Autobombe gegen UN-Blauhelme in Mali – Bundeswehrsoldaten verwundet (2. Fassung, Update BMVg)
Bei einem Anschlag mit einer Autobombe im Norden Malis sind am (heutigen) Freitagmorgen 15 Blauhelm-Soldaten der UN-Mission MINUSMA verwundet worden. Bundeswehr und Verteidigungsministerium bestätigten inzwischen, dass es verwundete deutsche Soldaten gab; weitere Details nannten sie zunächst nicht. Drei von ihnen sollen schwer verwundet sein.
Das Einsatzführungskommando der Bundeswehr und das Ministerium nahmen am frühen Nachmittag via Twitter erstmals öffentlich zu den Meldungen über den Anschlag Stellung:
Zuvor hatte bereits MINUSMA den Anschlag bei Tarkint, nördlich des Bundeswehr-Stationierungsortes Gao, gemeldet:
(Heute Morgen wurde eine temporäre Operationsbasis der MINUSMA-Truppe in der Nähe des Dorfes Ichagara, in der Gemeinde Tarkint, Region Gao, Ziel eines Anschlags mit einer Fahrzeugbombe. 15 Blauhelme wurden verletzt, ihre Evakuierung ist im Gange.)
Ein Kollege des französischen Nachrichtensenders France 24, der die Region beobachtet, meldete via Twitter, der Anschlag habe einer Bundeswehrpatrouille gegolten: Nach Angaben mehrerer lokaler Quellen wurde eine Patrouille des deutschen Kontingents der MINUSMA in Al Moustarat nördlich von Gao von einer Autobombe getroffen, die von einem Selbstmordattentäter gesteuert wurde. Mehrere deutsche Soldaten werden verletzt. Nach Angaben des französischen Senders RFI begleiteten die Blauhelme eine Einheit der malischen Armee auf dem Weg nach Kidal.
Der Anschlagsort liegt rund 140 Kilometer nördlich von Gao (ggf. auch etwas weiter; lt. Bundeswehr 180 Kilometer; ohne Koordinaten ist das schwierig zu verifizieren):
Der MINUSMA-Einsatz gilt als die gefährlichste Blauhelmmission der Vereinten Nationen. Immer wieder werden sowohl die Soldaten dieser internationalen Truppe, aber auch andere militärische Missionen wie die französisch geführte Anti-Terror-Operation Barkhane in dem westafrikanischen Land angegriffen.
Die Bundeswehr selbst war bislang von solchen Angriffen verschont geblieben,allerdings nur knapp: Im vergangenen Jahr fuhren gleich zwei Mal belgische Soldaten mit ihren Dingo-Patrouillenfahrzeugen, wie sie auch die Bundeswehr verwendet, in eine Sprengfalle. Die Belgier waren in Konvois zusammen mit den deutschen Soldaten unterwegs. Ebenfalls im vergangenen Jahr wurden irische Soldaten angegriffen – die mit einem von der Bundeswehr ausgeliehenen Eagle-Patrouillenfahrzeug unterwegs waren.
Bei MINUSMA sind derzeit knapp 900 deutsche Soldaten im Einsatz. Nach dem absehbaren Ende der Mission in Afghanistan wird es der größte Auslandseinsatz der Bundeswehr.
(Archivbild: Fahrzeuge der Objektschutzkompanie patrouillieren bei Sonnenuntergang im Rahmen der UN-Mission MINUSMA in Gao/Mali, am 05.02.2021 – Frank Wiedemann/Bundeswehr)
Zum Glück kann man sich ja auf die private Rettungskette verlassen. *Ironie*
Den verwundeten Kameraden alles Gute.
[Mit der Ironie warten wir vielleicht noch, bis bekannt ist, ob nicht genau diese private Rettungskette einwandfrei funktioniert hat? Und nein, an dieser Stelle keine Debatte, ob die Verwundeten besser mit einem Militärhubschrauber ausgeflogen worden wären. T.w.]
merde! den Verwundeten schnelle Genesung!
Es zeigt sich leider das selbe Problem wie beim Afghanistan Einsatz. Das Beharren man sei ja nicht im „Kampfeinsatz“ mit an die Berliner Realität angepassten formaljuristischen Mandatsabgrenzungen interessiert den Gegner nicht.
Dieser wird alle Ihm zur Verfügung stehenden Mittel nutzen um sein operatives Ziel zu erreichen.
Ich hoffe das dieses mal nicht wieder Jahre braucht bis die operativen/taktischen Konsequenzen aus dieser Erkenntnis gezogen werden
Angriff erfolgte wohl auf temporäres Biwak das in Reaktion auf vorangegangen Angriff bezogen wurde
„Offenbar hatten die Soldaten über Nacht eine sogenannte Temporary Operating Base (TOB) errichtet, da es bereits am Vortag bei der Begleitung malischer Soldaten zu einem minder schweren Sprengstoffanschlag gekommen war. Dabei wurde ein Fahrzeug beschädigt.“
berichtet SPON
Hmm. Die Gruppe die den Anschlag verusacht hat wird jetzt vermutlich auch die Nachrichten lesen und feixen. Nicht dass das zum Ansporn und Selbstläufer wird.
[Heißt jetzt was? Verschweigen? T.W.]
Die Luftwaffe wird morgen einen Medevac A400M entsenden. Vermutlich kommt noch eine weitere Maschine einer andern EATC-Einheit hinzu.
Ich mag mich ja irren, aber das sieht aus wie die „Stelle“ / Region, wo der Tiger abgestürzt ist. Kann das jemand bestätigen?
Das bestätigt meine Vermutung, daß wir beim Abzug der Franzosen anfangen müssen PzHaubitzen u.ä. dahin zu verlegen. Aber bevor das jetzt OT wird, alles Gute den verwundeten Kameraden.
Traurig das es soweit kommen musste. Das hat man davon wenn die Lage vor Ort permanent runtergespielt und unterschätzt wird und jegliches Verhalten was man als „Infanterie Einheit“ oder Aufklärer vorher ausgebildet bekommen hat verboten wird, was gerade junge unerfahrene Kameraden sehr verunsichert. Leider war es mir eine Frage der Zeit… Es ist nicht ISAF (NATO) sondern Minusma (UN eher passiv) das wissen wir aber es wird Zeit, auch für die Bundeswehr vor Ort zu begreifen das dort Krieg Herrscht. Und wir mit diesem geringen Kräfte Ansatz nichts bewirken außer Kameraden zu gefährden.
Ganz viel Kraft den Angehörigen, Verwundeten sowie den Kameraden vor Ort. Meine Gedanken sind bei euch !
Horrido
Minusma ist ein Blauhelm Einsatz und die Truppen und Fahrzeuge sind als solche gekennzeichnet. Ein Angriff auf Blauhelme ist ein Angriff auf die UN. Bin gespannt, wie die darauf reagieren wird.
Was den Ablauf des Angriffs anbetrifft hätte ich gern erst ein vollständigeres ‚Bild‘ bevor ich das kommentiere. Ich wünsche den verwundeten Soldaten schnelle Genesung.
Ich wünsche den betroffenen Soldaten einfach nur alles Gute.
Hoffentlich sind die Verwundungen nicht so schwer wie es klingt und es
gibt eine vollständige Genesung.
Wird vermutlich so oder so schwer sowas zu verarbeiten.
Aber ein Selbstmordattentäter ist nur äußerst schwer bzw. gar nicht vorher
aufzuklären oder zu verteidigen, gerade wenn man selbst nur eine temporäre
Sicherung bezogen hat.
Gute Besserung!
@ Paul sagt: 25.06.2021 um 14:09 Uhr
Den verwundeten Kameraden in erster Linie erst einmal alles Gute.
„Zum Glück kann man sich ja auf die private Rettungskette verlassen. *Ironie*“
Der gekennzeichneten *Ironie* entnehme ich, dass Sie hier Gefechtserfahrung und Erfahrung mit militärischem (ggf. Bw) und Contractor CASEVAC/MEDEVAC (ggf. Mali) haben könnten, und uns daran teilhaben lassen.
@wacaffe
Da in Mali bislang nur der Gegner ernsthaft kämpft, wäre es irreführend, im Fall der Bundeswehr von einem Kampfeinsatz zu sprechen. Um gegen die dschihadistischen Gruppen in Mali offensiv vorgehen zu können, würde man Spezialkräfte brauchen, die in Deutschland ja leider politisch unerwünscht sind und mit anderen Dingen beschäftigt gehalten werden. Bewaffnete Drohnen, die paradoxerweise auch bei denen unerwünscht sind, die deutsche Soldaten in solche Einsätze entsenden, würden ebenfalls helfen. Parallel zum Auslaufen der französischen Operation Barkhane wird es mehr solche Vorfälle geben, falls man sich nicht stillschweigend in die Lager zurückzieht wie zeitweise in Afghanistan. Eine Debatte darüber, wie viele Opfer Deutschland dieser Einsatz wert ist bzw. darüber, ob man erneut meint auf eine offensive Rolle der Bundeswehr weitgehend verzichten zu können, ist überfällig. Unabhängig davon wünsche ich den verwundeten Kameraden und ihren Familien alles nur erdenkliche Gute.
Ich wünsche den Verwundeten eine schnelle und vollständige Genesung!
@wacaffe: Das ist genau das Problem! In Berlin deklariert man immer alles als Friedens- oder Aufbaumission was es in Wahrheit nicht ist und nie sein wird. Die Realität ist und bleibt einfach das es in letzter Konsequenz Kampfeinsätze sind, alles andere ist Träumerei.
Ich wünsche den Verwundeten schnelle und gute Genesung, den Angehörigen und den Soldaten viel Mut und Zuversicht.
Krieg, Tod, Verletzungen – Verwundung und Tod zeigen die Besonderheiten des Soldatenberufes.
Ich erhoffte mir mit Blick auf solche Einsätze mehr Strategiefähigkeit, um in Grenzsituationen wie dieser die schwierigen Fragen „Warum“ „ Gekämpft wofür?“ beantworten zu können.
Um Verständnis und Rückhalt in der Gesellschaft für solche militärischer Aktivitäten der Bundeswehr im Rahmen des weltweiten Krisenmanagements zu erzeugen, bedarf es in Deutschland der Anerkennung und professionellen Bewertung von Politik, dies im Rahmen einer „Legitimationsstrategie“, u.a. ethische, rechtliche und politische Legitimation des Auftrages.
Unverändert dominiert Mangel an Strategie für Bundeswehr-Auslandseinsätze.
Die Politik hat bis jetzt noch nie eine Strategie entwickelt, die über die Tatsache hinausgeht, dass man in einem Land „eingreifen“ will.
Aussagen, dass man einen vollkommenen Zerfall eines Staates und damit die weitere Ausbreitung von Terror zu verhindern zu wollen, sind einfach zu allgemein, den da wären wir in zahlreichen anderen Ländern zum Einsatz gezwungen.
Die politischen und strategischen Ziele eines Einsatzes sind von vorneherein eindeutig festzulegen. Dabei sollte der zeitliche Ansatz möglichst nach überprüfbaren Gesichtspunkten formuliert werden, z.B. „Streitkräfteeinsatz bis xxxx“. (Zustand, Entwicklung oder auch Zeit)
Außerdem sind in diesem Zusammenhang insbesondere folgende Einzelfaktoren bereits vorab zu prüfen:
überschaubare Konfliktkonstellation, allgemeine Übereinstimmung von Zielen und Mitteln, klare multinationale Führungsstrukturen, angemessene und ausreichende Einsatzregeln sowie notwendige Maßnahmen nach Beendigung der Mission.
Für jeden Einsatz ist eine rechtzeitige Evakuierungsvorsorge für den Fall zu treffen, dass die ursprünglichen Ziele nicht mehr zu erreichen sind und der Einsatz abgebrochen werden muss.
Es gibt m.E. keine Strategie für Mali, es gab keine für Afghanistan.
Das Militär kann immer nur eine „Zeitpause“ für die Politik schaffen. Allerdings habe ich nicht den Eindruck, dass diese richtig genutzt wurde und wird. Stichwort Gesamtstrategie.
Nicht zuletzt müssen solche Einsätze der Bundeswehr auch permanent überprüft und nachjustiert werden. Eine kritische Zwischen- oder Gesamtbilanz ist nur mit einer unabhängigen externen Evaluierung zu erreichen.
Sollte mir die Strategie für Mali entgangen sein, bitte ich höflichst um Beiträge.
@Schlammstapfer:
Ihnen scheint entgangen zu sein, dass Angriffe auf MINUSMA seit mehreren Jahren ungefähr wöchentlich passieren.
Zumeist sind aber keine europäischen Kontingente betroffen.
Die heutigen Ereignisse sollten erneut die Kernfrage in den Mittelpunkt stellen:
Wofür ist dieser Einsatz gut?
Ist Solidarität mit Frankreich eine hinreichende Legitimation für einen vorgeblichen „Nichtkampfeinsatz“ mit einer Vielzahl kämpferischer Gegner?
Überraschend kommen die Ereignisse wahrlich nicht.
Was ist das Konzept der Bundesregierung und der Koalition?
Da der Einsatz fortgesetzt werden soll, was muss sich strategisch, operativ und taktisch ändern?
Wie positioniert sich Deutschland zur Weiterentwicklung von Barkhane?
Die Kernprobleme des Einsatzes sind deutlich größer als eine zivile Rettungskette.
@ 1berger 25.06.2021 19:06 Uhr
Die reine Betrachtung der militärischen Komponenten hilft nicht bei der Bekämpfung des Terrors.
Auf vielfältige soziale, wirtschaftliche und politische Problemlagen haben die Bundesregierung und ihre internationalen Bündnispartner primär mit militärischen Maßnahmen geantwortet.
Zweck von MINUSMA ist es so unter anderem, die Umsetzung des Friedensabkommens zwischen der malischen Regierung und den bewaffneten Gruppen im Land zu unterstützen. Bestandteil des Mandats ist die Zusammenarbeit mit der EUTM Mali und der EU Capacity Building Mission in Mali (EUCAP Sahel Mali) sowie mit der G5-Sahel-Initiative und der französischen Nachfolgemission »Opération Barkhane«. Das robuste Mandat lässt im Rahmen der Selbstverteidigung und zum Schutz der Zivilbevölkerung einen angemessenen militärischen Handlungsspielraum zu. Die direkte Bekämpfung terroristischer Gruppen ist dabei nur bei unmittelbarer Gefahr vorgesehen.
Damit hat die Bundesregierung allerdings indirekt zur weiteren militärischen Eskalation beigetragen und deren Ausbreitung in die Nachbarländer befördert.
Wenn die internationale Gemeinschaft der malischen Regierung immer wieder signalisiert, dass die finanzielle und militärische Unterstützung wegen des Antiterrorkampfs immer weiter fließen wird – unabhängig davon, ob sie notwendige Reformen, politische Verhandlungen und die Umsetzung des offiziellen Friedensabkommens weiterbringt und den Boden für die gewalttätigen Gruppen entzieht –, dann schwächt gerade diese Logik der Terrorismusbekämpfung die eigentlichen Ziele der Europäer: Frieden und Stabilität.
Ein erfolgreicher Wiederaufbau hängt vor allem von der politischen Gestaltungskraft der Malier und ihrer Nachbarländer ab. Die Länder müssen langfristig unabhängig von externer Hilfe werden und ihre Entwicklung in eigener Verantwortung vorantreiben.
@1berger:
„Das Militär kann immer nur eine „Zeitpause“ für die Politik schaffen.“
Widerspruch. Streitkräfte sind nicht für eine Zeitpause da, sondern in einer echten Strategie (Zweck, Ziel, Mittel) das Mittel zur Gewaltandrohung und -anwendung zur Zielerreichung. Leider wird in der Bw (inkl. FüAk) immer wieder gelehrt:
Wir können nur Zeit kaufen.
War auf dem Balkan vielleicht richtig, in Afghanistan sicher falsch und ebenso in Mali.
Diese Zusammenhänge sind in den politischen und gerade auch den militärischen (!) Eliten kaum mehr präsent.
So grundlegend ist das Problem unserer Sicherheitspolitik.
@Mister Moon: +1*
Den Kameraden gute Besserung ❤️🩹 und Erholung!
Seien wir doch ehrlich, Abzug Afghanistan, Regruppierung FRA und wir als mit größter Truppensteller. Da Testen ein paar Djihadisten unsere Resilienz und eben das werden die auch bekommen.
@ Trevor Faith
Negativ.
Kontext?!