Fürs Archiv: Iren in Bundeswehr-Fahrzeug im Mali-Einsatz angegriffen
Erneut ist ein deutsch geführter Konvoi im UN-Einsatz in Mali angegriffen worden, und erneut hatte die Bundeswehr unglaubliches Glück: Bei der Explosion einer Sprengfalle traf es am 25. Februar ein geschütztes Eagle-Fahrzeug der deutschen Streitkräfte, das allerdings von irischen Soldaten genutzt wurde, drei Iren wurden leicht verwundet. Bereits im Januar waren gleich zwei Mal belgische Soldaten, die zur deutschen Aufklärungskompanie in Gao gehören, auf ein Improvised Explosive Device (IED) gefahren.
Der Anschlag in der vergangenen Woche ereignete sich rund 80 Kilometer nördlich von Gao. Aus der Mitteilung der Bundeswehr:
In Mali kam es am 25. Februar zu einem IED-Anschlag auf eine deutsch geführte multinationale Aufklärungseinheit. Dabei wurden keine deutschen Soldaten verwundet.
Gegen 13.27 Uhr Ortszeit (14.27 Uhr MEZ) löste ein Konvoi der deutsch geführten multinationalen Aufklärungseinheit MINUSMA einen versteckten improvisierten Sprengsatz (IED) aus.
Der Vorfall ereignete sich im Norden Malis etwa 80 Kilometer nordöstlich von Gao.
Dabei wurde ein deutsches Fahrzeug mit irischer Kennzeichnung und irischer Besatzung beschädigt und drei irische Soldaten leicht verwundet. Es kamen keine deutschen Soldatinnen und Soldaten zu Schaden.
Die irischen Verwundeten wurden umgehend mit rumänischen Rettungshubschraubern nach Gao in die deutsche Sanitätseinrichtung gebracht.
Die Mitteilung der irischen Streitkräfte:
Defence Forces Personnel Involved in Incident in Mali
Earlier today, Defence Forces personnel deployed with the United Nations MINUSMA mission in Mali were involved in an operational incident. While conducting a Patrol east of their base in GAO, three of our soldiers sustained minor injuries when an Improvised Explosive Device (IED) exploded close to their convoy.
Our personnel have received medical treatment and are safe and well and their next of kin and families have been contacted. The Defence Forces conducts intensive pre-deployment mission training in order to prepare our personnel for such an incident.
Der an die irischen Streitkräfte ausgeliehene Eagle war das letzte Fahrzeug in der Kolonne – alle anderen, vor allem deutschen Fahrzeuge müssen also zuvor an dem IED vorbeigefahren sein. Eine ähnliche Situation gab es bereits am 1. Januar: Da fuhr ein Dingo der Belgier auf eine solche Sprengfalle, nachdem zuvor mehrere Bundeswehr-Dingos die Stelle passiert hatten. Belgische Soldaten waren am 24. Januar bei Gao erneut Ziel eines solchen Angriffs.
Die Irish Defence Forces sind mit Spezialkräften ihres Army Ranger Wing an der UN-Mission in Mali beteiligt; 14 Soldaten wurden nach einem Bericht des irischen Fernsehens in das westafrikanische Land entsandt.
(Foto: Irischer Soldat des Army Ranger Wing in Mali – Screenshot aus einem Video der irischen Streitkräfte vom November 2019)
Ist der Verleih des Eagle an die irischen Streitkräfte jetzt die internationale Version des dynamischen Verfügbarkeitsmanagements????
Naja. Die Bw hatte unglaubliches Glück. Irische Soldaten wurden verwundet. Ist dass nich nen bissel Zynisch?
[Die Bundeswehr hatte unglaubliches Glück, weil seit Jahresanfang mindestens zwei ihrer Patrouillen mit IED angegriffen wurden, es aber nicht die Bundeswehr traf. Das kann man als Zynismus bewerten oder als Sachdarstellung. T.W.]
@Fussgänger
Die irischen Streitkräfte sind noch kaputter gespart als die Bundeswehr und Österreichs Bundesheer zusammen. In den einschlägigen Quellen ist von Kasernen zu lesen, die wegen Einsturzgefahr gesperrt sind, und von Soldaten, die im Lidl hinter der Kasse sitzen, um sich ihr seit der Finanzkrise eingefrorenes Gehalt aufzubessern.
Ich gebe aber zu, auch ich verwundere mich über diese Ausleihe. Es fragt sich auch, wie es rechtlich gehandhabt worden wäre, hätte das Fahrzeug schuldhaft Schaden genommen, z.B. bei nachlässiger Benutzung. Sehr merkwürdig.
Aber wie dem auch sei, gute Besserung den Betroffenen.
Die Frage ist doch auch wass passiert wäre wenn der eagle auf eine mine wie der Dingo vor ein paar Wochen gelaufen wäre. Der motor flog ca 30 m weit. Da haben die iren wirklich glück gehabt.Gute besserung meinerseits.
Ich mag mich irren, aber die georgische (?) QRF in Mazar e-Sharif kurvt auch mit Dingo 2 durchs Lager, die augenscheinlich der Bw gehören. Manche Dinge sind dann doch möglich – man muss sich nur einig sein.
@Hans Dampf
Sowohl die georgische QRF als auch die mongolische ForceProtection sind mit DEU Fzg und HaWa ausgestattet.
@muck
Je mehr sich die Dinge ändern, desto mehr bleiben sie gleich oder nur schlechter?
Wenn als rechtliche Handhabe die Entscheidung des Verantwortlichen vor Ort unsere Verbündeten brauchten es oder es war sinnvoller, dann stimmt was mit der rechtlichen Handhabe nicht.
Was kommt als nächstes, im Gefecht wird Munition nur an die eigen Einheit ausgegeben, der Nachbar an der Flanke soll sehen wo seine ist?
@ ThoDan
Man muss zwei Dingen auseinander halten:
a) Im Gefecht, ad hoc, wenn es auf Leben und Tod geht, da wird nicht gefragt, wer auf welchem Fahrzeug sitzt, mit welcher Waffe schießt oder wo die Munition her kommt. Um diesen „spontanen“ Fall geht es hier jedoch – soweit ich das verstanden habe – nicht.
b) Bei der (politischen) Kräfteplanung geht es um gewichtige Fragen, die im Vorwege geregelt sein müssen. Haftet die Bundesrepublik Deutschland z.B. für Personenschäden anderer Nationen, wenn sie deutsches Material nutzen?
Im Frieden ist es z.B. so ohne weiteres (!) nicht statthaft, Zivilpersonen (oder Angehörige anderer Streitkräfte) in Dienst-Kfz mitzunehmen – u.a. aus den o.g. Gesichtspunkten, Versicherungsschutz usw.
Wenn im Mali die Leihgabe eines Fahrzeuges ein wirkliches Problem wäre, könnten wir wohl alle froh sein.
Die Lage bleibt unverändert schwierig und verschlechtert sich teilweise auch noch weiter.
Wirkliche Antworten gibt es weiter nicht.
Aus den Erfahrungen der letzten 25 Jahre hat auch Deutschland nicht wirklich gelernt.
Und so entwickelt sich in der Sahelzone immer mehr zu einem „Africanistan“ (https://agrinatura-eu.eu/2018/09/africanistan-the-triple-challenge-posed-by-sub-saharan-africa/).
@|Hans Dampf
A) Wenn ich mich nicht ganz dumm vertan habe, bestand da die Gefahr von Sprengstoffanschlägen, d.h. eine Gefahr für Leib und Leben war zumindest potentiell gegeben und sofern die Iren da keinem Privatvergnügen nachgingen, sehe ich da keinen Grund solange der Einsatz mit BW Ausrüstung aus sinnvoll erscheinenden Gründen erfolgte.
Die Beurteilung des Leitenden vor Ort das er dieser Ansicht war, ist da mehr als genug IMHO
B) sollte keinen Soldaten im Einsatz irgendwie tangieren dürfen, da sollte es um Auftragserfüllung und Sicherheit usw. gehen, den Kram sollte die Verwaltung klären, besser vorher aber im Endeffekt für die Soldaten vor Ort darf dies keine Rolle spielen.
@ThoDan
Sie schrieben: „[…] sollte keinen Soldaten im Einsatz irgendwie tangieren dürfen, da sollte es um Auftragserfüllung und Sicherheit usw. gehen, den Kram sollte die Verwaltung klären, besser vorher aber im Endeffekt für die Soldaten vor Ort darf dies keine Rolle spielen.“
—Wenn es nur so wäre…! Davon abgesehen, werden Sie zumindest zugestehen, dass sich hier doch einige Fragen auftun. Die Zusammenarbeit mit den Streitkräften anderer Nationen ist für uns essentiell, nicht nur in multinational gestellten Auslandseinsätzen. Trotzdem darf man sich fragen, warum irische Soldaten auf einem deutschen Bock durch die Gegend düsen. Wenn sie deutsche Kräfte entlasten, wäre dies ein guter Grund.
Wenn es zu diesem Arrangement etwa aber nur deshalb gekommen wäre, weil die irische Regierung (deren Desinteresse für die Irish Defence Forces so weit geht, dass sie den Verteidigungsminister zu einem Unterstaatssekretär herabstufte) die Kosten der Verlegung eigenen Materials scheute, dann darf man hier schon verblüfft die Brauen ründen. Denn auch bei uns wachsen die Eagle nicht auf Bäumen.
Mit welchem fliegenden Material ist Rumänien denn dort im Einsatz?
@muck:
Was ist denn die Alternative? Keine gepanzerten Fahrzeuge = keine irischen Kameraden im Ausseneinsatz?
Soldaten mit dem Fähigkeiten-Profil des Army Ranger Wing wachsen nämlich auch nicht auf Bäumen. Besonders nicht bei uns.
Ist ein visuell schön aufgearbeitetes piece über die Sahel, Mali und die Situation vor Ort und wie es zum Status Quo kam. Vieles bzw. das Meiste an Informationen wird wahrscheinlich für die Leser hier nicht neu sein, aber ich glaube die Aufbereitung macht es Wert trotzdem mal reinzuschauen und es vielleicht auch weiter zu empfehlen.
https://www.bbc.co.uk/news/resources/idt-sh/war_in_the_desert
@tt.kreischwurst:
Vielen Dank für den Hinweis.
Das ganze Dilemma ist in einem Absatz zusammengefasst:
„That deal still holds and their guns are broadly silent but good governance has failed to return.
And a far more lethal Islamist threat has returned from the desert.
The extremist groups have gradually been strengthening and uniting and as the dangers have increased, UN troops have taken fewer risks – spending longer in their bases, leaving the desert ungoverned and vulnerable.“
Seit Juni 2018 hat sich die Situation nochmal erheblich verschlechtert, insbesondere in Gao.
Das zeigt der obige Angriff erneut – unabhängig davon wem das Fahrzeug gehört.
Aber was ist die Antwort?
Oder ist es bereits zu spät, da die Bevölkerung kein Vertrauen mehr in MINUSMA hat?
Seitens der Bundesregierung erkenne ich weiterhin keine kohärente und problemorientierte Strategie.
Das überrascht dann doch.
h/t@rabrowne75
US military officials tell me that the US spends ~$41 million in order to support French operations in Africa and that any fuel that is offloaded from US aircraft to French aircraft is paid for by the French. The Pentagon has diverted billions in military funds to the border wall.
Und
h/t@rabrowne75
@EsperDoD
on US support to France in NW Africa: „aerial refueling, we provide that to the French for free if you will, that’s one of the areas where I’ve talked to the French, I’m having a problem with air refuelers right now, if someone else can pick up that mission that helps“
… if someone else can pick up that mission … schon mal in Berlin angefragt?
@Memoria sagt:04.03.2020 um 18:49 Uhr
„Seitens der Bundesregierung erkenne ich weiterhin keine kohärente und problemorientierte Strategie.“
Sie sprechen über eine UN-Mission, an der DEU beteiligt ist – nicht mehr und nicht weniger. Weder hat DEU die Führung noch einen entsprechenden Einfluß auf die strategische Vorgehensweise. Das müsste politisch mit den Franzosen über die UN geschehen. DEU ist hier nur ein Rädchen in der Maschinerie.
@Pio-Fritz:
Ich meine auch einen Gesamtansatz in Mali bzw. der Sahelzone. Nur wenn man eine Zielvorstellung hat, kann man auch seine Position mit anderen diskutieren.
Bezüglich MINUSMA:
Im AA ist ma aktuell ja auch so stolz darauf, dass wir Mitglied im UNSR sind.
Nur leider kommt nicht wirklich was.
Die Wünsche der Franzosen mach mehr Unterstützung wurden ja auch abgelehnt.
Entwicklungspolitisch gibt es ebenfalls nur Stückwerk.
Obwohl Mali seit Jahren angeblich Schwerpunktland ist.
Iren und Georgier mit deutschem Material: das klingt wie eine Vorstufe zur Europa-Armee.
@Aussenstehender sagt: 07.03.2020 um 13:09 Uhr
„Iren und Georgier mit deutschem Material: das klingt wie eine Vorstufe zur Europa-Armee.“
Ich denke nicht. Das gleiche machen wir ja auch mit anderen Nationen außerhalb Europas, wenn sie mit uns zusammenarbeiten.
Der Punkt ist doch, dass in einem gemeinsamen Kontingent die Effizienz und Effektivität viel höher ist, wen bestimmte Teile der Ausrüstung einheitlich sind.
Wobei zugegebener Maßen das auch für eine Vereinheitlichung der Streitkräfte der in Europa verbündeten Staaten spricht ;)