Grünen-Vorsitzender für Lieferung von Verteidigungswaffen an die Ukraine (Nachtrag: Habeck-Interview)
Die ohnehin nicht ganz überschaubare Debatte um die künftige deutsche Sicherheitspolitik wenige Monate vor der Bundestagswahl im September ist um eine Wendung reicher: Der Co-Vorsitzende der Grünen, Robert Habeck, hat sich für Waffenlieferungen an die Ukraine ausgesprochen. Zuletzt waren entprechende Überlegungen in Deutschland von Bundeskanzlerin Angela Merkel im Februar 2015 gestoppt worden.
Habeck äußerte sich bei einer Reise in die ukrainische Hauptstadt Kiew, wie der mitgereiste Deutschlandfunk-Kollege Klaus Remme berichtet:
Grünen-Parteichef Habeck hält die Wünsche der Ukraine nach Waffenlieferungen angesichts des Kriegs im Osten des Landes für berechtigt. Waffen zur Selbstverteidigung, sogenannte Defensivwaffen, könne man dem Land schwer verwehren, sagte er nach Gesprächen mit Präsident Selenskij in Kiew. Selbstverständlich seien die Grünen eine Partei, die aus dem Pazifismus komme. Jeder Konflikt sei ein Elend und wenn Menschen stürben, sei das schlimm. Aber wenn man sich mit dem Konflikt zwischen den prorussischen Rebellen und der ukrainischen Armee etwas beschäftige, könne man Kiew zumindest die Hilfe zur Verteidigung nicht blockieren, führte Habeck aus.
Das wirft natürlich zunächst die – unabhängig vom politischen Standpunkt immer wieder kontrovers diskutierte – Frage auf, was sogenannte Defensivwaffen sind. Denn eine klare Abgrenzung, ob ein Waffensystem nur zur Verteidigung verwendet werden oder auch für einen Angriff genutzt werden kann, gibt es mit wenigen Ausnahmen kaum. Der Grünen-Verteidigungspolitiker Tobias Lindner sprang seinem Parteivorsitzenden mit einer Aufzählung bei:
Lass uns mal über Systeme, die man häufig bei Operationsarten wie Verteidigung oder Verzögern einsetzt, also Panzerabwehr, Luftabwehr, diskutieren. Und dazu Minenräumung, Aufklärung.
Eine deutliche Abgrenzung ist das nicht unbedingt, die angedachte Umstellung des U.S. Marine Corps von Panzern auf panzerbrechende Waffen macht daraus noch keine Defensivtruppe. Und Aufklärung als wichtiger Teil der Gefechtsführung ist auch nicht von vornherein eine defensive Aufgabe.
Interessanter ist da schon der Punkt, dass überhaupt Waffenlieferungen an die Ukraine erneut auf die deutsche politische Tagesordnung kommen. Das hatte es 2015 schon einmal gegeben – übrigens auch bei den Grünen:
Mögliche Waffenlieferungen an die Ukraine führen innerhalb der Grünen zu Streit. Die Grünen-Politikerin Marieluise Beck hat sich dagegen ausgesprochen, die Lieferung militärischer Ausrüstung an die Ukraine grundsätzlich auszuschließen. (…) Grünen-Parteichef Cem Özdemir äußerte sich dagegen skeptisch zu Militärhilfe für die Ukraine.
Allerdings war das damals auch für die Union ein Thema. Jedenfalls bis die Kanzlerin ein klares Nein aussprach. Bei einer Pressekonferenz nach dem Treffen mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban am 2. Februar 2015 in Budapest:
Frage: Es war viel von Frieden, von Waffenstillstand in der Ukraine die Rede, aber können Sie sich vorstellen, dass Deutschland die Ukraine mit Waffen unterstützt, wenn es doch keinen Frieden geben sollte? Diese Frage möchte ich auch an den Herrn Ministerpräsidenten richten: Ist es denkbar, dass Ungarn die Ukraine mit Waffen unterstützen würde, wenn es in absehbarer Zeit keinen Frieden in der Ukraine gibt?
Merkel: Von meiner Seite aus kann ich sagen: Deutschland wird die Ukraine nicht mit Waffen unterstützen. Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Konflikt militärisch nicht gelöst werden kann. Deshalb setzen wir darauf, auf der einen Seite, wenn es notwendig ist, Sanktionen zu verhängen – das haben wir im Übrigen in Europa gemeinsam getan -, und auf der anderen Seite alle diplomatischen Möglichkeiten zu nutzen, um diesen Konflikt durch Gespräche beizulegen oder zumindest zu mildern. (…)
MP Orbán: Nur auf diese Frage beschränkt: Nein.
Mit Habecks Aussage startet also die Debatte erneut, und nicht zuletzt die Diskussion innerhalb der Grünen selbst wird … interessant. Zumal ja eigentlich grundsätzlich die Regel für deutsche Waffenexporte gilt, dass sie für Spannungsgebiete ausgeschlossen werden (wie das praktisch aussieht, ist noch eine andere Frage).
Nachtrag 26. Mai: In einem ausführlichen Interview mit dem Deutschlandfunk hat Habeck das genauer erläutert. Interessante Aussage darin: Die Ukraine kämpft hier nicht nur für sich selbst, sondern die Ukraine verteidigt auch die Sicherheit Europas hier.
Das Transkript des Interviews:
https://www.deutschlandfunk.de/habeck-gruene-zu-waffenlieferungen-an-ukraine-die-ukraine.694.de.html?dram:article_id=497815
(Vorsorglich der Hinweis: Kommentare nach dem Muster „die Grünen finde ich doof“ ohne inhaltliche Debatte finden nicht statt.)
(Archivbild Juli 2018: Ukrainische Soldaten bei einem Besuch des Befehlshabers der US-Nationalgarde – Sgt. Timothy Massey, 278th Armored Cavalry Regiment, Tennessee Army National Guard)
Also, die Grünen finde ich auf jeden Fall einmal charmant, die Diskussion, was Defensiv-Waffen sind, kann aber gleichfalls sehr langatmig werden. Hier sollte man m.E. aber gleich auf die Ebene der Fähigkeiten gehen. Luftverteidigung, Counter Battery Fire und Panzerabwehr scheinen nicht nur für die Ukraine ein Thema zu sein. Aber auch die Frage, was Ertüchtigung ist und die Gefahr, wenn sich Kreise in der Ukraine eines Tages so stark sehen, sich Gebiete wieder zurückzuholen. In die gleiche Falle ist damals Georgien getappt, das Resultat 2008 war die nun fast in die Ewigkeit zementierte Loslösung von Süd-Ossetien und Abchasien, obwohl kurz vorher Adscharien zurückgewonnen werde konnte. Eine breite Diskussion vor dem Sommerloch in der Frage sehe ich allerdings nicht, eine defacto Machtprojektion Deutschlands in den letzten Amtsmonaten unserer Kanzlerin ebenso wenig.
Es ist immer eine Kombination aus defensiven und offensiven Systemen, die die Gesamtkampfkraft einer Armee ausmachen. Deutschland liefert an die Ukraine „defensive“ Waffen und die USA und andere NATO-Staaten offenisive Waffen. Somit können sie gemeinsam die Ukraine aufrüsten und Deutschland hat sich nicht ins „NATO-Abseits“ gestellt und bleibt dennoch vordergründig „gut“. Ich hatte von den Grünen diese Initiative bereits erwartet.
Prima, wir liefernder Ukraine etwas, das wir selber nicht in ausreichendem Maße und Tiefe verfügbar haben. Aber grundsätzlich ist die Debatte richtig und wichtig und stellt auch eine eindeutige Positionierung der grünen in diesem Konflikt dar.
Ich finde es bemerkenswert, wie sehr sich eine etablierte Partei sprachlich noch immer verbiegen muss und deswegen mit Worthülsen hantiert. @T.W. legt hier sehr schön den Finger in die Wunde: Außer Minen gibt es eigentlich keine Waffe, die ausschließlich defensiver Natur ist und die dürften die Grünen wohl kaum meinen.
Es wäre, auch angesichts der klaren Intention mit Blick aus die BT-Wahl, sehr zu begrüßen, dass sich die Grünen realistisch und ohne Dogma mit dem Thema Streitkräfte beschäftigen (auch wenn dies aus historischer Perspektive sicherlich schwierig ist). Eine Abgrenzung zwischen „guten“ und „bösen“ Waffen ist Wunschdenken und führt in den meisten Fällen eher zu kruden Vorstellungen, falls man über den Einsatz von Streitkräften spricht. Allerdings muss man fairerweise auch feststellen: Gerade die Grünen haben sich in diesem von ihnen ungeliebten Feld bereits beachtlich weiterentwickelt.
Dass das aus der grünen Ecke kommt finde ich ja doch erstaunlich. Hat die Ukraine nicht aber selbst sowas in der Produktion?
Ich bin wahrlich kein Freund der Grünen, aber hier muss ich Habeck mal vollkommen zustimmen! Man hat es jetzt jahrelang mit friedlichen Lösungen versucht. Wieviel Russland davon hält, hat es mit den jüngsten Truppenaufmärschen erst wieder hinreichend gezeigt. Wenn wir diesen Appeasement-Kurs weiterhin fahren, wird man sich im Kreml nur bestärkt fühlen, dass man in der Ostukraine alles machen kann, ohne ernsthafte Konsequenzen befürchten zu müssen.
Wie man allerdings unter dem Titel Defensivwaffen auf einen gemeinsamen Konsenz kommen will, ist auch mir vollkommen schleierhaft. Ein GTK Boxer mit 50 Cal-MG obendrauf kann je nach Definition ein Fahrzeug zum Selbstschutz mit begrenzter Verteidigungsmöglichkeit sein, oder aber auch eine Plattform zum Bekämpfen von Infanterie unter Panzerschutz. Selbst bei vermeintlich unverfänglichen Dingen, wie Flugabwehr kann es ja schnell haarig werden. Ein Gepard ist hervorragend zu Verteidigung gegen Drohnen und Hubschrauber geeignet, kann mit etwas Kreativität und entsprechender Munition aber auch zur mobilen 35mm-Geschützplattform umfunktioniert werden. Selbst Minenräumgerät wird ja auch im Angriff eingesetzt. Und sind Panzerabwehrwaffen erlaubt, 60mm Mörser aber nicht?
Im Endeffekt muss man sich entscheiden: Will man Waffen liefern oder nicht. Alles andere kann dann meines Erachtens nur im Einzelfall geregelt werden. Eine allgemeingültige Unterteilung in gute Waffen, böse Waffen ist jedenfalls bei genauerem Hinsehen illusorisch.
Wobei ich mir das Theater hierzulande gar nicht vorstellen möchte, wenn durch eine deutsche Waffe, und sei es nur ausversehen, ein Zivilist ums Leben kommt.
Herr Habeck versetzt mich immer wieder in Erstaunen. Grundsätzlich teile ich seine Argumentation zur Ukraine. Was Putin von Verhandlungen hält , nämlich gar nichts, beweist er ja immer wieder. Nur stellt sich auch mir dir Frage was sind reine Verteidigungswaffen. Woher nehmen wir die , da es der BW ja jetzt schon an allen Ecken und Kanten an Material fehlt. Alte Roland wieder reaktivieren wenn es die noch irgendwo gibt ? Nicht erstaunt hat mich die Reaktion des SPD Parteilinken Mützenich der natürlich dagegen ist. Aber bin gespannt wie seine Parteifreunde reagieren. Auf alle Fälle ist das kein Thema mehr für diese Legislaturperiode.
Naja, das ist ein bischen eine Scheindiskussion.
Leos, Pumas und Eurofighter (oder F35) kann sich die Ukraine so oder so nicht leisten. Ein paar Tausend Eurospike / Mells wären aber eine recht hilfreiche Sache. Bin mir aber recht sicher dass Israel die auch direkt verkaufen würde, wenn das Geld da wäre …
Ansonsten hat die Ukraine hat eigentlich ganz gute Rüstungswerke –
https://www.youtube.com/watch?v=Lip7G0sp9ak
und nen Haufen Panzer eingelagert, für die kein Geld zur Modernisierung und zum Betrieb da ist.
Das eigentliche Problem ist daher, die Wirtschaft auf Vordermann zu kriegen, damit die sich ne größere Armee lesiten können. Dh vor allem, die Korruption unter Kontrolle zu kriegen. Auch und vor allem in der Rüstungswirtschaft.
In der Hinsicht tut die EU schon so manches, aber sowas ist immer zäh.
PS „Ich bin der festen Überzeugung, dass dieser Konflikt militärisch nicht gelöst werden kann.“
So was haben die Westmächte Mitte 1939 auch geschwafelt. Und die Polen von einer schnellen Mobilisierung abgehalten. Weil man ja die arme Wehrmacht nicht provozieren dürfe. Wenn eine Deutsche Bundeskanzlerin meint, Chamberlain sei ein gutes Vorbild, dann Gute Nacht.
Annalena Baerbock ist derzeit die einzige geopolitisch argumentierende Spitzenpolitikerin in Deutschland und hat, anders als z.B. Armin Laschet, im Zusammenhang mit Herausforderern wie Russland und China konsequent auf die von ihnen ausgehenden Bedrohungen hingewiesen. Das kann man unabhängig von den sonstigen Positionen der Grünen und dem an der Parteibasis noch vorhandenen friedensbewegten Aktivismus durchaus anerkennen.
Werden wir doch mal konkret:
Mit der Umstellung auf MELLS sollten MILAN- und TOW-Systeme frei werden, die abgegeben werden können. Insbesondere deren Wärmebildgeräte dürften interessant sein. EOD-Ausrüstung können die Ukrainer sicherlich auch gebrauchen.
Was spricht dagegen, mit der Ukraine ein Endverbleibsabkommen zu unterschreiben, welches geographische Grenzen des Einsatzes definiert? Mit Sanktionen unterfüttert (bzw. Entzug von finanzieller Unterstützung) haben die Ukrainer sogar Motivation, sich daran zu halten.
Ziel muss doch sein, die Kosten für ein etwaiges weiteres Vordringen Russlands auf ukrainischem Territorium soweit zu erhöhen, dass dieses Vorhaben unattraktiv wird. Dafür können Panzerabwehrlenkwaffen ein geeignetes Mittel sein.
@Gandamack genauso sehe ich das auch. Sie ist profilierte, auch studierte Außenpolitikexpertin und das merkt man.
Wenn der Hausherr es gestattet: Anders als bei der SPD gab es bei den Grünen in letzter Zeit nicht diese Spaltung in zwei Flügel, von denen einer in Partei und Fraktion die Macht übernommen hat. Das ist bei der SPD einfach auffällig, Was Herr Mützenich so von sich gibt… Fast schon amüsiert hat mich, dass er auf den bevorstehenden russisch-amerikanischen Gipfel hinweist und eine Gefahr der Disruption durch Waffenlieferungen sieht, wo a) die USA selbst die Ukraine mit Waffen unterstützen und b) die andere Seite ja auch das eine oder andere Disruptive unternimmt. Das erschreckt mich immer wieder, das Leute glauben, alles was Putin möglicherweise nicht gefällt, ist tabu. Ich habe die Hoffnung, dass von den Grünen im Fall von Schwarz-Grün etwas sachlichere Diskussionen kämen. Im Fall einer Koalition wären sie im Übrigen wohl so schlau, das BMVg der Union zu überlassen.
@Positroll Genau. Wenn man mal genau hinschaut, wird sich schon eine Lücke zeigen, wo Deutschland effektiv helfen kann. Und da ist es nicht wichtig ob eine Waffe theoretisch ausschließlich defensiv verwendet werden kann. Die Frage ist, ob sie im aktuellen Konflikt eine zentrale defensive Fähigkeitslücke stopft. So wie die Milan, die wir an die Kurden geliefert haben. Das war eine äußerst gezielte, wirksame Maßnahme.
[Der erste Teil geht schon ein wenig Richtung OT… und bei diesem Thema bin ich – auch angesichts einiger dumpfbackiger Entgleisungen, die natürlich auch schon hier aufliefen – recht strikt zum Thema. T.W.]
Das Problem der Ukraine ist nicht, daß ihr niemand Waffen verkaufen möchte, sondern daß sie dafür kein Geld hat. Vulgo: wir sollen der Ukraine Waffen „schenken“, vielleicht als Kompensation für bald wegfallende Transitgebühren aus der Gasdurchleitung.
Wie steht Herr Habeck eigentlich zur Ausstattung der Bw mit „Defensivwaffen“, z.B. TLVS und Aufklärungsmitteln?
Defensiv oder offensiv sind weniger bestimmte Waffen als ein konkreter Einsatz.
Man könnte die Ukraine also einfach fragen, ob sie den Donbass oder die Krim zurückerobern will oder (nur) einen weiteren russischen Vormarsch verhindern und ihre Zivilbevölkerung sowie ihre Schiffe vor Angriffen schützen will.
Dass man darauf nach der Lieferung keinen Einfluss mehr hat, ist immer ein Problem, sogar bei Dual-Use-Gütern. Wer diesen Einfluss behalten will, muss zusätzlich zu den Waffen eben auch die Soldaten liefern.
@K.B.
„Mit der Umstellung auf MELLS sollten MILAN- und TOW-Systeme frei werden, …“
Die Bw stellt Heimatschutzkräfte auf, die ebenfalls ausgestattet werden wollen. In der Vergangenheit hat man bereits den Fehler begangen Waffen und Gerät abgegeben zu haben was man jetzt gut gebrauchen könnte, auch wenn es schon älter aber in gutem Zustand ist.
Mich würde interessieren: Ist das eine Position der Grünen, oder von Herrn Habeck persönlich?
Letzteres ist unproblematisch und möglicherweise dem Ort der Einlassung geschuldet. Dann wird sicher eine Relativierung folgen.
Ersteres wäre schon erstaunlich, eine möglicherweise auch Innerparteilich qualvolle Debatte im direkten Vorlauf einer Bundestagswahl zu eröffnen. Möglicherweise positioniert sich ja die zukünftige Kanzlerkandidatin der Grünen [vielleicht auch auf Anfrage des Hausherren :-) ].
„Die Grünen-Politikerin Marieluise Beck hat sich dagegen ausgesprochen, die Lieferung militärischer Ausrüstung an die Ukraine grundsätzlich auszuschließen.“
Herr Wiegold, mit Verlaub, den Satz kann man zweifach verstehen.
[Bitte bei der taz beschweren; ich habe das nur aus dem damaligen Bericht zitiert. T.W.]
Die Unterscheidung in Verteidigungs- und Angriffswaffen ist töricht und nicht zielführend. Sie vertraut darauf, dass der (als Schutzbehauptung?) ins Feld geführte Unterschied schon nicht den „Brennstoff“ darstellen werde, der diesen geopolitischen Versuchsaufbau prompt überkritisch werden ließe.
Doch spätestens wenn eine deutsche „Verteidigungswaffe“ prorussische Rebellen tötet, wird dem Kreml die Habeck’sche Semantik herzlich egal sein. Wie will Habeck darauf reagieren? Mir ist auch unklar, worin manche Leser die vermeintliche Weitsichtigkeit und den verteidigungspolitischen Pragmatismus der Grünen verorten.
Die Bundeswehr ist selber ungenügend ausgestattet. Die einzig denkbare militärische Bedrohung Deutschlands besteht gleichwohl in Russlands Armee. Die Grünenspitze nun will die Ukraine aufrüsten, die sich mit Russland im Kriegszustand befindet, obwohl daheim genügend Nachholbedarf besteht.
Damit nicht genug, plädiert sie in letzter Zeit verstärkt für die nukleare Abrüstung der NATO und das Ende der Nuklearen Teilhabe. Man würde also Russland durch Waffenlieferungen an die Ukraine eine Eskalationsbereitschaft signalisieren, die man zugleich durch die Unterminierung des eigenen Abschreckungspotentials verleugnet.
Solch eine Politik wäre bestenfalls erfolglos, schlimmstenfalls gefährlich.
@sigmargabriel
„Wenn Robert #Habeck bereit ist, der #Ukraine Waffen zu liefern, dann steigt er aus den von
@spdde & @Die_Gruenen
durchgesetzten Verboten von Waffenlieferungen in Spannungs- und Krisengebiete aus.
CDU/CSU werden sich freuen. Endlich mit grüner Hilfe Rüstungsgüter in Krisengebiete“.
Ein politisches Argument, dass eine Zuordnung der UKR als Krisengebiet erfordert, was BT-übergreifend einvernehmlich leicht fallen sollte.
Auch aber politisch ist, „keine Rüstungsgüter in Krisengebiete“ würde eine der Verständnisgrundlagen einer möglichen R2G – Koalition angreifen. Die Reaktion der Damen Wissler und Hennig-Wellsow sollte somit eher im Sinn von Gabriel als von Habeck ausfallen.
Habeck wird das bedacht haben. Daher, die Abwendung von obigem Mantra bedeutet ein verdecktes Angebot an die Union? Wir werden machtpolitisch verlässlich sein und unter Einbeziehung von Streitkräften als Mittel der Politik koalieren.
Es sollte vielleicht einfach mal positiv gesehen werden, dass ein Bundespolitiker in herausgehobener Position sich für
1. Sicherheitspolitik interessiert (wenn auch eher situativ bedingt)
2. Osteuropa thematisiert
3. Die Einsicht hat, dass es teilweise auch die Notwendigkeit für verteidigungspolitische Instrumente (also Waffen) gibt.
Dabei ist es dann noch nur noch innenpolitischer Hokuspokus um den Begriff „Verteidigungswaffe“.
Da ist eben die Einteilung in Ebenen (taktisch, operativ, strategisch) und das Verhältnis zwischen Angriff und Verteidigung nicht präsent.
Einem Politiker mit Neigung zur Philosophie – wie Herrn Habeck – sei da vielleicht doch Clausewitz als Lektüre empfohlen (natürlich nicht nur mit dem kurzen Zitat):
„Ein schneller, kräftiger Übergang zum Angriff – das blitzende Vergeltungsschwert – ist der glänzendste Punkt der Verteidigung. Wer sich ihn nicht gleich hinzudenkt, oder vielmehr, wer ihn nicht gleich in den Begriff der Verteidigung aufnimmt, dem wird nimmermehr die Überlegenheit der Verteidigung einleuchten; er wird immer nur an die Mittel denken, die man durch den Angriff dem Feinde zerstört und sich erwirbt, welche Mittel aber nicht von der Weise abhängen, den Knoten zu schürzen, sondern ihn aufzulösen. Ferner ist es eine grobe Verwechselung, wenn man unter Angriff immer einen Überfall versteht und sich folglich unter Verteidigung nichts als Not und Verwirrung denkt.“
https://www.gutzitiert.de/grundgedanken_ueber_krieg_und_kriegfuehrung-carl_von_clausewitz-kapitel_9.html
Insgesamt bleibt zu hoffen, dass Herr Habeck von der Reise zumindest den Grundgedanken mitnimmt, dass Waffen nicht immer etwas Negatives sein müssen und die Auswirkungen von Ausstattung auch heutzutage nicht abstrakt, sondern sehr real sind.
Für einen möglichen künftigen Finanzminister eine wichtige Einsicht.
@Klaus-Peter Kaikowsky
Es entbehrt nicht einer gewissen Komik, dass ausgerechnet Sigmar Gabriel solche Zeilen schreibt, der in seiner Zeit als Minister von den Grünen wegen einer vermeintlich zu laschen Genehmigungspraxis für Rüstungsexporte kritisiert wurde. Allmählich weiß man nicht mehr, wo in Deutschland unten und oben ist.
Die Ukrainer können eigentlich alles was sie brauchen selber herstellen. Den Rest bekommen sie von den USA.
Da wäre es hilfreicher der Ukraine Rüstungsprodukte Made in Ukraine zu finanzieren.
Stärkt die Ukrainische Wirtschaft, ist sehr viel billiger und ermöglicht der Ukraine ihre Verteidigung dauerhaft selbst sicherzustellen. Wir verbuchen das dann unter EU Entwicklungs-& Wirtschaftshilfe. Dann kann man noch Panzerabwehrsysteme in Israel besorgen, kann man dann als Wirtschaftshilfe für Israel verbuchen. Dem deutschen Wahlvolk kann man gleichzeitig voller Überzeugung verkaufen, dass die BRD keine Rüstungsexporte in Krisengebiete tätigt. Zufriedenheit auf allen Seiten… #daumenhoch
@Küstengang01
Dem deutschen Wahlvolk muß man dann aber verkaufen, daß man Militär in der Ukraine, in Afghanistan, Mali und in Israel finanziert während bei uns die Bw in Trümmern liegt.
Naja. Man kann es auch so sehen. Die Milan ist technisch abgerockt und verschenken ist billiger als verschrotten.
Ich bin beeindruckt. Von „verschenken das Zeug, dann brauchen wir es nicht verschrotten“ bis zu einer Bundeswehr, die mit einem Haushalt von knapp 50 Mrd Euro jährlich „in Trümmern liegt“ zeigt sich hier eine beachtliche Bandbreite sicherheitspolitischer Einschätzung.
@TW
Ich sehe da jetzt keinen Gegensatz. Das sicherheitspolitische Mantra war, ein möglicher Konflikt käme mit einer Vorwarnzeit von 10 Jahren. Die Besetzung der Krim erfolgte im März 2014, und legen wir noch ein Jahr „Bedenkzeit“ / Findungsphase drauf, müßten wir 2025 wieder vollumfänglich – Doktrin, Pers/Mat – zu LV/BV befähigt sein.
Und wo stehen wir heute?
@Dante
Dann sollte man das Gerät aber auch nicht auf diese Art „entsorgen“.
@T.Wiegold um 25.05.2021 um 23:25 Uhr
Dank für die humoristische Einordnung.
Offenbart wird von manchen Foristen, wenn’s nur Unkenntnis wäre, die Einschränkung der Beurteilungskraft.
Herr Habeck hat gegen 06:50 In einem DLF Interview Stellung bezogen. U.a. für die Lieferung von Nachtsichtgeräten und gepanzerten KrKw setzt er sich.
Sein Frontbesuch hat ihn offenbar stark beeindruckt.
Er stellte aber heraus, dass er das besagte Interview zu „Verteidigungswaffen“ vor dem Besuch an der ostukrainischen Front gab.
Natuerlich ist sowas im Gravitationsfeld der kommenden BT-Wahl zu betrachten. Hier mein Eindruck:
Herr Habeck, sicherlich / zwangslaeufig zumindest ein Praktiker des politischen 3D-Schachs, macht auf aussenpolitisches „virtue signaling“, und da er (noch) kein Vertreter der BReg ist, sind Primaereffekte zuhause, innerparteilich und beim Wahlvolk, angestrebt, wobei der eigentliche Nebeneffekt, naemlich den Werte- und Buendnispartnern Botschaften vermitteln, als Hauptsache daherkommt. Natuerlich unter dem Banner „B90/Gruene Aussen- und Sicherheitspolitik: Wir sind die Guten“, was frueher dann zu Sachen fuehren konnte wie „Nie wieder Auschwitz -> Bomben auf Belgrad“. Also sicherheitspolitische Entscheidungen, die auch so sicherlich nachvollziehbar zu legitimieren waeren, mit moralischem Popanz garnieren. Daher auch Labels wie „Defensivwaffen“. Aber so sind die Deutschen heutzutage, und eigentlich ist das wohl auch gut so und heimlich gern gesehen. Habeck will sich so klar von der aktuellen SPD-Partei- und Fraktionsfuehrung absetzen, die aktuell die SiPo-Positionierung der DEU Sozialdemokratie dominieren darf. Herr Brandt und Herr Schmidt wuerden bitter auflachen, wenn die beiden das mitansehen duerften. Selektiver ressortuebergreifender Ansatz in der Sicherheitspolitik (AA+Entwicklungshilfe-Ministerium)..aber ich schweife ab: Habeck & Co fuehlen sich habituell und ideologisch wohl von den AOC-Demokraten in den USA angezogen, oder zumindest von dem Idealbild, welches man sich hierzulande davon gemalt hat; man will insgesamt ein bisschen transatlantischer werden. Um das auch innerparteilich in die richtige Richtung zu schieben, sind solche „David gegen Goliath“-Bilder, wie man sie aus DEU Sicht in Bezug auf die Ukraine zeichnen koennte, sehr willkommen, und auch in der deutschen (Medienschaffenden-)Oeffentlichkeit ist damit der ein oder andere Blumentopf zu gewinnen. Soweit alles prima oder so wie immer, aber ich habe es gerne ein bisschen authentischer, sprachliche Kotaus wie „Defensivwaffen“ macht da schon viel kaputt. Deswegen #daumenhoch @Kuestengang01: So macht man das!
Die Grünen mal wieder mit der „Quadratur des Kreises“: (1) wird die die STRIKTE Kontrolle – am besten noch totale EINSTELLUNG – von Rüstungsexporten gefordert. Dann wird (2) der Export von „Defensiv-Waffen“ (was auch immer das konkret sein soll …?) an die Ukraine gefordert … wohl offensichtlich, weil Russland eine Bedrohung ist, oder warum sonst …? Und dann wird (3) gefordert, dass man SELBST nicht am 2%-Ziel der NATO festzuhalten gedenke, um die EIGENEN maroden Streitkräfte mal wieder einsatzbereit zu machen, weil … ja, „warum“ eigentlich …? Weil es dann doch „alles irgendwie nicht so schlimm ist“, oder wie …?^^
Mann, Mann, Mann … die sollten weiter Kinderbücher schreiben und Trampolin springen …
@KPK
Das kann man problemlos auf dem Markt kaufen (Ware gegen Geld oder Barter-Geschäft) oder sogar selbst fertigen:
https://en.wikipedia.org/wiki/Defense_industry_of_Ukraine
Oder sollen wir dieses Material abgeben? Ich wüßte nicht, daß die Bw hier Überbestand hätte. Oder für die UKR beschaffen? Dann würde ich doch lieber erst einmal bei uns Vollausstattung anstreben.
@ KPK – 07:40 Uhr
Also genau das, was der Bundeswehr ebenfalls abgeht:
Nachtsichtgeräte sind oftmals für Einsätze/Einsatzausbildung geblockt und fehlen eigentlich immer. Gepanzerte KrKW gibt es zudem in dem Sinne nicht: Allenfalls könnte man hier die DUROs/YAKs loswerden, jedoch waren (sind?) diese u.a. aufgrund ihrer Assistenzsysteme sehr fehleranfällig und wartungsintensiv. Kann mir nicht vorstellen, dass die UKR diese tatsächlich haben will. Hätte man wissen können ;-)
„Man könnte die Ukraine also einfach fragen, ob sie den Donbass oder die Krim zurückerobern will“
„Keine Waffen in Krisengebiete“
„Man weiss nicht mehr wo oben und unten ist.“
Das weiss unsere Rüstungsexportpolitik schon lange nicht mehr,
Denn die ist halbherzig pazifistisch und hat mit unserem Grundgesetz und seinen Wertungen wenig zu tun.
Pazifisten zogen aus dem 2.WK die Lehre „nie wieder Krieg.“ Unsere Verfassung steht aber auf dem Standpunkt „nie wieder Ausschwitz und Diktatur“. Darum haben wir eine Bundeswehr.
Russland besetzt unrechtmäßig ukrainisches Land, und Diktator Putin hält (auch über seine Strohmänner in den sog „Dombassrepubliken“) die Bevölkerung per Terrorherrschaft unter der Knute.
Mit der Würde des Menschen, die unser Staat zu schützen aufgerufen ist, ist es da genauso Essig, wie der kollektiven Sicherheit, die von UNO und OSZE ausgehen soll.
Die UN Charta gibt jedem Staat das Recht auf Selbstverteidigung. Es ist Pflicht des Ukrainischen Staates, diese unrechtmäßige Besetzung zu beenden und seine Staatsbürger zu befreien. Wenn Russland die Donbass -Gebiete „freiwillig“ räumt, gut. Wenn nicht, hat die Ukraine das Recht (wenn auch zZ nicht die Fähigkeit), dies auch militärisch zu erzwingen.
„Keine Waffen in Krisengebiete“ ist dort sinnvoll, wo es keinen klaren Agressor gibt. Bei einem Angriffskrieg dem Opfer aber Waffen zu verweigern, ist ein feiges Drücken vor der historischen Verantwortung Deutschlands.
PS Tangential relevant
https://www.youtube.com/watch?v=OtaLmio_T4I
[Ich lasse den Link zum Video mal stehen, aber das führt in einen OT, den ich bitte nicht weiter auszuwalzen. T.W.]
@all
Den Link zum Transkript des heutigen Interviews von Habeck im DLF zum Thema (danke für den Hinweis) habe ich oben nachgetragen.
Das Interview hatte ich bebendfalls gehört und mir ist dabei aufgefallen das Herr Habeck doch einen sehr bedachte Vorgehensweise für angemessen hält.
Insbesondere stellt er ja darauf ab „Nachtsichtgeräte, Aufklärungsgeräte, Kampfmittelbeseitigung, Medivacs zur Verfügung stellen“
Das solche Geräte auch im Angriff ihren Wert haben wird sicherlich niemand bestreiten.
Ich denke aber das man mit der Lieferung solcher Ausrüstungen wohl eher Verständniss auch bei Friedensbewegten Parteimitgliedern erwarten kann als wen man Panzer. Gewehre oder Munition liefern wollte.
Das Interview zum Nachlesen (DLF Links waren erlaubt?)
https://www.deutschlandfunk.de/habeck-gruene-zu-waffenlieferungen-an-ukraine-die-ukraine.694.de.html?dram:article_id=497815
@TW
Von „verschenken das Zeug, dann brauchen wir es nicht verschrotten“ bis zu einer Bundeswehr, die mit einem Haushalt von knapp 50 Mrd Euro jährlich „in Trümmern liegt“ zeigt sich hier eine beachtliche Bandbreite sicherheitspolitischer Einschätzung.“
Das sind immer noch nur 1,6% des BSP 2020. Also die Hälfte dessen, was eine kleinere, ärmere Bundesrepublik im kalten Krieg gestemmt hat. Und dann kommt noch hinzu, dass man die BW über mehr als 2 Jahrzehnte totgespart hat.
Wir können zZ nicht mal eine einzige bescheidene Panzer-Brigade vollausstatten, und mit der Division 2027 sieht es auch sehr Düster aus. Früher hatten wir 3 vollausgestattete Korps. Heeresflugabwehr? Gibt es praktisch nicht mehr. In Trümmern liegen trifft es da doch recht gut, auch wenn die Trümmerfrauen und Männer so langsam in die Puschen kommen.
Und alte ATGM an die Ukraine zu verschenken ist da eine sehr gute Lösung: Die Treibsätze in den TOW und Milan leben nicht ewig. Teuer runderneuern, damit sie in Lagern vor sich hin rosten, lohnt sich nicht wirklich. Sie zu verschenken ergibt ein upgrade für die Ukrainer, und – wenn wir mehr Geld für MELLS ausgeben – auch für uns.
Im übrigen: Ein Euro der für die Verteidigung unserer Osteuropäischen Nachbarn ausgegeben wird erkauft sehr viel mehr Kampfkraft als ein Euro, der für die BW ausgegeben wird.
[Nee, bitte. Die Debatte über die Ausrüstung der Bundeswehr wird in anderen Threads geführt und nicht hier. T.W.]
@Positroll
Man muß unterscheiden zwischen dem Donbass und der Krim. Die Krim ist für RUS russisches Staatsgebiet, somit wären UKR Operationen dort ein Angriff auf Rußland. Das wird sich die Ukraine eher nicht getrauen (hoffe ich).
Zum Donbass gibt es Minsk II, welches man nun unverzüglich umsetzen oder aber durch ein Minsk III ersetzen sollte. Dabei muß nun aber auch Kiew mitwirken:
https://de.wikipedia.org/wiki/Minsk_II
@Thomas Melber
„Die Bw stellt Heimatschutzkräfte auf, die ebenfalls ausgestattet werden wollen. In der Vergangenheit hat man bereits den Fehler begangen Waffen und Gerät abgegeben zu haben was man jetzt gut gebrauchen könnte, auch wenn es schon älter aber in gutem Zustand ist.“
Ich hätte meine Heimat übrigens mit modernem Gerät geschützt, eben nicht mit ausgemustertem Zeug.
@ Positroll
26.05.2021 um 9:16 Uhr
Wow da hauen sie aber einen raus. Haben sie auch so vehement Partei für das Selbstverteidigungsrecht von Syrien, Lybien und Serbien ergriffen? Oder das Recht der Kurden und Palästinenser sich gegen Besatzung zu wehren? Oder sind diese Rechte nur genehm wenn es gegen Russland geht?
Und ehe sie mir die „Russlandversteher“ Keule über den Kopf zimmern, bitte keine doppelten Standards bei ihrer Auslegung der UN-Charta.
Gleiches Recht für alle, entsprechend ihrer Logik haben z.B. die Taliban seit 2001 einen rechtmäßigen Krieg gegen uns (die fremden Besatzer) geführt. Immerhin sind wir in das Islamische Emirat Afghanistan einmarschiert.
Ehe sie weiter die Kriegstrommel schlagen sollten sie mal überlegen, was wir zu gewinnen haben im Falle eines Falles und was wir zu verlieren haben, ich brauche keinen Krieg mit Russland nur damit ältere Herren wieder rote Panzermodelle auf Karten durch die Gegend schieben können.
Die Frage, die sich mir erstmal stellt, ist inwieweit diese Position innerhalb der Grünen mehrheitsfähig ist. Herr Trittin hat sich scheinbar schon mit einer mehr in der grünen Parteitradition liegenden Stellungnahme geäußert. Im Endeffekt ist ja ohnehin noch nicht ganz klar, inwieweit sich das Realolager, das die Parteispitzen stellt, sich gerade in der Sicherheitspolitik gegen die gefühlt linkere Basis durchsetzen kann und inwieweit wolkigen Worten auch konkrete politische Maßnahmen folgen. Zugegebenermaßen ein Punkt, der auf die meisten Parteien zutrifft.
Bzgl Stärkung der ukrainischen Wirtschaft: ich weiss nicht, ob man durch Kauf einiger Rüstungsgüter nicht eher die Taschen der Oligarchen füllt. Wichtiger wären politische Maßnahmen, deren Ausbleiben allerdings teilweise seitens der EU aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips und dem Zwist Ukr/Hun geschuldet ist – und natürlich so Projekten wie Northstream.
Man sollte die überflüssige Diskussion, werwaswem liefern sollte und welche Waffe defensiver oder offensiver Natur ist, beenden. Herr Habeck, das ist im Interview gut erkennbar, ist kein waffentechnischer Experte, was hier aber keine Rolle spielt.
Vielmehr hebt er auf zwei wesentliche Umstände ab: erstens soll der Tod von Ukrainern verhindert werden und zweitens verteidigt die Ukraine in der Tat die Integrität Westeuropas.
Schon allein deshalb müssen die EU und die NATO die Ukraine tatsächlich unterstützen und dem putingeführten Russland unmißverständlich klarmachen, dass sich Interventionen nicht auszahlen.
So muss man die Intention Herrn Habecks anerkennen, gerade weil sie dem überspannten Pazifismus er Grünen Basis entgegensteht, und die deutsche Aussenpolitik irgendwo abgetaucht zu sein scheint.
Und ich fragte und ukrainische Kollegen antworteten: (google) „Die Streitkräfte der Ukraine erinnern sich mit Entsetzen an die Geschichte der Übernahme entmilitarisierter stillgelegter Marder im Jahr 2014. Genauer gesagt erinnern sie sich daran, wie viele russische Agenten in Deutschland gefunden wurden und was sie damals arrangiert hatten. Mehrere gute Leute wurden verletzt.
Bisher besteht die einzige Forderung der Streitkräfte der Ukraine darin, die Lieferung von Komponenten für militärische Ausrüstung nach Russland einzustellen.“ Grüßen
Normalerweise schreibe ich keine Kommentare, nur dann, wenn mich etwas maßlos erzürnt.
Beim Durchlesen einzelner Kommentare, habe ich an manchen Stellen geglaubt, dass hier ein schlechter Film abläuft. Mit meiner Meinung wird man mir hundertprozentig den „Putinversteher“ oder „Russen-Troll“ anhängen, Ist mir aber völlig egal! Frage: War von den meisten Herrschaften, die sich hier äußern, schon jemand in Russland? Wer noch nicht dort war, sollte einmal den Mut aufbringen und nach Wolgograd (die älteren und den Kommentatoren kennen sicherlich diese Stadt noch unter einen anderen Namen) reisen. Wenn man dann als Deutscher auf dem „Mamajew-Hügel „steht, wird man vielleicht etwas verstehen, dass es für Russland ein absoluter Fauxpas ist, wenn Waffen der westlichen „Wertegemeinschaft“ mit Sicherheit auch an das Asow-Regiment gehen werden. Am 11. Juni 2015 beschloss der US-Kongress, jegliche Hilfen für das Asow-Regiment zu unterbinden. Das Schlimme, ich möchte fast sagen Arrogante an manchen Äußerungen ist der Punkt, dass man immer nur von eine Seite bestimmte Dinge beleuchtet und der „Regionalmacht“ Russland kein Recht zuspricht, seine eigene Souveränität zu definieren. Ich kann es mir nicht verkneifen, aber ich glaube, dass eine große Anzahl der Kommentare von “ Wessis “ geschrieben wurde, Wenn der grüne „Pazifist“ Harbeck wirklich einen A**** in der Hose gehabt hätte, dann wäre er auch einmal auf die andere Seite der Front in der Ostukraine gegangen und sich mal die Dörfer, Städte bzw. Ruinen angeschaut, mit den Leuten bzw. den Hinterbliebenen gesprochen. Ich glaube die Separatisten hätten ihm die nötige Sicherheit an der Front gegeben und er hätte aus meiner Sicht einen einen kleinen Beitrag für eine effektive Friedenspolitik geleistet. Hat Habeck überhaupt nur einmal angedeutet, welche Punkte von Minsk II unter dem Reformator Selenskyj umgesetzt worden sind?
Genug geärgert!
So, dann definiere ich „Wessi“ mal „Souveränität à la Russe“ bzw. „à la Thomas Herrmann“:
Ich überfalle Nachbarstaaten und verschiebe Grenzlinien, weil es mir gefällt. Super, mache ich demnächst auch mal wieder – wo ist Ihr Garten? Ich verschiebe mal den Gartenzaun, so dass mehr vom Apfelbaum für mich anfällt.
Ebenfalls genug geärgert! ;-)
@Thomas Herrmann.: Schon richtig – unabhängig von der jeweiligen Herrschaftsform war und ist der Kern der russischen Sicherheitspolitik, eine wie auch immer geartete Invasion über den relativ gut zugänglichen Westteil des Landes zu verhindern. Der deutsche Angriff bestätigte jedenfalls diese Politik, das Resultat war der sog. Ostblock mit dem freien Schussfeld in den sozialistischen Bruderländern. Die Außenpolitik der USA im Verein mit Westeuropa berücksichtigt diese russische Urangst zweifellos zu wenig. Auf der anderen Seite hat der Westen es nicht mit einem übervorsichtigen Russland zu tun, sondern mit einem Potentaten, der als Kind des Kalten Krieges offensichtlich das Schrumpfen der Sowietunion nicht verkraftet hat und den alten Glanz wieder herstellen will. Diese zweite Komponente der russischen Außenpolitik ist im Gegensatz zur erstgenannten die gefährlichere, was sich klar Falle der Annexion der Krim gezeigt hat. Das Schüren des Grenzkonflikts in der Ukraine kann -neben den Einschüchterungsversuchen im Baltikum – aber nicht mit dem Verweis auf ein Gefallenendenkmal des Zweiten Weltkriegs entschuldigt werden, es ist einfach nur Ausdruck der Aggressivität des in der Wahl seiner Mittel nicht gerade zimperlichen Kremlherrschers.
@Thomas Herrmann
Hi, ein „Ossi“ hier:)
1. Nö, ich war nie in Russland, geschweige denn auf dem Mamajew-Hügel. Und ehrlich gesagt interessiert es mich auch nicht sonderlich wie Russland sein Agieren in der Ukraine begründet. Fakt ist, es hat völkerrechtswidrig und ohne jegliche Legitimation Teile der Ukraine annektiert und Krieg gegen deren Streitkräfte auf ihrem souveränen Territorium geführt. De facto führt Russland damit einen Angriffskrieg.
2. Ohne die russische Agression hätte es das Asow-Regiment und westliche Waffenlieferungen nie gegeben.
3. „Ich glaube die Separatisten hätten ihm die nötige Sicherheit an der Front gegeben“ Die Sicherheit, die sie Journalisten wie Simon Ostrovsky gewährt haben, bevor sie ihn entführt haben!?
4. Russland macht in der Ukraine nichts anderes, als das deutsche Reich anfang des Krieges, an den das Mamajew-Denkmal eigentlich erinnert. Dass Sie Russland hier als Opfer darstellen, welches vom Westen in seiner Souveränität angegriffen wird, zeigt mir, mit Verlaub, dass sie von der Bedeutung dieses Denkmals offensichtlich nichts verstanden haben!
@ Thomas Herrmann
habe in Russland fast 16 Jahre meines Lebens verbracht. Mit rührenden Geschichten über Mamajew Kurgan brauchen Sie mir nicht zu kommen. Bei ihren Waffenlieferungen sind die Russen viel skrupelloser als der Westen. Terrorgruppierungen auf der ganzen Welt sind ohne russische Handfeuerwaffen nicht vorstellbar.
Herr Habeck und evtl. Entscheidungsträger können sich gerne Ruinen in den Ortschaften anschauen, wo Russland „seine eigene Souveränität definiert“ und sich danach das Leben russischsprachiger Bevölkerung in Kharkiv, Kiev, Odessa, Lviv, Mariupol anschauen. Ruinen, Tote, Folter und Gewalt gibt es komischerweise immer nur dort, wo Russland die Zivilbevölkerung „verteidigt“. In den Städten, wo Ukrainer (darunter auch selbst. Vbd besonderer Bestimmung Azov) sich erfolgreich verteidigen konnten, gibt es weder Krieg noch Ruinen. Daher sind die Waffenlieferungen geradezu notwendig um den Krieg und das Leid endgültig zu beenden.
»Wir verfolgen eine restriktive und verantwortungsvolle Rüstungsexportpolitik und erteilen im Hinblick auf die Ukraine keine Genehmigungen für Kriegswaffen«, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.
Das Thema mag für die Kanzlerin damit durch sein, für die Grünen und deren Koalitionsambitionen auf gar keinen Fall. Im Gegenteil, das Thema gewinnt an Fahrt.
@tobiaslindner
„Lass uns mal über Systeme, die man häufig bei Operationsarten wie Verteidigung oder Verzögern einsetzt, also Panzerabwehr, Luftabwehr, diskutieren. Und dazu Minenräumung, Aufklärung“.
Und er bekommt gleich Angebote zur Weiterbildung vom Chief of Staff 1. PzDiv
@Panzermann7
Spannend! Hier diskutieren MdB über Operationsarten. Zur Abstellung gewisser taktischer „Unschärfen“ biete ich eine Teilnahme an unserer heereseinheitlichen taktischen Weiterbildung für Reservedienstleistende der 1.PzDiv am kommenden Wochenende in Bergen an.
Herr Habeck sollte auch einen Sitzplatz im Hörsaal bekommen und einen Stehplatz am Geländesandkasten.
Mit Verlaub: Was ein bißchen Gefechtsfeldtourismus eines verteidigungspolitisch weitgehend kenntnislosen Kinderbuchautors in Wahlkampfzeiten doch für Reflexe im hiesigen wohlgeschätzten Forum auslösen kann…unfassbar.
Die Tatsache, dass Herrn Habeck’s Worte (Zitat: “Medivac”_mit i_) überhaupt eine Reaktion jenseits von Verwunderung auslösen können ist schon bedenklich und lässt auf Mühlen schließen, denen jedes Wasser recht zu sein scheint um sich zu drehen.
Dass jedoch diverse Kommentierende derartig rasch in einen Modus undifferenzierter Bejahung einer radikal-bellizistischen Herangehensweise “in Sachen Russland” hinreißen lassen, schockiert mich! Ehrlich, ich grübele schon den ganzen Tag darüber nach was mich am meisten daran besorgt. Es ist zum einen ein geopolitischer- und es ist zum anderen praktischer Aspekt.
1. Russland als Feindbild “des Westens” ist ein mit dem Blut von Millionen bezahlter (Irr)Glaube, kein Faktum. Russland hat niemals in der neueren Geschichte “den Westen” angegriffen oder grundlos territorial bedroht. Zugegeben, die politische Herangehensweise der russischen Führung macht es den Kriegslüsternen recht leicht sich ein Narrativ zu verschaffen, welches auf den ersten Blick überzeugt. Sind es doch in aller Regel nicht sie selbst, welche dann auch “gen Osten” ziehen- und die bitteren Realitäten dort erkennen müssen: Es geht hier um die Erschaffung eines Stellvertreterkrieges im klassischen Sinne zur Existenzsicherung der NATO.
Erinnerungen an die Hochzeiten des kalten Krieges sind hier ausdrücklich erwünscht. Ein Land wie die Ukraine, für welches sich wohl die wenigsten bisher interessiert haben, wird hier sinngemäß zum Verteidiger des Westens verklärt (sinngemäß einem Kommentar hier aus dem Forum entnommen). Die Domino-Theory lässt grüßen, zusammen mit all den anderen abgedroschenen Propagandatricks. Das Schlimme ist: Sei scheinen immer noch zu ziehen.
2. Die Forderung nach einem Waffenhandel mit der Ukraine ist in so vielen Dimensionen unhaltbar, das Echo erschallt aktuell sogar durch die Reihen der Grünen selbst. Anbei meine (bitte rhetorisch verstehen!) Fragen hierzu: Wer soll denn Waffen liefern und wer überwacht ihre Proliferation und Nutzung? Die Bundeswehr vielleicht? Oder ein Vertrag wie bei Counter-Daesh mit den Peshmerga vielleicht, als Frau VdL Bundeswehrbestände quasi “verschenkt” hat? Das lief nämlich nicht so reibungslos (#Schwarzmarkt). Wer bildet denn die Kämpfer für Frieden und Freiheit Europas an diesen Waffen aus? Schickt Deutschland als nächstes Militärberater? Kommt nur mir diese Eskalation bekannt vor?
Nun noch ein letztes Wort zu einem Zitat eines Foristen hier: es solle, frei nach Habeck, „der Tod von Ukrainern verhindert werden” und die „Integrität Westeuropa“ erhalten werden. (Peter Eberl 26.04. 12:44 Uhr)
Bei allem Respekt: Was glauben Sei denn wer sterben wird in diesem Proxy-War?
[Ihre Meinung ist Ihre Meinung; die abwertende Qualifizierung von Habeck, nur weil Sie ihn nicht mögen, lassen wir mal. Aber den Fehler in der Transkription des Deutschlandfunks dem Interviewten anzulasten, lässt auf Mühlen schließen, denen jedes Wasser recht zu sein scheint um sich zu drehen. T.W.]
So, jetzt melden sich einige zu Wort, die hier zuvor nie aufgetaucht sind, aber vehement eine russische oder eine ukrainische Sichtweise propagieren. Ich schaue mir das jetzt sehr sorgfältig an,den Spielplatz für eine Propagandaschlacht stelle ich nicht zur Verfügung.
Ich finde die Debatte schon sehr beachtlich, Jedoch wird derzeit ja, was militärische Hilfe angeht, wesentlich weniger getan, als möglich wäre, ohne gleich Waffen zu liefern (die Unterteilung in offensiv oder defensiv finde ich persönlich eher albern). Ausser gelegentlicher Medevac-Flüge und Versorgung von Verlwundeten in Deutschland wurde da überhaupt nix getan. Man hätte im Logistik- oder im Sanitätsbereich sicherlich was anbieten können. Für den Anfang.
Wenn man allerdings möchte, dass Russland wenigstens seine handlungen einstellt, von Rückeroberung des Donbass oder gar der Krim rede ich gar nicht erst, müsste schon wesentlich mehr passieren, als eine Lieferung von „Defensivwaffen“ aus Deutschland. Es müsste z.B. eine Flotte aufegbaut werden (ausgemusterte Bremen-Klasse, Gepard-Klasse, ich hörte was von einer abgelehnten Anfrage aus UA bezügl. K130?), die sich einigermaßen zur Wehr setzen kann.
Wichtiger jedoch wäre, dass der Westen anfängt zu agieren, anstatt immer nur zu reagieren. Die aktuelle Appeasement-Politik gegenüber Rußland (nicht nur) lädt geradezu zu aggresiven Handlungen ein. Um das zu sehen, muss man nicht in die Ukraine reisen. Stichwort „Bundastagshack“ oder „Tiergartenmord“. Die Frage an die Grünen wäre dann, ob man da mehr erwarten kann, als von der GroKo bis jetzt? Selbst wenn am Ende Deutschland gar keine Waffen liefert, andere Staaten könnten einspringen und so das pazifistische Gewissen hier entlasten. Aber wenn sich unsere Außenpolitik nicht endlich mal ändert, werden alle Waffenlieferungen nicht helfen. Ich frage mich immer noch, wo diese sagenumwobene Position der Stärke bleibt? (VdL NATO-Gipfel 2016)
Ja, Wahnsinn. Wenn die Grünen die Wahl gewinnen könnten wir doch tatsächlich beim CH-53 Ersatz und der Tornado-Nachfolge weiter kommen. Und den Puma bringen sie auch noch Einsatzreif. Man glaubt es kaum, aber ich trau das dem Laden inzwischen eher zu als der Union.