Neue Funkgeräte, Fähigkeiten der 1980-er Jahre: Jetzt mit offizieller Erklärung
Anfang September hatte das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) die Vergabe eines Rahmenauftrags für neue Funkgeräte bekanntgemacht. Der Ersatz für die betagte Gerätefamilie SEM80/90 aus den 1980-er Jahren, so der Kernsatz, solle unter Beibehaltung der bisherigen Fähigkeiten konstruiert werden: Besser funken als damals dürfen die neuen Geräte aus vergaberechtlichen Gründen nicht.
Ein paar Wochen später hat sich am (heutigen) Mittwoch das BAAINBw dazu selbst zu Wort gemeldet. Die Pressemitteilung dokumentiere ich gerne im Wortlaut:
Bewährte Hülle, neuer Kern – Bundeswehr sichert die Einsatzfähigkeit für Landstreitkräfte
Durch den kürzlich geschlossenen Rahmenvertrag zum Fähigkeitserhalt der Funkgerätefamilie SEM 80/90 sichert die Bundeswehr die Einsatzfähigkeit der Landstreitkräfte. Nach über 35 Jahren Nutzung konnten Wartung und Reparatur nicht mehr verlässlich und insbesondere wirtschaftlich gewährleistet werden.
Um die bisherigen Funktionen im Rahmen der Einsatzfähigkeit sämtlicher Landfahrzeuge weiterhin unterbrechungsfrei sicherzustellen, hat das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) im Juli dieses Jahres eine entsprechende Vereinbarung mit der Firma Thales Deutschland GmbH geschlossen.
„Die beabsichtigte Lösung mit neuen, softwarebasierten Funkgeräten bietet der Truppe kosteneffizient alle bisherigen Fähigkeiten, da sie im Kern auf den technologischen State-of-the-Art zurückgreift.“, so der zuständige Projektleiter im BAAINBw. „Durch die Beibehaltung der bisherigen, einsatzerprobten äußeren Form gelingt es uns, der Truppe die Funkgeräte schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen, da keine komplexen Umbauten an den Fahrzeugen erforderlich sind und die Geräte nach dem Prinzip „plug and play“ in das bestehende System eingebaut werden können.“
Die seit den 1980ern in der Truppe genutzten Funkgräte SEM 80/90 werden überwiegend in Fahrzeugen der Landstreitkräfte verwendet und dienen dort der taktischen Kommunikation. Ziel der Bundeswehr bleibt es, den Truppenfunk auf lange Sicht vollumfänglich zu digitalisieren. Bis zur vollständigen Umsetzung dieses umfangreichen Vorhabens sichert die jetzige Vereinbarung die durchgängige Einsatzbereitschaft der Truppe.
Da stellt sich natürlich die Frage, ob die neuen, softwarebasierten Funkgeräte nicht nur durch ein Häkchen in der Softwarekonfiguration daran gehindert werden, mehr zu können als die alten SEM80/90. Ich bin sicher, dass die Konkurrenzunternehmen gerade darauf sehr genau gucken werden.
Ha, dann haben wir gleich eine neue Landserlegende: Wie die ominöse Verschlussfeder beim MG3, die im V-Fall wieder die selige Kadenz des MG42 zum Feinde zersägen liefern soll (samt Hydroschockmunition latürnich), liefert das super Funkgerät dann auf Knopfdruck die zehnfache Reichweite und Bandbreite für Netflix in 4k. 😛
Oder – wahrscheinlicher – auch dieser Beschaffungsversuch fliegt den ‚lenzern mal wieder um die Ohren…
„Ich bin sicher, dass die Konkurrenzunternehmen gerade darauf sehr genau gucken werden.“
Ein Mitbewerber hat seine Klage zurückgezogen.
Das ist keine Gegendarstellung. Das ist eine Offenbarung. Dringend benötige moderne, sichere und interoperable Funkgeräte werden aus vergaberechtlichen Gründen nicht beschafft. Stattdessen baut man Uralttechnik nach, die die Truppe schon seit den frühen 2000ern ablehnt. Einsatzbereitschaft und Uraltrechnik passt nicht zusammen.
RUS entwickelt dieser Tage mit dem Zirkon-Scramjet eine game-changer Waffe des 21. Jahrhunderts — DEU dagegen wird demnächst im Rahmen EUTM die UKR Offiziere an Funkgeräten von 1980 ausbilden… liebe AKK, bitte, hab ich da an militärischer Taktik und Logik was übersehen ???
Na dann wird es Zeit endlich die rechtlichen Rahmenbedingungen der BW so zu verändern, dass man zukünftig die Probleme auch lösen kann. Recht wird ja nicht auf dem Berg in Steintafeln empfangen…
Aus verschiedenen Gründen ist dieser Schritt leider nötig geworden, da es sonst im Bereich taktischer Funk eine riesige Lücke gegeben hätte bis irgendwann mal die neuen, digitalen Funkgeräte in der Fläche eingeführt sind. Diese kommen jetzt erst in die Ausschreibung und dann wissen wir wie lange es dauert bis ein Großteil der Truppe damit ausgerüstet wird. Daher hat man sich für diese Übergangslösung entschieden aber mit der Absicht nur soviele Übergangsgeräte zu beschaffen wie unbedingt nötig.
Früher hätte jemand für diesen desolaten Zustand die Verantwortung übernommen, hätte sich entschuldigt und wäre zurückgetreten.
Zum Glück kann heute jeder oder jede sagen, ich war nicht zuständig oder vollumfänglich verantwortlich.
„Die beabsichtigte Lösung mit neuen, softwarebasierten Funkgeräten bietet der Truppe kosteneffizient alle bisherigen Fähigkeiten, da sie im Kern auf den technologischen State-of-the-Art zurückgreift.“, so der zuständige Projektleiter im BAAINBw. „Durch die Beibehaltung der bisherigen, einsatzerprobten äußeren Form gelingt es uns, der Truppe die Funkgeräte schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen, da keine komplexen Umbauten an den Fahrzeugen erforderlich sind und die Geräte nach dem Prinzip „plug and play“ in das bestehende System eingebaut werden können.“
Also, ich kann nicht herauslesen, dass die Geräte mit Uralttechnik nachgebaut werden. Die Form soll beibehalten werden, aber ich Technik ist doch „State-of-the-Art“.
Interessante Formulierung. Softwarebasiertes Unkgerät. Bin kein Fernmelder aber das klingt für mich danach, als wolle man so tun, als hätte man SDR (software defined radio) hat es aber nicht und gibt dem Kind einen ähnlich klingenden Namen.
Also vielleicht lese ich die Pressemitteilung des BAIIN ja falsch, aber ich verstehe das so:
es gibt die (Zitat) „neuen, softwarebasierten Funkgeräten“ und (Zitat) „Durch die Beibehaltung der bisherigen, einsatzerprobten äußeren Form gelingt es uns, der Truppe die Funkgeräte schnellstmöglich zur Verfügung zu stellen, da keine komplexen Umbauten an den Fahrzeugen erforderlich sind “
Also auf Deutsch: drinnen ist ein modernes SDR (Software Defined Radio) und die Huelle ist die alte, damit das System in die Ruestsaetze der SEM-Familie passt.
Das ist ja schon fast eine geniale Idee
Wir machen uns doch bei unseren Partnern so was von lächerlich.
Wir sind doch nicht einmal mehr bedingt einsatzfähig.
Und wir träumen weiterhin von der Landesverteidigung.
Kein Personal, Material und Ausrüstung dafür zur Verfügung.
Bin gespannt wer als nächster BMVG kommen wird
@Eisensoldat sagt: 07.10.2021 um 8:18 Uhr
Es ist vollkommen egal was deinen in Funkgerät steckt, am Ende wird es nicht mehr können als die aktuellen Geräte, sonst fliegt dem BAAINBw die direkte Vergabe um die Ohren. Das Vergaberecht erlaubt es nicht auf diesem Weg leistungsfähigere Technik zu beschaffen.
Die Pressemitteilung des BAAINBw ist in diesem Zusammenhang der viel zu späte Versuch eine bereits vermasselte „Kommunikationspanne“ (im doppelten Sinne) zu glätten.
Fakt ist, man hat es in der Vergangenheit vermasselt frühzeitig einen Generationenwechsel einzuläuten (nicht vom BAAINBw, sondern von den Streitkräften) und jetzt verhindern bürokratische Handschellen eine pragmatische Lösung, was wiederum darin endet, dass man es versucht das Ziel von hinten, in die Brust, ins Auge zu treffen.
Fest steht auf jeden Fall, dass neue softwarebasierte Funkgeräte, die alte, analoge Frequenzmodulation auf „Knopfdruck“ darstellen können.
Technologisch stellt es keine Schwierigkeit dar ein SDR-Funkgerät in das Gehäuse der SEM 80/90 einzubauen und dessen Funktionalität nach aussen auf die Funktionen der alten Gerätefamilie SEM80/90 zu beschränken.
Hingewiesen sei in diesem Zusammenhang, dass verschiedene Messgerätehersteller die Funktionen von einfacheren Labormessgeräten für Schulen, Ausbildungsinstitute usw. alle komplett in ein Gerät packen, sie also von Anfang an enthalten sind, aber je nach Beschaffungstitel der Schulen dann jedes Jahr Funktionserweiterung für Funktionserweiterung per Produktschlüssel softwaretechnisch freigeschaltet werden können.
Wenn die Ersatzgeräte beschafft werden kann Thales mit einem Nebengebot antreten: „Wir tauschen die nSEM gegen Geräte der aktuellen Generation!“ für schmales Geld.
Wie das funktioniert (neue Gerätehülle + neue Firmware) hat die Bw nicht zu interessieren.
Für das unterfangen spricht:
– das es nachdem die Modernisierung verschlafen wurde und ein Mangel erkannt wurde,
– der Mangel behoben und die Einsatzbereitschaft bis auf weiteres gestärkt wird.
Blamabel hingegen ist, das das erst jetzt passiert. Vor 20, 15 oder 10 Jahren nochmal nachkaufen, um die bis zum „Danach“ zu überbrücken wäre ja noch sinnvoll gewesen.
Jetzt ist das Kind aber schon in den Brunnen gefallen und man muss so oder so neu kaufen.
Gegen das Unterfangen sprich daher:
– 40 Jahre alte Technik nochmal zu bestellen (wo nicht sicher ist, ob sie kann, was sie soll),
– Den Sprung zum neuen System wieder zu verschieben,
– Das multinationale Zusammenwirken auf taktischer Ebene (was ja mittlerweile eine Notwendigkeit bei der Kräftegestellung ist) unmöglich zu machen (es sei denn wieder Sonderlösungen für einzelne Einheiten u. Fahrzeuge – komisch, da passt nen anderes Funkgerät auch in die Halterung vom Panzer…)…
Und gerade vor dem Hintergrund von Einsatzbereitschaft und Kräftegestellung kann man eben nicht mehr, das was früher funktioniert hat (anders als bei Waffentechnik wie 7,62mm – das heute genau so tödlich wie eh und je) nochmal so machen, weil eben nicht in dem klassischen Setting der „nationale“ Gefechtsverband auf 10 km Breite und 25 km Tiefe für 24h verzögert….
Da flitzen multinationale Verbände tagelang über hunderte Kilometer verteilt in der Gegend rum und werden nicht (zumindest mit den Deutschen) miteinander reden können.
„Ziel der Bundeswehr bleibt es, den Truppenfunk auf lange Sicht vollumfänglich zu digitalisieren.“
Eigentlich wäre es doch mal interessant, eine Definition von „lange Sicht“ hier zu bekommen. Das klingt für mich als Laien nämlich eher nach 3 Legislaturperioden als nach einer.
Der sagenumwobene Ackerschnacker war auch abhörsicherer als jedes andere Fernmeldegerät und hat sich zudem in zwei Weltkriegen wie der Karabiner(bzw. Gewehr) 98 bewährt.
Nicht zu vergessen: Unser Kochgeschirr, dass man in jedem gut ausgestatteten Museum zum deutsch-französischen Krieg bereits findet.
Also: Warum immer alles so kompliziert machen ? Klagt nicht, kämpft !
Es wäre mal interessant zu wissen wieviel Geld man für die Totgeburten MOTAKO und MOTIV verballert hat. Jetzt noch 400+ Millionen für D-LBO und maximal 600 Millionen für alte SEMs. Also wahrscheinlich irgendwo zwischen 1 und 1,5 Milliarden für Insellösungen und altete Technik. Aber auf der nächsten Lehrübung wird dann wieder allen die angebliche Digitalisierung des Heeres vorgegaukelt, inklusive der Einbindung von Cyber und Space. Das soll uns erstmal einer nachmachen.
Und wenn jetzt gleich wieder einer kommt und sagt, „die anderen können das auch nicht (viel besser)“ kann ich nur sagen, das unser Ziel eigentlich nicht ein Unentschieden beim „Unfähigkeitsvergleich“ sein sollte. Insbesondere nicht für soviel Geld!
Vielleicht hat man hier in der Behörde scharf nachgedacht und einen Weg gefunden das Vergaberecht auszutricksen?¿
Ich denke da an ff….
-Direktvergabe neue SDR Funkgeräte in alter (neuer) Hülle mit Begründung… muss in die Halterungen passen.
-Ausgeliefert werden die (quasi) gedrosselt aber ähnlich jedem deutschen Oberklasse PKW könnte man ohne größeren Aufwand die Drossel entfernen.
-Als neue Ausschreibung nachdem die Geräte ausgeliefert wurden könnte man ja dann das Software/Firmware Update ausschreiben um die Geräte auf volle Leistungsfähigkeit zu hieven… Thalis bietet das dann am günstigsten an und kann die Geräte dann quasi ab Werk ausliefern…
Oder ist das zu Brilliant für die Damen und Herren aus Koblenz. *LoL*
Nunja, was erwartet man, wenn schon die Kanzlerin in 2013 erklärt hat, dass das Internet für uns alle Neuland ist?
Dementsprechend modern hat die Regierung Ihre Armee ausgestattet.
Böse Zungen behaupten, dass dahinter Absicht steckt. Wenn keiner mit uns kommunizieren kann, können wir leider auch nicht kämpfen.
Es wundert mich nur, dass die P 8-A Poseidon nach 30 Monaten auf dem Hof steht, Funkgeräte aber 30 Jahre brauchen.
Gibt es also-je nach Teilstreitkraft- Diverse Vergaberechte?
@Küstengang01, das dürfte nicht klappen.
– Klingt es nicht sehr vergabekonform wenn nachträglich nur noch ein Update ausgeschrieben wird.
– Die neuen Funkgeräte bringen zwar ein modernes Innenleben mit, das wird aber nur über die Schnittstellen der 80er erreichbar sein. Frage wäre also ob die auch den heutigen Anforderungen gerecht werden.
– So wie ich das verstehe geht es darum die Fähigkeit der alten Geräte zu erhalten die defekt ausfallen. Nicht darum alle vorhandenen Geräte zu ersetzen. Sprich man wird möglicherweise am Ende mit einem Mix aus Geräten mit einem Hardwarestand der 1980er und 2020er dastehen. Die erste Generation wird man durch deren völlig anderes Innenleben aber nicht per Update weiternutzbar machen können.
@Küstengang01
Das habe ich mir beim Lesen auch gedacht. Man hat damit kurzfristig moderne Funkgeräte, die pauschal alles können (wenn man sie dafür freischaltet). Später, wenn man sich intern über Fähigkeiten, Budget oder sonstwas geeinigt hat, wird dann das Fähigkeitsupgrade ausgeschrieben (also Entsperrung der Funktionen in den Fähigkeiten – nicht vergessen, dass SDR-Funkgeräte ab Werk technisch ja schon alles können).
Wahrscheinlich ist die SDR-Software auf den Geräten ohnehin proprietär und nicht für alle Anbieter offen, dann kann die Fähigkeitserweiterung ohnehin nur Thales liefern. Vielleicht spart man sich dann direkt die Ausschreibung und kann direkt vergeben, wie bei der C-130J (Fähigkeiten nur von einem Lieferanten lieferbar)?
Das wäre schlichtweg genial.
@ Flo
Zitat: „Die erste Generation wird man durch deren völlig anderes Innenleben aber nicht per Update weiternutzbar machen können.“
Zwar wird man nicht die Originalgeräte aus den 80er Jahren weiternutzen können, aber die jetzt zu beschaffenden Ersatzgeräte sollten bei geschickter Konstruktion zumindestens eingeschränkt weiter nutzbar sein.
Ich will mal einen einfachen Vergleich anstelllen. Eine Haustürsprechanlage verbunden mit einem Türöffner brauchte in den 80er Jahren die gleiche Anzahl von Drahtverbindungen von der Tür zur Wohnung wie heutige moderne Anlagen. In den heutigen Anlagen ist ein Mikrocomputerboard enthalten, in den 80er Jahren diskrete Elektronik. Die Türsprechanlage hat einen Hörer mit Mikrofon und Lautsprecher und eine Taste für die Türöffnung.
Um auf die Analogie mit den neuen SDR-Funkgeräten zurückzukommen. Sie können ein SDR-Radio in das Gehäuse des alten SEM 80/90 einbauen und in einem Softwarupdate den bereits vorhandenen Schaltern und Bedienelementen der alten Gehäuseoberfäche (neudeutsch User-Interface) neue Funktionen geben. Damit erreichten sie zumindestens eine Teilintegration der jetzt zu beschaffenden Ersatzgeräte in eine zukünftige, neue SDR-Funkgerätefamilie.
@Georg, natürlich könnte man per Update die vorhandenen Bedienelemente und Schnittstellen an künftige neue Andorderungen der kommenden Funkgerätegeneration anpassen. Das würde aber erfordern das man diese dann auch sinnvoll in das dann aktuelle Konzept einfügen kann.
Und dazu gehört auch die Frage der Restelebensdauer der jetzt neuen Funkgeräte. Bei der Laufzeit dürfte das heute aktuelle Innenleben der ersten Geräte dann auch schon veraltet sein. Aus Sicht der IT stellt die angepeilte Laifzeit 2035 eine halbe Ewigkeit dar. Da wird’s sicher zwischendrin eine weitere Version des Innenlebens geben.
Und über allem dürfte die Frage der Zulässigkeit nach Vergaberecht schweben.
@Nurso, das dürfte der Unterschied zwischen dem Kauf eines Produktes von der Stange sein und der maßgeschneiderten Beschaffung eines Produktes mit genau den Fähigkeiten die man zu einem Termin X definiert hat und dann hofft das die Anforderungen sich nicht ändern bevor man eine Maßanfertigung von der Industrie komplett geliefert bekommen hat.
Das EU-Vergaberecht einfach mal nicht stumpf in allen Facetten mitzeichnen. Das BAAINBw auflösen und mit den frwi werdenden DP die OrgBer verstärken. Ein äquivalent zum Berry Amendment, 41 U.S.C. § 2533a schaffen und es würde in zehn Jahren, so politischer Wille vorhanden wäre, eine moderne, zur Landes- und Bündnisverteidigung (und allen weiteren Aufgaben gem. Konzeption der Bw) befähigte Bundeswehr entstehen können…
@Andreas
Absolut korrekt erkannt. Laut Amtsblatt sind das tatsächlich moderne SDRs in alten Schläuchen. Dafür sind €20.000 pro Stück zwar immer noch exorbitant (Jeder TV-Stick für €30 an einem Pi3 für €30 kann das gleiche) aber zumin
Die vorlaufende Kommunikation jedenfalls war seitens des Ministeriums eine Katastrophe. Man merkt förmlich daß sowohl der Beamte im Beschaffungsamt als auch der Pressesprecher absolut keine Ahnung haben.
PS, SDR kann jeder selber ausprobieren. Die typischerweise verwendeten Realtek-Chips erlauben einen Austausch der Firmware und z.B. DVB-T Sticks für €30 sind in der Lage ein Funkspektrum von 0 bis 10Ghz komplett in einem Stück auszuwerten. Einfach neue Firmware rein und los gehts. Allerdings sollte man bedenken daß da rechtlich einige Einschränkungen exisitieren, nicht alles darf jeder.
Wer damit mal „live“ rumspielen will: Stichworte „Web“ und „SDR“. Es gibt hunderte von Websites bei denen man das lokale Funkspektrum stufenlos mit dutzenden Modulationen von 0 bis 10Ghz durchscannen kann. Alles mit schöner Web-Oberfläche und einfach zu bedienen, nicht schwieriger als ein durchschnittliches Browsergame.
Und zwar nicht „in einem Fenster von 1khz“ sondern „in einem Fenster von 1Ghz“. Ja, richtig, man zeichnet praktisch permanent das gesamte Funkspektrum von 0 bis 1Ghz lückenlos auf und kann dann in Software ALLES damit machen. Modulation, Verschlüsselung, Frequenzbreite, Filter, whatever. Die schiere Datenmenge ist da eher ein Problem als das SDR, würde man wirklich ALLES aufzeichnen käme die USB-Schnittstelle an die Grenze und man würde zig Harddisks je 10TByte pro Tag vollwuppen.
Rechtlich ist das allerdings bedenklich da man so wirklich ALLES auswerten kann. Einige Anbieter bieten sogar Endschlüsselungsmodule für geknackte Verschlüsselung an.
Hab ich nie getestet aber glaubhaft ist das allemal.
Wie hoch sind eigentlich die Kosten pro Gerät im Vergleich zu einer Beschaffung moderner Geräte von der Stange (das Vergaberecht jetzt mal außen vor gelassen welches die ad hoc Beschaffung besserer Geräte verhindert)? Von dem was bisher genannt wurde werden diese völlig veralteten Geräte deutlich mehr kosten als jede der am Markt direkt verfügbaren Lösungen. Kann dem wirklich so sein? Dass wir mehr Geld bezahlen um schlechtere Technik einzukaufen aufgrund bürokratischer Vorgaben?
Ist das nicht der absolute Offenbarungseid und der definitive Beweis für die Unfähigkeit der Bundeswehr ihren verfassungsgemäßen Auftrag zu erfüllen?
Das einzige was mich noch mehr irritiert als dieses unfassbar abstruse Geschehen ist das absolute Desinteresse in Bevölkerung und Politik und auch innerhalb der Bundeswehr selbst an dieser völligen Fehlentwicklung. Es wird einfach so hingenommen, dabei werden hier unsere Steuergelder in krimineller Weise verschleudert.
Man merkt es immer wieder. Die Bundeswehr ist eine große Behörde, deren Aussendienstmitarbeiter lediglich anders gekleidet sind als die Mitarbeiter der Müllabfuhr.
Geht es einfach nicht in die Birne dieser Paragraphenreiter, dass sie dafür zu sorgen haben, dass der ‚Aussendienst‘ funktioniert? Ist das nun einfach nur ‚typisch Deutsch‘?
Warum finden sich unsere Soldaten damit ab, dass dringend benötigte Ausrüstung erst dann bei der Truppe eintrifft, wenn sie eigentlich schon wieder veraltet ist?
Wenn das Vergaberecht verhindert, dass unsere Soldaten zeitnah die Ausrüstung bekommen, die sie brauchen, dann ist es doch wohl naheliegend, darüber nachzudenken, das Vergaberecht zu ändern.
Wenn unsere Soldaten sich über die Sesselpuper in den Amtsstuben nicht öffentlich beschweren, dann wird sich aber auch nichts ändern. Schlichtweg deshalb, weil die Bundeswehr in der öffentlichen Berichterstattung kaum vorkommt, keine Lobby hat und nur wenige Journalisten über Wehrtechnik kompetent berichten können.
@Schlammstampfer: Die Beamten im BAAinBw mache auch nur was ihnen vorgegeben wird. Das heißt nach gEsetzes- und Vorschirftenlage arbeiten. Wenn es jemandes Aufgabe ist dort mal aufzuräumen, ist der jeweilige IBuK und der Bundestag bzw. der Verteidigungsausschuß zuständig. Aber diese Probleme mit dem Vergaberecht behindern alle staatlichen Beschaffungsvorhaben. Ob es sich nun um flughäfen, neue Aktenordner oder was auch immer handelt, was gekauft werden soll.
Das Vergaberecht ist bei weitem nicht so rigide, wie es im Amt ausgelegt wird. Da liegt das Problem.
Sonst das, was Sommerbiwak sagt. Beamte setzten Recht und Gesetz um — alles andere widerspricht dem Amtseid.
Für maßvolle rechtliche Rahmenbedingungen inklusive Ermessensspielraum zu sorgen ist Aufgabe der Legislative. Mit dem zugestandenen Ermessensspielraum zu spielen ist Aufgabe der Spitzenkräfte in BMVg und Amt.
Und in Zukunft bauernschlau ein Firmware-Update auszuschreiben, für das Oh! Überraschung! nur ein AN in Frage kommt, sollte — angesichts der jetzigen Direktvergabe an eben diesen AN — dann Ermittlungen nach sich ziehen.
Man muss Später nicht ein FW Update ausschreiben. Nur kann/könnte man bei der Ersatzbeschaffung der FuG
ja ein Komplettangebot incl Umrüstung der Fahrzeuge etc ausschreiben.
Wenn ein Anbieter dann halt anbietet einen Teil durch FW Upgrade der „nSEMs“ u. ggf durch Austausch der Frontplatte dem Gehäuses zu erledigen. Bleibt das diesem überlassen. Ebenso wenn sein Angebot in die Halterungen der (n)SEMs in den Fahrzeugen passt. SRD basierte Geräte durften X-fach in das Volumen der Alten passen. Problem ist wohl eher Platz für die Anschlüsse/Anzeigen/Displays zu finden.
Und ein FuG mit HUD/AR + Gestensteuerung wird die BW wohl eher nicht beschaffen.
@Wait&C
Die PRC-117 die die BW beschaft liegen auch bei fast 100.000€/Stk. (913 für 91 Mio€)
Wenn ich schon auf so absurd hohe Summen komme, und meiner Meinung nach sind diese Summen (100.000€ für 1 PRC-117) massig überteuert und nicht marktgerecht, wieso mache ich keine richtige große Ausschreibung an der dann alle Firmen beteiligt sind?
Also im Vorfeld natürlich mit den Firmen und Firmenkonsortien sprechen und dann eine passende Ausschreibung machen und dann bekommt jede Firma ihren Anteil am Paket.
Ich finde es irgendwie schon verständlich aus Vergaberechtsicht und vielleicht ging das gesetzeskonform nicht besser als dieser Fall jetzt.
Aber als Minister oder zuständiger Politiker im Ausschuss müssten bei mir doch alle Alarmglocken läuten bei diesem Konstrukt.
Dann machen ich lieber ein mehrere Milliarden Euro teures Paket als Kompletterneuerung der Kommunikation der Armee. Das bringt am Ende doch viel mehr umgelegt auf den Euro als diese „Zwischenlösung“ für eine knappe Milliarde mit 0 Vorteilen weil alte Technik und alter Stand der Technik.
Aber ich bin auch kein Fachmann.
Hallo @ex_inst und @Denethor
Ich weiß nicht in welche Welt unsere Beschaffer und die Verantwortlichen in Haushaltsausschuss leben.
Habe spaßeshalber geschaut, was für eine Wunderteil wir für fast 100.000 €/St. mit Zubehör bekommen.
Mit Erstaunen habe ich festgestellt das die Amerikaner in Jahr 2011/2014 nur $3937,50 /St. für dieses Funkgerät bezahlt haben.
https://tinyurl.com/m4k8rd9w
Um das Zubehör, wird es sich vermutlich um die passenden Rucksäcke von Mystery Ranch handeln, die für 599,99 €/St. erhältlich sind.
https://tinyurl.com/a7xj6ans
Von Chinaman kann man eine Replik, von Triumph Instruments für nur 1.254,77 €/St. erwerben.
https://tinyurl.com/vczpu4hj
oder
https://www.newbecca.com/product/37732532414
Auf den ersten Blick macht das TRI PRC-117G einen soliden Eindruck, würde zu testzwecke 100 Geräte direkt von Hersteller erwerben.
Mittlerweile bekommen die Amerikaner die ganz neuen Falcon IV Funkgeräte geliefert….unglaublich.
@wernfr
Bemerkenswert ist auch der Preis der laut Soldat und Technik bei ca. 10.000 Euro pro Gerät liegen soll. Vielleicht kann Thales ja die „veralteten“ PRC117 günstig abkaufen und in unsere SEM Gehäuse einsetzen…. Dann haben wir modernere Technik und Thales kann den Gewinn noch weiter optimieren SCNR
„Unter Sklerose (altgriechisch σκληρός sklērós, deutsch ‚hart‘) versteht man eine Verhärtung von Organen oder Gewebe durch eine Vermehrung des Bindegewebes.“
Das beschreibt den Zustand der Digitalwüste Deutschland am besten. Erstarrt im Dschungel, der selbstgeschaffenen Bürokratie.
Für die Kontrolle der Preisgestaltung im Rüstungsbereich gibt es u.a. die Preisprüfung. Die ist bei Landesbehörden angesiedelt und deckt im Regelfall auf, wenn eklatant überteuertes Material beschafft wird.
Also, runterkommen.
Was das Vergaberecht angeht, stellt die Vergabestelle die Kriterien auf, was ein bestimmtes, zu beschaffendes Ding können soll, wie es befähigt ist, etc.
Da es sich hier jedoch um eine Direktvergabe handelt, dürfte es rechtlich kritisch sein, wenn man etwas als „alt“ verpackt und nachher per Softwareupdate ein ganz anderes Leistungsspektrum abbilden kann.
Spannend hier mitzulesen.
Das Beschaffungsamt hat nach hiesiger Bewertung ein Problem. Man hat bei allen Digitalisierungsideen jahrelang nichts für den Bestand der SEM getan. Dass sie längst in Funktion und Kriegstauglichkeit völlig zurückgeblieben sind, stört das Amt nicht. Das Heer versteht es nicht und dem Bereich CIR ist es ziemlich egal, die haben ja Smartphones und Club-Mate. Der Zeitungsleser schüttelt den Kopf und wundert sich nur.
Nun sieht man wohl die Chance, durch die Hintertür und mit Gleichheit und Integration begründet stark konstruiert freihändig hier an ein SDRadio zu kommen, koste es was es wolle. Blöd nur, dass das eigene Haus durchaus zurecht Wettbewerb und Transparenz fordert und jegliches SDRadio mehr kann als ein altes SEM. Auch Nutzung und Betrieb können nicht zu 100% identisch laufen, damit ist dieser Trampelpfad schnell als Umgehung von Vergaberecht und BwRegeln zu demaskieren und damit VERBOTEN.
Die konkurrierende Industrie, die hier fern gehalten wurde, braucht wahrscheinlich gar nichts tun, denn die Obersten (Staatssekretär, Abteilungsleiter CIT und Ausrüstung, Inspekteure) können solch ein das Recht umgehendes amtliches Vorgehen kaum akzeptieren und suchen sicher schon die Schuldigen. Die dürften sich leicht finden lassen, das sind seit Jahren einige wenige sehr gewichtige Personen im BAAIN.
Dumm aber, dass am Ende das der Bundeswehr auch nicht hilft. Neue Radios gibt es nur mit wettbewerblichen Vergaben. Und die laufen bereits. Die Karte der nationalen Sicherheitsinteressen wollte man nicht ziehen, also geht nur der Wettbewerb.
Derweil muss und wird man die SEM-Nachbeschaffung auf die Fähigkeiten und Parameter der alten SEM zurückführen wie rechtlich zulässig. Dann gibt es eben alte Fähigkeiten und das wird dem Althersteller bestimmt viel Geld bringen, aber eben keine neuen SDRadios.
@Metallkopf: Landesbehörden prüfen tatsächlich die Preise von Beschaffungen der Bundeswehr, sind Sie sicher?
@Schwermetaller: sind sie sicher, dass die erste und die letzte Serie der regulär beschafften SEM 90 in jedem elektrischen/elektronischen Bauteil sowie in der Innenansicht der Hülle zu 100% identisch sind?
Ich sehe es so:
Bundeswehr hat mal Golf2 beschafft. Nun soll die VW nochh mal Golf2 liefern (Liefername Golf2n): äusserlich völlig identisch mit dem Ursprungsmodell: Maße, Höchstgeschwindigkeit, kein Radio, kein Navi, kein Airbag. Kostenpunkt:2.500 EUR
In 10 Jahren gibt es eine Ausschreibung, wo Opel den Astra27 für 5.500 EUR, VW den Golf30 für 6.000 EUR anbietet und als Nebenangebot jeden Golf2n gegen 1 Modell zu tauschen, was funktional die Anforderungen der Ausschreibung genügt und kompatibel zu Golf30 ist: Kostenpunkt 4.000 EUR.
Technisch würde halt das Armaturenbrett getauscht, Navi, Radio, Airbag eingebaut (Kabel waren vorbereitet), Austausch Motorhaube und Radkästen, Austausch Antriebseinheit inkl. Lichtmaschine und Batterie: Karosserie war entsprechend designt. Voila: Der Beschaffer spart Geld und Unternehmen macht mehr Umsatz.
Der Anbieter geht natürlich ins Risiko…
Ich sehe diesen Weg durchaus als gangbar an.
Meines Wissen waren die Preisprüfer für Wehrmaterial beim BwB in Koblenz angesiedelt.
Ein Blick ins Gesetz erleichtert die Rechtsfindung:
1. https://www.gesetze-im-internet.de/preisv_30_53
2. Ressortvereinbarung zw. BMVg und BMWi vom 18.11.2020
Die VO PR Nr. 53 sieht vor, dass dafür zuständige Behörden die Preise prüfen. Gemäß BMWi sind das die Preisbildungs- und Preisüberwachungsstellen der Länder.
Die Ressortvereinbarung lässt das bei Marktpreisen unangetastet, aber räumt dem BAAINBw bei Selbstkostenfest- und richtpreisen ein Mitprüfrecht ein. Selbstkostenerstattungspreise liegen wieder grundsätzlich bei den Preisdienststellen der Länder — es sei denn, diese kann binnen eines Jahres nicht beginnen. Dann kann das BAAINBw eine Prüfung vornehmen. Achja, und der Klassiker fürs Auswendiglernen: beim Lfz-Zellenbau darf das BAAINBw auch prüfen.
@aussenstehender: Der Tausch durch Innereienwechsel unter Beibehaltung der Hülle ist kein gleichwertiges Nebenangebot verglichen mit der Beschaffung eines Neuwagens. Zudem muss die Vergabestelle in der Veröffentlichung die Möglichkeit von solchen Nebenangeboten einräumen, so dass auch der Konkurrent ein entsprechendes Angebot abgeben könnte.
@Nur 2 Cent: schon sehr gut dargestellt
Nur noch der Hinweis: in den großen Bundesländern sind die Preisüberwachungsbehörden nicht bei den Ländern sondern den Bezirksregierungen angesiedelt.
Und das BAAINBw kann erst dann Selbstkostenerstattungspreise prüfen, wenn die Preisüberwachungsbehörde das auch schriftlich gegenüber dem BAAINBw bestätigt, dass sie innerhalb von 12 Monaten nicht mit der Prüfung beginnen kann