Verteidigungsministerium will Sicherheitsüberprüfung von Reservisten und KSK ausweiten
Als eine Konsequenz aus rechtsextremistischen Verdachtsfällen in der Bundeswehr will das Verteidigungsministerium die Sicherheitsüberprüfungen von Soldaten verschärfen. Unter anderem sollen sie in besonders sicherheitsempfindlichen Bereichen, zum Beispiel dem Kommando Spezialkräfte (KSK), öfter und intensiver überprüft werden als bisher.
Das geht aus dem Bericht des Verteidigungsministeriums zum Sachstand rechtsextremistischer Verdachtsfälle in der Bundeswehr hervor, den der Parlamentarische Staatssekretär Peter Tauber an den Verteidigungsausschuss des Bundestages schickte und über den am (heutigen) Mittwoch zuvor tagesschau.de berichtet hatte.
Nach dem Papier ist die Verschärfung der Sicherheitsüberprüfung zum Beispiel beim KSK allerdings nur ein Teil, und noch nicht einmal der umfassendste, der geplanten Änderungen. Weit umfangreicher ist die Absicht des Ministeriums, künftig von vorherein Reservisten überprüfen zu lassen: Ziel ist es, dass künftig jeder Reservist, der im Rahmen einer Wehrübung [eigentlich: Reservistendienstleistung, T.W.] Dienst in der Bundeswehr leistet, eine erfolgreiche Sicherheitsüberprüfung vergleichbar der Stufe Ü1 durchlaufen hat, heißt es in dem Bericht.
Nach Angaben des Ministeriums sind derzeit von den rund 30.000 beorderten Reservisten nur 5.300 in den vergangenen fünf Jahren einer Sicherheitsüberprüfung unterzogen worden. Für die übrigend rund 25.000 müsse deshalb das Überprüfungsverfahren so gestaltet werden, dass Aufwand und Wirkung in einem angemessenen Verhältnis stehen.
Für die besonders sicherheitsempfindlichen Bereiche wie das KSK soll mit einer Neuregelung eine verschärfte Überprüfung der Stufe SÜ3 eingeführt werden. Die höheren Anforderungen seien dabei nicht nur kürzere Überprüfungsintervalle, sondern auch eine ausgeweitete Befragung des persönlichen Umfelds. Außerdem sollten mehr als bisher soziale Medien in die Überprüfung einbezogen werden – das dürfte bedeuten, dass Äußerungen zum Beispiel auf Facebook mehr ausgewertet werden.
Für die geplanten Änderungen muss sich das Verteidigungsministerium allerdings noch mit dem Bundesinnenministerium abstimmen, dass für das Sicherheitsüberprüfungsgesetz zuständig ist. Eine weitere gesetzliche Neuregelung soll die vollständige Eindung des Militärischen Abschirmdienstes (MAD) in das Nachrichtendienstliche Informationssystem des Bundes (NADIS) erlauben. Außerdem sei bereits jetzt absehbar, dass die geplante Aufstockung des Bundesamtes für den Militärischen Abschirmdienst, das für die Sicherheitsüberprüfungen zuständig ist, um rund 50 Dienstposten nicht ausreichen werde.
Nach dem Bericht hat der MAD derzeit etwas mehr als zwei Dutzend Angehörige des KSK wegen Hinweisen auf extremistische Bestrebungen unter Beobachtung. Ein extremistisches Netzwerk gemäß der gesetzlichen Definition als Personenzusammenschluss, der ziel- und zweckgerichtet an der Beseitigung der freiheitlich demokratischen Grundordnung arbeitet, sei allerdings nicht erkennbar. Allerdings gebe es ein Kontaktgeflecht von unter Beobachtung stehenden Personen, das durch eine übereinstimmende Geisteshaltung getragen zu sein scheint.
(Archivbild Juni 2019: Ein Soldat des Kommandos Spezialkräfte sichert die Landung eines Unterstützungshubschraubers beim Vorüben für den Tag der Bundeswehr 2019 in Pfullendorf – Jana Neumann/Bundeswehr)
Gegen eine umfassendere Überprüfung ist nichts einzuwenden, aber jenes „öfter“ bereitet mir Kummer.
Wer deutscher Soldat wird, schwört, das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Dieser Eid wird in einem symbolschwangeren, zeremoniellen Rahmen geleistet, eben weil er von überragender Bedeutung für den Soldatenberuf ist.
Und einerseits nimmt ihn der Dienstherr derart ernst, dass er wie selbstverständlich von jenen, die ihn leisten, die Bereitschaft erwartet, ihr Leben aufs Spiel zu setzen. Wenn der Dienstherr jedoch andererseits die Gesinnung des Soldaten anlasslos regelmäßig überprüft, suggeriert er dann nicht, dass dem Schwörenden nicht zu trauen ist?
Dieser zentrale Konflikt erinnert mich ein bisschen an jenen Sketch von Loriot über die frisch gebackene Ehefrau, die schon am Morgen nach der Hochzeitsnacht jede Frau beargwöhnt, die der Gatte mehr als nur mit dem Hintern ansieht.
@Muck
Gerade das öfter fand ich gut.
Menschen ändern sich ja auch im Laufe eines Lebens/längerer Zeitspanne z.B. innerhalb eines SaZ12- / Berufssoldatenlebens. Ich kann allerdings mir auch vorstellen, dass einige Soldaten sich damit vielleicht ungerecht behandelt oder vom Dienstherren misstraut fühlen.
Aber um bei Ihrem Beispiel zu bleiben, auch Ehen werden oft in einem symbolschwangeren, zeremoniellen Rahmen geschlossen und trotzdem ändern sich die Meinungen der Beteiligten manchmal und lösen dies wieder.
Eine regelmäßige Überprüfung muss ja nicht alle paar Monate sein. Jemand ändert sich ja nicht über Nacht. Alle paar Jahre könnte ich mir so eine Überprüfung aber schon vorstellen. Insbesondere da ja auch Reservisten hier noch einmal explizit erwähnt werden. Hier weiß man ansonsten ja nicht soviel wie sie sich verändern (seltener Kontakt) und u.U. auch ein langer Zeitraum über den sich Personen nach dem Ausscheiden ja auch ändern können. Das man in dem Fall solche Personen erkennen und von Ausbildungen (z.b. Schießausbildung in DVaGs) ausschließen möchte, halte ich für nachvollziehbar.
@SvenS
Zumindest bei der SÜ3 wird eine Aktualisierungsüberprüfung alle fünf Jahre (es wird beim Überprüften nur abgefragt, ob sich etwas geändert hat) sowie eine Wiederholungsüberprüfung alle zehn Jahre durchgeführt.
@ Thomas bei einer SÜ2 ist die Aktualisierungs/ Wiederholungsüberprüfung auch 5/10 Jahre.
@Muck Wenn es um das Vertrauen / Trauen geh, so bräuchte man ja weder die SÜ1 -SÜ3,….so gesehen auch das ganze Sicherheitsüberprüfungsgesetzt wäre dann hinfällig. ( und die ZDV 1130/3)
Zu dem Thema : Reservisten einer Art SÜ1 ( “ erfolgreiche Sicherheitsüberprüfung vergleichbar der Stufe Ü1 durchlaufen “ ) ….entweder eine SÜ1 oder nicht. Aber nix dazwischen.
Problem wird eher sein, dass die Flexibilität der Reservisten eingeschränkt wird, die „spontan“ an einer Wehrübung teilnehmen wollen.
Obwohl die meisten Resis ja eh schon länger in den Reservistenkameradschaften „dienst tun“. Somit wäre entsprechende Zeitvorgaben bei einer SÜ1 möglich.
Vielmehr sehe ich das Problem darin, dass der MAD es nicht schafft, auch neben den frischen „Wehrpflichtigen “ auch die Resis mit einer SÜ1 zu überprüfen. Wenngleich eine SÜ1 Überprüfung sicherlich einen anderen Überprüfungsumfang hat, als eine SÜ2 ( SabSch oder VS ) . Abgesehen von einer SÜ3.
Was ist wenn ein Resi nun in einem Bereich eingesetzt werden soll/möchte, der eine SÜ2 verlangt??
Auch die muss er ja machen.( abgesehen von einer möglichen höheren Ermächtigung von SÜ1 auf SÜ2 )
Ja, eine Überprüfung von neuen Soldaten finde ich persönlich wichtig. Ebenso auch die laufenden Aktualisierungen/Wiederholungen bei SaZ/BS.
Der Dienstherr möchte sicher sein,wen er in sein „TEAM“ holt.
Die zivilen Wachfirmen lassen ihr Personal ja auch überprüfen. Auch da geht es um Vertrauen.
Die Zeiträume von 5/10 Jahren find ich schon OK.
Das scheint eine übliche Argumentation zu sein inzwischen. Weil es nicht erlaubt ist, kann es nicht sein.
Ich finde regelmäßige, ernsthafte Überprüfungen gut und überfällig.
Ein drastisches Beispiel bei youtube unter dem Titel „WEHRWOLF ANSAGE – BUNDESWEHR RESERVIST ZU CORONA“. Besonders gravierend die Aussage etwa bei Laufzeit 1:00: „Ich verweiger jeden Befehl von scheiss Schwarz-Rot-Gold, weil das ist nicht unsere Farbe [sondern Schwarz-Weiß-Rot?] und das ist nicht unser Volk“ oder bei 1:36: „Wir müssen alle 82 Millionen zusammenhalten, nur dann kriegen wir den Teufel [=die Bundesregierung? Die Bundeskanzerlin?] aus der Hölle [=dem Reichstag? Dem Bundeskanzleramt?] getreten und machen den Stuhl frei für jemanden, der uns wirklich liebt. Und führen kann.“. Besagter Mann ist soweit bisher bekannt HG d. R.! Bzw. war es bis zu diesem Video. Andere die sich selbst als Reservisten ausgeben haben es mittlerweile bis zu den Best of „Hygiene-Demo“ von SpiegelTV geschafft… die Praxis zeigt also, dass hier eine sehr deutliche Verschärfung notwendig zu sein scheint.
Grund? Anlaß? Aufwand? Nutzen? Mittel?
„Verdachtsfälle“ – „zu sein scheint“ – „nicht erkennbar“
[blockquote]Wenn der Dienstherr jedoch andererseits die Gesinnung des Soldaten anlasslos regelmäßig überprüft, suggeriert er dann nicht, dass dem Schwörenden nicht zu trauen ist?[/blockquote]
Leider gibt es ja derzeit „genügend“ (zu viele?) Beispiele dafür, dass der Dienstherr tatsächlich sein Vertrauen getäuscht sieht.
Wer soll es denn machen? Na klar, der MAD. Meines Wissens nach aber, klagen die Mitarbeiter nicht über einen Mangel an Überprüfungen. Insofern müsste der MAD erheblich personell aufgestockt werden. Was natürlich mit zusätzlicher Infrastruktur verbunden ist. Wobei letzteres noch vergleichsweise leicht ist, im Gegensatz dazu, die geeigneten Soldaten bzw. zivilen Mitarbeiter zu finden. Das noble Ziel jedwedes extremistisches Gedankengut aus der Truppe zu entfernen, ist dabei zum scheitern verurteilt. Der Eindruck soll aber offensichtlich erzielt werden. Die Bundeswehr ist doch gar nicht so schlecht, fragwürdige Soldaten und Mitarbeiter auszumachen. Es ist doch ein Erfolg der Einrichtung, wenn jemand als nicht tragbar „enttarnt“ wird. 99% versehen ihren Dienst so wie es erforderlich ist und entsprechend ihres Diensteides.
Ich kann mich noch lebhaft an Forderungen aus den Politik erinnern, nach denen der MAD abgeschafft mind. aber reduziert werden sollte. Wie sich die Zeiten doch ändern.
Dieses Auswerten non Äußerungen sozialen Netzwerken lässt mich noch ein bisschen ratlos zurück, kann ich eine Person doch durchaus ohne deren Wissen dort registrieren und Accounts sind durchaus hackbar. Ich hoffe man geht da mit Augenmaß vor, bevor die Axt ausgepackt wird. Gerade auch vor dem Hintergrund des aktuellen Gutachtens des wissenschaftlichen Dienstes zum Gesetz zur Bekämpfung des Rechtsextremismus und der Hasskriminalität, siehe auch hier https://www.nzz.ch/international/anti-hass-gesetz-koennte-verfassungswidrig-sein-ld.1577169 .
Typo: Einbindung
[Typo wo? Mir scheint, Sie haben den ursprünglichen Kommentar vergessen abzusenden… T.W.]
@Brainstormer
Was ein falsches „Like“ bei Instagram oder Facebook oder falsche FB-„Freunde“ für Folgen haben kann haben wir ja erst kürzlich sehen können.
Zudem: auch volljährige, in häuslicher Gemeinschaft lebende Personen und „einzubeziehende Personen (ezP) werden betrachtet und müssen dem zustimmen, was manchmal Probleme bereitet.
Wenn nun auch soziale Netzwerke der Ehefrau / der Verlobten u.a. mit betrachtet werden wird das die Akzeptanz zur Zustimmung mglw. nicht erhöhen.
Bzgl. RDL: wie verfährt man z.B. mit einem Qualitätstechniker von BOSCH, der berufsbedingt mehrmals im Jahr in Staaten mit besonderen Sicherheitsrisiken (SMBS – z.B. China) unterwegs ist?