Verwirrung um österreichisches Gerichtsurteil: Taliban-Anschlag auf KSK-Soldaten in Deutschland?
Ein österreichisches Gerichtsurteil führt in Deutschland zur Verwirrung: Nach Feststellung des Gerichts soll es einen Anschlag von Taliban-Anhängern auf einen Soldaten des deutschen Kommandos Spezialkräfte in Deutschland gegeben haben. Das Verteidigungsministerium in Berlin und die Bundeswehr bestätigen das nicht.
Hintergrund ist eine Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Oberösterreich: Ein Soldat des Bundesheeres, Angehöriger des Jagdkommandos und auch in Auslandsmissionen aktiv, hatte auf die Genehmigung auch zum privaten Führen von Waffen geklagt. Seine Anforderung stützte er darauf, dass er als Angehöriger der Spezialkräfte und auch wegen seiner Auslandseinsätze besonders gefährdet sei.
Das Gericht in Linz nannte in der in dieser Woche veröffentlichten Entscheidung (Aktenzeichen LVwG-751397/20/KLi/CK) unter anderem die Begründung, dass es bei der entsprechenden Einheit der Bundeswehr, dem Kommando Spezialkräfte, einen Fall solcher Bedrohung gegeben habe. In dem Urteil wird als festgestellter Sachverhalt erläutert:
Ein Soldat des Kommandos Spezialkräfte (KSK), welcher in Afghanistan ebenfalls erkennungsdienstlich behandelt wurde und in derselben Uniform wie die Angehörigen des Jagdkommandos als Ausbildner tätig war, wurde von einem Kontaktmann der Taliban in Deutschland vor der Kaserne mit einem Messer niedergestochen.
Auf Nachfrage im deutschen Verteidigungsministerium hieß es, ein solcher Fall sei nicht bekannt. Auch aus der Bundeswehr gab es keine entsprechenden Informationen. Der Linzer Gerichtssprecher Stefan Herdega verwies auf Nachfrage auf den Wortlaut der Gerichtsentscheidung und machte keine weiteren Angaben dazu.
In dem Urteil wird auch eine weitere Aussage herangezogen, die das Gericht ebenfalls als feststehenden Sachverhalt für seine Entscheidung zu Grunde legte:
Im Rahmen eines Afghanistan-Einsatzes vor der Machtübernahme der Taliban wurde – wie bei Auslandseinsätzen generell üblich – die erkennungsdienstliche Erfassung der Daten des XX von der afghanischen Regierung vorgenommen. Diese Daten wurden mit der Machtübernahme der Taliban dem nunmehrigen afghanischen Innenminister Haqqani (kampflos) übergeben, wobei Haqqani vor seiner Tätigkeit als Innenminister Anführer jenes terroristischen Netzwerkes war, das den Afghanistan-Einsatz des Jagdkommandos, dem auch der XX angehörte, bedrohte.
Die Aussage, dass westliche Spezialkräfte ihre persönlichen Daten – noch dazu nach erkennungsdienstlicher Erfassung – vor einem Einsatz am Hindukusch den afghanischen Behörden überlassen hätten, ist zumindest … merkwürdig. Zumindest ist dafür bei den deutschen Streitkräften keine Bestätigung zu bekommen; auch wurde ein solches Vorgehen in den zwei Jahrzehnten des Afghanistan-Einsatzes von keiner Nation je bekannt.
(Archivbild: Im Rahmen des Abzugs der Resolute Support Mission aus Afghanistan wird am 6. Juni 2021 die österreichische Flagge vor dem Haus Berlin im Camp Marmal bei Mazar-e Sharif eingeholt – Torsten Kraatz/Bundeswehr)
Bei Zeugenaussagen vor Gericht gibt es in der Regel zwei Möglichkeiten…. der Richter glaubt sie oder er glaubt sie nicht. Wenn das ein verdienter, treuer und hoch dekorieter Soldat der wahrscheinlich Offizier oder PUO ist und ja schon qua Amt über jeden Zweifel erhaben ist…. ja was wär ein kleiner Richter ihm nicht alles zu glauben was er angibt.
Aber vielleicht haben die Österreicher bei der Kabul Evakuierung wie sich das gehört beim Afghanischen Zoll ihre Pässe vorgezeigt und vorab ein Visum bei der Botschaft in Wien beantragt…. wer weiss….
Was mich wundert… nach österreichischen Waffengesetz bekommen Berufssoldaten automatisch einen Waffenpass, oder sind das Zeitsoldaten beim Jagdkommando?
Zitat:
Die Aussage, dass westliche Spezialkräfte ihre persönlichen Daten – noch dazu nach erkennungsdienstlicher Erfassung – vor einem Einsatz am Hindukusch den afghanischen Behörden überlassen hätten, ist zumindest … merkwürdig. Zumindest ist dafür bei den deutschen Streitkräften keine Bestätigung zu bekommen; auch wurde ein solches Vorgehen in den zwei Jahrzehnten des Afghanistan-Einsatzes von keiner Nation je bekannt.
Zitatende
Eine derartige Erassung der Daten seitens der AFG Behörden ist mir in meinen Einsätzen ebenfalls nicht bekannt geworden.
Jedoch haben seinerzeit, bespielsweise beim Kontingentwechsel, die UZB Behörden bei der Einreise in TERMEZ die Ausweise eingesammelt. Was dann bis zur Rückgabe im Zuge der Ausreise mit den Ausweisen geschehen ist, darüber lässt sich nur spekulieren. Ich vermute aber, dass sie nicht nur einfach so im Büro des Grenzschutzes rumgelegen haben….
@Tom74: D.h. dt. Soldaten auf der Durchreise zw. Heimat und Einsatz mussten sich bei Behörden eines zwielichtigen Drittstaates ausweisen? Und das fand kein Betroffener anstößig oder hat ggf. seinen Ausweis einfach nicht in fremden Hände gegeben?
@FmRgt930
Hm, Sie sind anscheinend nie über Termez nach Afghanistan eingereist?
Dennoch sollten wir diesen OT hier bitte nicht zum zentralen Thema machen – die Aussage ist ja eine viel, viel weitergehende: “ wie bei Auslandseinsätzen generell üblich, die erkennungsdienstliche Erfassung … von der afghanischen Regierung vorgenommen“. Dafür habe ich noch nie auch nur einen Hinweis gesehen.
Die Frage sollte lauten: Ist es in der NATO grundsätzlich üblich erkennungsdienstliche Daten grundsätzlich an die lokalen Behördern weiterzugeben?
Wenn die Frage mit „Nein“ beantwortet werden kann dann wird man für Afghanistan sicher keine Ausnahme gemacht haben.
Warum sollte man auch? Die Soldaten unterliegen sowieso nicht der lokalen Rechtssprechung.
Stichwort NATO-Truppenstatut.
Ich sehe hier auch eine sehr starke Nähe zu einer Scene aus „The Social Network“.
Mark Zuckerberg (Jesse Eisenburg) sagt dort sinngemäß:
“ … Dann hat er gelogen!“
B: „Er stand unter Eid.“
A: „Dann erleben wir hier das erste Mal in der Weltgeschichte, dass jemand unter Eid gelogen hat.“