EU-Ausbildungsmission in Mali: Ein neues, privates, Feldlazarett
Die EU-Ausbildungsmission in Mali (EUTM Mali) verfügt jetzt über eine neue medizinische Einrichtung: Nachdem die Bundeswehr ihr Role2-Rettungszentrum (den Begriff Feldlazarett habe ich nur für die Überschrift verwendet…) abgebaut hatte, hat eine Privatfirma die Aufgabe übernommen.
Der Abbau des deutschen Rettungszentrums im Trainingszentrum in Koulikoro und die Übernahme dieser Aufgabe durch ein Privatunternehmen hatte – auch in den Kommentaren hier – zu Befürchtungen geführt, damit sei die medizinische Versorgung der Soldaten aus den EU-Nationen nicht mehr so recht sichergestellt. Allerdings weist EUTM Mali am (heutigen) Donnerstag auf ihrer Webseite darauf hin, dass auch dieses nicht-militärisch geführte Hospital von International SOS die gleichen Anforderungen erfüllt wie die vorherigen militärischen Einrichtungen:
The facility delivers a full spectrum of clinical services that are required in order to deliver emergency surgery and medical care for personnel. The equipment within the hospital is the latest state of the art clinical tools and diagnostic systems available, so providing a cutting edge diagnostic laboratory capabilities, ultra sound and digital X-ray providing information for accurate diagnosis and treatment. The clinical staff are all experienced and highly qualified in their respective fields and so able to operate within this tented and containerized complex comfortably. The equipment, people and information are all networked together with a 24/7 access to further specialist referrals across the globe. This facility is now integrated with the other EUTM medical assets and can work with both our armoured ambulances, and Super Puma MEDEVAC helicopters provided by another contracted company.
Die EU folgt damit offensichtlich einer Entwicklung, die bei den Missionen der Vereinten Nationen schon länger zu beobachten ist: Bei solchen Einsätzen auch in unterentwickelten und klimatisch schwierigen Ländern übernehmen Privatfirmen Unterstützungsaufgaben, die dann nicht mehr vom Militär der entsendenden Staaten geleistet werden müssen.
(Fotos: EUTM Mali)
Und wer hat dass gestellt? Mir fallen aus dem Stand keine privaten Firmen ein die einfach so nen Lazarett anbieten.
[Dafür gibt’s im Internet diese so genannten Links, die führen oben auf die Firmen-Webseite… T.W.]
Also quasi „Söldner“ (private „military“ contractors) i.w.S.? Das soll die Leistungen der contractors nicht schmälern, aber wir müssen uns ehrlich machen, daß auch wir auf diese PMC – noch in unterstützender Rolle – zurückgreifen.
Beim Feldlagerbau und -betrieb tun wir das ja schon lange, mit wechselnden Ergebnissen.
[Äh, nein. Eine Firma für medizinische Dienstleistungen ist ebenso wie eine Wäscherei kaum als Söldner oder PMC zu betrachten… Wäre schon gut, wenn die Begrifflichkeiten hier sauber blieben. Natürlich können wir in Ihrer Diktion bleiben, dann sind die Mitarbeiter der HIL, die mit in Missionen gehen, auch „Söldner“… T.W.]
Sorry. Hatte ich überlesen.
Der Rückbau der DEU Role 2 wurde geplant durch die 3./SanRgt 1 iZ mit EinsFüKdoBw JMed. Dank meiner Soldatinnen und Soldaten konnte dieses Abbau, vor Beginn der Regenzeit, erfolgreich gelingen. 👍
@Thomas Melber sagt: 13.08.2020 um 11:45 Uhr
„…aber wir müssen uns ehrlich machen, daß auch wir auf diese PMC – noch in unterstützender Rolle – zurückgreifen.“
Was gibt es da „ehrlich zu machen“? Manche Einstellungen hier verstehe ich einfach nicht. Weil DEU das Lazarett abgezogen hat? Nur weil man das irgendwann zu Beginn der Mission mal zugesagt hat, muss man das doch nicht über Jahre oder Jahrzehnte durchhalten. Höchstwahrscheinlich gab es auch gute Gründe für den Abbau und entsprechende Absprachen. Und wenn die Führung der EUTM (denn nur die können mit „wir“ gemeint sein) entschieden hat, jetzt einen privaten Anbieter zu nehmen, dann ist das eben so. Es hätte ja auch einer der anderen teilnehmenden Staaten ein Lazarett stellen können.
@Pio-Fritz
Ich finde es bedauerlich (andere würden vielleicht sagen: erbärmlich) daß wir eine solche Fähigkeit nicht aus dem eigenen Bereich durchhaltefähig stellen können sondern statt dessen einen zivilen Contractor beauftragen müssen. Übrigens findet AIRMEDEVAC auch zivil statt („… and Super Puma MEDEVAC helicopters provided by another contracted company.“). Sarkastisch wie ich bin schlage ich vor, den Rücktransport in die Heimat dann dem ADAC Ambulanzservice zu überragen.
Ist Sanität nicht eine Leuchtturm-Fähigkeit der Bw, die gerne angeboten wird? Framework nation concept, anyone? Nicht, daß demnächst noch andere Teilfähigkeiten outgesourced werden, wie Transportbegleitung/Schutz und Teile der Ausbildung.
Ich bin schon ein bisschen verblüfft – wird hier doch sonst immer laut geweint, dass die Bundeswehr bei internationalen Missionen gerne Sanität usw. anbietet. Jetzt kann diese – ja nicht genuin militärische – Fähigkeit von einem auf Krisenregionen spezialisierten Unternehmen geleistet werden, und dann ist das erbärmlich? Genauso erbärmlich, dass die Soldaten ihre Wäsche nicht selbst waschen und in Afghanistan, Mali und anderswo in Feldküchen, pardon, dining facilities, gehen, die von Zivilisten betrieben werden… Landen wir am Ende wieder beim DDR-Muster, wo jeder Industriebetrieb so irre viele Beschäftigte hatte, weil er natürlich seine eigene Wäscherei, sein eigenes Heizkraftwerk, sein eigenes wasweißich haben musste? Und echt ist so ein Rettungszentrum in diesen Missionen nur in Camouflage mit Militärärzten?
@Thomas Melber sagt:13.08.2020 um 15:12 Uhr
Da müsste man mal einen der Missionsentscheider zu hören, warum das jetzt so ist, wie es ist. Ohne Hintergrundinformationen finde ich Ihre Tirade, die Sie losgelassen haben, ziemlich unpassend und voreilig.
@ Pio-Fritz sagt:
13.08.2020 um 15:36 Uhr
So viele Möglichkeiten gibt es da ja nicht. Deutschland zieht ab, daher gab es ja wohl nur die Wahl das ein anderer Mil-Partner ein Role 2 stellt oder man sich zieviel eins kauft. Entweder konnte oder wollte kein anderer Mil-Partner ODER das zivile Role 2 kostet einfach weniger als bei jedem anderen Mil-Partner…
Verstehe die Kritik auch nicht wirklich.
Der ZSanDst ist durch eine Vielzahl von Einsätzen und LV/BV materiell und personell weit überdehnt.
Mit Blick auf EUTM Mali frage ich mich viel mehr wie die Sanitätsversorgung bei der Ausweitung des Einsatzgebietes auf ganz Mali und mehrere Nachbarländer erfolgen soll.
Vielleicht ist der Ton von Thomas Melber etwas despektierlich, aber inhaltlich liegt er – meiner Meinung nach – nicht ganz falsch.
Wenn bereits die Evakuierung von Verletzten privatisiert ist, das was als „Golden Hour“-Monstranz von der Bundeswehr vor sich her getragen wird, dann ist das schon ein Kernbereich militärischer Handlungsfähigkeit. Genau wie die Bereitstellung von Heron-UAV auf Missionshöhe durch Airbus.
Warum dann nicht direkt die Ausbildung der malischen Armee ebenfalls auslagern? Bisschen Taktik, Schießen, Minensuchen müssen doch keine Soldaten unterrichten, für den Bereich Menschenrechte noch ´nen Lehrer von Amnesty einkaufen und die Welt ist schön. (Vorsicht, Sarkasmus.)
Gibt es denn Begründungen, warum das deutsche Rettungszentrum abgebaut wird? Auf Anhieb habe ich keine gefunden, nur ein Link, dass der Rückbau erfolgt.
https://www.bundeswehr.de/de/einsaetze-bundeswehr/eutm-bundeswehr-eu-einsatz-mali/eutm-mali-rueckbau-role-2-sanitaetsseinrichtung-252160
Fehlte Personal? Möchte man Material und Personal für BV/LV (und entsprechende Übungen) nutzen und nicht in Mali verschleißen? War es zu teuer?
@Grille: Können Sie dazu was sagen?
BTW: Gibt es eigentlich Aussagen von EUTM Mali, was so ein ziviles „Feldlazarett“ pro Jahr kostet?
Günstig kann es nicht sein, wenn man sich anschaut, was da auf der Seite von International SOS so an Qualifikationen verlangt wird (z.B. für IQARUS Flight Doctors in Mali: https://careers.internationalsos.com/Int_Medical_Career/job/IQARUS-Flight-Doctors-Mali/665914100/ ).
Und wo kommen da eigentlich die Leute für her? Bezahlen International SOS oder Starlite Aviation deutlich besser als der zivile Markt? Gerade medizinisches Personal muss doch eigentlich nicht in der Wüste anheuern, sondern findet normalerweise auch so seinen Weg in gut zahlende Gesundheitssysteme. Oder?
@Heuy: Falls Sie hier gerade mitlesen, können Sie ein paar Worte dazu schreiben (zur fliegenden Seite)?
@K.B. sagt: 13.08.2020 um 17:27 Uhr
„Gibt es denn Begründungen, warum das deutsche Rettungszentrum abgebaut wird? […]
Fehlte Personal? Möchte man Material und Personal für BV/LV (und entsprechende Übungen) nutzen und nicht in Mali verschleißen? War es zu teuer?“
Hab mir gerade mal den Bericht des Wehrbeauftragten von 2019 angeschaut:
„Im Zentralen Sanitätsdienst fehlen Fachärzte. So sind beispielsweise die Dienstposten von Sanitätsstabsoffizieren für die chirurgischen Fachbereiche nur zu drei Vierteln besetzt. […] Weiterhin mangelt es der Sanität an Unterstützungspersonal…“ Besetzungsgrade im Durchschnitt um die 70%.
Nur so als Ergänzung zu den Ausführungen von memoria…
Es gab wohl die deutsche Absicht, das gesamte Material gegen Zahlung eines angemessenen Betrages an Spanien zu übergeben. Die Spanier kamen (wohl) nicht aus dem Quark und wir haben den Rückbau befohlen. Das ist gut und richtig so. Noch vor Jahren hätten wir den Spaniern wahrscheinlich noch Geld gegeben, dass sie unser Hochwert-Material kostenlos übernehmen.
Die Bundeswehr braucht sich von keiner Nation am Nasenring durch die Manege ziehen zu lassen.
So gehen die Kosten bei einem privaten Anbieter zu Lasten der gesamten Mission.
@K.B.
Vielleicht sollte man dann diese personellen Hochwertressourcen nicht beim „Corona-Einsatz“ verbraten? Bzw. man entscheidet sich bewußt dafür und setzt Einsatzverpflichtungen in der Priorität herab.
Die Kritik mancher Leser erschließt sich mir nicht. Wenn wir uns dessen „schämen“ sollen, was mögen dann erst die Amerikaner oder Briten sagen? Fast ein Drittel der amerikanischen Besatzungstruppe im Irak bestand aus privaten Dienstleistern, bis hin zu Rollen, die typischerweise mit Kampfhandlungen einhergehen.
Die Briten haben erhebliche Teile des Alltagsbetriebs ihrer Luftstreitkräfte an Babcock ausgelagert. Mittlerweile kommen selbst die Piloten und Bordtechniker der Hubschrauber von Polizei, Küstenwache und dem SAR-Dienst der Royal Air Force von Babcock.
Da es sich bei den Angestellten dieser Firmen regelmäßig um ehemalige Soldaten handelt, befürchte ich auch keine Qualitätseinbußen oder Probleme bei der Zusammenarbeit. Wie reibungslos eine solche Kooperation funktionieren kann, sieht man z.B. daran, wie gut die kanadischen Zieldarsteller mittlerweile ins Geschwader „Richthofen“ integriert sind.
Die Sanität ist, was gewisse Bereiche angeht, personell schlecht besetzt. Das zeigt sich u.a. an der Einsatzbelastung von Fachpersonal, welches sich z.B. bei EUTM die Klinke in die Hand gegeben hat. Von daher ist es personell auf jeden Fall eine Entlastung.
Die Role2 war nie darauf ausgelegt, vor Ort unter diesen Bedingungen, so lange betrieben zu werden.
Wer schon mal in Koulikoro war und etwas genauer hingesehen hat der weiß, dass die Zelte und Böden am Ende waren.
Ursprünglich hätte eine andere EU-Nation diese Fähigkeit stellen sollen, aber man machte dann noch einen Rückzieher. Allerdings war zu diesem Zeitpunkt der Abbau der DEU Role2 bereits in trockenen Tüchern.
Ohne private Dienstleister würde in den Einsätzen nicht so viel gehen. Feldlagerbau, Truppenküche, Wartung der Drohnen…..
Eins ist aber klar: Die Dienstleister lassen sich das richtig gut bezahlen.
Mir stellen sich mehrere Fragen:
Was passiert im Falle eines „Kunstfehlers“ oder einer auftretenden/resultierenden WDB im Zusammenhang mit diesem privaten Anbieter?
Wie sind die Soldaten dann rechtlich abgesichert?
Was kostet die Behandlung/der Empfang von Medikamenten die BRD? Wird das pauschal abgerechnet oder „je Behandlung“?
Haben wir dennoch BAT o.ä. vor Ort?
Welche Sprache sprechen die Ärzte vor Ort?
Ich bin ja ohnehin kein Freund des „outsourcens“, bei Fähigkeiten wie der Sanität bin ich noch skeptischer als ohnehin schon.
Ich durfte in GAO persönlich miterleben was das für Dramen mit sich bringt, Stichwort MedEvac/CasEvac/Golden Hour.
@ T.Wiegold: „Genauso erbärmlich, dass die Soldaten ihre Wäsche nicht selbst waschen und in Afghanistan, Mali und anderswo in Feldküchen, pardon, dining facilities, gehen, die von Zivilisten betrieben werden.“
Hier muss ich leider widersprechen. Der Betrieb einer Wäscherei oder einer Feldküche, neudeutsch dining facility, gehört nicht zu den Kernkompetenzen eines Einsatzkontingentes und könnte bei einem evtl. Ausfall dieser privaten Leistung aufgrund einer Verschlechterung der Sicherheitslage und Flucht der Mitarbeiter temporär mittels Notlösungen durch die Soldaten kompensiert werden, z.B. eigenhändige Reinigung der Kleidung sowie EPA. Bei einem ungeplanten Abzug oder Flucht des zivilen Sanitätspersonals kann ich das aber nicht und ich kann auch nicht befehlen, dass dieses Personal trotz Gefahr seinen Auftrag weiterhin durchführt. Und dann haben wir noch nicht mal über den fehlenden Kombattantenstatus gesprochen.
Ist das Aussortieren von Fähigkeiten tatsächlich am Ende günstiger? Und im Streit mit den USA, (egal wer nun US Präsident ist), geht es doch nun mal um höhere Militärausgaben, die Deutschland nach oben treiben muss/ sollte. Und müssen wir, Deutschland, den gleichen Weg gehen den andere Armeen gehen und Fähigkeiten an private Unternehmen vergeben? Ist das der Tatsächlich bessere Weg? So, wie sich die CDU/ CSU Politiker geben die Aktuell in einem Amt sind, wie unsere Bundeskanzlerin Merkel, kann ich es nicht ganz nachvollziehen, wie quasi „achselzuckend“ auf die US Forderungen reagiert wird! Scheinbar, hat man in Berlin immer noch nicht begriffen worum es geht. Unter Frau Merkels Amtszeit kamen zwar immer mehr Einsätze hinzu aber die Bundeswehr wurde, zumindest bis 2015/ 17, immer kleiner, das man personelle Engpässe bekam. Auch die Ausrüstung, bekam ihr Fett weg. Es wurde weniger beschafft als man an altem System vorher hatte. Was ich versuche zusagen ist. Wäre es nicht besser, das die Bundeswehr das Sanitätszentrum nicht weiter betrieben hätte, meinetwegen durch ein Neubau, das über Jahre hält und dann dem Staat übergeben würde? Man könnte zb auch Gao zu einer Hauptbasis ausbauen der Bundeswehr, ähnlich wie es die US Army mit Bagram tat, als „dauerhafte“ Auslandsbasis, die 1. ihrer Art der Bundeswehr, um den Sahelstaaten zu Helfen. Ich hätte auch eine Auslandsbasis in Djibouti oder in Berbera aufgebaut bzw in Jordanien in Al-Azraq! In Kiel habe ich gelernt das eigene Marineschlepper dann doch am Ende günstiger sind, als wenn ich jedes mal private Schlepper anmieten muss, die nur im Notfall herhalten müssten. Was ich mit einer Aufwertung des Camp Gao will ist, das dort später die malische Armee und oder die Stadt Gao, das Gelände und moderne, medizinische Einrichtungen übernehmen könnte. Bislang, baute man meist für teures Geld, temporär, irgendetwas auf und nach dem Einsatz-Ende, werden die Menschen vor Ort im Stich gelassen. Das Camp Gao, hätte Voraussetzungen, das dort, so lange Minusma zb läuft, ein LW Einsatzgeschwader aufgebaut wird, das dort direkt 4-8 A400M stationiert bleiben. Das bemisst sich dann aber mit dem heimischen Konzept, je weniger Ausrüstung desto besset. Und das Kreide ich explizit Frau Mrrkel und ihren Kabinetten an. Ich möchte nicht, wie die USA mit Hurra Geschrei in andere Länder einmarschieren ohne Begründung. So, wie wir es bislang machten ist es ok, aber verbesserungsbedürftig.
[Ok, Sie haben Ihren Punkt gemacht. Jetzt lesen Sie noch mal den Text oben und stellen dann fest, dass es hier um EUTM Mali in Koulikoro geht und nicht um MINUSMA und Camp Gao. Und um ganz andere Aufgaben. Und schon gar nicht um ein Einsatzgeschwader A400M. T.W.]
Zwischen all dem hin und her haben @’Aus der Truppe‘ und @’allexm78′ (wenn auch als Textwüste) meiner Meinung nach den Kern herausgearbeitet:
Die Role 2 ist zeitlich gar nicht für einen Dauerbetrieb gebaut – schon gar nicht unter diesen klimatischen Extrembedingungen.
Und Überraschung: Das Personal ist auch nicht dafür ‚gebaut‘ – auch diese Hochwertressource wird durch solche Dauereinsätze unter erschwerten Bedingungen fix verschlissen. Kommt noch der Umstand hinzu, dass wir (im Rahmen unserer Möglichkeiten) wegen Corona lieber Reserven bilden sollten, statt die besten Ärzte und das unersetzliche Assistenzpersonal in alle Welt zu schicken.
Was hätte also schon vor Jahren erfolgen müssen? Allexm78 sagte es: Ein Festbau. (Nein, nicht im Sinne von Festzelt.. :-) )
Am Besten zusammen mit einer Neuverortung der Base, denn dieses Lager mit all seinen inhärenten Problemen könnte man besser dicht machen. Ich sage nur Wasserversorgung (absinkendes Grundwasser sowie teilweise schäbiges Leitungsnetz), Nähe zu Bevölkerungszentren (MANTIS ohne Wirkmittel), mangelnde Härtung und Platzprobleme allgemein.
In ordentlichen (klimatisierten) Gebäuden, mit Bunkern und Sicherheitsschleusen, Helipads auf dem Dach und ordentlicher Logistik drumherum lässt sich so ein Einsatz auch in Mali und auch zu Coronazeiten besser gestalten.
Warum plant die Politik nur in solch unzureichenden Zeitscheibchen? Wer glaubt denn, dass Mali in 5 Jahren erledigt sein könnte?
[Der Verweis auf MANTIS legt nahe, dass auch Sie EUTM Mali in Koulikoro und MINUSMA in Gao durcheinanderwerfen… T.W.]
Als Zivilist und Arzt, der die Ausschreibungskriterien von SOS International gut erfüllen würde (Anästhesie/Intensivmedizin/Traumaversorgung/Luftrettung/ Zeit in Afrika/…) und im letzten Jahrtausend vor dem Studium als Infanterist gedient hat, stellen sich mir einige Fragen, die von den Mitlesen mit militärischer Erfahrung teilweise besser eingeschätzt werden können. Zunächst zur medizinischen Seite:
– Wer meldet sich als Zivilist für wahrscheinlich gutes Geld in eine der gefährlichsten Gegenden der Welt? Aus meiner Erfahrung drei Arten von Kollegen
a. die etwas verdienen wollen oder müssen ( SOS homepage: – sinngemäss-„Contact us when you need a job…“)
b. die ihren Horizont erweitern wollen
c. die etwas erleben wollen
Meine Frage dazu: a. Macht es einen Unterschied im Umgang mit meinen Patienten, wenn das nicht meine Kameraden der beteiligten Streitkräfte sind, sondern eben Patienten (- das kann ich nicht beurteilen, gefühlsmäßig tendiere ich aber dazu, einen Unterschied zu sehen) >>>“MOTIVATION“
b. in der BW verfügen mittlerweile erfreulich viel medizinisches Personal aller Berufsgruppen über praktische Erfahrungen im Umgang mit den speziellen Verletzungsmustern und Herausforderungen militärischer Einsätze. Damit konnte mit einer zunehmend höheren medizinische Kompetenz auf diesem Gebiet gerechnet werden. Wie sieht das beim Personal von SOS international aus? Und wer überprüft diese Kompetenzen und die Qualität der Versorgung? (Letzteres ist immer eine Herausforderung ganz besonders im Bereich der Notfallversorgung, wo auch im Zivilen eine suboptimale Versorgung im Zweifel den erschwerten Umständen geschuldet wird, anstatt anderen Faktoren auf den Grund zu gehen.) Die technische Mindestausrüstung ist sehr wichtig, aber letztlich entscheiden die Teams vor Ort den Outcome für die Verletzten. Deshalb die Frage: Wer macht das Qualitätsmanagement nicht nur am Schreibtisch in der SOS-Zentrale, sondern durch die Auftraggeber/betroffenen militärischen Verbände VOR ORT und mit welchen Interventionsmöglichkeiten??
(Nebenbemerkung: das Ausmaß des wegfallenden bisherigen Trainingseffekts für das medizinische Personal kann ich nicht beurteilen)
>> „KOMPETENZ und QUALITÄTSSICHERUNG“ – auch dies ist eine Frage an die Soldaten mit Auslandserfahrung
c. Mali ist ein Hochrisikoland-auch im Süden. (Im persönlichen Gespräch werden dabei auch Vorkommnisse in Bamako berichtet, die nicht in der Zeitung stehen.) Da stellt sich die schon oben erwähnte Frage nach dem Combattantenstatus. Und wer mit welcher Motivation für die Sicherheit der zivilen SOS-International-Mitarbeiter sorgt. Als Angehöriger von Streitkräften kann und darf ich mich verteidigen und bin außerdem von meinen Kameraden umgeben, die so wie ich auch für sie (hoffentlich) bereit sind, für meine Sicherheit und mein Überleben den Kopf hinzuhalten.
>> SECURITY-SAFETY – Wie ist da die Einschätzung der Erfahrenen?
Letztlich wünsche ich mir, dass deutsche Soldaten auf Hochrisikoeinsätzen zumindest eine möglichst hochwertige engagierte medizinische Versorgung erhalten!
Vielleicht ist es eine britische Spezifika, dass dort die Privatisierung millitärischer Dienstleistungen schon deutlich weiter fortgeschritten oder akzeptierter ist.
Aber die Offenheit gegenüber der Privatisierung auch genuin militärischer Aufgaben scheint auf der Insel größer zu sein. Wenn man sich die Entwicklungen der letzten 20 Jahre anschaut und dann noch den „neuen“ Fokus LV/BV daneben legt, bleibt eigentlich nichts anderes übrig, als ein weitestgehendes Outsorcing der Stabilisierungseinsätze – sei es an private Dienstleister oder pseudo-/halb-/staatliche Proxies…
https://wavellroom.com/2020/05/07/warfare-dinner-jackets-hammers-and-nails/
https://reader.chathamhouse.org/strengthening-private-sector-s-role-uk-defence-engagement#
Vielleicht nochmal der Hinweis dass bei EUTM absehbar nicht die Art der stationären sanitätsdienatlichen Behandlung das drängenste Problem wird, sondern der mobile Einsatz beim taktischen Mentoring und im Ausbildungszentrum in Sevaré.
Wenn die EU und die Bundesregierung wirklich umsetzt was bei EUTM Mali geplant ist, dann wird es dort ganz andere Herausforderungen geben. Erinnert dann sehr an die Probleme beim mobilen Einsatz bei ISAF (Forward Surgical Teams, etc). Das Material hierfür gibt es seit Jahren nicht in der notwendigen Stückzahl und Qualität.
Sobald EUTM nach Corona (?) seine Ausweitung umsetzt wird eine Vielzahl von Problemen aufkommen (Sicherung, Transport, SanDst, Koordination mit MINUSMA, G5 u. BARKHANE).
@allexm78
Das Beauftragen von privaten Dienstleistern stellt schwerlich ein unweigerliches „Aussortieren“ von Fähigkeiten dar, umso weniger bei einer wenig intensiven Mission wie EUTM. Bei ganzheitlicher Betrachtung stellt es sogar einen Schutz von Hochwertressourcen dar, sie nicht in der Wüste versauern zu lassen. (Gerade vor dem Hintergrund einer Pandemie von historischer Tragweite, möchte ich hinzufügen.)
Auch wirtschaftlich ist der Ansatz – zumindest wenn in Maßen betrieben – keineswegs verkehrt. Obwohl viele Militär-Dienstleister (gerade aus dem angelsächsischen Raum) ihren Mitarbeitern sehr hohe Gehälter zahlen, haben sie doch Zugriff auf ökonomische Stellschrauben, die außerhalb der Reichweite staatlicher Institutionen liegen und können so die Dienstleistung durchaus preiswert anbieten.
Die Probleme setzen freilich dann ein, wenn man sich von derartigen Firmen abhängig macht; so haben sich die Amerikaner im Irak sehr von den Privaten schröpfen lassen, die genau wussten, dass die Politik auf sie zurückgreifen musste, um den Blutzoll zu drücken. Doch ist in meinen Augen weniger die Preisgestaltung kritisch zu begleiten als vielmehr der rechtliche Rahmen zu hinterfragen.
Wenn mein Dienstleister nicht im vereinbarten Umfang „performt“, bleibt mir als staatlichem Auftraggeber eigentlich nur eine langwierige gerichtliche Auseinandersetzung, die jedoch am Ist-Zustand wenig ändert. Denn selbst Vertragsstrafen helfen mir wenig, wenn ich in einem Land wie Mali auf die Dienstleistung warte.
Hier müsste vielleicht das Recht in Analogie zur Beleihung mit hoheitlichen Aufgaben (siehe z.B. Flugsicherung) fortentwickelt werden, um unmittelbare Zugriffsmöglichkeiten auf den Dienstleister zu eröffnen bzw. zu erweitern. Hier stoßen Verwaltungs- und Zivilrecht schnell an ihre Grenzen.
@K.B.
Staaten mit jahrhundertelanger Kolonialerfahrung verfügen per se über ein anderes Traditionsbild der ziv/mil Zusammenarbeit im Einsatz.
Die ersten in den künftigen Einsatzgebieten der Streitkräfte waren Abenteurer, Wissenschaftler, Wirtschaftsunternehmen, z.B. Imperial British East Africa Company oder Nederlands oost-indische compagnie. Truppen im Namen des Königs folgten später, die „ZMZ“ funktionierte bis 1945, in gewandelter Form bis heute.
Probleme mit solchen Verfahren sind deutsche.
Aus sicherer Quelle weiß ich, dass ein Arzt, der bei dem Dienstleister angestellt ist, 500,- € steuerfrei verdient. Ein Krankenpfleger 200,- €. Pro Tag!!!
Günstig ist so eine Ausgliederung somit garantiert nicht. Selbst ein Oberfeldarzt mit AVZ ist günstiger.
Es hat natürliche auch erhebliche Vorteile für die Streitkräfte.
@Klaus-Peter Kaikowsky (KPK) sagt: 15.08.2020 um 20:21 Uhr
„Probleme mit solchen Verfahren sind deutsche.“
Volle Zustimmung. Hier werden Probleme gesucht und konstruiert, wo gar keine sind.
@ursarctos sagt: 15.08.2020 um 16:14 Uhr
„Wer meldet sich als Zivilist für wahrscheinlich gutes Geld in eine der gefährlichsten Gegenden der Welt?“
Natürlich ist Geld einer der größten Motivatoren. Nicht jeder Arzt hat das Glück, in einem der besten Gesundheitssysteme der Welt arbeiten zu dürfen. In DEU wird auf sehr hohem Niveau geklagt. Und mir als Soldaten ist es völlig egal, welche Nationalität der Arzt hat, der mich zusammenflickt. Hauptsache, er versteht sein Handwerk.
Sie sehen Probleme, die gar keine sind, bis hin zum Kombattantenstatus. Wir sprechen hier ja nicht über Kriege zwischen Staaten, sondern über bewaffnete Konflikte zwischen Volksgruppen innerhalb eines Staatsgebietes. Das ist rechtlich gesehen eine ganz andere Konstellation.
@Pio-Fritz
Gerade in den deutschen Krankenhäusern ist die Situation nicht ganz so rosig; im Pflegepersonal sind 500€ pro Woche bei einer Arbeitsbelastung von +60 Stunden keine Seltenheit. Insgesamt haben Sie aber natürlich Recht.
Und auch den Verweis darauf, dass es sich hier um EUTM Mali handelt, nicht um die Blauhelm-Mission, kann man nicht oft genug wiederholen. Wenn man für einen Einsatz wie MINUSMA private anheuern würde – oder gar für ISAF, wo man beinahe täglich verwundete eigene und alliierte Kräfte zu versorgen hatte –, können wir die Diskussion gerne noch einmal eröffnen.
Trotzdem ist es wohl unangebracht, hier Bedenken bezüglich des Engagements der privaten Dienstleister zu hegen. Nochmals, diese Leute sind in der Regel ehemalige Soldaten oder Mitarbeiter von Behörden der Gefahrenabwehr. So schnell rennen die nicht weg.
Putschversuch in Bamako.
@MichaelShurkin
Mali’s President and Prime Minister were arrested.
https://mobile.twitter.com/RFI/status/1295770456780206081/photo/1
https://t.co/5SEHY9JYub?amp=1
Frankreich warnt Landsleute vor dem Verlassen der Wohnungen in Bamako, Berlin kennt nur Gerüchte?
Laut @Bw_Einsatz Sprecher handelt es sich für die #Bundeswehr bis dato nur um Gerüchte.
[Hm, ja, gesehen, aber bislang ist die Lage hinreichend unklar. Wird bei Bedarf ein neuer Thread. T.W.]
@ursarctos:
Bzgl. Outcome der Pstienten sei hier mal wieder auf die sanitätsdienstliche Maxime verwiesen: die Behandlung im Einsatz hinsichtlich des Resultates von gleichem Ergebnis wie eine Versorgung im Inland. Daran müssen sich die Behandler im Allgemeinen messen lassen….
Das meiner Meinung/Erfahrung nach eher der Wunsch der Vater des Gedanken ist, steht in einem anderen Buch ….
@panzergrenadier:
Aus 100% sicherer Quelle weiss ich, das ein guter Arzt in der Schweiz nicht unter 25.000 CHF verdient.
Ok-es sind CHF und nicht steuerfrei, aber eben auch nicht Mali … (0;
@Gast sagt: 18.08.2020 um 21:02 Uhr
Das ist im Jahr ja nicht so viel :-). Oder welchen Zeitraum meinen Sie? Irgendwann verdient jeder von uns 25.000 CHF, mancher braucht nur länger dafür. So ist Ihre Zahl nicht aussagekräftig.
@pio:
Da haben sie wohl recht …. der eine eben früher, der andere später.
Im vorgenannten monatlich ….