AKK verurteilt Bundeswehr-Exzesse in Litauen: „Unsoldatisch und unkameradschaftlich“

In scharfer Form hat Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer die Vorfälle beim deutsch geführten NATO-Bataillon in Litauen kritisiert, wo Bundeswehrsoldaten mit Exzessen bis hin zu sexueller Nötigung und extremistische Liedgut aufgefallen sein sollen. Ein unsoldatischeres und unkameradschaftliches Verhalten sei kaum vorstellbar, sagte die Ministerin bei einer Grundsatzrede an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg.

In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass etliche Panzergrenadiere im enhanced Forward Presence-Einsatz der Bundeswehr in Rukla in Litauen mit zum Teil strafwürdigem Verhalten aufgefallen sein sollen. Das Verteidigungsministerium sprach von einem Anfangsverdacht auf Verstöße gegen die Kameradschaftspflicht, Gehorsamspflicht und Pflicht zum treuen Dienen, aber auch auf Straftaten wie sexuelle Nötigung, Beleidigung, ggf. mit rassistischer Konnotation und Nötigung sowie auf extremistische Verhaltensweisen. Ein kompletter Panzergrenadierzug wurde deshalb in dieser Woche nach Deutschland zurückverlegt.

Kramp-Karrenbauer, die die Vorfälle an den Beginn ihrer sicherheitspolitischen Grundsatzrede am (heutigen) Freitag stellte, warf den unter Verdacht stehenden Soldaten vor, sie seien ihren Kameraden, aber auch der politischen Führung und dem Parlament in den Rücken gefallen. Ihr Verhalten sei nicht nur angesichts der politischen Lage im Baltikum und der deutschen Geschichte problematisch, sondern treffe die deutsche Verteidigungspolitik in einer Zeit, in der sie als Ministerin um mehr Geld für die Bundeswehr kämpfe. Sie sei davon tief enttäuscht.

Die Aussagen der Ministerin dazu zum Nachhören*:

AKK_FueAK_Grundsatzrede_Litauen     

 

Am Vortag hatte sich bereits Heeresinspekteur Alfons Mais bei seinem litauischen Kollegen für die Vorfälle entschuldigt, wie er auf Twitter mitteilte:

Unterdessen wurde bekannt, dass es bereits im vergangenen Jahr Beschwerden über rassistische oder extremistische Verhaltensweisen von deutschen Soldaten in diesem NATO-Einsatz gegeben hatte – allerdings längst nicht auf dem Niveau der jetzt untersuchten Vorfälle. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Linken im Bundestag zu rechtsextremistischen Vorgängen in den Streitkräften im vergangenen Jahr listete das Verteidigungsministerium zwei Fälle aus Rukla auf:

• Am 4. Januar 2020 soll ein Berufssoldat einen Kameraden wegen seiner Hautfarbe mehrfach beleidigt haben. In diesem Fall ermittelt inzwischen die Staatsanwaltschaft.

• Am 31. Juli 2020 soll ein deutscher Soldat einen französischen Soldaten dunkler Hautfarbe unter anderem mit Nachahmungslauten von Tiergeräuschen beleidigt haben. Allerdings wurde das von einem anwesenden weiteren französischen Soldaten nicht bestätigt, es konnte kein Täter ermittelt werden. Der Fall wird von der Bundeswehr nicht weiter verfolgt.

*Die vollständige Rede der Ministerin stelle ich in einem späteren Beitrag zum Nachhören ein.