Sammler: Coronavirus und Bundeswehr
Die Ausbreitung des Coronavirus aus China in alle Welt ist weiterhin – noch? – ein Thema der Gesundheits- und nicht der Sicherheitspolitik. Aber angesichts der Einbindung der Bundeswehr in die deutschen Anstrengungen zum Krisenmanagement ist das natürlich auch hier von Interesse. Deshalb ein Sammler zur Entwicklung in Deutschland, beginnend an diesem Wochenende:
(Die Debatte über das Für und Wider eines Einsatzes der Streitkräfte und die rechtlichen Grundlagen in diesem Fall ist im vorangegangenen Thread ausführlich geführt worden – und sollte hier nicht wiederholt werden.)
Nachdem am Samstag ein Airbus A310 der Flugbereitschaft Deutsche (und einige andere Staatsbürger) aus Wuhan in China nach Frankfurt geflogen hatte, wurden die – bis dahin nicht erkennbar an dem Virus erkrankten – Passagiere in die Südpfalz-Kaserne des Luftwaffen-Ausbildungsbatailloins in Germersheim gebracht. Dort wurden dann, Stand Sonntag, zwei der Passagiere als infiziert gemeldet, wie Luftwaffe, Deutsches Rotes Kreuz, Landkreis und Stadt Germersheim in einer gemeinsamen Pressemiteilung erklärten:
Am 01. Februar 2020 wurden 115 Personen, die zuvor aus Wuhan, China, zurückgeholt wurden, vom Flughafen Frankfurt nach Germersheim in Quarantäne gebracht. Hier befindet sich die zentrale Unterbringung für die Rückkehrer. Die Unterbringung erfolgte nach den üblichen, für diese Situationen vorgegebenen Verfahrensweisen unter den Vorgaben des zuständigen Amtsarztes des Landkreises Germersheim. Die Betreuung erfolgte durch das Deutsche Rote Kreuz.
Am Morgen des 02. Februars 2020 erhielt die örtliche Einsatzleitung in Germersheim die Information, dass zwei Personen positiv auf das Corona-Virus getestet wurden. Es ist der Fall eingetreten, wofür die Einrichtung dieser Schutzzone erfolgt ist. Die betroffenen Personen haben diesen Befund gefasst aufgenommen und wurden isoliert. Als weitere Maßnahme werden die Personen mit einem Infektionsschutzkrankentransportwagen durch das Deutsche Rote Kreuz in das Uniklinikum Frankfurt gefahren.
Für das am Standort Germersheim eingesetzte militärische wie zivile Personal, sowie für die ehrenamtlichen Helfer vom Deutschen Roten Kreuz und die Bevölkerung besteht kein Grund zur Sorge.
Ergänzung: Die Stellungnahme von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn dazu:
Zwei Menschen, die gestern mit der deutschen Luftwaffe aus #Wuhan zurückgekehrt sind, haben sich mit dem #Coronavirus infiziert. „Die beiden Infizierten waren symptomfrei bei der Landung in Frankfurt. Trotzdem war es richtig, die Rückkehrer zentral unterzubringen… (1/2) pic.twitter.com/mh5cQPwS1k
— BMG (@BMG_Bund) February 2, 2020
und fürs Archiv als Audio:
Die Besatzungsmitglieder des Luftwaffen-Airbus Kurt Schumacher waren nach Darstellung der Luftwaffe vor einer möglichen Infektion während des Fluges von Wuhan via Helsinki nach Frankfurt geschützt und gehen nicht in Quarantäne:
#coronavirus Nachdem der #A310 des #Team_Luftwaffe gestern Nacht mit 124 Passagieren in Frankfurt gelandet ist, flog er weiter nach Köln. Hier fassen Oberst Johannes Stamm und Oberstarzt Dr. med. Thomas Harbaum die Geschehnisse zusammen. @bundeswehrInfo pic.twitter.com/3CVzLLcjta
— Team_Luftwaffe (@Team_Luftwaffe) February 2, 2020
Fürs Archiv diese Aussagen von Oberst Johannes Stamm, stellvertretender Kommandeur der Flugbereitschaft, und Oberstarzt Thomas Harbaum noch als Audio-Datei:
Am Samstag, noch vor der Rückkehr des Evakuierungsfluges, hatten Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und Bundesgesundheitsminister Jens Spahn in Bonn zu den Maßnahmen gegen eine Ausbreitung des Virus und zum Einsatz der Bundeswehr Stellung genommen:
(Es war zwar eine gemeinsame Pressekonferenz auf der Hardthöhe, dem ersten Dienstsitz des Verteidigungsministeriums in Bonn, aber beide Ministerien haben getrennte Audios veröffentlicht)
Der Vollständigkeit halber zum Nachhören die gemeinsame Pressekonferenz in Germersheim von Bataillonskommandeur Oberstleutnant Peter Eckert, dem Parlamentarische Staatsekretär im Bundesgesundheitsministerium Thomas Gebhart, der rheinland-pfälzischen Gesundheitsministerin Sabin Bätzing-Lichtenthäler, dem Landrat des Landkreis Germersheim Dr. Fritz Brechtel und Michael Sieling vom Bundesverband des Deutschen Roten Kreuzes – ebenfalls am Samstag vor der Ankunft der Maschine:
Weiter dann nach Entwicklung.
(Foto: Ankunft der Busse mit den aus Wuhan ausgeflogenen Passagieren in der Südpfalz-Kaserne am 1. Februar 2020 – Frank Wiedemann/Bundeswehr)
@ CRM-Moderator @Koffer
Ich glaube (nach wie vor) bei Ihnen läuft argumentativ einiges durcheinander.
@ CRM-Moderator: Sie sind „nicht ganz unbeleckt ist bzgl. Bw/Katastrophenschutz/werwowaswannwarum.“ Dann wissen Sie ja, das in diesem Fall das Krisenreaktionszentrum im Auswärtigen Amt mit Analyse der krisenhaften Entwicklung in CHN befasst war und sich sodann dort ein Krisenstab konstituiert hat, der, wie in fast jeder krisenhaften Entwicklung im Ausland, bei den deutsche Staatsbürger betroffen sind, sich mit anderen Ressort abstimmt, um deren Rückführung zu organisieren bzw. Hilfe vor Ort zu organisieren. Im Rahmen der Rückführung (einer sog. diplomatischen Evakuierungsoperation), wird regelmässig auf Kapazitäten der Bundeswehr zurückgegriffen. Das so eine DiploEvakOp mit möglicherweise mit einem Virus Infizierten (Achtung: Inkubationszeit beachten) nicht an der Flugzeugrolltreppe enden kann ist sicher verständlich und das somit auch die Zuständigkeit des Krisenstabes AA dort nicht abrupt endet, somit logisch.
Da Sie um diese Abläufe aber wissen, frage ich mich, warum Sie sich dann noch fragen wer “ wen um Amtshilfe angefragt?“ hat. Wo die Informations- und Entscheidungsfäden an dieser Stelle zusammenlaufen ist doch eindeutig. Stichwort Führung aus einer Hand.
„Und warum fragt keiner von den Medienprofis nach?“ Wer von den Profis das Verfahren (die Kompetenzenkompetenz) kennt, für den ergibt sich in diesem Fall kein Fragebedarf. Ich vermute, denn haben speziell Sie nur deshalb, weil Sie in Wahrheit schlecht informiert sind. #Ockhams Razor.
Reichlich öffentliche Informationen speziell zum Thema Coronavirus finden Sie übrigens auf der Twitterseite des Krisenreaktionszentrums.
@Koffer
Sie reden allgemein viel gesetzliche Pflichtverletzungen und über ihre Zweifel „mit Blick auf die Gesetzeslage „, deshalb „weil Quarantäne eigentliche keine Aufgabe des Bundes ist“.
Und „[a]ngesichts des Umfangs der Aufgabe scheinen die Länder nur einfach beim letzten Mal nicht fähig/willens gewesen zu sein ihre Aufgabe zu erfüllen.“
Wissen Sie das Gesetze nicht nur Verbote enthalten? Ihnen also Pflichten auferlegt bestimmte Handlungen zu unterlassen und für den Fall, dass Sie doch (gesetzeswidrig) handeln Ihnen Zwangsmaßnahmen androht? Das ist doch, wenn ich Sie recht verstehe, der Kern Ihrer Einlassungen: Ein Land hat es zu unterlassen Einrichtungen des Bundes für Aufgaben der (wie Sie es nennen) Gesundheitsvorsorge in Anspruch zu nehmen, denn dies ist gesetzwidrig.
Gesetze enthalten auch Gebote. Sie verpflichten Sie also bestimmte Handlungen nicht zu unterlassen, sondern gebieten gesetzlich ihre Ausführung. Das lässt dem Handelnden (in diesem Fall dem Land) einen gewissen „Handlungsspielraum“ bei der Erfüllung seiner gesetzlich gebotenen Pflichten. Und da frage ich mich bis heute, woher Sie eigentlich ganz genau wissen in welcher Art und Weise dieser Handlungsspielraum genutzt wurde? Vielleicht gibt es eine vertragliche Vereinbarung zwischen Land und Bund ,auf Einrichtungen des Bundes (der Bundeswehr) zurückgreifen zu können.
Genauso hier: „Wenn das der Grund für Germersheim war, dann kann man das mEn unverändert kritisieren (und auch hinterfragen ob man die Länder nicht mal beim Portepee [sic!] packt, immerhin haben sie ja eigene Steuereinnahmen aus denen sie ihre gesetzlichen Aufgaben erfüllen können)“.
Woher wissen Sie, dass es keinen finanziellen Lastenausgleich zwischen Land und Bund für die Inanspruchnahme der Leistungen gibt?
„weil es jetzt (einfacher) möglich ist und man nicht mehr die „Notlösung“ Bund (in diesem Fall Bundeswehr) benötigt.“ Vielleicht ist die „Notlösung“ ja die Lösung! #Hanlon´s Razor.
Da Sie sich an anderen Stelle auch scheinbar positiv auf das DRK-Quarantänelösung in Berlin beziehen. Schauen Sie sich mal die Rechtsform des DRK an.
@hagion pneuma sagt: 11.02.2020 um 9:38 Uhr
„Wissen Sie das Gesetze nicht nur Verbote enthalten?“
Das gilt bei Privat- und Strafrecht. Im Verfassungsrecht ist klar: die Länder sind für alles zuständig, für das der Bund nicht durch GG ausdrücklich ermächtigt wird. Im konkreten Fall ist es klar: Die Heimholung liegt in Zuständigkeit des Bundes (hier des AA, da es keine bewaffnete Rückführung o.ä. war). Die Betreuung und Bearbeitung vor Ort liegt bei den Ländern.
„Woher wissen Sie, dass es keinen finanziellen Lastenausgleich zwischen Land und Bund für die Inanspruchnahme der Leistungen gibt?“
Sehr wahrscheinlich gibt es den. Bzw. zumindest die Möglichkeit hierzu. Denn die Amtshilfebestimmungen sind auch hier sehr klar. Wenn der Bund für ein Land oder eine Kommune eine Aufgabe wahrnimmt, dann erhält er die Aufwendungen erstattet. Ausnahme: der Bund zeigt sich bei Katastrophenfällen im Regelfall großzügig und verzichtet auf die Erstattung.
Aber im hier anhängigen Fall ist das Problem nicht die Erstattung der konkreten Kosten. Sondern das die Länder gesetzlich dazu verpflichtet sind eigene Kapazitäten bereit zu halten. Das sind „Langzeit-/Dauerkosten“. Nach meinem Kenntnisstand haben hier die Länder aber in den letzten Jahren gespart. Das wiederum scheint sich im konkreten Fall darin ausgewirkt zu haben (ab hier Vermutung), dass der Bund einspringen musste, weil alles andere nicht machbar oder zu aufwändig für die Länder war.
„Da Sie sich an anderen Stelle auch scheinbar positiv auf das DRK-Quarantänelösung in Berlin beziehen. Schauen Sie sich mal die Rechtsform des DRK an.“
A hat mit B absolut nichts zu tun. Die Länder sind ja nicht verpflichtet staatliche Kapazitäten bereit zu stellen. Sie können diese natürlich auch in Kooperation mit Kliniken etc. bereit stellen.
@hagion pneuma
Ich habe zu keinem Zeitpunkt den Rückflug in Frage gestellt. Wie kommen sie darauf?
Warum umgehen sie den eigentlichen Punkt.
Lesen sie nochmal in Ruhe meine Kommentare. Am Besten nach der morgendlichen Rasur mit Ockham &Co.
Die Sueddeutsche Zeitung weiss:
》Knapp 200 Menschen sind in Bayern in „häuslicher Isolierung“, weil sie engeren Kontakt zu einem der Coronavirus-Infizierten hatten.《
Das sitzt man/frau in Quarantäne in Germersheim in der Schutzzone mit WLAN, liest die Sueddeutsche und grübelt….
Berechtigt.