DroneWatch – Lesetipp: Katholische Soldaten zu bewaffneten Drohnen
Die Debatte über die Frage, ob die Bundeswehr auch bewaffnete Drohnen bekommen soll, wird seit mehr als sieben Jahren mehr oder weniger intensiv geführt. Die Union hat diese dümpelnde Diskussion im Dezember vergangenen Jahres erneut eröffnet, und voraussichtlich in einem Monat wird das Verteidigungsministerium dazu einen Expertenworkshop veranstalten. Bis dahin ein Lesetipp – mit der auch nicht einheitlichen Position in der katholischen Kirche.
Die Kollegen von katholisch.de lassen dazu sowohl ihre Ethiker als auch die katholischen Soldaten zu Wort kommen:
Schutz oder Eskalation: Wie gerecht ist der weltweite Drohnenkrieg?
ist der Text vom vergangenen Wochenende überschrieben. Und er hat aus meiner Sicht einen etwas problematischen Ansatz: Wie sehr oft in der deutschen Debatte wird die Frage, ob die – ohnehin angeschafften – bewaffnungsfähigen Heron TP-Drohnen der Bundeswehr auch tatsächlich bewaffnet werden sollen, mit dem Einsatz dieser unbemannten Systeme zur gezielten Tötung benutzt. Eine Verknüpfung, die die Nutzung durch Streitkräfte anderer Staaten mit der beabsichtigten Nutzung durch deutsche Streitkräfte gleichstellt. Was aber auch bei anderen Waffensystemen ja nicht zwingend der Fall ist.
Dennoch ist es natürlich sinnvoll, dass diese Diskussion mit den gegensätzlichen Positionen in der Kirche geführt wird, und vielleicht gibt es ja doch noch die seit Jahren immer wieder angemahnte, aber nur sehr begrenzt geführte gesellschaftliche und ethische Debatte. Die ist ja laut Bundestagsbeschluss die Voraussetzung für die Entscheidung darüber, ob die Luftwaffen-Drohnen nun tatsächlich bewaffnet werden.
Wie der Workshop, den das Verteidigungsministerium dazu in der letzten Märzwoche veranstalten will, aussehen wird – das scheint noch nicht so klar. Zur Erinnerung: So etwas ähnliches gab es vor fast sieben Jahren schon einmal, auf Einladung des damaligen Verteidigungsministers Thomas de Maizière. Damals auch mit Beiträgen von Experten, aber auch mit gegensätzlichen Positionen des (damaligen wie heutigen) katholischen Militärbischofs Franz-Josef Overbeck und des damaligen evangelischen Militärbischofs Martin Dutzmann.
(Archivbild: Heron TP-Drohne auf der ILA2018 in Berlin)
@ThoDan:
Die Kernfrage ist ja wer ein Kombattant ist und wer nicht. Die politische Leitung ist es nicht, jedoch eine Person die sich direkt an Kampfhandlungen beteiligt bzw. diese unterstützt.
Grundregeln des humanitären Völkerrechts, die mit Drohnen nur dann wirklich etwas zu tun haben, wenn man die Debatte weg von den echten Themen weg verlagern will.
So wie es in Deutschland fortlaufend geschieht.
@Bernhard Koch sagt: 21.02.2020 um 15:19 Uhr
„Ich habe z. B. an keiner Stelle „Targeted Killings “ mit „Drohnen“ gleichgesetzt. Das eine ist ein Handlungstyp, das andere ein technisches Instrument.“
Zustimmung.
„Deshalb sollten diejenigen, die bewaffnete Drohnen einsetzen wollen, klar sagen, ob sie die Drohnen nur nicht für extralegale Tötungen verwenden wollen, oder ob sie die Drohnen generell nicht für „gezielte Tötungen“ einsetzen wollen. Im zweiten Fall wäre die Nutzung restriktiver.“
Wieso sollte die Option für die Bundesregierung bestehen bewaffnete Drohnen für „extralegale Tötungen“ einsetzen zu wollen?
Diese also rein hypothetische Frage im Zusammenhang mit tatsächlichen Beschaffungsüberlegungen zu stellen, mag wissenschaftlich zwar ganz spannend sein, führt aber doch von den tatsächlich wichtigen Frage weg und gefährdet damit die Einsatzkraft der Bundeswehr und gefährdet unnötig die Sicherheit von uns Soldaten.
„Mir scheint in der Tat, dass die besondere Anerkennung des soldatischen Berufs in der Bereitschaft von Soldatinnen und Soldaten gründet, eben auch besondere Risiken für das Wohl der Allgemeinheit zu übernehmen.“
Hier stimme ich zu. Es ist Soldaten zuzumuten besondere Risiken auf sich zu nehmen. Es ist Kern unseres Berufs. Wer hierzu nicht bereit ist, der sollte auch nicht Soldat werden wollen.
Damit meine ich allerdings nicht, das wir Soldaten sachfremd (!) Risiken aussetzen müssen nur weil wir politisch zu feige sind Wahrheiten auszusprechen.
@Georg
Seit wann ist Bischof Ackermann nicht mehr Vorsitzender und Mitglied von Justitia et Pax?
Seit Oktober 2019 ist es Bischof Heiner Wilmer.
@Memoria
Ich sage ja nicht das es dem Geist des Völkerrechtes entspricht, aber möglicherweise dem „Buchstaben“ und dem zu folgen könnte ich nachvollziehen.
Ein Tipp mal in 3sat zu lauschen.
Nächste Woche Mittwoch.
https://www.3sat.de/film/dokumentarfilm/amerikas-drohnenkrieger-100.html
@ Memoria
Richtig. Da fehlt in meinem Post nämlich ein letzter Satz (sorry, der ist mir gestern durchgerutscht):
„Das heißt jetzt aber nicht, daß ich aus diesen Gründen gegen eine Anschaffung bewaffneter Drohnen wäre (im Gegenteil).“
@ Bernhard Koch
Ich habe mal in meinem Archiv gestöbert und einen Aufsatz von Ihnen vom Feb 2014 mit dem Titel „Leben unter Drohnen“ gefunden.
Insgesamt ein sehr ausgewogener Aufsatz, der das Für und Wider des Drohneneinsatzes beschreibt. Er enthält jedoch keine endgültige Schlussfolgerung wie die Gesellschaft sich verhalten soll, aber dennoch einige Hinweise, wo es Ihrer Meinung nach hingehen soll.
Zitat:
„Das zentrale Argument der Befürworter von Drohnen, dass nämlich deren Einsatz den Schutz von Soldaten und Zivilisten fördere, überzeugt demnach nicht. Man kann mit ähnlich guten Gründen argumentieren, dass der Einsatz von Drohnen eine Kaskade von Wirkungen und Gegenwirkungen freisetzt, die das Ausmaß an Gewalt und Zerstörung in der Summe erhöht. Die Entscheidung, bewaffnete Drohnen anzuschaffen, ist daher mit Risiken verbunden, die auch prognostisch kaum seriös abzuwägen sind. Diese Risiken im Blick zu behalten und auf neue und verbesserte Folgenabschätzungen zu setzen ist eine elementare ethische Forderung, der sich die Entscheider unterwerfen müssen.“
Nun ist dieser Text 6 Jahre alt, was ist denn aus ihrer Sicht das Ergebnis dieser „neuen und verbesserten Folgenabschätzung“, als elementare ethische Forderung über die Entscheidung für oder gegen einen Drohneneinsatz ?
Auch bei dieser Stelle muss man nach 6 Jahren fragen, was da an neuer Erkenntnis hinzugekommen ist:
Zitat:
„Gezielte Tötungen und signature strikes relativieren das – auch völkerrechtlich verbürgten – Recht auf Leben. Über diese Ebene individueller Menschenrechte hinaus muss man fragen, was von der Souveränität der Staaten noch bleibt, wenn von außen kommende Gewalt Grenzen ohne wirksame Gegenwehr überschreitet, so dass der Bürger niemals vor der Anwendung von Gewalt anderer Staaten sicher sein kann. Man kann dieses Argument allerdings auch anders wenden: Die Souveränität eines Staates wäre dann am weitreichendsten verletzt, wenn Bodentruppen eines fremden Landes auf seinem Territorium Terroristen jagten. Zu dieser gravierendsten Beschädigung der Souveränität kommt es gerade nicht, wenn die Terroristen mit Drohnen ausgeschaltet werden können. Die Argumentationsrichtungen wechseln leicht.“
Aus meiner Sicht darf man „Gezielte Tötungen“ im militärischen Konflikt und „Signature strikes“, also das was der US-Geheimdienst CIA macht, nicht in einen Topf werfen. Gezielte Tötungen (mit oder auch ohne Drohnen) als ein Mittel im militärischen Konflikt gegen rechtmäßige Kombatanten, ist ein Kernelement des Wesen eines Krieges. Es mit dem völkerrechtlich verbürgten Recht auf Leben zu vermischen, ist aus meiner Sicht eine bewusste Verfälschung des Wesen eines Krieges.
Zitat:
„Zunächst zum sogenannten „Recht zum Krieg“, das heute aufgrund des grundsätzlichen völkerrechtlichen Gewaltverbots eigentlich „Recht gegen Krieg“ (ius
contra bellum) heißen müsste: Der Tod von Soldaten und Zivilisten ist nicht nur persönliches Schicksal, sondern auch eine schwere politische Bürde. Gerade in
westlichen Ländern wird nach dem Tod eigener Soldaten und auch von Zivilisten zumeist der Sinn des ganzen militärischen Unterfangens in Zweifel gezogen. Dieser Verantwortungsdruck entfaltete bisher eine pazifizierende Wirkung. Dieser Effekt könnte unter dem Eindruck der Möglichkeiten des Drohnenkrieges jetzt schwächer werden und „die politischen Kosten militärischer Einsätze kontrollierbar“ halten, es in einer Studie der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung heißt.“
Wir drehen uns in ihrer Argumentation im Kreis. Letztendlich lehnen Sie den Einsatz von Drohnen ab, weil damit die politischen Kosten eines militärischen Einsatzes in Form von toten eigenen Soldaten geringer werden und damit die Schwelle zum Kriegseintritt gesenkt werden könnte. Das bedeutet sie bestehen auf der Forderung von toten deutschen Soldaten, damit Deutschland möglichst nicht in einen bewaffneten Konflikt eintritt, wie jetzt z.B. in Mali.
Zitat:
„Eine havariertes Fluggerät zählt zurecht unendlich weniger als ein gefallener Soldat. Wenn bei militärischen Einsätzen mit wenigen Gefallenen zu rechnen ist,
könnte das die Bereitschaft zu einem Waffengang erhöhen. In „postheroischen Gesellschaften“ könnten unbemannte Systeme eine große Versuchung zur
Anwendung militärischer Gewalt werden – eines Vorgehens, dessen Kosten sie andernfalls nicht zu tragen bereit wäre.“
Also tote deutsche Soldaten als Abschreckung gegen einen Kriegseintritt, bzw. den Eintritt zu einer Stabilisierungsoperation !
Wie bringen Sie diese Forderung eigentlich im Einklang mit einer „humanitären Intervention“ oder einem Einsatz aus der „Responsibility to Protect“. Beides Einsatzformen, die die verschiedenen deutschen katholischen Militärbischöfe von Bischof Dyba bis zum jetzigen Militärbischof ausdrücklich begrüßen ?
[Hm, die quantitativen Möglichkeiten des Zitats haben Sie jetzt aber aufs Äußerste ausgereizt… weil es für die Debatte sinnvoll ist und zudem einige Jahre alt, lasse ich das mal stehen; bitte aber dringend darum, so was nicht zu wiederholen. T.W.|
Nachtrag: Der Link zu dem Artikel von Dr. Koch
https://www.faz.net/aktuell/politik/die-gegenwart/drohnenkrieg-leben-unter-drohnen-12781534.html
@ TW
Der Artikel ist 6 Jahre alt, also darf man ihn verlinken, oder ?
[Ja. Allerdings haben Sie in dem – inzwischen aus dem Spam-Filter befreiten – Text doch arg, arg umfangreich zitiert. Wäre doch angesichts des Links gar nicht nötig gewesen. T.W.]
Danke für das (langatmige) Zitieren. Nachgelesen im Link hätte das kaum einer. Ich jedenfalls nicht.
Insofern stimme ich ihrer ursprünglichen Einschätzung (bzgl. Kausalkette tote deutsche Soldaten statt Drohnen) und allen weiteren uneingeschränkt zu.
Ich falle ja ab und an dem Sarkasmus anheim:
Sobald „Europa“ (Airbus) seine eigene entwickelte bewaffnete MALE-Drohne hat, werden sich viele Bedenken bzgl. Zulassung und bewaffnetem Einsatz plötzlich in Luft auflösen. Bis dahin verweigert man sich seit 10 Jahren einem „all-in“ in ein existierendes ausländisches System, bzw. nutzt nun Heron TP für den Technologietransfer bzgl. Waffe und Zulassung. Jedes noch so ethische Stöckchen im Getriebe stört da nicht. Im Gegenteil: Alle Verantwortlichen können von dieser drückenden Verantwortung einer Entscheidung im Bundestag referieren und am Ende sogar eine Abstimmung ohne den sowieso nichtexistenten hust Fraktionszwang – die berühmte Gewissensentscheidung abfragen. Eine Sternstunde des Parlaments.
Frage: Wieweit ist die Ethikkommission denn bzgl. Cyberwar? Oder die Kollisionsentscheidung beim autonomen Fahren?
Eigentlich auch eine Frage von vorgestern. Ethisch nicht lösbar. Oder?