Deutsche Fregatte zum „Flagge zeigen“ in den Indopazifik ausgelaufen

Die deutsche Fregatte Bayern ist zu einer sechsmonatigen Reise in den Indopazifik aufgebrochen. Die erste Fahrt eines deutschen Kriegsschiffes in die Region seit fast 20 Jahren soll das Engagement der Bundesrepublik in Fernost  und die deutsche Bereitschaft zum strategischen Engagement dort belegen. Allerdings wird die Deutsche Marine gegenüber China zurückhaltender agieren als ihre westlichen Verbündeten.

Die Fernost-Reise eines deutschen Kriegsschiffes war bereits für das vergangene Jahr mit der Fregatte Hamburg vorgesehen, dann aber wegen der Corona-Pandemie verschoben worden. Angesichts der geringen Zahl zur Verfügung stehender Schiffe und der geplanten Werftliegezeiten hatte die Marine für den neuen Anlauf auf die Bayern zurückgegriffen, eine der älteren Fregatten der Bundeswehr. Mit der Fahrt will Deutschland den sicherheitspolitischen Aspekt seiner im September 2020 verabschiedeten Indo-Pazifik-Leitlinien unterstreichen.

Nach ihrem Auslaufen aus Wilhelmshaven am (heutigen) Montag soll die Bayern unter dem Kommando von Fregattenkapitän Tilo Kalski zunächst im Mittelmeer die NATO-Operation Sea Guardian und nach der Fahrt durch den Suezkanal die EU-Antipirateriemission Atalanta vor Somalia unterstützen. Der politisch interessante Teil der Reise beginnt nach der Fahrt durch den Indischen Ozean – dabei sind Hafenaufenthalte unter anderem in Pakistan, Australien und Japan vorgesehen.

Ein wichtiger Bestandteil der Reise wird die Fahrt der Fregatte durch das Südchinesische Meer – eine Region, in der China im Gegensatz zum internationalen Recht Gebietsansprüche erhebt. Die Bundeswehr hatte bereits deutlich gemacht, dass das deutsche Schiff – im Unterschied zum Vorgehen anderer Nationen wie USA, Großbritannien oder Frankreich –  auf demonstrative Aktionen zur Durchsetzung der freien Durchfahrt durch dieses Seegebiet verzichten werde. Wir gehen da nicht in die Konfrontation, sagte Marineinspekteur Kay-Achim Schönbach in einem Interview mit der Redaktion der Bundeswehr:

Also das verbindliche Recht, Sie hatten das ganz am Anfang gesagt, sei es das Völkerrecht, Seevölkerrecht, das Recht auf die Nutzung der freien See, das ist in diesem Falle außerhalb von Territorialgewässern oder Gewässern, die zum Beispiel für Übungen oder Ähnliches gesperrt sind, für jeden überall befahrbar. Und Sie spielen natürlich an auf das Südchinesische Meer, das in der Tat in einer gewissen Weise „geclaimed“ wird, gefordert wird als eine, ich sag mal, besondere Einflusszone der Volksrepublik China. Spratly-Inseln, die Paracel-Inseln sind das. Davon sind wir aber auf dem Weg durch das Südchinesische Meer weit entfernt. Wir werden die üblichen Handelsrouten benutzen, wo eben jeder fahren kann. Aber ich will der Frage, die hinter der Frage steht, natürlich nicht ausweichen: In der Tat sehen wir auch in diesem Fall dieses Recht, das Seevölkerrecht, tatsächlich als verbindlich an. Wir unterstützen selbstverständlich die Volksrepublik China dabei nicht, dass diese kleinen Atolle, die dann aufgeschwemmt werden und ausgebaut werden zu Inseln, darum herum dann eine Zwölfmeilenzone als Territorialgewässer zu formulieren und zu fordern. Das unterstützen wir selbstverständlich nicht. Aber wie ich eingangs sagte, wir gehen da nicht in die Konfrontation. Das heißt, wir fahren dann ganz normal entlang der Seehandelsrouten. Also ist das unproblematisch.

Unklar ist bislang allerdings, ob es zu einem Hafenbesuch der Bayern in China kommen wird. Ein solcher Besuch, möglicherweise in Schanghai, werde zwar angestrebt, sagte Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer beim Auslaufen des Schiffes in Wilhelmshaven. Eine Zusage der chinesischen Regierung gebe es aber noch nicht. Der bisher letzte Hafenbesuch eines deutschen Kriegsschiffs in China war der Besuch der Fregatte Mecklenburg-Vorpommern vom 10. bis 15. Juni 2002 in Quingdao.

Die Ministerin betonte in ihrer Rede vor dem Auslaufen auch, Deutschland wolle mit dieser Reise Flagge zeigen für unsere Werte und Interessen, gemeinsam mit unseren Partnern und Verbündeten. Allerdings hatte sich die Bundesregierung offensichtlich entschieden, gerade nicht gemeinsam mit Verbündeten in diese Region zu fahren: Derzeit ist ein britischer Flugzeugträgerverband dort unterwegs, dem auch Schiffe anderer Nationen wie zum Beispiel der Niederlande angehören.

Die Begründung für die Fahrt der Bayern hatte Kramp-Karrenbauer in ihrer Rede im November vergangenen Jahres vor der Bundeswehr-Universität Hamburg erläutert:

Ich freue mich, dass die Bundesregierung umfassende Leitlinien zum Indo-Pazifik beschlossen hat, die auch die Sicherheits- und Verteidigungspolitik umfasst. Die strategische Bedeutung der Region wird damit voll anerkannt. Eine stärkere verteidigungs- und sicherheitspolitische Zusammenarbeit füllt den für uns so wichtigen Multilateralismus mit Leben und stärkt die Partnerschaft zu Freunden in Australien, Japan, Südkorea oder Singapur.
Deutschland wird präsenter, etwa durch mehr Verbindungsoffiziere und im kommenden Jahr, so Corona das zulässt, durch ein Schiff der Deutschen Marine. Wir werden Flagge zeigen für unsere Werte, Interessen und Partner.

Die Rede der Ministerin zum Auslaufen der Bayern und danach (akustisch markiert) Fragen und Antworten an Kramp-Karrenbauer zum Nachhören:

AKK_Auslaufen_Fregatte_Bayern_02aug2021     

 

Nachtrag 3. August: Die Hongkonger Tageszeitung South China Morning Post berichtet aus Peking dazu:

Beijing to Berlin: clarify warship’s intentions in South China Sea or forget Shanghai visit
Beijing says it will not consider a port call request from a German warship to stop at Shanghai until Berlin clarifies its intentions in sending the frigate through the South China Sea.

(Archivbild März 2015: Die Fregatte Bayern im Antipiraterieeinsatz vor Somalia – EUNAVFOR Atalanta; Grafik: BMVg – Schanghai ist als Hafenbesuch eingezeichnet, aber noch nicht bestätigt)