Früherer US-General als Bidens neuer Verteidigungsminister bestätigt
Die Vereinigten Staaten haben zwei Tage nach dem Amtsantritt des neuen Präsidenten Joe Biden auch einen neuen Verteidigungsminister: Der frühere Heeresgeneral Lloyd Austin ist der erste schwarze Verteidigungsminister des Landes. Austin musste gesondert vom Senat bestätigt werden, weil er erst 2016 aus den Streitkräften ausgeschieden war und die vorgeschriebene Karenzzeit von sieben Jahren nicht eingehalten wurde.
Die Bestätigung Austins war zwar prinzipiell erwartet worden, allerdings ging sie schneller durch den US-Senat als zunächst angenommen: Auch aus Reihen der Demokraten hatte es Unmut gegeben, einen früheren General vorzeitig den Ministerposten zu gestatten. Bereits unter dem vorherigen Präsidenten Donald Trump war der Ex-General James Mattis mit einer solchen Ausnahmeregelung Verteidigungsminister geworden – angesichts des Grundsatzes, die Streitkräfte ziviler Kontrolle zu unterstellen, schon damals nicht zur Zufriedenheit etlicher Senatoren.
Allerdings schienen die Bedenken gegenüber Austin ausgeräumt, wozu auch seine Reputation aus seiner Militärzeit beigetragen haben dürfte. Nachdem das Repräsentantenhaus am Vortag der Ausnahmeregelung zugestimmt hatte, bekam der neue Minister am (heutigen) Freitag mit nur zwei Gegenstimmen auch die Genehmigung des Senats.
Der neue Chef des Pentagon war als Kommandeur unter anderem in Afghanistan und im Irak im Einsatz. In seiner letzten militärischen Verwendung war er als Kommandeur des U.S. Central Command (CENTCOM) für den Kampf gegen den Islamischen Staat in Syrien und im Irak zuständig. Der 1953 geborene Austin war nicht nur der erste schwarze CENTCOM-Befehlshaber, sondern hat die Rassentrennung in den USA persönlich erlebt – auch deshalb gilt seine Berufung als ein Signal des neuen Präsidenten zur Einigung der gespaltenen Nation.
(Am Rande: Dass Austins Bestätigung im Senat so zügig kommt, macht auch das bevorstehende Treffen der NATO-Verteidigungsminister im Februar wieder etwas interessanter. Damit hatten die Verbündeten nicht unbedingt gerechnet, nun könnte die Teilnahme eines handlungsfähigen US-Verteidigungsministers die Beratungen und Beschlüsse zum weiteren Vorgehen des Bündnisses in Afghanistan beschleunigen.)
Nachtrag: Fürs Archiv: Austins Day One Message to the Force
20210122_US_SecDef_Austin_Day_One_Message
Nachtrag 2: Es sollte sicherlich einen Symbolcharakter haben, dass der neue Minister sein erstes Telefonat mit einem ausländischen Politiker mit dem NATO-Generalsekretär führte:
Die Mitteilung des Pentagon dazu:
Secretary of Defense Lloyd J. Austin III spoke by phone with NATO Secretary General Jens Stoltenberg shortly after arriving at the Pentagon today. The call was his first made to a foreign leader as the Defense Secretary, and reinforces the importance of the NATO Alliance to the United States.
The two leaders discussed the importance of our shared values, the current security environment including maintaining a strong NATO deterrence and defense posture, and the ongoing missions in Afghanistan and Iraq. They also briefly reviewed the upcoming NATO Defense Ministerial and agreed to discuss it again in more detail in the coming weeks.The Secretary said he looked forward to developing a close working relationship with Stoltenberg and both leaders pledged to consult in the months ahead.
(Foto: Gen. Lloyd J. Austin III responds to a question during his Senate Armed Forces Committee confirmation hearing in Washington, D.C. Jan. 19, 2021 – DoD photo by EJ Hersom)
Neben der letzten Entscheidungen zu Afghanistan wird wohl in nächster Zeit vorallem die weitere Ausgestaltung einer neuen National Defense Strategy und deren Umsetzung im Mittelpunkt stehen.
Es wird wohl eine noch stärkere Fokussierung auf den Indo-Pazifik geben:
https://breakingdefense.com/2021/01/austin-to-scrub-us-pacific-posture-more-bases-troops-likely/
https://breakingdefense.com/2021/01/austin-pledges-new-national-defense-strategy-commits-to-strong-civilian-leadership/
Auf diesen Trend stellt sich auch die U.S. Army ein – bei gleichzeitig sinkender Truppenstärke:
https://breakingdefense.com/2021/01/facing-cuts-army-chief-touts-pacific-role/
Damit stellt sich vermehrt die Frage, wie sehr sich die USA noch in Europa engagieren wollen und können.
Die Ministerin verspricht dabei weiterhin ziemlich viel:
https://mobile.twitter.com/BMVg_Bundeswehr/status/1351558160729976835
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/deutschland-usa-gemeinsam-zukunft-gestalten-5019982
„Mehr zu tun“ misst sich am Ende an den der NATO zugesagten Fähigkeiten.
Genau diese wollte der GI ja in Frage stellen und mit den Verbündeten
diskutieren (https://augengeradeaus.net/2021/01/generalinspekteur-sieht-finanzielle-auswirkungen-der-pandemie-auf-den-verteidigungsetat-militaerische-zielvorstellungen-ueberpruefen/).
Die Aussagen der Ministerin passen dazu irgendwie nicht.
Über Augenhöhe und Lastenteilung sollten sich die NATO-Verteidigungsminister intensiv unterhalten.
Afghanistan ist ja eh politisch schon aufgegeben.
„Armeegeneral“ erinnert mich an den Dienstgrad des seligen Erich Mielke.
Schlage eher „General“ im Titel, im Text dann näher erklärend „Heeresgeneral“ oder eben General der US Army oder ähnliches vor. Ein einfaches sprachliches Umklappen von Army General auf Armeegeneral (a la „raketengetriebene Granate“) führt zu falschen Assoziationen.
[Yep, sehe ich ein. Heeresgeneral wäre der richtige Begriff, danke. T.W.]
zu @Memoria:
Schon bei der „bekennenden“ mittleren Säule (Twitter-Beitrag BMVg) herrscht ja nicht einmal innerhalb der derzeitigen Regierungskoalition Einigkeit.
Das hat man auch auf der anderen Seite des Atlantiks vernommen.
Wie will man da erst ein europäisch abgestimmtes „Angebot“ machen, wo viele unserer europäischen Partner von den wiederholten deutschen Eigen-/Sonder-/Zauderwegen in gemeinsamen militärpolitischen Fragen gern „irritiert“ sind?
Von der linken Säule braucht man gar nicht erst zu reden, da auch hier – bei noch immer nicht abzuschätzender ‚Corona-Schlussrechnung“ – die finanziellen Prioritäten vieler europäischer Nationen (auch unserer – siehe GI-Vorstoß) sicher erst einmal neu ausgerichtet werden müssen.
Vice Chief Staff of the Army und ehemaliger Commander den CENTCOM. Ein sehr fähiger Mann,
@Fux:
Richtig.
Die erste Säule ist – nach der aktuellen Planung – eine finanzielle Illusion.
Es geht in der Realität aktuell nicht um Augenhöhe und Aufbau von Fähigkeiten, sondern den Verlust weiterer Fähigkeiten.
Der zweite Punkt ist auch in der nächsten Legislatur absehbar sehr strittig.
Und der letzte Punkt (Beteiligung im Indo-Pazifik) ist strategisch, politisch und praktisch noch fragwürdiger.
Aber Hauptsache einen New Deal ausrufen.
Ob die Biden-Administration sich mit Parolen, Überschriften und Tweets zufrieden gibt wird man wahrscheinlich in einigen Monaten sehen.
Die Meßlatte würde – ohne Not – sehr hoch gelegt. Aber darum darf sich ja dann vielleicht der nächste Minister der Union kümmern.
Ein echter New Deal würde also eigene Hausaufgaben erfordern.
Positiv betrachtet versucht die Ministerin hierüber wohl Akzente für die nächsten Koalitionsverhandlungen zu setzen.
Zu Biden nein zu sagen wird eben schwieriger als zu Trump.
Auch positiv, dass die Ministerin das Thema nukleare Teilhabe erneut so offensiv thematisiert.
Am Ende kostet das alles halt viel Geld.
Das Geld wäre auch verfügbar, wenn es politisch von einem neuen Kanzler gewollt ist.
Die Berufung von „Fachleuten“ in Ministerämter ist immer eine zwiespältige Angelegenheit …
Die Anführungszeichen sollen nicht etwa die Expertise Herrn Austins oder vergleichbarer Besetzungen infrage stellen, sondern darauf hinweisen, dass ein Verteidigungsminister eben keine Truppen kommandiert, genauso wenig wie ein Landwirtschaftsminister Felder pflügt.
Ein Minister muss vor allem über politische Erfahrung verfügen. Natürlich ist militärisches Fachwissen für einen Verteidigungsminister von Vorteil – wie auch ein Dr. med. als Gesundheitsminister weniger auf Leute angewiesen wäre, die ihm medizinische Zusammenhänge erklärten.
Aber ein solches Vorwissen wird dem Minister allenfalls zu höherer Akzeptanz bei seinen Untergebenen und Gesprächspartnern verhelfen. Für das Fachliche hat der Minister Berater. Wenn die ihn nicht fachlich zu beraten vermögen, sind entweder die Berater oder der Minister auszutauschen.
Politiker, die sich nicht in jede Thematik so weit einzuarbeiten vermögen, dass sie ihren Beratern folgen können, sind zum Glück eher selten.
In den letzten Jahren hat man bspw. viel Kritik an den Ministerinnen Kramp-Karrenbauer und von der Leyen gelesen, nach dem Motto, was soll bei den ungedienten Weibern auch anders rauskommen? Aber so einfach ist es nicht. Ist die ministeriale Bilanz mies, liegt es eher selten an fehlendem Fachwissen.
Die meiste Zeit wird sich der Minister mit rein politischen Fragen zu befassen haben, und gerade Quereinsteiger sind hier oft im Nachteil.
Nebenbei, warum ist die Hautfarbe des Ministers eigentlich erwähnenswert? Mit Colin Powell, Condoleezza Rice und etlichen anderen haben schon viele afroamerikanische Politiker zentrale Posten der US-amerikanischen Sicherheitsarchitektur eingenommen. Ein echtes Novum sehe ich hier nicht.
@muck sagt: 23.01.2021 um 6:52 Uhr
„Die Berufung von „Fachleuten“ in Ministerämter ist immer eine zwiespältige Angelegenheit …“
Ich stimme Ihnen zu, richtige Fachleute benötigt es selten. Meistens kann ein Politiker ja fachlich eh nur dritte Liga sein, sonst hätte er keine Zeit gehabt sich politisch zu engagieren.
Aber ein Fachwissen sollte es dann doch sein. Auch wenn ich von unserer aktuellen IBuK äußert angetan bin, so empfinde ich da US-amerikanische Vorbild doch überzeugender. Nicht in dem Sinne, dass es ein Ex-4sterner sein muss, aber auch bei normalen Ministern in „speziellen Ministerien“ (Verteidigung, Justiz, Finanzen etc.) wird ja eine gewissen Fachkompetenz erwartet, sonst werden die im Senat üblicherweise richtig gegrillt und nicht selten ja auch abgelehnt.
Zitat aus dem Day One Brief des neuen Verteidigungsministers an seine Soldaten:
„The way I see it, my job as Secretary of Defense is to make you more effective at doing yours. That means ensuring you have the tools, technology, weapons, and training to deter and defeat our enemies.“
Diese Botschaft hätte ich gerne mal von einem deutschen Verteidigungsminister an seine oder in letzter Zeit wohl an besser an „ihre“ Soldaten gehabt.
@Georg: +1
Und alleine durch dieses Zitat wird schon deutlich, das profunde Sachkenntnis durchaus Vorteile für den zugeordneten Bereich haben kann. Zumal der neue amerikanische Verteidigungsminister schon aufgrund seiner herausragenden militärischen Verwendungen desöfteren an der militärpolitischen Schnittstelle gearbeitet hat. Drücken wir ihm doch daher einfach mal fest die Daumen.
@ Georg
„Diese Botschaft hätte ich gerne mal von einem deutschen Verteidigungsminister an seine oder in letzter Zeit wohl an besser an „ihre“ Soldaten gehabt.“
Da wir in Deutschland leben und das BMVg seit Jahren von inkompetenten Personen geleitet wird, die mehr auf externe Berater hören als auf echte Fachleute, dürften Ihre Erwartungen leider niemals erfüllt werden.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Bundeswehr zu sehr auf den Wellen der „Political Correctness“ unterwegs ist. Anstatt sich um die Landesverteidigung zu kümmern, verliert man sich in Debatten über Transgender, Frauenquote, Vergangenheitsbewältigung und, und, und. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Das sind alles wichtige Dinge, die im 21. Jahrhundert in den Streitkräften diskutiert werden müssen. Schade ist dabei jedoch, dass man sich fast 20 Jahre nach 9/11 immer noch mit Begriffen, wie „kriegsähnliche Zustände“ – wenn es um das Beschreiben eines Krieges in Afghanistan geht – selbst die Öffentlichkeit belügt. Für mich nicht verständlich und absolut peinlich.
Auf Männer wie Lloyd Austin, Donald Rumsfeld oder James Mattis im Verteidigungsministerium dürfen wir noch lange warten.
Na gut, war ja zu vermuten. Die ganze Kamarilla, die sich außer einem (Ex-)General kaum einen kompetenten Verteidigungsminister vorstellen kann, muss die Berufung in Washington jetzt auf deutsche Wunschvorstellungen übertragen und beklagen, dass wir in Deutschland immer nur Weicheier oder gar Frauen an der Spitze des Ministeriums haben (ein bisschen bewusst zugespitzt). Die Botschaft haben wir gehört, die kennen wir, und jetzt ist auch gut.
Hallo Herr Wiegold,
jetzt übertreiben Sie aber mit ihrer Kritik !
Alles was sich Bundeswehrsoldaten wünschen, ist das unserer Verteidigungsminister genauso vor ihren oder seinen Soldaten stehen, wie der der neue amerikanische Verteidigungsminister es macht.
Auch der kann nicht zaubern, auch der muss sich seinen Haushalt mit dem Gesamtbudget des amerikanischen Haushaltes aufteilen, auch der muss sich nach der Decke strecken und sehen was er erreichen kann.
Nur dieser Verteidigungsminister hätte niemals das Problem so wie UvdL, die „Eisprinzessin“, zwar einen Truppenbesuch in AFG zu machen, aber sich aus politischer Korrektness und persönlichen Karrierestreben nicht von dem mitreisenden Journalistentross vor einer harmlosen Aufklärungsdrohne a la „Heron 1“ fotografieren zu lassen !
Egal ob Soldat oder Zivilist, ob Mann oder Frau:
Alle Minister sind auf fähige Mitarbeiter angewiesen.
Da lohnt sich auch Mal einen Blick in die zweite und dritte Reihe.
Wie üblich kommen viele Mitarbeiter aus think-tanks und haben auch schon intensiv mit dem Verhältnis zu China und der neuen Sicherheitsstrategie beschäftigt:
https://www.cnas.org/press/press-release/cnas-experts-and-alumni-selected-for-senior-leadership-positions-in-the-biden-administration
Die darin verlinkten Studien zur NDS (mit vielen Einzelthemen) und zum Indopazifik legen erneut nahe, dass Europa (und sein) Umfeld nicht im Fokus der Überlegungen stehen.
Herr Wiegold, Ihr überspitzter Humor gefällt mir. Das war der erste Schritt für Sie an die Spitze des BMVg.
[Ich nehme an, das ist als große Spitze gegen mich gemeint? T.W.]
@Georg:
„Auch der kann nicht zaubern, auch der muss sich seinen Haushalt mit dem Gesamtbudget des amerikanischen Haushaltes aufteilen,“
Eine wesentliche Aufgabe eines Ministers ist die Organisation politischer Mehrheiten für den notwendigen Haushalt.
Genau diese Aufgabe ist vorallem politische Arbeit und kein Automatismus. Generale sind darin sehr unerfahren oder sogar dafür ungeeignet.
Frau von der Leyen hatte sicher einige Defizite als Ministerin, aber im Organisieren von Haushaltszuwächsen war sie sehr erfolgreich. Denn auch in ihrer Amtszeit war dies kein Selbstläufer und erforderte viel politische Hintergrundarbeit in der Regierung und im Parlament.
Wenn Deutschland eine klare Linie in der Verteidigungspolitik hätte, dann wäre auch ein echter Dialog mit den USA möglich.
Da wird wohl aber auch nach der Bundestagswahl erst noch Unruhe aufkommen.
Die Finanzierung der Streitkräfte wird auf beiden Seiten des Atlantik ein politisches Thema bleiben oder sogar noch zunehmend werden. Die jetztige Bundesregierung kann für die Folgejahre sowieso keine belastbaren Aussagen mehr machen.
Ebenso relevant wird wohl die Frage der regionalen Fokussierung:
Die USA streben eine noch nicht definierte Einbindung der NATO im Indo-Pazifik an.
Die Bundesregierung schaut deswegen (?) zunehmend in den Indo-Pazifik.Jedoch fehlen hierfür sicherheits- und verteidigungspolitisch auf jeden Fall die Mittel (abseits von Symbolpolitik). Es ist schon fraglich welche vitalen Interessen dort berührt sind und ob es Sinn macht, wenn alle überall etwas tun.
Sinnvoller wäre da eher eine stärkere europäische Rolle in Europa zur Entlastung der USA.
Strategische Überdehnung war noch nie ein gutes Rezept. Genau das scheint aber immer mehr der Trend zu sein.
„Unter Kamarilla oder Camarilla versteht man eine G_ü_n_s_t_l_i_n_g_spartei, die nicht den offiziellen Regierungsorganen angehört, aber ohne Befugnis und Verantwortung Einfluss auf die Entscheidungen eines Herrschers ausübt.“
Ich glaube, Herr Wiegold, Sie haben den falschen Begriff gewählt. Keine Günstlinge. Kein Einfluss. Auch wenn’s schön wäre.
Zum Thema:
Seit wann ist es schädlich in einem Themengebiet besonders kompetent zu sein? Über 30 Jahre durch alle Hierarchien mit Bestleistungen an die Spitze zu kommen, soll kein Ausweis von Qualität und Kompetenz sein? Das ist eine dermassen krude Logik, die nur eins ermöglichen soll:
Kreiß-, Hör-, Plenarsaal.
Sprich: Parteikarrieren/Berufspolitiker.
Ich bin froh, dass da jemand steht, der von der Pike auf weiß, was Fehlentscheidungen ganz oben für Desaster ganz unten anrichten können. Der weiß, wie träge der Apparat ist, wo die Fallstricke sind, wo die informellen Nebenhierachien. Die Maulwürfe. Die Seilschaften. Der wird auch seine Berater haben und brauchen, kann aber auch aus seinem eigenen Fundus zehren. Das ist ein Vorteil.
Typischerweise (für D) wird in der medialen Diskussion die Hautfarbe rausgepickt. Wie beim Kanadischen VM. Dass der ebenfalls erfolgreicher Soldat war? Nebensache.
Skurril.
Und ja, auch ein „Unjedienta“ kann erfolgreicher VM sein. Aber military background ist kein Malus.
Herrgott was für Grundlagendiskussionen.
P.S.: Scheiden Özdemir oder Lindner als zukünftige VM aus?
[Ich akzeptiere ein breites Meinungsspektrum, aber keine, sagen wir mal zurückhaltend, schrägen Darstellungen. Die Hautfarbe wird nicht „typischerweise für D“ rausgepickt, sondern spielt in der US-Debatte nach den Trump-Jahren und den Ereignisses des vergangenen Jahres durchaus eine Rolle. Auf dem Niveau jetzt bitte nicht debattieren. T.W.]
Wer bitte wünscht sich hier Donald Rumsfeld als VM?! Ich weiss gar nicht wo ich anfangen soll zu erläutern, dass das eine ganz schlechte Idee wäre. Himmel!
[Könnten wir den OT damit für beendet erklären? T.W.]
Es ist schon hilfreich wenn auch Minister ein wenig Fachwissen über ihren Verantwortungsbereich mitbringen. Ist nicht unbedingt das deutsche System, aber offensichtlich immer wieder einmal das US-amerikanische. Ich kann dem etwas abgewinnen. Könnte sein, dass die US-Streitkräfte eine klare strategische Vorgabe bekommen. Ich würde es ihnen wünschen.
Wird interessant zu sehen, wie sich die Biden-Administration nun im Bezug zur Nato und dem kostspieligen militärischen Fähigkeitenaufwuchs in Europa und v.a. Deutschland positioniert. Sicher, die Töne werden bestimmt nicht mehr so schrill, aber die Probleme bleiben ja bestehen.
Für Deutschland kann ich mir vorstellen, dass man beim Abschmelzen der Trupoenstärke bleibt. Vielleicht nicht ganz so rabiat, wie unter Trump, aber es ist eines der wenigen Mittel, die die USA haben, um Druck aufzubauen und die Europäer und DEU zum Investment in die eigene Sicherheit zu nötigen.
Welche anderen positiven Impulse kann die Administration setzen, die die Verbündeten aus der Lethargie rütteln? Nette Worte werden da in Corona-Zeiten bestimmt nicht dazu führen, dass die Allianz wehrhafter wird.
Könnte mir vorstellen, dass nun wieder die Rüstungskooperation verstärkt werden könnte. Wenn durch Technologietransfer Entwicklungskosten gefrückt werden könnten, hätte man mehr Bang for the Buck. USA könnten bei FCAS als Berater einsteigen und im Gegenzug die Amerikaner bei MGCS als Beobachter einsteigen. Gut, könnte mir vorstellen, dass das die involvierten Unternehmen nicht wollen.
Der neue Verteidigungsminister ist dem vllt. auch nicht abgeneigt. Der Abrahams ist ja genauso alt wie alle anderen MBT der Nato.
Biden hat mit Gen aD Austin politisch geschickt eine hoechst kritische Personalentscheidung getroffen:
– Kein Celebrity-General (Petreaus/McCrystal), aber auch kein Gross-Stratege a lá Mattis, Stavridis, McMaster, sondern solider Staatsdiener, der nicht ungefragt „gute Ideen“ raushaut und/oder an einer eigenen Praesidentschaft werkelt.
– Liberales Establishment happy wegen Hautfarbe.
-Militaerisches Establishment happy wegen Ex-Militaer, zudem gibt es in den USA auch recht viele intellektuelle Pantoffeltierchen, nach deren Dorftrottel-Logik das Landwirtschaftsministerium von Bauer, das Verteidigungsressort von Soldaten und das Justizministerium von Strafgefangenen gefuehrt werden sollte…
Wenn man sich nun anschaut, wer mit welchem Lebenslauf nun an welcher Position mit Relevanz fuer die Aussen- und Sicherheitpolitik in der Biden-Regierung sitzen wird, koennte in Zukunft wahrscheinlich wieder das US-Aussenministerium staekeres Gewicht erhalten.
Das ist auch gut so: In dem Politikbereich ist das Aussenministerium das klassische Leitressort, da es qua Amt alle Instrumente der Macht gemaess der grossen strategischen Linien orchestrieren koennen sollte.
Also alles schoen und gut, zurueck zu einer gefuehlten Normalitaet, aber die groesste strategische Herausforderung fuer Biden, naemlich eine sozio-oekonomisch fragmentierte Gesellschaft in einem nach Wild-West-Manier organisierten Informationsumfeld, wird damit nicht geloest, wie auch?
Ich bin hier eigentlich nur Mitleser, habe aber jetzt mal ganz ernsthaft eine Frage an Herr Wiegold (hat nichts mit General Austin zu tun): Sie reagieren auf Kritik an den Zuständen der BW oft sehr gereizt. Warum ist das so? Die Mißstände sind doch so offensichtlich, dass es so nicht weitergehen kann. Im Vergleich zu anderen Foren und Plattformen wird doch hier eher zivilisiert diskutiert.
PS: Wenn Sie das nicht diskutiert haben wollen, ist das für mich auch ok
[Ich nehme die Frage mal ernst und antworte ernsthaft: Da liegt bei Ihnen ein sehr tiefes Missverständnis vor. Ich reagiere nicht so auf „Kritik an den Zuständen der BW“, im Gegenteil, falls Sie hier mal was gelesen haben, übe ich selbst auch diese Kritik. Ich reagiere, zugegeben bisweilen gereizt, auf die immer wieder vorkommenden Versuche, andere Themen – sog. Off Topic – hier reinzuschmuggeln, weil jemand meint, es ginge nicht um das Thema des Beitrages, sondern um irgendwas anderes, was er gerne mal diskutieren möchte. Aber damit haben wir das geklärt, oder? T.W.]
„intellektuelle Pantoffeltierchen, nach deren Dorftrottel-Logik “
@T.W.:
Das lassen Sie unkommentiert durchgehen?
Mein offensichtliche Diversitätsargument hingegen [das D ist in Klammer gesetzt], was auch von anderen Kommentatoren hervorgehoben wird, als „schräg“ framen. Und ja, in D wurde gerade in sozialen Medien immer wieder auf die tolle Diversität der kanadischen Regierung hingewiesen. Dass die aber wegen ihres Backgrounds / Fachkompetenz dort sind, wird ausgeblendet.
Vielleicht liegt (k)ein Missverständnis vor. 1. Es ist Ihr Blog.
2. Dieser Blog wird wegen des Kommentarbereichs gelesen. Denn hier bekomme ich meist die Nachricht hinter der Meldung, die sie oft mühsam recherchiert oder weitergeleitet haben..
Und da ist es wichtig, dass auch mal etwas weiter ausgeholt, querverwiesen oder vertieft wird. Vermeintlich Unliebsames als „off-topic“ einzubremsen, weil da angeblich irgendwelche Trolle ihr schändliches Unwesen treiben oder Verschwörungen verbreiten, ist m.E. oft verfehlt. Ich weiss allerdings natürlich nicht, was bei Ihnen sonst noch an bekloppten emails einläuft.
3. Den Eindruck von 12PzDiv habe auch ich und andere stille Mitleser in meinem persönlichen Umfeld. Good news: Wer wissen will, was los ist, schaut hier rein!
4. Ich freue mich immer, wenn außerhalb der 5-10 Standartkommentatoren (die sicherlich fast immer gute Punkte haben aber auch keine Universalgelehrten sind) mal andere sich äußern.
Gelebte Diversität.
5. Es ist Ihr Blog.
[Ich bin’s müde. Ich versuche, die größten OT-Auswüchse auszubremsen, aber die deutsche Maschendrahtzaun-Mentalität (wir erinnern uns: nichts ist schlimmer als der Streit mit dem Nachbarn über einen Maschendrahtzaun, das geht dann durch mehrere Gerichtsinstanzen) kommt natürlich immer wieder hoch. Das werfe ich jetzt nicht spezifisch Ihnen vor, das ist weit verbreitet, und wehe, jemand fühlt sich benachteiligt. Zeitweise ist es mehr Aufwand, hier Kommentare zu moderieren als journalistisch zu arbeiten, aber das scheinen viele ja für wichtiger zu halten… Ok, Strich drunter: Ja, es ist mein Blog. T.W.]
@D.F. sagt: 24.01.2021 um 4:39 Uhr
„Für Deutschland kann ich mir vorstellen, dass man beim Abschmelzen der Trupoenstärke bleibt. Vielleicht nicht ganz so rabiat, wie unter Trump, aber es ist eines der wenigen Mittel, die die USA haben, um Druck aufzubauen und die Europäer und DEU zum Investment in die eigene Sicherheit zu nötigen.“
Wenn Sie die Berichterstattung des Hausherrn und die dazugehörigen Diskussionen zu diesem Thema letztes Jahr mitverfolgt hätten, dann wüssten Sie, dass die NATO und DEU erst in zweiter Linie betroffen sind. DEU kann es letztlich, abgesehen von regionaler Kaufkraft, egal sein. Für den Bündnisfall muss kein US-GI in Deutschland sein. Und ein Teil der Truppen wird in andere europäische Staaten verlegt.
Die USA feilen selber an ihrer größten Drehscheibe für US-Truppen außerhalb der USA herum – einfach machen lassen. Wenn es nicht mehr ordentlich funktioniert, kriegen die das schon selber mit.
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was Lloyd Austin so besonders macht, dass Biden für ihn um eine Ausnahme von der 7-Jahre-Regel ersucht hat.
Was bekommt der neue Präsident mit dieser Personalie denn?
– einen wahrscheinlich soliden, aber nicht brillanten Verteidigungsminister
– einen General a. D. für die Republikaner
– einen Afroamerikaner für die linksidentitäre Fraktion der Demokraten
All das hätte das Weiße Haus allerdings auch kriegen können, ohne eine Norm zu umgehen, die aus gutem Grund existiert. Ich verstehe ja, dass man seinerzeit Jim Mattis abgenickt hat, um Trump einzuhegen, aber Joe Biden ist nicht Donald Trump. Meines Erachtens wurde hier ohne Not ein bedenklicher Präzedenzfall geschaffen.
„Könnte mir vorstellen, dass nun wieder die Rüstungskooperation verstärkt werden könnte.“
Hm. Optionen gäbs da schon.
Ein gemeinsames D-F-US MGCS Programm als Grundlage für Leo III / Abrams III / LeClerk II ? Leo I war Koop-Ergebnis D-F, Leo II D-US. Natürlich mit nationaler Komponente, aber die ursprüngliche Forschung erfolgte gemeinsam …
Ein Puma II Programm, der einen schwereren, größeren Puma (C17 transportabel statt A400) mit besserer Software und großen Stückzahlen verbindet?
2 LuWa Varianten LLBrig und MarineCorps die in Osprey (klein, 1-2 Mann) und CH53K (groß, 3 Mann) passen?
Gemeinsamer Nachfolger für Apache und Tiger?
Austin scheint jemand zu sein der sich mit Washingtons Verstrickungen im Nahen Osten auszukennen scheint und hoffentlich bald deren Unterstützung für den fürchterlichen Krieg in Jemen beenden wird. Laut Mark Perrys Artikel für Foreign Policy war Austin kurz davor von Obama persönlich zu verlangen den Angriff der Saudis öffentlich zu verurteilen.
@ Bürger sagt:
25.01.2021 um 12:51 Uhr
„Ich verstehe ehrlich gesagt nicht, was Lloyd Austin so besonders macht,“
Austin war CENTCOM-Kommandeur in der Obama/Biden Administration. Es heisst, dass sich in der Zeit wohl ein sehr gutes Vertrauensverhältnis zwischen Biden – der wohl weit mehr als andere VPs im präsidialen Tagesgeschäft eingebunden war – und Austin eingestellt hat. Biden wird jetzt Kabinettspositionen mit Leuten besetzen wollen, denen er vertraut, mit denen er gut kann und denen er etwas zutraut- und die Bio von Austin finde ich durchaus beeindruckend. Nicht vergessen dabei sollte man, dass in USA die Befehlskette direkt vom POTUS über SecDef auf die Unified Combattant Commands geht.
Das Biden-Kabinett ist sehr fachlich geprägt, fast technokratisch: Ex-General als SecDef, Ex-Investmentmanagerin als SecCom, Aussen-und SiPo-Urgestein (trotz recht junger Jahre) als SecState, Ex-Zentralbankchefin als SoT, Ex-Bundesrichter als AG, Ex-Lehrer als SecEd, Ex-Staatsanwalt als SoHS…@ Koffer hat oben Recht, USA tickt in der Hinsicht sehr anders als als DEU…
Die Hautfarbe sollte kein Thema sein – aber natürlich ist sie (noch) eines. Ein „diverses“ Kabinett ist für den linken Flügel der Demokraten ein sehr wichtiges Thema, und in den letzen Monaten war in USA strukturelle Benachteiligung nicht-weisser Soldaten auf der Karriereleiter ein recht präsent in grossen US-Medien.
@Georg, @CRM-Moderator & @Commander Z
Niemand hat behauptet, dass Fachwissen schädlich sei. Ich gab nur zu bedenken, dass, wer einen Automatismus annimmt á la General ≈ guter Verteidigungsminister, einem Irrtum unterliegt. Der Verteidigungsminister ist nun einmal kein General.
Die Aufgabe des Ministers besteht in der Geschäftsführung in seinem Amtsbereich. In erster Linie muss er erreichen, dass die zuständigen Verfassungsorgane seinen Vorhaben, was Organisation und Ausstattung der Armee anlangt, zustimmen – in den USA also der Präsident und die zuständigen Kongress-Komitees.
Er muss die Informationen, die ihm seine fachkundigen Berater zukommen lassen, in das beste politisch durchsetzbare Ergebnis ummünzen, nicht die Informationen bereits besitzen. Käme es für die Funktionsfähigkeit der Behörde darauf an, dass ein Minister sein Ressort kennt, wäre die K***e am Dampfen.
Man könnte sogar sagen, dass der emotionale Zugang zum Ressort wichtiger ist als jedes Fachwissen, denn was im Interesse des Ressorts ist, ist nicht immer im persönlichen Interesse des Ministers. Für einen guten Draht zwischen Soldaten und Verteidigungsminister ist aber kein General vonnöten.
Ich erinnere daran, wie beeindruckt wir hier alle waren, als Frau von der Leyen mit ihren damals schon Ende Fünfzig mit dem KSK einen Tandem-Freifallsprung gemacht hat. Das Epipheton „Flintenuschi“ war anfangs eher bewundernd als spöttisch gemeint.
Ich erinnere auch daran, dass Karl-Theodor zu Guttenberg, immerhin ein gedienter Unteroffizier, mit einem guten Draht zu den Soldaten und ihre Belange ernst nehmend (wie etwa die von ihm veranlasste Verlegung schwerer Waffen nach Afghanistan gezeigt hat), eine Reform startete, die viele hier für eine Katastrophe halten.
Wenn hier manche das Gefühl haben, dass unseren Verteidigungsministern Gender-Sprech wichtiger sei als die Streitkräfte, liegt das daran, dass in Berlin der Glaube vorherrscht, man könne mit militärischen Dingen bei der Bevölkerung nicht punkten. Was falsch ist, wie zu Guttenbergs Beliebtheitswerte zeigten.
Trotzdem ist das Amt des Bundesministers der Verteidigung eines, das nur Leute anstreben können, die unbedingt ein Magengeschwür entwickeln und ihre Karriere beenden wollen.
In den USA ist das übrigens ähnlich, wenngleich der Minister einen leichteren Stand hat, Mittel zu beschaffen und die Streitkräfte in der Öffentlichkeit zu positionieren; denn keine der beiden großen Parteien kann es sich leisten, Oppositionsarbeit gegen die Armee zu betreiben.
Deswegen ist es den Demokraten ja so wichtig gewesen, Trumps Transsexuellen-Verbot zu kippen. Auf substantiellere Weise können sie im Bereich des Militärischen keine Akzente setzen, die Streitkräfte sind zu sakrosankt, als dass man hier viel umbauen und umtarieren könnte.