Sicherheitshalber, der Podcast Folge 34: Militärische Nutzung von Neurotechnologie | Die NATO-2%, oder: Wieviel Prozent hätten sie denn gern?
Sicherheitshalber ist der Podcast zur sicherheitspolitischen Lage in Deutschland, Europa und der Welt. In Folge 34 sprechen Ulrike Franke, Frank Sauer, Carlo Masala und ich über das Gehirn als Teil des Schlachtfelds – und zwar über die lange Geschichte dahinter ebenso wie über die jüngsten Bestrebungen in Sachen militärischer Anwendung von Neurotechnologie. Von Harry Houdini zur Hirn-Computer-Schnittstelle. Erst gruselt sich Rike, dann alle vier. Im zweiten Teil wenden uns – mal wieder, aber diesmal ausführlich, systematisch – dem berühmt-berüchtigten NATO Zwei-Prozent-Ziel zu.
Motto: Zahlen, Daten, Fakten, und immer an die HörerInnen denken. Abschließend wie immer der “Sicherheitshinweis”, der kurze Fingerzeig auf aktuelle, sicherheitspolitisch einschlägige Themen und Entwicklungen – diesmal mit der “State of the European Union”-Rede von Ursula von der Leyen, der US-Präsidentschaftswahl, den Kampfhandlungen zwischen Armenien und Aserbaidschan und der Schweizer Entscheidung in Sachen nüüe Champfflüüglis.
Neuro: 00:01:45
NATO Zwei Prozent : 00:32:00
Sicherheitshinweise: 00:58:43
Web: https://sicherheitspod.de/
Shop: https://shop.spreadshirt.de/sicherheitshalbershop
Patreon: https://www.patreon.com/sicherheitspod
Erwähnte und weiterführende Interviews, Literatur und Dokumente:
Thema 1 – Militärische Nutzung von Neurotechnologie
Prof. Dr. Bertolt Meyer – Professor für Psychologie…und gedankenkontrollierte Musik ;-)
https://www.tu-chemnitz.de/hsw/psychologie/professuren/owpsy/Team/meyer.php
Hacking my arm prosthesis to output CV so that it plugs into my synth:
https://www.youtube.com/watch?v=qSKBtEBRWi4
SynLimb live modular set as aired on modular.world Ep 3 (June 13 2020):
https://www.youtube.com/watch?v=xO0xcGGunqI
Noah Shachtman. 2012. Darpa’s Magic Plan: ‚Battlefield Illusions‘ to Mess With Enemy Minds
https://www.wired.com/2012/02/darpa-magic/
Antoine Bousquet. 2012. All Your Brain Are Belong To Us: Neuroscience Goes To War, The Disorder of Things
https://thedisorderofthings.com/2012/02/19/all-your-brain-are-belong-to-us/
Noll, G. 2014. Weaponising neurotechnology: International humanitarian law and the loss of language. London Review of International Law 2(2): 201-231.
doi: 10.1093/lril/lru009.
Miranda, R. A. et al. 2015. DARPA-funded efforts in the development of novel brain-computer interface technologies. Journal of Neuroscience Methods, Brain Computer Interfaces; Tribute to Greg A. Gerhardt 244: 52-67.
doi: 10.1016/j.jneumeth.2014.07.019.
Armin Krishnan. 2016. Military Neuroscience and the Coming Age of Neurowarfare. Routledge.
James Giordano. 2017. Weaponizing the Brain: Neuroscience Advancements Spark Debate, National Defense Magazine
https://www.nationaldefensemagazine.org/articles/2017/5/11/weaponizing-the-brain-neuroscience-advancements-spark-debate
Ienca, M., F. Jotterand, and B. S. Elger. 2018. From healthcare to warfare and reverse: How should we regulate dual-use neurotechnology? Neuron 97(2): 269-274.
doi: 10.1016/j.neuron. 2017.12.017.
Paul Tullis. 2020. The brain-computer interface is coming and we are so not ready for it. Bulletin of the Atomic Scientists,
https://thebulletin.org/2020/09/the-brain-computer-interface-is-coming-and-we-are-so-not-ready-for-it/
Malte Riemann. 2020. Der Krieg im 20. und 21. Jahrhundert. Entwicklungen und Strategien, Stuttgart. (Kapitel 7).
The Official CIA Manual of Trickery and Deception,
https://www.amazon.com/Official-CIA-Manual-Trickery-Deception/dp/0061725897?ots=1&tag=w050b-20
https://books.google.de/books?id=LbrzMtkyCGUC&hl=de
Thema 2 – NATO-Ziel zwei Prozent
Mythen der Zwei-Prozent-Debatte: Zur Diskussion um die NATO-Verteidigungsausgaben, BAKS, 9/2019
https://www.baks.bund.de/de/arbeitspapiere/2019/mythen-der-zwei-prozent-debatte-zur-diskussion-um-die-nato-verteidigungsausgaben
NATO Daten:
https://www.nato.int/cps/ic/natohq/topics_49198.htm und https://www.nato.int/nato_static_fl2014/assets/pdf/pdf_2019_11/20191129_pr-2019-123-en.pdf
Wales Summit Abschlussdokument:
https://www.nato.int/cps/en/natohq/official_texts_112964.htm
Bundeshaushalt 2020: Ausgaben
https://www.bundeshaushalt.de/#/2020/soll/ausgaben/einzelplan.html
SIPRI: TRENDS IN WORLD MILITARY EXPENDITURE, 2019
The 40 countries with the highest military expenditure in 2019 (Table 1)
https://www.sipri.org/sites/default/files/2020-04/fs_2020_04_milex_0.pdf
Germany to match US contribution to NATO budget, Deutsche Welle, November 2019
https://www.dw.com/en/germany-to-match-us-contribution-to-nato-budget/a-51446211#:~:text=In%202019%2C%20the%20US%20contributed,amounted%20to%20€313%20million.&text=The%20new%20agreement%20means%20Germany%27s,save%20around%20€120%20million
2 % du PIB pour la Défense : de quoi s’agit-il ?, IFRAP, 06 décembre 2017 https://www.ifrap.org/etat-et-collectivites/2-du-pib-pour-la-defense-de-quoi-sagit-il
The US and its NATO allies: costs and value, IISS, 9th July 2018 https://www.iiss.org/blogs/military-balance/2018/07/us-and-nato-allies-costs-and-value
Malcolm Chalmers, Osborne’s Summer Surprise for Defence Guaranteed Real-Terms Spending Increases, RUSI, July 2015
https://rusi.org/sites/default/files/201507_bp_osbornes_summer_surprise_for_defence.pdf#page=4
Augengeradeaus, Dokumentation: 1,42 Prozent „NATO-Quote“, 18.11.2019, https://augengeradeaus.net/2019/11/dokumentation-142-prozent-nato-quote/
Sicherheitshinweise
Frank: US-Präsidentschaftswahl
https://www.theatlantic.com/magazine/archive/2020/11/what-if-trump-refuses-concede/616424/
Carlo: Armenien – Aserbaidschan,
https://www.swp-berlin.org/publikation/neuere-entwicklungen-im-konflikt-zwischen-armenien-und-aserbaidschan/
Rike: Von der Leyen, State of the Union
https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/SPEECH_20_1655
Thomas: Schweiz
So hat die Schweiz abgestimmt – Ja zu neuen Kampfjets
https://www.srf.ch/news/abstimmung-27-september-2020/eidgenoessische-vorlagen-so-hat-die-schweiz-abgestimmt
Besonders Thema 1 mal wieder sehr interessant! Folge für Folge zuverlässig sehr hörenswert, super!
Es würde mich freuen, wenn Pod und/oder Blog bald mal nach Bergkarabach blicken würden.
Es wurde viel über die NATO-Quote und mögliche alternative Kriterien gesprochen. Es wurden mehrfach mögliche fähigkeitsbezogene Kriterien angesprochen.
Da verwunderte es mich dann schon, dass das von der NATO hierfür seit Jahren verwendete Verfahren NATO Defence Planning Process gar nicht erwähnt wurde (auf dem auch die Bundeswehrplanung aufbaut).
Umso seltsamer war daher der erwähnte 10%-Vorschlag von AKK.
Anhand vom NDPP lässt sich auch unabhängig vom BIP zeigen, ob ein Mitgliedsland seine Verpflichtungen einhält.
Für Deutschland sieht es dabei nicht gut aus.
Vielleicht geht die Diskussion ja sonstwann etwas mehr in die Tiefe.
zum Thema 2.
Der NATO-Beschluss von Wales wurde von Rike nach meinem Verständnis nicht wirklich angemessen pointiert. Es handelt sich da, mathematisch gesprochen, um eine Verpflichtung zum Anstieg der Ausgaben gemäß einer Kurve mit einem positiven Steigungswinkel. Aber dass diese Kurve 2% in 2024 erreichen soll, ist gerade NICHT gesagt. Eine Kurve, die 2% in 2050 schneidet, erfüllt den Beschluss auch.
Der Sinn der Sache war eben, dass man sich nicht einigen konnte auf einen Schnittpunkt in 2024.
Politisch diskutierenswert ist nach meinem Urteil, dass die NATO-Zentrale und auch die Leitung des deutschen Verteidigungsministeriums sich dann später jeweils entschieden haben, den Beschluss so auszulegen, wie Herr Trump das tut, nämlich auf einen Schnittpunkt in 2024.
Das wurde zu meinem Bedauern nicht angesprochen – da stehen Interessen hinter, und die Methode ist die bekannte, mit Fakes zu arbeiten – in Brüssel gibt es eine Arbeitseinheit, die gegen solche klassischen Desinformations-Taktiken vorzugehen hat. Schade, dass dieser Teil von „sicherheitshalber“ dazu keine Aufklärung geboten hat.
Ich träume ja immernoch von w LAN im Kopf.
@all So liebe Leute. Ich bin Ossi. Gibt es denn auch Zahlen welche Summen die DDR gemessen am BIP für die NVA in den 80ern ausgegeben hat?
@ Memoria sagt: 01.10.2020 um 22:57 Uhr :
„Anhand vom NDPP lässt sich auch unabhängig vom BIP zeigen, ob ein Mitgliedsland seine Verpflichtungen einhält.“
Gibt es den NATO Defence Plan denn irgendwo einzusehen? Im Netz finde ich nur ein paar kurze Auszüge, z.B. bezüglich Mine Warfare.
Die Bundeswehrplanung wurde – obwohl VS-nfD – vor >10 Jahren regelmäßig im Netz veröffentlicht, aber seitdem gar nicht mehr.
Wie soll da eine kritische Diskussion erfolgen?
Ergänzung:
Und von wem, wenn immer mehr Journalisten in den PR-Bereich wechseln? Es seien nur die Namen Christian Thiels oder Marco Seliger genannt.
Also ‚Fake news‘ zu schreien, wenn Frau Franke wörtlich den Gipfeltext zitiert, finde ich schon recht unverschämt. Und die Lesart, die Sie anwenden, wird eben von quasi niemanden so verstanden, und ist insofern für die Debatte tatsächlich weitestgehend irrelevant.
Hallo zusammen,
hohen Respekt denjenigen all denjenigen, die hier mit hohem Sachverstand diskutieren – mehr noch: informieren.
Denn die im Nachgang bereitgestellten Links zu den Dokumenten zu dem Thema sind hilfreich für all diejenigen, die nicht nur mitreden wollen. Manchmal erwische ich Menschen, die lieber mitreden wollen, ohne die Fakten zu kennen. Ich verweise dann gerne auch auf diesen Podcast – wer informiert sein will, kann sich informieren.
Also bitte: weiter so …
Zur Not erhöht das Finanzministerium die Miete für die Nutzung der Liegenschaften der BW. Das Geld für den EP14 kommt ja aus dem Finanzministerium und durch die höheren Einnahmen aus den Mieten kann der EP14 dann entsprechend erhöht werden ;)
Können den Rike und adere mal diese ganzen artikel auf Deutsch übersetzen? Ich kriege Kopfschmerzen dabei mich mit nem Englisch vokabelheft hinzusetzen und mir dass zusammen zu reimen.
[Ich fürchte, das übersteigt einfach die Zeit, die wir haben – schließlich haben wir alle beruflich was zu tun und machen den Podcast quasi in unserer Freizeit. T.W.]
@K.B.:
Der NDPP ist eingestuft.
Die erwähnten Bundeswehrpläne waren dies auch – jedoch war Herr Forster so mutig diese bei geopowers.com zu veröffentlichen.
Das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr ist die nationale Umsetzung der deutschen Beiträge zum NDPP.
Dessen Eckwerte sind bekannt:
https://augengeradeaus.net/2018/09/mehr-ausstattung-fuer-die-buendnisverteidigung-bundeswehr-legt-katalog-ihrer-faehigkeiten-fest/
Ebenso der Finanzbedarf, der aber trotz aller großen Worte der GroKo nicht realisiert wurde.
Daher entsteht eine Finanzierungslücke bis 2031 von ca. 30-50 Mrd. €.
Daher das Streichkonzert dieser Tage im Haushalt (STH, TLVS, etc).
Die nächste Koalition wird die Zusagen an die NATO erheblich reduzieren müssen.
Es genügt eben nicht viele Reden bei VN, NATO, EU, im Bundestag und sonstwo zu halten.
Mich verwundert nur etwas, dass die obige Diskussion so sehr an der Oberfläche blieb und die wirklichen Fakten und Bruchlinien gar nicht angesprochen wurden.
Die Pariser Feuerwehr ist nicht wirklich das Problem, sondern die wachsende Schere zwischen den fähigkeitsbezogenen Zusagen Deutschlands im NDPP und der Finanzierung der Bundeswehr.
Dazu gibt es ausreichend öffentlich zugängliches Material und – unter anderem hier – viele Diskussionen.
Naja, dann gehe ich zu Fr Franke als Praktikant nach London um Englisch zu lernen. Ich nehme auch ganz wenig Platz weg. Ich hoffe das geht mit 39 j noch. Im übrigen mal im Ernst gucken über alle Themen die in die Richtung Gesprächslenkung gehen. Stichwort Neuro linguistische Programierung.
Das genaue Delta zwischen dem Finanzbedarf (abgeleitet aus dem Fähigkeitsprofil) und der Haushaltsplanung kann man übrigens beim DBwV sehen:
https://www.dbwv.de/aktuelle-themen/politik-verband/beitrag/verteidigungshaushalt-2021-ernuechterung-und-sorge
Das sind die Fakten, die 2%-Diskussion ist lediglich eine politische Diskussion über die grobe Richtung.
@Memoria Zu den fähigkeits bezogenen Zusagen. Dafür braucht es eine klar definierte Aussen uns Sipol. Und die gibt es halt nicht in DEU.!
Auch in der Haushaltsdebatte spielten die 1,5% des BIP wieder eine Rolle:
https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2020/kw40-de-verteidigung-793448
Zumindest teilweise wird diese „Zielerreichung“ aber auch hinterfragt.
Anhand vieler nun konkret kippender Großvorhaben wird auch für manchen politischen Entscheider das längst absehbare offensichtlich:
https://augengeradeaus.net/2016/05/trotz-geplanter-haushaltssteigerung-kein-geld-fuer-neue-ruestungsprojekte/comment-page-4/#comment-237107
Wahrscheinlich wird bald noch behauptet die Bw brauche nicht mehr Geld, da die 1,5% schon vor 2024 erreicht werden.
@Dante:
Es gibt sehr klar definierte, feste Zusagen zu Fähigkeiten an die NATO (s.o.), auch ohne die von Ihnen geforderte noch stärker definierte Außen- und Sicherheitspolitik.
Warum das fortlaufend hier und anderswo ignoriert wird, verstehe ich nicht.
Dante sagt:Können den Rike und adere mal diese ganzen artikel auf Deutsch übersetzen? Ich kriege Kopfschmerzen dabei mich mit nem Englisch vokabelheft hinzusetzen und mir dass zusammen zu reimen.“
Ob Googles Übersetzer hilft? https://translate.google.com/?hl=de
@Dante sagt: 02.10.2020 um 11:20 Uhr
„@all So liebe Leute. Ich bin Ossi. Gibt es denn auch Zahlen welche Summen die DDR gemessen am BIP für die NVA in den 80ern ausgegeben hat?“
Wofür soll das interessant sein? Zahlen, die mehr als dreissig Jahre alt sind, sind heute völlig uninteressant. Allein schon die geopolitische Konstellation ist eine ganz andere. Vor allem für Streitkräfte, die seit genau dreißig Jahren nicht mehr existieren.
Für die angefragten Übersetzungen empfehle ich DeepL. Ein gutes kostenfreies Übsersetzungsprogramm und alle mal besser als ein Vokabelheft.
https://www.deepl.com/translator
@Memoria sagt: 03.10.2020 um 11:02 Uhr
So ist es.
Alles was @Dante u.a. regelmäßig als fehlend/unzureichend beklagen, ist seitens der Regierung vielfach erklärt, in Koalitionsverträgen, Regierungerklärungen der Kanzlerin/der IBuK zu Einsätzen, zuletzt im Weißbüchern.
Aber es ist halt Dantes Lieblingskind.
@KPK:
Erzählt und aufgeschrieben wurde die letzten fast 30 Jahre sehr viel, jedoch nur sehr wenig davon gemacht.
In der Politik ist machen aber immer mit Willen und Mitteln (also Geld) verbunden. An beidem fehlt es seit langem. In Wahrheit wurde vorallem (kaputt) gespart und politisches Risiko minimiert.
Wenn die Bundeskanzlerin nächstes Jahr abtritt, dann hinterlässt sie Streitkräfte und Sicherheitsbehörden mit erheblichen Defiziten und ungelösten Kernproblemen.
Da sind abstrakte Diskussionen um die Sinnhaftigkeit des 2%-Zieles eine willkommene Ablenkung.
@ kpk Dass hat mit Lieblingskind nichts zu tun. Punkt ist lediglich dass nicht angegeben wird was wofür ausgeben wird. Lg Heiko Diedrich
@Dante:
Sind Sie der Meinung bevor oder nachdem Sie den Haushalt und weitere öffentliche Informationen (insbesondere hier bei ag.net) gründlich gelesen haben?
@Memoria:
Hab mir mal das Plenarprotokoll zur Debatte gegönnt.
https://dipbt.bundestag.de/dip21/btp/19/19179.pdf#P.22595
Neben Tobias Lindner ist Reinhard Brandl der einzige, der ausführlich auf Fähigkeits- und Finanzplanung eingeht. OK, er sitzt ja ebenfalls im HH-Ausschuss.
Aber es wirkt fast etwas verzweifelt, wenn Brandl als Koalitionsvertreter quasi an die eigenen Leute appelliert, doch bitte mehr Geld für die Verteidigung bereitzustellen:
„Wir führen seit einigen Wochen ja wieder die Diskus-sion über einen Verschiebebahnhof: Sollen wir neue Flugzeuge kaufen? Nein, kommen vielleicht doch nicht. Nehmen wir dann lieber U-Boote oder Korvetten? Ah, doch lieber neue Panzer. Schwere Transporthubschrauber oder TLVS oder, wie es im Moment aussieht, keines von beiden? – Meine Damen und Herren, zu diesen Entschei-dungen werden im Moment, bildlich gesprochen, die Pla-ner im Bundesverteidigungsministerium vom Bundesfi-nanzminister gezwungen, weil die Decke im Haushalt zu kurz ist. […]
Viel-mehr gibt es von der Bundesregierung und jetzt auch gemeinsam mit den europäischen Partnern eine Bedro-hungsanalyse. Auf Basis dieser Bedrohungsanalyse gibt es eine Aufgabenverteilung im Bündnis. Es gibt Zusagen darüber, welche Rolle Deutschland hat, welche Aufgaben wir in der NATO übernehmen. Auf dieser Basis gibt es ein Fähigkeitsprofil, und auf dieser Basis gibt es eine Finanzplanung. Diese Finanzplanung sollte Grundlage für unsere Entscheidung im Haushalt sein.“
Aber es kann doch nicht sein, dass das BMVg an seiner „Wünsch-dir-was-Finanzplanung“ festhält, die in keinster Weise vom Haushalt gedeckt ist. Tobias Lindner sagt dazu richtigerweise:
„Sie haben, Frau Kramp-Karrenbauer, hier am Pult gesagt, welche Projekte Ihnen wichtig sind. Das ist auch gut. Ich erwarte von einer Verteidigungsministerin, dass sie sagt, was ihr wichtig ist. Aber ich erwarte von Ihnen genauso, dass Sie auch sagen, auf was im Zweifel verzichtet werden kann, was eine geringere Priorität hat. Aber wenn ich in diesen Haushaltsplan, vor allem in den Bereich Beschaffung, hineinschaue, dann findet sich da ein Sammelsurium von Wunschprojekten, für die Mittel fiktiv eingestellt, aber gesperrt sind. Am Ende des Tages ist es eben nicht sicherheitspolitisch rational, sondern ein Lotteriespiel.“
Denn was wird kommen? Es wird wieder „industriepolitisch und zu wenig sicherheitspolitisch“ (Katja Keul) motivierte Entscheidungen geben. Siemtje Möller und Ingo Gädechens laufen sich schon wieder warm für die Werftindustrie. Und so bekommt die Bundeswehr das, was der Industrie in den Wahlkreisen der mächstigsten HH-Politiker hilft, was aber wenig mit einer sicherheitspolitischen Priorisierung seitens des BMVg zu tun hat – so es die überhaupt gibt.
Glaubt denn das BMVg, dass irgendwann der Weihnachtsmann kommt und 50 Mrd ausschüttet, um die eigene Fähigkeitsplanung umsetzen zu können? Wer holt die Planer aus ihren Luftschlössern oder Elfenbeintürmen?
Hab nur den 2%-Teil gehört: Eine sehr oberflächliche Diskussion, wo man sich allen Ernstes völlig verwundert darüber zeigt, dass nur 5% der US-Militärausgaben der Verteidigung Europas dienen. Anstatt mal aus diesem Fakt und der Tatsache, dass der Großteil der europäischen NATO-Staaten weit unter 2% liegt, naheliegende Schlüsse zu ziehen…
Traurig.
@K.B.:
Es sind im Kern nicht die Planer oder das BMF, sondern die Spitzen der Koalition, die keine einheitliche Linie zur Finanzierung der Bundeswehr finden. Deswegen wird in jährlichen Schritten etwas mehr gegeben, aber keine planerische Perspektive geschaffen.
Das BMVg wiederum scheut sich die Konsequenzen daraus zu ziehen.
Man lebt stattdessen seit Jahren vom Prinzip Hoffnung (1,5% des BIP in 2024). Dies war und ist die gebilligte Planungsgrundlage der Leitung des BMVg.
Die GroKo mogelt sich so noch durch.
„Kassensturz“ folgt dann nach der Wahl.
@Memoria:
Aber der Gesetzentwurf zum Haushalt wird doch von der Bundesregierung vorgelegt – unter der Leitung der Kanzlerin. Da müssen sich BMVg und BMF vorher einig geworden sein, oder sehe ich das falsch?
Somit ist die grobe Linie der Koalition doch klar, nämlich ein Verteidigungshaushalt von gut 46 Mrd € für die nächsten Jahre.
Wenn nun zwischen Fähigkeitsplanung des BMVg und Haushaltsplanung der Bundesregierung eine Differenz von gut 10 Mrd Euro pro Jahr besteht (hab mich jetzt grob an den Zahlen des DBwV und den Aussagen von Henning Otte aus 2018 orientiert), dann wird sich eher die Fähigkeitsplanung des BMVg bewegen müssen.
Kassensturz nach der Wahl sehe ich da keinen. Eher einen Offenbarungseid zur VJTF 2023 oder wenn im Laufe der nächsten 10 Jahre wirklich militärische Fähigkeiten abgerufen werden.
@K.B.:
Jedes Ressort kämpft ja jährlich mit dem BMF um die Haushaltsmittel.
Konsens gibt es da eigentlich nie.
Mit der Schuldenbremse und dem top-down-Verfahren (Eckwerte zum HH) hat das BMF dabei noch mehr Einfluss.
Vorab wird darüber aber im Koalitionsausschuss entschieden in dem die Bundeskanzlerin (und
zeitweise auch AKK) mehrfach die Belange des BMVg nicht durchgesetzt hat oder wohl eher nicht durchsetzen wollte.
Es macht durchaus Sinn seitens des BMVg den wirklichen Finanzbedarf aufzuzeigen (das macht das BMVg nur sehr zurückhaltend). Damit zu planen ist eine andere Sache.
Der Finanzbedarf leitet sich ja aus den NATO-Verpflichtungen (NDPP, nicht 2%) ab. Union und SPD behaupten auch in der obigen Debatte sie seien für die Einsatzbereitschaft und Vollaustattung der Bundeswehr. Nur die Rechnung will man nicht bezahlen.
So war auch der Kassensturz gemeint:
Nach der Wahl wird man entweder mehr Geld ausgeben müssen oder NATO-Verpflichtungen einschränken müssen. Das Geld für Ersteres wäre da, wenn es den politischen Willen gäbe.
Bin jedoch mit ihnen einer Meinung, dass es eher eine Anpassung an das verfügbare Geld geben wird.
Mit stringenter Politik und Planung hat das aber nicht viel zu tun.
Hört sich so an als wäre man von E. E. Smith, wie die US Navy in WWII im Pazifik und Perry Rhodan inspiriert worden
Die Feuerwehr von Paris ist eine Pioniereinheit des französischen Heeres, die von Marseille der Marine. Daher marschieren sie am 14. Juli auch mit Sturmgewehren bei der Parade auf der Avenue des Champs-Élysées mit. Nur fachlich unterstehen sie dem Innenministerium. Mit zusammen 400 Millionen € Budget fallen sie nicht so sehr ins Gewicht. Das ist bei den diversen Gendarmerie-Einheiten in der NATO tlw. schon eine andere Hausnummer: In Frakreich ist deren Budget 10 Mrd. €. !
[Die Gendarmerie in Frankreich ist seit einigen Jahren vom Verteidigungs- zum Innenministerium gewechselt. Für das Budget von 10 Mrd € hätte ich gerne einen Beleg, das rückt nahe an Viertel des gesamten französischen Verteidigungshaushalts ran? T.W.]
@TW
Das Budget von knapp 10 Mrd EUR findet sich im Wiki-Eintrag. Sie untersteht zwar dem Innenministerium, wird aber von einem General geführt und hat auch militärische Aufgaben und ist eng mit dem Heer verzahnt.
[Gehts’s bisschen präziser? Hier jedenfalls nicht:
https://de.wikipedia.org/wiki/Gendarmerie_nationale
T.W.]
@TW In Frankreich ist es inzwischen im Haushalt des Innenministeriums angesiedelt. Da sie aber auch militärisch organisert sind und auch die Militärpolizei stellen (Ausnahme Fremendenlegion) wäre es interessant, ob dies bei der NATO mit angegeben wird.
In Italien sind die Carabinieri ausschließlich im Verteidigungsministerium angesiedelt und mit einem Budget von 3 Mrd. € auch kein unerheblicher Teil des Militärbudgets (von 21 Mrd. €).
Wie es haushalterisch in Spanien läuft, weiß ich nicht. Dort untersteht die Guardia Civil zur Häfte dem Verteidigungsministerium.