USA töten hochrangigen iranischen General mit Drohnenangriff, Verhaltene Kritik aus Deutschland (Zusammenfassung)
Die Bundesregierung hat mit verhaltener Kritik auf den tödlichen Drohnenangriff der USA auf einen hochrangigen iranischen General im Irak reagiert. Es sei mit der Aktion nicht einfacher geworden, Spannungen abzubauen, sagte Außenminister Heiko Maas. Der Iran reagierte empört und mit Drohungen auf die gezielte Tötung; was das für die weitere Entwicklung in der krisengeschüttelten Region bedeutet, bliebt zunächst noch unklar.
Die USA hatten in der Nacht zum Freitag den Kommandeur der so genannten Al Quds-Brigaden des Iran, Qasem Soleimani, in der irakischen Hauptstadt Bagdad mit einem Drohnenangriff gezielt getötet (mehr Details dazu derzeit eigentlich überall, recht ausführlich hier in der New York Times). Der Angriff auf direkten Befehl von US-Präsident Donald Trump war aus Sicht der USA eine Vergeltungsaktion für Anschläge unter anderem auf US-Truppen, für die Soleimani als der Verantwortliche galt, wie das US-Verteidigungsministerium erklärte:
At the direction of the President, the U.S. military has taken decisive defensive action to protect U.S. personnel abroad by killing Qasem Soleimani, the head of the Islamic Revolutionary Guard Corps-Quds Force, a U.S.-designated Foreign Terrorist Organization.
General Soleimani was actively developing plans to attack American diplomats and service members in Iraq and throughout the region. General Soleimani and his Quds Force were responsible for the deaths of hundreds of American and coalition service members and the wounding of thousands more.
US-Außenminister Mike Pompeo sprach zudem von einer unmittelbaren Bedrohung für Leib und Leben von US-Bürgern. Details nannte er zwar nicht, führte das aber in einem Interview mit CNN weiter aus:
QUESTION: You put out a statement a short time ago that says the decision to eliminate General Soleimani was in response to imminent threats to American lives. What was the nature of those imminent threats?
SECRETARY POMPEO: John, I can’t talk too much about the nature of the threats, but the American people should know that President Trump’s decision to remove Qasem Soleimani from the battlefield saved American lives. There’s no doubt about that. He was actively plotting in the region to take actions – a big action, as he described it – that would have put dozens if not hundreds of American lives at risk.
We know it was imminent. This was an intelligence-based assessment that drove our decision-making process. (…) This is a man who has put American lives at risk for an awfully long time, and last night was the time that we needed to strike to make sure that this imminent attack that he was working actively was disrupted.
QUESTION: A specific target overseas?
SECRETARY POMPEO: I’m not going to say anything more about the nature of the attack, but know that this was not just in Iraq. It was throughout the region. It was using these proxy forces that he has manipulated for so long to bring so much destruction to the Shias and Sunnis, the Muslims throughout the region.
Die Bundesregierung, die nach eigenen Angaben vorab nicht von der Aktion informiert war, vermied zunächst sorgfältig, zu dem Angriff selbst Stellung zu nehmen. Am Freitagnachmittag wurde Außenminister Maas allerdings via Twitter ein wenig deutlicher:
Auf das deutsche Engagement in der Region hatten der Angriff und die absehbaren Spannungen zunächst keine Auswirkungen. Die Bundeswehrsoldaten in den Ausbildungsmissionen in Taji im Zentralirak und in Erbil in der Kurdenregion im Norden des Landes würden als Sicherheitsmaßnahme die gesicherten Camps nicht verlassen, teilte das Verteidigungsministerium mit. Derzeit sind rund 120 deutsche Soldaten im Irak, die meisten in Erbil und etwa 30 in Taji sowie eine Handvoll in Bagdad.
Auch das Auswärtige Amt verschärfte seine Reisewarnung für den Irak vorerst nicht. Rund 430 Deutsche sind derzeit im Land registriert, davon etwas mehr als die Hälfte in Erbil.
Die Person Soleimani, der als Drahtzieher von Aktionen des Iran in der Region galt, ist derzeit Gegenstand zahlreicher (und leicht zu findender) Porträts und Nachrufe; interessant ist ein Profil, das der New Yorker bereits 2013 über den General verfasste.
Unklar bleibt, ob und wie der Iran tatsächlich auf die Tötung des hochrangigen Generals reagiert und was das für die Region bedeutet. Bahrains Fluglinie Gulf Air kündigte schon mal an, die Flüge in die irakischen Städte Bagdad und Najaf aus Sicherheitsgründen vorerst einzustellen.
(Weiter dann ggf. nach Entwicklung)
(Foto: Straße im Camp Taji im Zentralirak – Foto Bundeswehr)
@Koffer: Bitte kein Whataboutism betreiben. Wenn der Iran sich ihrer Meinung nach nicht an Art. 2 Abs. 4 hält, so gibt das den anderen UN-Mitgliedern nicht automatisch das Recht, ebenfalls das Gewaltverbot zu ignorieren.
Und das Narrativ des legitimen Ziels zieht auch nicht. Gemäß Stellungnahme diente die Hinrichtung der präventiven Selbstverteidigung:
https://www.defense.gov/Newsroom/Releases/Release/Article/2049534/statement-by-the-department-of-defense/
Präventive Selbstverteidigungsmaßnahmen bedingen Dringlichkeit. Pompeo hat dann auch sofort „imminent“ betont, aber mittlerweile gibt es auch daran Zweifel:
https://www.washingtonpost.com/opinions/2020/01/05/why-lying-about-an-imminent-attack-matters/
Das Verfassungsblog hat einen interessanten Artikel zur völkerrechtlichen Bewertung:
https://verfassungsblog.de/die-toetung-von-qassem-soleimani/
@ Closius 04.01.2020 um 16:19 Uhr
„Durch die „Tötung“ des iranischen Generals hat Trump den Rubikon ebenfalls überschritten, weil er damit die Kontrolle über den Konflikt verloren hat und jetzt allein der Iran entscheidet, durch seine Antwort, ob es zum Krieg kommt oder nicht.“
Interessant. Vorher hatte Präsident Trump also die Kontrolle über den Konflikt. Warum hat er nur das Verhalten des Iran zugelassen, das ich durchaus auch vorher schon als bewaffneten Angriff angesehen hätte?
der Iran hat just die uneingeschränkte wiederaufnahme seines Atomprogramms angekündigt.
ergo:
– volle reaktivierung der europäischen Sanktionen (so im jcpoa angelegt: snap back)
– absehbar amerikanisch-israelische Aktiviäten zur Eindämmung, zunächst sabotage/neutralisierung von Wissenschaftlern, falls das nicht reicht militärische zerschlagung
klassischer schuss ins knie, so verspielt der Iran etwaige Sympathien (die hier und in der presse ja sichtbar wurden) in europa in nanosekunden.
Ich denke mal die Karten werden in denn nächsten ein zwei Monaten neu gemischt werden.
Würde mich nicht wundern, wenn die Iraner eine neue reichweitenstarke Mittelstreckenrakete oder Drone testen und zeitgleich einen unterirdischen Atomtest machen.
Können tun die das bestimmt schon eine Weile aber haben sich bis jetzt zurückgehalten.
Jetzt können sie mit Zurückhaltung nichts mehr gewinnen. Zumal die iranische Führung direkt bedroht wird und nicht ganz zu unrecht, auf die Idee kommen könnte, das ein paar Atomwaffen da etwas mehr persönliche Sicherheit bringen könnten.
Wenn Pakistan, welches kein Land sondern ein Zustand ist, Atomwaffen, Tarnkappenbomber sagen sie zumindest und Marschflugkörper bauen kann, können das die Iraner auch. Im für sie ungünstigsten Fall müssen sich sich nur alles von ihrem östlichen Nachbarn zusammengeklaut haben. Sollte für deren Geheimdienst kein Problem sein.
Interessant ist auch was für Waffen, vor allem Luftabwehrsysteme, die Russen denn Iranern in der nächsten Zeit liefern werden.
Fliegen alle westlichen Kräfte aus dem Irak, hätte sich die Tötung des iranischen Generals für die Mullahs mehr als nur rentiert.
Zumal de Iraner recht erfolgreich gegen die IS vorgegangen sind und da zumindest teilweise Pluspunkte bei der Bevölkerung gesammelt haben. Vor allem bei den Schiiten.
Die Iraner hätten dann von Damaskus bis nach Afghanistan alles im Griff.
Was die Unzufriedenheit der iranischen Bevölkerung mit ihrem Staat betrifft, die ist massiv aber ein Angriff von aussen wird der Führung nutzen. Ich war vor einigen Jahren im Iran und die schimpften wie die Rohrspatzen auf die Mullahs. Aber, für die Amerikaner haben die ebenfalls nichts übrig. Deutsche, Schweizer und Franzosen finden die gut. Die Iraner sind ein sehr geschichtsbewusstes und stolzes Volk. Im Gegensatz zu den Saudis sind die Stolz auf ihre vorislamische Geschichte und mit der Androhung der Zerstörung von Kulturstätten ist die falsche Saite zum klingen gebracht worden. Und mal ehrlich, eine Bombardierung von Persepolis wäre ein unentschuldbares Kriegsverbrechen vergleichbar mit dem Treiben der Taliban oder der IS.
Spitzenleistung von Seiten der US-Administration. Amtshaftung wäre angesagt.
@Nur 2 Cent sagt: 05.01.2020 um 21:15 Uhr
„Bitte kein Whataboutism betreiben.“
Wüsste nicht, dass ich das getan hätte. Ich bin ein strikter Gegner dieser Argumentationslinie.
„Wenn der Iran sich ihrer Meinung nach nicht an Art. 2 Abs. 4 hält, so gibt das den anderen UN-Mitgliedern nicht automatisch das Recht, ebenfalls das Gewaltverbot zu ignorieren.“
Das war nicht meine Argumentationslinie.
„Und das Narrativ des legitimen Ziels zieht auch nicht. Gemäß Stellungnahme diente die Hinrichtung der präventiven Selbstverteidigung:“
Ich spreche von einem legitimen und legalen Ziel.
Und den Begriff „Hinrichtung“ lehne ich als rhetorische Provokation ab. Es war eine militärische Aktion und keine Hinrichtung.
[Bei allem Verständnis für konkurrierende Meinungen: Das Rhetorik-Seminar ist nicht hier. Genauso könnte jemand den Begriff „militärische Aktion“ für diese gezielte Tötung als Provokation verstehen – aber für die Debatte schreibt euch bitte in den passenden Kursen ein. T.W.]
@ wacaffe sagt:
05.01.2020 um 22:13 Uhr
„der Iran hat just die uneingeschränkte wiederaufnahme seines Atomprogramms angekündigt.
ergo:
– volle reaktivierung der europäischen Sanktionen (so im jcpoa angelegt: snap back)“
Auch wenn es sümpfzehn oder drölfzig mal wiederholt werden muss: Der im JCPOA angelegte snap back war das Recht des IRN die ZIVILEN Aktivitäten, die vom JCPOA beschränkt werden sollten, wieder aufzunehmen.
– absehbar amerikanisch-israelische Aktiviäten zur Eindämmung, zunächst sabotage/von Wissenschaftlern…“
Wäre komplett völkerrechtlich illegal und hins. des von Ihnen wohl etwas euphemitisch verwendeten Begriffs „Neutralisierung“ dann Terror oder Mord. Gabs leider schon öfter. Ohne, wohlgemerkt, dass USA Verbindungen dazu begründet unterstellt werden konnte. Bis zur Grenze des Zulässigen des Atomwaffensperrvertrages, bei dem IRN Signaturstaat ist – und die liegt weit höher als alles, was IRN derzeit macht – steht IRN das Recht auf zivile Nutzung der Kernenergie und Anreicherung zu.
@ landmatrose3000
„was IRN derzeit macht – steht IRN das Recht auf zivile Nutzung der Kernenergie und Anreicherung zu.“
njet. der iran hat seit jahren ein atoprogramm das in punkto struktur, organisation und technischen gegebenheiten nur als militräisches programm zur kernwaffenproduktion verstanden werden kann.
Das war schon lange vor dem JCPOA bekannt. Man muss nicht warten bis der erste kernwaffentest vorliegt nur um sich dann im fatalismus zu suhlen bevor man etwas unternimmt. Mindestens die Israelis werden das auch nicht tun. Für die ist es nämlich eine existenzielle frage nationaler sicherheit.
Bezüglich der vermutlich wieder auflebenden Kampagne zur Liquidierung iranischer Atomwissenschaftler kann man sich natürlich sentimentalen Erwägungen oder in diesem Kontext faktisch irrelevanten rechtlichen Sophismen hingeben. An der realität ändert es aber nichts. Weder Israel noch die USA noch Saudi Arabien werden ein Iranisches Atompotential dulden und alles in Ihrer MAcht stehende tun dieses zu verhindern.
Für uns europäer ist es letztlich ohnehin akademisch, da unsere politk es geschafft hat europa in die kollektive bedeutungslosigkeit zu manövrieren.
Ein interessantes , wenn auch tristes, kapitel für spätere Historiker wie es dazu kommen konnte
Ah, neue Sichtweise – der hins. IRN gewöhnlich gut informiefte Hassan Hassan vom US Center for Global Policy berichtet, dass IRQ PM Mahdi extrem sauer sein soll, weil Soleimani auf dem Weg zu ihm war um eine Antwort von IRN auf einen Deeskalationsvorschlag von KSA zu überbringen – in Backchanneln begleitet von USA.
https://mobile.twitter.com/hxhassan/status/1213830321478737921
Wenn man The Intercept (https://theintercept.com/2020/01/05/secret-iranian-spy-cables-show-how-qassim-suleimani-wielded-his-enormous-power-in-iraq/) liest könnte man allerdings auch auf den Gedanken kommen, dass ggf. auch in der IRN Hierarchie manche Vorteile aus dem gewaltsamen Ableben von Soleimani ziehen wollen könnten – weil das Drangsalieren der von ihm gesteuerten Shia-Milizen ggü. den IRQ Sunniten ziemlich drohte nach hinten loszugehen. Im IRN sind übrigens im Februar auch Wahlen.
Puh, was soll man glauben.
@Koffer: Ich schrieb klar mit Blick auf die USA bzw. den PotUS und seine Drohung: „Art. 2 Abs. 4 UN-Charta scheint ja eh überflüssig.“ Ihre Erwiderung war „In der Tat der IRN hat dafür nur Hohn und Spott übrig.“ Whataboutism in Reinkultur. Aber keine Sorge, ich habe T.W.s Moderationsnotiz gesehen und werde sie mit Begriffen wie Hinrichtung nicht weiter verunsichern.
PotUS macht fröhlich weiter und unterrichtet den Congress via Twitter, dass „These Media Posts will serve as notification to the United States Congress that should Iran strike any U.S. person or target, the United States will quickly & fully strike back, & perhaps in a disproportionate manner. Such legal notice is not required, but is given nevertheless!“
https://twitter.com/realDonaldTrump/status/1213919480574812160
Ich hoffe, er meint mit „these media posts“ nicht seine Tweets. Unverhältnismäßigkeit kündigt er auch gleich an. Da reicht ein Facepalm schon nicht mehr aus!
[Oh doch…
T.W.]
Nachdem der US-Präsident mittlerweile mit Angriffen auf iranische Kulturstätten droht(was Kriegsverbrechen wären) und jetzt sogar dem Irak mit Sanktionen droht, wenn die irakische Regierung sich der Parlamentsresolution anschließen sollte mit dem US Truppenabzug und keine Milliarden Schadensersatz für US-Luftwaffenstützpunkte zahlen sollte, wird die Haltung der Bundesregierung immer haltloser. Man droht Verbündeten, deren Souveränität man gerade verletzt hat, nicht mit Sanktionen oder fordert Schadensersatz für eigene Stützpunkte, sondern man entschuldigt sich.
Dieses undiplomatische Verhalten von Trump erhöht die Wahrscheinlichkeit eines Rausschmisses der US Truppen und der Koalitionstruppen gegen die IS aus dem Irak. Und daran ist die Bundesregierung mitschuld, weil sie die Verletzung der irakischen Souveränität bis heute nicht verurteilt hat, sondern bisher die Tötung des Generals verteidigt, obwohl diese Aktion selbst von der US-Opposition verurteilt wird.
Scheinbar gibt es niemand mehr in der US-Regierung der Trump eine Maulkorb verpassen kann, nicht ständig die Krise anzuheizen.
Wird hier vielleicht etwas überinterpretiert?
disproportionate bedeutet: „nicht im selben Verhältnis“, eben „nicht proportional“aber nicht zwangsläufig „unverhältnismäßig“
Wo droht Präsident Trump mit der Zerstörung von Kulturgut? Er droht mit der Zerstörung von „sites, important to the Iranian culture“, das können Regierungsgebäude sein.
Und wer da meint, Generäle dürften nicht getötet werden: Warum dürfen Soldaten getötet werden aber nicht die Generäle, die die Soldaten einsetzen?
Die Bedrohung durch einen Krieg planenden General wirkt in der Regel nicht sofort und mittelbar – verdient er dafür Sicherheit?
[Ich bin ja für eine breite Diskussion hier, aber „das können auch Regierungsgebäude sein“ unterstellt allen anderen, sie wären blöde. Und auf das Niveau wollen wir hier bitte nicht kommen. T.W.]
@ wacaffe sagt:
05.01.2020 um 23:38 Uhr
@ landmatrose3000
„was IRN derzeit macht – steht IRN das Recht auf zivile Nutzung der Kernenergie und Anreicherung zu.“
”njet. “
Okay, haben Sie irgendeinen Beleg für dieses “Njet”???
Carlo Masala (Twitter-Link spare ich mir) haben sich übrigens dahingehend geäussert, dass IRN offensichtlich der EU einen Gesprächskanal zu JCPOA offen lässt und eine Rückkehr zur Einhaltung aller Beschränkungen bei Rückmahme der US-Sanktionen weiterhin anbietet.
”Bezüglich der vermutlich wieder auflebenden Kampagne zur Liquidierung iranischer Atomwissenschaftler kann man sich natürlich sentimentalen Erwägungen oder in diesem Kontext faktisch irrelevanten rechtlichen Sophismen hingeben”
Sentimentale Erwägungen, irrelevante rechtliche Sophismen – tja dann…Ich glaube, wir sind auf zu verschiedenen Ebenen unterwegs. Ihre scheint mir recht weit weg von Dingen wie Völker- und Menschenrecht und sehr nah am Soleimani nachgesagten Denken.
Anscheinend geht der gesunde Menschenverstand hier verloren. Wenn man einerseits die Beseitigung von Diktatoren wie Saddam Hussein, oder Gadaffi gut heißt, andererseits Herrscher wie Assad als absoluten Kriegsverbrecher betrachtet, der Giftgas gegen seine eigene Bevölkerung eingesetzt hat, wie kann man dann ein Bedauern empfinden, wenn einer der größten Kriegstreiber im Nahen Osten, wie der General Soleimani liquidiert worden ist ?
Es kommt mir bitte keiner mit rechtlichen Bedenken. Unabhängiges Recht ist etwas für gesettelte Demokratien. Unabhängiges Recht gab es weder in der DDR noch gibt es dies im Iran.
Also meiner Meinung nach ist der Anführer dieser Brigade getötet worden und ich empfinde dies gut so. Der Iran hätte dies umgekehrt genauso gemacht, wenn er es gekonnt hätte. Aber als potentiell unterlegener Gegner der USA ist er halt in der „Wadlbeisserrolle“ und die hat er seit 40 Jahren perfekt gespielt. Nun hat er für sein „Stänkern“ seit 40 Jahren (beginnend mit der Botschaftsbesetzung) eine auf die Rübe bekommen und (nach Wowereit) „Und das ist gut so!“
@Georg: Es gibt diesen geflügelten Satz: „To the right time at the right place. “
Für uns, die EU ist die Scheiße auf den Ventilator gefallen: „Shit hits the fan“
Das einzige was bleibt ist ein „Middle East Security Survey“ – Bericht, einen: Mess-Report…
@Closius: Die Chinesen lecken sich die Finger. Wenn ich das richtig interpretiere, dann sieht man sich als Partner mit Russland und Frankreich(EU? ) schon als zukünftige strategische Player in der Region ohne den „Bösewicht“ USA. Man möchte aber, dass der Iran das JCPOA einhält.
Auch interessant, man sieht auf sicherheitspolitischen Ebene Frankreich als Ansprechpartner.
Vgl.: http://en.people.cn/mobile/new/content.html?cI=1002&nI=9646125&aT=m
Quod erad demonstrandum:
Rudaw English
@RudawEnglish
#BREAKING: Iraq’s Prime Minister Adil Abdul al-Mahdi receives China’s ambassador to Iraq, Zhang Tao conveyed Beijing’s readiness to provide military assistance.
https://twitter.com/RudawEnglish/status/1214170432603086853?s=20
@Georg: Wo lesen sie da Bedauern heraus? Oder soll das ein Strohmannargument sein? Schwarz-weiß-Denken? Wer die Liquidation nicht bejubelt, ist automatisch ein Sympathisant?
Den meisten Kritikern des amerikanischen Vorgehens hier geht es wohl eher darum, dass der „Führer der freien Welt“™ die Betonung der Phrase „Führer der freien Welt“™ vom dritten Wort auf das erste verschiebt und nicht nur die Werte des Westens mit Füßen tritt, sondern auch noch innenpolitisch durchdreht.
@Closius sagt: 06.01.2020 um 7:51 Uhr
„Und daran ist die Bundesregierung mitschuld, weil sie die Verletzung der irakischen Souveränität bis heute nicht verurteilt hat, sondern bisher die Tötung des Generals verteidigt, obwohl diese Aktion selbst von der US-Opposition verurteilt wird.“
Ob die Bundesregierung das ganze verurteilt oder beklatscht, auf die Lage da unten hätte es den selben Effekt, wie wenn in China ein Sack Reis umfällt. Europa im Allgemeinen und die Bundesrepublik im Speziellen haben sich mit der Politik der letzten Jahre in die sicherheitspolitische Bedeutungslosigkeit manövriert.
@ Georg sagt:
06.01.2020 um 12:30 Uhr
“Anscheinend geht der gesunde Menschenverstand hier verloren. Wenn man einerseits die Beseitigung von Diktatoren wie Saddam Hussein, oder Gadaffi gut heißt”
Okay, ich oute mich – hielt ich beides für ziemlichen Mist und fand ich noch nie gut, so wie es gelaufen ist.
Wird aber schnell OT.
@ AoR sagt:
06.01.2020 um 15:12 Uhr
Danke für den Link, interessant. Passt voll zur One-Belt-One-Road Strategie und könnte, wenn USA so weitermachen, von einigem Erfolg gekrönt werden.
Es ist klar, dass irgendjemand nun einspringen muss, um den Irakern Luftunterstützung zu leisten.
Und Mal im Klartext: Da wurden zwei Drohnen in den irakischen Luftraum und ungestört zum Hauptstadt-Flughafen geflogen. Was sagt das über die irakischen Fähigkeiten aus?
@Georg sagt:
06.01.2020 um 12:30 Uhr
„Es kommt mir bitte keiner mit rechtlichen Bedenken. Unabhängiges Recht ist etwas für gesettelte Demokratien. Unabhängiges Recht gab es weder in der DDR noch gibt es dies im Iran.“
Da hätte ich ein paar Rückfragen: Seit wann brauch man keine rechtlichen Bedenken, sobald es um Diktatoren geht? Stimmt: Sie halten sich nicht an internationales Recht. Die Schlussfolgerung, das man sich ihnen gegenüber auch nicht mehr dran halten muss, ist aber extrem gefährlich:
Wie weit geht denn dann das Aussetzen des Rechts? Würde die Schlussfolgerung z.B, bei Verbrecher nicht analog bedeuten, man müsse sich ihnen gegenüber nicht ans Recht halten? Wer das Recht bricht, für den gilt es nicht mehr. Dann dürfe er also auch gefoltert werden?
Und außenpolitisch: sind Verträge mit Diktaturen eigentlich bindend? Die halten sich ja auch nicht ans Recht, oder? Und wo fängt die Diktatur an? Sind Erdogan und Orban nur autoritäre Politiker oder schon Antidemokraten/Diktatoren?
Gäbe es bei einer Bombardierung der nordkoreanischen – oder gleich der chinesischen – Staatsführung auch kein „rechtlichen Bedenken“? Menschenrechtsverletzungen gibt es dort wirklich genug!
Aber gilt dann überhaupt noch was anderes als das internationale Faustrecht. Das ist in der asymmetrischen Kriegsführung von heute gar nicht mehr unbedingt das Recht des Stärkeren – eine kleine Terrorgruppe hat vielleicht auch irgendwann Massenvernichtungswaffen.
Der Iran erklärt schon US-Militärs zu Terroristen. Das halte ich nicht für richtig, aber jedem muss klar sein, wie wenig trennscharf diese Kategorie ist.
Wenn also die USA einen „Terroristen“ auf fremden Territorium wegbomben, wie wird das dann gesehen: als Vorneverteidigung ohne Kriegserklärung? oder als Tötung eines Verbrechers ohen Gerichtsbeschluss? Was sollte in den nächsten Jahren Russland oder China davon abhalten, irgendwo in der Welt ihre „Terroristen“ abzuschießen – zur Rettung duzender oder gar hunderter ihrer Staatsfürger, die nach Angaben ihrer Geheimdienste sonst in Gefahr gewesen wären?
Nur ein paar Fragen, die ich mir so stelle, wenn man das weiterdenkt.
@ Bob
Mit „unabhängiges Recht“ hatte ich gemeint, daß es ein Rechtswesen in einem Staat gibt, das nicht von der Politik überstimmt werden kann. Also keine Rechtsprechung nach politischer Willkür wie es in so vielen Staaten der Erder der Fall ist.
Natürlich halten wir uns an das Völkerrecht und dass ist auch gut so. Nur darf man bitte schön das Völkerrecht nicht als Monstranz durch die Straßen tragen und glauben, dass dies alle anderen Staaten auch so sehen. Irgendwann ist es jedes Fass voll und dann läuft es über.
Zu dem eigentlichen Rechtskonflikt zur Tötung von dem General Soleimani ist schon genug geschrieben und gedeutet worden. Für mich befindet sich der Iran seit der Botschaftsbesetzung von 1979, spätestens seit dem Bombenanschlag von 1982 in Beirut im Krieg mit den USA. Aus meiner Sicht war der General rechtmäßiger Kombatant in einem unerklärten aber andauernden Krieg zwischen dem Iran und den USA (siehe auch die Minenangriffe des Irans auf die Schiffe in der Straße von Hormuz usw.) und folgedessen war er ein legitimes Ziel.
Im Gegensatz zu den ehemaligen russischen Geheimdienstagenten Skripal und dem in Berlin getöteten ehemaligen Anführer der russischen Gegner in Tschetschenien. Die waren pensioniert und nicht mehr aktiv. Dies war eine reine Rachehandlung aber keine Bekämpfung eines aktiven Kombatanten.
Nun bin ich kein Rechtsgelehrter sonder Techniker. Vor mir aus können das Andere anders sehen. Man muss die Maßnahmen immer im Zusammenhang der gesamten Vorgänge sehen, der leider mit ihrem obigen Zitat von mir verloren gegangen ist. Nehmen Sie meinen ersten Absatz, den ich am 06.01. um 12:30 Uhr geschrieben habe, dazu, dann wird ein Schuh daraus !
@ Bob 07.01.2020 um 13:50 Uhr
Wie kommen Sie darauf, dass Diktaturen sich generell nicht an Recht halten?
Diktaturen sind nicht verboten, oder?
Jetzt verweigern USA dem IRN ForSec auch noch die Anreise zur UN-Sicherheitsratssitzung …
https://foreignpolicy.com/2020/01/06/trump-administration-blocks-iran-foreign-minister-zarif-addressing-un-security-council/
Ein Präzedenzfall (Arafat in 1988 war kein Vertreter eines Staates) und klarer Verstoss gegen Art. VI Sec. 11-13 des Vertrages zum UN-Hauptquartier zw. USA und UN.
https://treaties.un.org/doc/Publication/UNTS/Volume%2011/volume-11-I-147-English.pdf
Langsam wird’s absurd. Offenbar ist die US-Admin geneigt, die gesamte IRN-Admin zu Terroristen zu erklären? In die Richtung hat Pompeo in September 2019 schon bei dem Versuch die Rouhani-Einreise zu verhindern argumentiert.
[Irgendwo gab’s doch auch die Meldung, die USA hätten die Nicht-Ausstellung des Visums mit Zeitgründen erklärt? T.W.]
@ TW
“ Irgendwo gab’s doch auch die Meldung, die USA hätten die Nicht-Ausstellung des Visums mit Zeitgründen erklärt?”
Naja, Foreignpolicy schreibt “ Iranian Foreign Minister Mohammad Javad Zarif requested a visa a “few weeks ago” to enter the United States to attend a Jan. 9 Security Council meeting on the importance of upholding the U.N. Charter, according to a diplomatic source familiar with the matter“
Da Art. IV Sec.13 des Un-HQ-Vertrages die unverzügliche Visaausstellung verlangt, wäre das Argument dann wohl recht absurd.
@ TW
…und dass am Montag Un GenSec Guterres von einem Trump-Adlatus informiert wurde, dass man Zarif nicht einreisen lassen WILL.
Ähmliches berichtet dann wohl auch die Washington Post: https://www.washingtonpost.com/world/middle_east/iran-live-updates/2020/01/07/896c70a2-30d5-11ea-9313-6cba89b1b9fb_story.html (der Eintrag um 4:03pm).
„Time not right for Iran’s Zarif to come to United States, says White House national security adviser
WASHINGTON — White House national security adviser O’Brien said Tuesday that the State Department may have refused to give Iranian Foreign Minister Mohammad Javad Zarif a visa to attend a United Nations Security Council meeting this week because the timing was not right.
“I don’t think Secretary [Mike] Pompeo thought that this was the right time for Mr. Zarif to come to the United States,” O’Brien told “Fox & Friends” on Tuesday morning.
Zarif told “CBS This Morning” that Pompeo told U.N. Secretary General António Guterres of the U.S. decision. He in turn explained to Zarif “they didn’t have time to review my request,” Zarif said.“
Klingt eher nach „Wir wollen nicht, dass er in die USA kommt“ und weniger nach „die Visa-Bearbeitung würde zulange dauern“. Und klingt eher nach etwas, das die momenatne US-Regierung so machen würde.