UN beklagen erneute Zunahme der Gewalt gegen Zivilisten in Afghanistan (Nachtrag)

Ungeachtet der Bemühungen um eine Friedenslösung für Afghanistan hat die Gewalt gegen Zivilisten am Hindukusch drastisch zugenommen – sowohl von Seiten der Aufständischen wie den Taliban als auch von Seiten der Regierungstruppen. Hinzu kämen gezielte Angriffe auf medizinische Einrichtungen und ihre Mitarbeiter, beklagten die Vereinten Nationen.

Nach einer vorläufigen Übersicht, die die UN-Mission in Afghanistan (UNAMA) am (heutigen) Dienstag veröffentlichte, führten Angriffe der Taliban auf Zivilisten allein im April zu 208 Getöteten und Verwundeten, eine Steigerung um ein Viertel im Vergleich zum April vergangenen Jahres. Die Zahl der zivilen Opfer – Verwundete und Getötete – durch Aktionen der Regierungstruppen stieg auf 172; sowohl im Vergleich zum Vorjahresmonat als auch zum März ein Sprung um mehr als ein Drittel.

Besonders besorgniserregend ist nach Einschätzung von UNAMA die zunehmende Gewalt gegen medizinische Einrichtungen. Dafür seien in erster Linie die Taliban verantwortlich, die zum Beispiel in den vergangenen Wochen 15 Mitarbeiter entführt hätten. Hinzu komme der brutale Angriff auf eine Entbindungsklinik in Kabul in der vergangenen Woche mit 24 Toten, zu dem sich bislang allerdings keine Organisation bekannt hat. Aber auch von Seiten der Afghan Nation Security and Defence Forces (ANDSF) seien Drohungen gegen solche Einrichtungen und die Beschlagnahme von medizinischem Material bekannt geworden.

Gerade angesichts der derzeitigen Coronavirus-Pandemie würden alle medizinischen Einrichtungen und das Personal dringend benötigt, warnte die UN-Organisation. Vorsätzliche Angriffe auf solche Einrichtungen seien zudem Kriegsverbrechen. Alle Seiten müssten zur Einhaltung des internationalen Völkerrechts zurückkehren.

Nachtrag: Was am Dienstag in Kunduz passierte, wirkt wie eine Illustration dessen, wovor UNAMA warnt – aus einem Bericht der New York Times:

In a day of intensifying violence across Afghanistan, the country’s security forces bombed a clinic in the northern province of Kunduz on Tuesday in their efforts to thwart another coordinated run by the Taliban on the provincial capital that the militants have twice overrun and continue to besiege.
The conflict is back into full-fledged bloodletting after a brief period of hope that a deal between the United States and the Taliban in February would open the way for negotiations between the two Afghan sides.

(Foto: Afghan men ride their bikes while wearing face masks to protect themselves from COVID-19 in the city streets of Kabul, Afghanistan, April 29, 2020 – U.S. Army Reserve photo by Spc. Jeffery J. Harris)