge und SHT die geforderten Fähigkeiten der Bw oder industriepolitische Erwägungen den Ausschlag geben.
Eine Modernisierung des Beschaffungswesens scheitert seit 20 Jahren, da glaubt wohl keiner mehr dran dass da evolutionär was machbar ist.
Und Revolutionen im Beschaffungswesen scheitern an den Grundzügen von 120 Jahren preußischem Berufsbeamtentum, die in DEU Ministerien immer wichtiger sind als die Bedarfe von den ungeliebten Streitkräften.
Und gleichzeitig sind die Signale aus Moskau düster.
Lawrow fordert schnelle und schriftliche Stellungnahmen der USA und der NATO zu den russischen Vorschlägen und sieht keinen Bedarf weiterer Gespräche, der Truppenaufmarsch wird fortgesetzt (Verlegung weiterer Verbände aus ganz Russland an die Westgrenze), die russische Marine verstärkt ihre Aktivitäten in der Ostsee (was die Schweden zu Truppenverlegungen – inkl. Schützenpanzer – nach Gotland motiviert, zudem werden Drohnen über schwedische Kernkraftwerken gesichtet), die Ukraine ist Ziel eines umfangreichen Cyber-Angriffs, die USA behaupten Russland würde „false-flag“-Operationen in der Ukraine vorbereiten.
Eigentlich alles nach dem russischen „playbook“.
Was wirklich erreicht werden soll erscheint noch unklar, aber auch das ist ja Teil des Spiels:
https://www.reuters.com/world/europe/keep-defender-guessing-russias-military-options-ukraine-2022-01-14/
Was sind die Konsequenzen hieraus für die deutsche Verteidigungspolitik?
Was bedeutet glaubwürdige Abschreckung?
Darüber hätte in der Debatte vielleicht eher diskutiert werden sollen als über so viele gern gepflegte Randthemen (Aufstieg weiblicher Offiziere, Fortgang von eher marginalen Mandaten, etc).
100 Tage Schonfrist wird es wohl nicht geben.
@Referent, als Nicht-Beamter mit 35 Jahren im Öffentlichen Dienst des Bundes (plus Bundeswehr) halte ich Ihre Kritik am „preußischen Berufsbeamtentum“ als angeblich ursächlich für den Zustand der Bundesverwaltng für irreführend.
Ziel des Beamtentums war, verkürzt gesagt, den Entscheidern auf allen Ebenen fachlich kompetente Berater zur Seite zu stellen. Der Berufsbeamte hat pflichtgemäß zu „remonstrieren“ (seine Bedenken darzulegen), wenn er eine Entscheidung für falsch hält.
Dieses Prinzip ist heute auf den Kopf gestellt. Zentraler Leitsatz ist nicht. was sachlich geboten wäre, sondern was der Vorgesetzte mutmaßlich hören will.
Die sogenannte „Verrechtlichung“ des Beurteilungswesens hat bewirkt, dass Versager letztlich nicht mehr als solche beurtelt werden können. Die Beförderung ist heute eine Karrikatur der ursprunglich beabsichtigten „Förderung nach Eignung“. Klagen gegen ausgebliebene Beförderungen sind geradezu der Normalfall geworden. Die Gerichte tun ihr Bestes, dass niemandem vermeintliches Unrecht geschieht und sorgen nach meiner Beobachtung dafür, dass zum Beispiel notorische Zauderer auf Dienstposten gehoben werden, die vor allem Entschlusskraft fordern.
Von A16 aufwärts ist nach meiner Erfahrung sowieso egal, ob jemand schwere Fehlentscheidungen zu verantworten hat. Die Beförderung ist geradezu unausweichlich, außer man gehört keiner Seilschaft an. (Dieser Satz tut leider einzelnen A16ern, mit denen ich zu tun hatte, Unrecht. Aber er beschreibt den Normalfall, wie ich ihn in der Bundesverwaltung erlebt habe.)
In der Bundesverwaltung kann man überforderte Entscheidungsträger de facto nur loswerden, indem man sie befördert. Ich erlebte die Schaffung des Postens eines zusätzlichen Vizepräsidenten, nur um einen Abteilungsleiter daran hindern zu können. wie bisher weiterzumachen.
Der aktuelle Zustand der Bundesverwaltung ist das Gegenteil der Ziele des „preußischen Berufsbeamtentums“.
[Das führt jetzt aber sehr direkt in den OT und ich bitte, diesen Diskussionsstrang dann anderswo weiterzuführen… T.W.]
Truppenbesuche in den Kontingenten finden mit Absicht nicht zwischen den Feiertagen statt. Und es ist gut dass die IBUK sich da auch dran gehalten hat.
Und ich sehe es auch so, dass die CDU/exKanzlerin 16 Jahre die Chance auf Verbesserung hatte.
Es sollte immer nur billiger sein, keine Reform sollte die Streitkräfte schlagkräftiger machen.
@JPeelen: ja, sicherlich OT. Aber wo wäre es nicht OT, wenn der politischen Agenda zwangsläufig folgend berichtet wird? Daher die ehrliche Frage an TW: WO würde diese Personaldebatte (Auswahl, Qualität und Führung) mal passen? Ein Kernproblem der SK und des ganzen ÖD, ziv wie mil.
[Eine Debatte über den Öffentlichen Dienst insgesamt wird hier mit Sicherheit nicht stattfinden. T.W.]
Außer mir hat sich hier scheinbar niemand alle Redebeiträge angesehen. Sonst würden wir hier über was anderes diskutieren.
@FNU SNU sagt: 16.01.2022 um 10:06 Uhr
„Truppenbesuche in den Kontingenten finden mit Absicht nicht zwischen den Feiertagen statt. Und es ist gut dass die IBUK sich da auch dran gehalten hat.“
Dem stimme ich nicht zu. Die neugewählte IBuK ist kein Truppenbesuch vor dem man Truppe bewahren muss. Erst recht übrigens nicht in Covid-Zeiten in denen die Anzahl der Truppenbesuche sowie reduziert ist.
Man könnte sagen (und ich tendiere dazu das zu tun) die neugewählte Ministerin habe offensichtlich „wichtigeres“ zwischen Wahl und heute zu tun gehabt als sich möglichst breit mit der Truppe vertraut zu machen.
Bisher sehe ich nicht, dass BM Lambrecht verstanden hat, dass die Bw kein normaler „Geschäftsbereich“ ist indem man sich erstmal im Ministerium umsieht und dann nach und nach den „nachgeordenten“ Geschäftsbereich höflichkeitshalber besucht und ansonsten sich durch Papier berichten lässt.
Da waren sowohl die von mir geschätzte AKK, als auch die von mir nicht geschätzte vdL deutlich besser.
Naja, sie hat ja angekündigt, dass es jetzt besser wird. Hoffentlich wird es das auch…
Die Außenministerin eben Live bei Phönix: NS2 steht zur Disposition, wenn Energie als Waffe verwendet wird.
[Ja, allerdings nicht zum ersten Mal… T.W.]
@T.W: Und man mittlerweile davon ausgehen kann, dass das zweifelsfrei Regierungslinie ist.
Guten Abend, ich war während Ihres Truppenbesuches in Litauen anwesend und das was sie sagte und wie (nicht ablesend) sowie die anschließenden Gespräche haben sehr wohl gezeigt, dass sie weiß , welche Felder sie beackern muss. Und ja, ich bin bereits zum zweiten Mal über die Weihnachtszeit im Ausland und jeder kennt den immensen Aufwand, der betrieben werden muss in der ach so besinnlichen Weihnachtszeit. Für die Masse der Truppe ist es schön, keine Termine in dieser Zeit zu haben. Aus vielen Gesprächen weiß ich ich, dass ihr Auftritt ehrlich (Neuland) war und das ist mir und den meisten lieber, als Pseudowissen, das man vorgibt zu haben. Daher bitte ich nicht zu urteilen, bis Sie wirken kann und sich umfänglich informiert hat. Die Vergangenheit hat gezeigt, dass gern versucht wird, keine Änderungen aus welchen Gründen auch immer zuzulassen.
Es ist interessant, dass wiedereinmal an den Beschaffungsstrukturen und dem Vergaberecht experimentiert werden soll. Hier zeigt sich wieder, dass die Politik wieder nicht erkennt, dass die eigene Handlungsweise der Kern des Problems ist. Das BAAINBw wird im politischen Raum nach der Ausgabe der Haushaltsmittel bewertet. Wenn eine Vollausgabe erreicht wird, hat die koblenzer Behörde gut gearbeitet, wenn nicht stürzt die politische Kritik auf den/die IBuK ein. Für was die Gelder ausgegeben werden ist dabei fast unerheblich, da das einzige „Kontrollorgan“, der Bundesrechnungshof, keinen effektiven Einfluss hat.
Ein grundsätzlich falsches Vorgehen. Das BAAINBw müsste am Zuwachs der Fähigkeiten und der Einsatzfähigkeit von Waffensystemen gemessen werden. Hier könnten klare Kennzahlen, also die vor Jahren angepriesenen Zielvereinbarungen, getroffen werden. Die Ausgabe der vorhandenen Haushaltsmittel würde sich bei der aktuellen Einsatzbereitschaft der Waffensysteme und den Fähigkeitslücken automatisch einstellen. So lange die Politik im Bereich der Rüstung die falschen Benchmarks setzt wird sich nichts ändern, da vor allem die Beamten sich einem solchen System verweigern würden, wäre es doch eine effektive Möglichkeit Effizienz, Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit bewerten zu können.
@Stern:
Im Ergebnis stimme ich Ihnen zu, nicht jedoch bei der Einschätzung, dass hier „experimentiert“ werden soll. Das BAAINBw kann die Anforderungen an ausgeschriebene Ausrüstung immer nur mit den Bedarfsträgern gemeinsam erarbeiten. Fehlt es dabei an entsprechender vergaberechtlicher Kompetenz, die auch diversen Bestrebungen zu allen möglichen Sonderlocken und der Neigung zum „Wünsch‘ Dir was“ bei den Bedarfsträgern und sonstigen politischen Befindlichkeiten entgegentritt, so führt das notwendig zu ungelösten Zielkonflikten, mittelbar zum wahrscheinlichen Scheitern der Vergabe. Denn Feigheit, sich vor Ausschreibung für klare Ziele zu entscheiden, rächt sich dann im Verfahren nahezu garantiert.
Die Fehler bei den Vergaben sind folglich meist schon im Rahmen der Bedarfsfeststellung angesiedelt. Manchmal kommt dann noch im Laufe des Verfahrens was hinzu, wenn irgendwer meint, unsachgemäßen Einfluss auf das Verfahren nehmen zu müssen.
Es gibt eigentlich nur eine immer wiederkehrende Regel im Vergaberecht. Worauf man sich festgelegt hat, dass muss man – wenn man die Vergabe weiterhin will – auch akribisch einhalten. Die ist einigermaßen eisern.
Wenn man sich daran hält und nicht schon das Ziel der Vergabe illusorisch ist, weil irgendwer die Goldrandlösung mit Heiligenschein zum Nahenulltarif bestellen möchte, oder irgendwer meint, dass man die Brechstange rausholen muss, wenn nicht das Ergebnis rauskommt, was man eigentlich stikum haben wollte, dann kann man eigentlich seine Vergaben relativ geräuschlos durchziehen.
Der Bundesrechnungshof ist übrigens auch die falsche Adresse für die Prüfung der effizienten Mittelverwendung. Hierfür gibt es u.a. auch das Instrument der Preisprüfung, um auszuschließen, dass der Staat bei der Beschaffung von notwendigen und nicht allgemein marktverfügbaren Gütern über den Tisch gezogen wird.