Auf der Suche nach Identität: Da fehlt was in der Bundeswehr
Was sind eigentlich die Leit- und Vorbilder für Bundeswehrsoldaten, die von diesem Staat in gefährliche Einsätze geschickt werden – oder sich auf die Landes- und Bündnisverteidigung vorbereiten? Und wo sind die Vorbilder, die eben nicht aus einer historisch belasteten Tradition stammen, weil sie da Teil eines verbrecherischen Angriffskrieges waren? Johannes Clair, der als Fallschirmjäger in Afghanistan im Einsatz war, hat sich darüber Gedanken gemacht.
Clair ist den Leser*innen hier kein Unbekannter: Sein Buch Vier Tage im November schildert die Mission am Hindukusch eben nicht aus der Sicht der politischen oder militärischen Führung, sondern aus der Sicht des Soldaten, der am Boden im Gefecht stand. Er war ehrenamtlich im Bund Deutscher Einsatzveteranen tätig und beschäftigt sich seit Jahren damit,
wie die Bundeswehr und der Dienst darin öffentlich und durch die Soldatinnen und Soldaten selbst wahrgenommen wird.
Sein Gastbeitrag ist (deutlich) länger als die hier üblichen Texte. Aber das ist bei dem Thema auch notwendig.
Emotional fehlt etwas :
Die Bundeswehr zwischen Tradition und Widerspruch
oder
die Soldaten auf der Suche nach Identität
„Unser Auftrag ist klar“, sagte der Kompaniechef mit kräftiger und Autorität ausstrahlender Stimme.
„Wir müssen in den nächsten Wochen so viel wie möglich über Gegner, Bevölkerung und unser Gelände erfahren.“ Er hielt einen Moment inne und musterte die angetretene Kompanie.
„Wir sind hier in guter Fallschirmjägertradition.“, fügte er hinzu. „Wir machen eine sehr wichtige Arbeit und werden diese in den nächsten Monaten fortführen. Wir sind hier, weil wir uns diese Arbeit ausgesucht haben, jeder Einzelne von uns. Und ich bin fest davon überzeugt, dass wir für diese Aufgabe bereit sind!“
Dann erhob er seine Stimme. „Treue um Treue!“ – Die Kompanie schmetterte diese drei Worte im Chor zurück und brach zur nächsten Mission auf.
Diese Ansprache trug sich 2010 in Afghanistan zu. Die Bundeswehr war bereits seit neun Jahren an diesem Einsatz beteiligt. Die Kompanie von Fallschirmjägern und Panzergrenadieren hatte gerade diejenigen Kameraden abgelöst, die während des Karfreitaggefechtes drei Tote und zahlreiche Verwundete beklagt hatten. Nur wenige Wochen zuvor standen die meisten Angehörigen der Seedorfer Fallschirmjägerkompanie anlässlich der Trauerfeier im Spalier, während die Särge der Gefallenen vorbei rollten. Nun befanden sie sich selbst in Afghanistan. Ich war einer von Ihnen, 25 Jahre alt, Stabsgefreiter im Golf-Zug.
Dienst, Auftrag, Fallschirmjägertradition. Treue, Gefallene. Alles Begriffe, die noch wenige Jahre zuvor für mich und viele andere keinen konkreten Bezug hatten. Die zwar häufig phrasenhaft genannt, aber kaum eingefordert werden mussten.
Aber was bedeutete die inzwischen alltägliche Einsatzrealität für das Selbstverständnis der Soldatinnen und Soldaten? Wie wirkte sich der kalte Krieg, die ersten Kampfeinsätze, Gefechte und Tote auf die Identität der Soldatinnen und Soldaten aus – und wie ist es heute, rund zehn Jahre nach der eingangs beschriebenen Szene im Feldlager Kundus?
Kein passendes Selbstbild
Ich könnte leichtfertig sagen, dass es bis heute weder die Bundeswehr selbst, noch die politisch Verantwortlichen in Ministerium und Bundestag schaffen, den Soldatinnen und Soldaten ein Selbstbild nachhaltig zu vermitteln, dass mit den Realaufträgen der Bundeswehr als Instrument der Außenpolitik einerseits, sowie unseren bundesrepublikanischen Werten und der die Bundeswehr umgebenden Gesellschaft andererseits auch nur annähernd Schritt zu halten vermag.
Indes, die Realität ist komplizierter.
Natürlich gibt es in der Bundeswehr keinen omnipräsenten Esprit de Corps, wie er zum Beispiel im U.S. Marine Corps gelebt wird. Dort steht das Verankern eines speziellen Wir-Gefühls über allem und führt gemeinsam mit der harten Ausbildung, die man etwas zugespitzt als „erst brechen und dann im Sinne des Corps wieder aufbauen“ zusammenfassen könnte, zu einem maximalen Identifizierungsgrad der Soldatinnen und Soldaten mit ihrer Einheit und bestimmten Werten. Etwas Vergleichbares wäre aus gutem Grund in der Bundeswehr nicht sinnvoll, weil die Bundeswehr zurecht den besonderen Schutz des Individuums implementiert hat. Trotzdem bleibt die Frage der Identifikation mit diesem besonderen Beruf und seinen besonderen Umständen.
Dass diese Identifikation in Deutschland zurückhaltend ausfällt, hat historische Gründe und ist eigentlich eine positive Errungenschaft unseres Landes. Vor allem die Nazizeit, in der die Wehrmacht Hitlers Befehlen folgte, im Sinne der Nazi-Ideologie einen verbrecherischen Krieg führte und sich an der Vernichtung ganzer Volksgruppen beteiligte, ist Ursache für die Loslösung des Militärs von politischer Identifikation in der Bundesrepublik. Deshalb stimmt der Bundestag Einsätzen der Bundeswehr zu, die damit parlamentarischer Kontrolle unterliegt. Fast überall sonst können Regierungschefs oder Staatsoberhäupter den Einsatz des Militärs selbstständig befehlen, auch bei unseren Verbündeten ist es so.
Ein historisch gewachsener Nachteil ist aber auch, dass die Bundesrepublik und damit die Bundeswehr kein klares sicherheitspolitisches Ziel zu verfolgen scheinen. Zwar gab es immer wieder Weißbücher, in denen die sicherheitspolitischen Leitlinien der Bundesrepublik umrissen wurden, zuletzt 2016. Aber erstens waren diese in der Regel schwammig formuliert und zweitens sind Bundesregierung und Bundestag in der Vergangenheit immer wieder der Frage ausgewichen, was der Einsatz von Militär eigentlich bedeutet und wie er sich auswirkt. Oder haben es parolenhaft vereinfacht, wenn sie sich gegen Auslandseinsätze ausgesprochen haben.
Deshalb fiel es der Politik auch immer schwer, den Bürgerinnen und Bürgern Auslandseinsätze zu vermitteln. Der Afghanistaneinsatz ist dafür ein eindrucksvolles Beispiel. Basierend auf einer Solidaritätsbekundung gegenüber den USA nach 9/11, begonnen als NATO-Bündnisfall und ausgeführt als Wiederaufbaumission eines Landes, tat man sich über nunmehr 18 Jahre und mehrere Strategiewechsel so schwer damit zu vermitteln, was das dort eigentlich ist, wo es hinführen und wie man dies bewerkstelligen sollte, dass sich viele der öffentlichen Darstellungen über den Einsatz in Afghanistan nun als massive Schönfärberei oder blanke Lüge entpuppten. Was vielen Teilnehmern an den Missionen schon lange selbst bewusst war, hat die Washington Post über die Veröffentlichung eines entsprechenden Untersuchungsberichtes gerade juristisch erstritten.
Deutschland produzierte durch Afghanistan und andere Einsätze zehntausende neue Einsatzveteranen, ständig wächst deren Anzahl. Diese stellten sich kaum Fragen nach dem rein militärischen Auftrag, der in der Regel Patrouillen, Schaffung oder Betreuung von Infrastruktur, Ausbildung oder Kommunikation mit der örtlichen Administration, manchmal auch der Kampf mit dem Gegner umfasst.
Vielmehr fehlt es an greifbaren und konkreten ideologischen Identitätsmaximen und dem Füllen von Lücken im Bereich der Leit- und Vorbilder und der Rituale.
Das bedeutet nicht, dass es diese Leitbilder nicht gibt. Langsam findet sogar ein Umdenken statt, sichtbar durch Umbenennungen von Kasernen oder der Stiftung des Ehrenkreuzes für Tapferkeit. Es bedeutet auch nicht, dass sich deutsche Soldatinnen und Soldaten im In- und Ausland nicht an die Artikel des Grundgesetzes halten. Aber zwischen einem reinen Abspulen von Regeln und der tiefen Überzeugung, warum und wofür man eingesetzt wird, wofür man letztendlich kämpft, liegt ein bedeutender Unterschied.
Der Ursprung liegt in der deutschen Geschichte
Schon die Gründungsgeschichte der Bundeswehr ist dabei eine Geschichte aus Kompromissen und Paradoxa. Es galt, nach dem angezettelten zweiten Weltkrieg und trotz aller schlechter Erfahrungen mit der Wehrmacht eine neue Armee aufzubauen, obwohl sich das Land nach dem zweiten Weltkrieg klar antimilitaristisch verstand. Es galt, diejenigen mit Führung und Durchführung zu beauftragen, die bereits unter dem verbrecherischsten aller Systeme auf deutschem Boden gedient hatten – andere hatte man schlicht nicht. Und es bestand der Wunsch nach stärkerer staatlicher Souveränität, die von den Westalliierten nur im Gegenzug für einen militärischen Beitrag im Bündnis gegen den Ostblock gewährt werden wollte.
So beschrieb der Historiker Hans-Peter Schwarz diese Gründungsphase der Bundeswehr auch treffend als „Geschichte einer ausgebliebenen Katastrophe“. Es hätte viel schief gehen können, in diesem Geflecht aus alten und neuen Gedanken, Altlasten und Ausrichtung der neuen Bundesrepublik mit ihrer neuen Bundeswehr, als man ideologisch und alltagspraktisch bei null anfangen musste.
Diese Widersprüchlichkeit zeigt sich bis heute im schwierigen Umgang von uns Soldaten mit dem Selbstverständnis unseres Berufes, des Umganges der Bundeswehrangehörigen des kalten Krieges mit den heutigen Einsatzsoldaten und schließlich der Gesellschaft mit ihrer Bundeswehr ab.
Es stellt sich die Frage, wie wir die Begriffe Staatsdiener, Kämpfer, Staatsbürger verknüpfen? Und was man tun sollte, um diese Verknüpfung im Dienst sicht- und fühlbar zu machen.
Nach den turbulenten Zeiten des Afghanistaneinsatzes mit vielen Gefechten in den Jahren 2008 bis 2011 ist nun wieder eine neue Phase für die Bundeswehr angebrochen.
Während es weiterhin gefährliche Stabilisierungseinsätze wie in Mali gibt, ist parallel ein neuer, multilateraler Konflik in Osteuropa entstanden, der nach anderen militärischen Mitteln als der Strategie der „Counterinsurgency“ verlangt. Für die Soldatinnen und Soldaten bedeutet dies eine Rückkehr zum reinen Üben und Abwarten wie während des kalten Krieges. Und schließlich entsteht mit der Bedrohung im virtuellen Raum ein vollkommen neues Konfliktfeld, das nicht nur völlig andere Strategien, Taktiken und Ressourcen erfordert, sondern letztendlich gänzlich andere Mitarbeiter innerhalb der Streitkräfte hervorbringen wird.
Und als Spitze auf der Pyramide der neuen Aufgaben beschreitet die Bundeswehr des Jahres 2019 die schwierige Gratwanderung der Nachwuchswerbung. Die Bundeswehr muss sich also den Herausforderungen der Stabilisierungseinsätze, der klassischen Kriegführung und der Hybridisierung des Krieges gleichzeitig stellen, während die Zukunft ihres Bündnisses, der NATO, diskutiert wird und während ihre jungen Bewerberinnen und Bewerber in einer vollkommen veränderte Lebens- und Arbeitswelt mit veränderten Prioritäten aufwachsen.
Sind also die von Einsatzsoldaten selbst entworfenen kriegerischen Leitbilder der gefechtsintensiven Jahre des Afghanistaneinsatzes heutigen Bewerbern überhaupt noch vermittelbar? Sind Schlagworte wie Treue, Kameradschaft, Kampf und letztendlich Tradition angesichts der derzeit immer weniger geführten Gefechte und der Verlagerung hin zum Cyberwar überhaupt notwendig?
Schon aufgrund der Situation an der Ostgrenze des NATO-Bündnisses kann es sich die Bundeswehr als Militär nicht erlauben, zu einer reinen „großen Behörde“ zu transformieren, auch wenn der Arbeitsplatz von Soldaten in der Cyberabwehr eher daran erinnern könnte.
Und besonders diese neuen Tätigkeitsfelder im Kampf werden auch eine vollkommen geänderte öffentliche Sichtbarkeit unserer Soldatinnen und Soldaten zu Tage fördern.
So stellt sich die Frage nach den Leitbildern und Ritualen eben auch danach, was man jungen Menschen mit gibt, was diesen Beruf ausmacht und warum sie ihn ergreifen sollten.
Eigentlich ist es nämlich so, dass der Kampf, den sich kein deutscher Soldat wünscht, auf den sich aber jeder deutsche Soldat vorbereitet, jungen Menschen in Westeuropa heute kaum mehr vermittelbar ist.
Weder in der Nachwuchswerbung, noch in der praktischen Ausbildung, in der nicht nur Inhalte, sondern auch die Ausführung der Ausbildung angepasst wurden, um modernen arbeitsrechtlichen Standards zu entsprechen. Vieles davon widerum stößt bei denjenigen Soldatinnen und Soldaten auf Widerstand, die nicht nur die alten Ausbildungen erlebt, sondern in den Kampfeinsätzen den Alltag des Krieges hautnah erleben mussten. Die Herausforderung besteht darin, dass das Aufwachsen junger Menschen im sicheren Wohlstand und die Realität in Einsatzländern und Kriegssituationen immer weiter auseinander klaffen.
Der Name Bundeswehr ist kein Zufall
Wolf Graf von Baudissin, einer der Gründerväter der Bundeswehr, warnte noch vor Entstehen des Verteidigungsministeriums vor falschen Leitbildern: Niemals wieder dürfe das deutsche Militär ein „Staat im Staate“ sein. Dem wollte er mit dem Prinzip „Staatsbürger in Uniform“ begegnen. Es sollte den Gedanken verfestigen, dass sich jeder deutsche Soldat gleichzeitig als Staatsbürger versteht, der sich den zivilen Grundwerten der Bundesrepublik verpflichtet sieht. Um das zu untermauern, war bewusst auf einen Generalstab verzichtet und der Einsatz des Militärs strikt an die Kontrolle des Bundestages geknüpft worden.
Diese Grundwerte waren über das Grundgesetz geschaffen worden und sollten der Bundeswehr als ideologische Maxime dienen. So wurde es auch im Soldatengesetz festgehalten. Und schließlich wählte man mit dem Begriff Bundeswehr nicht zufällig einen Namen für die Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland, der seinen Ursprung nicht in Kaiserreich oder Weimarer Republik, sondern in der Frankfurter Nationalversammlung von 1848 hat, dem ersten demokratischen Parlament auf deutschem Boden. So weit, so bedeutsam.
Dass aber das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform kein emotional greifbares Korsett in schweren Lagen für die Soldatinnen und Soldaten darstellt, weil der Begriff dafür viel zu abstrakt ist, fiel mangels solcher Lagen niemandem auf. Dies änderte sich erst mit den Auslands- und Kampfeinsätzen. Zuvor herrschte kalter Krieg.
Ohnehin stellt das Leitbild des Staatsbürgers in Uniform eher ein Korrektiv, denn ein in der unmittelbaren Situation konkret abrufbares Motiv dar. Es steht hinter und über jedem Handeln der Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr und ist doch zu wenig greifbar, um es im Feuergefecht oder auf dem virtuellen Schlachtfeld vor sich hertragen zu können.
Was es braucht sind reale Vorbilder, greifbare Bilder, konkrete Motive. Während des kalten Krieges wurden diese nicht gepflegt. Die Soldatinnen und Soldaten des kalten Krieges stützten sich auf überholte Wehrmachtsparolen wie „klagt nicht, kämpft“. Einsätze, die das militärische Selbstbild zwangsläufig verändert hätten, gab es nicht. Allerdings durchaus neue Helden und ihre Geschichten. Sei es der mutige Flug von Oberstleutnant Klaus Berke, der es 1976 als Phantom-2-Pilot schaffte, eine Mig-21 der NVA über der Ostsee so auszumanövrieren, dass es zum ersten Mal gelang, Details über Einsatztaktiken der damals gegnerischen Luftwaffe zu erlangen. Sein Flug ist heute nahezu vergessen.
Oder der Tod von Erich Boldt, immerhin Namensgeber der Unteroffiziersschule der Luftwaffe. Feldwebel Boldt warf sich 1961 auf dem Truppenübungsplatz Putlos auf eine Sprengladung, die in den Deckungsgraben zurückgerollt war. Der 28jährige rettete durch seinen beispielhaften Mut zwei untergebenen Soldaten das Leben. Und nicht zu vergessen die neuen Träger des „Ehrenkreuzes für Tapferkeit“. Solche neuen Helden und ihre Geschichten sind nicht sinnstiftend in den Alltag der Truppe eingeflossen. Dabei braucht kein Personenkult betrieben zu werden, um Vorbilder sinnstiftend zu nutzen.
Kameradschaft allein reicht nicht
Häufig berufen sich Soldaten auf die Kameradschaft, wenn sie nach dem Grund für Ihren Einsatz gefragt werden. Also stellt sich die Frage, ob es in der Schlammzone, im Gefecht, tatsächlich ihr Schwur ist, der emotional stützt. Denn so wichtig ich persönlich den Schwur finde, so wenig war er mir präsent, als ich mich in Afghanistan im Gefecht befand. Denn während Kameradschaft ein persönliches Motiv ist, in einer schweren Situation zu bestehen, ist es der Begriff des Staatsbürgers in Uniform nicht. Dazu ist er viel zu abstrakt.
Es mag einem Land, das von einer gewaltigen Friedensdividende lebt, nicht gefallen, aber Pathos, wenn man es gemäß seiner Definition als leidenschaftliche Bewegtheit versteht, kann in schwierigen Situationen helfen. Aber Pathos muss richtig dosiert und vor allem von einer klaren Verbundenheit zu bestimmten Werten getragen und durch Rituale verfestigt werden.
Im Sport sind solche Rituale lange etabliert. Man denke z.B. an die Kreise von Volley- oder Fußballern oder die pathetischen Motivationsreden eines Jürgen Klinsmann in der Kabine. Niemand würde in Frage stellen, was Psychologen schon lange wissen: Das ein gewisses Pathos, gestützt durch Rituale, beim Bewältigen schwieriger Situationen, die Mut und Kampfgeist erfordern, helfen kann.
Der Ursprung sportlicher Rituale sind die Kriegerrituale der Vergangenheit. In allen Kulturen finden sich Hinweise darauf, wie sich Kämpfer auf den Kampf vorbereitet und nach dem Kampf davon gelöst haben. Sei es durch Tänze, Opfer, Triumpfzüge oder Zeremonien. Als „Ritual Cleansing“ bezeichnete dies Karen O’Donnell, Theologin der Durham University in ihrem Artikel „How PTSD treatment can learn from ancient warrior rituals“. Es geht also letztendlich auch um seelische Gesundheit, wenn Soldatinnen und Soldaten über Symbole und Rituale emotional abgeholt und unterstützt werden. Diese zu liefern ist Aufgabe der Bundeswehr.
Wenn unsere Soldatinnen und Soldaten laut eigenem Bekunden in erster Linie für den kleinsten gemeinsamen Nenner im Militär, die Kameraden, die kleine Kampfgemeinschaft, kämpfen, dann ist das mit Pathos verbunden. Aber es ist eben auch nur der kleinste gemeinsame Nenner soldatischen Einsatzes.
Und letztendlich können es sich die Bundeswehr und die Bundesrepublik kaum erlauben, dass sich Ihre Soldatinnen und Soldaten eigenständig auf die Suche nach Ihren Leitmotiven abseits der Kameradschaft machen.
Das Ziel der Bundeswehr sind militärische Staatsbürger in Uniform, aber sie tut wenig, was sie dabei auf emotionaler Ebene unterstützt.
Das liegt meiner Meinung nach daran, dass in Deutschland der Wunsch vorherrscht, der Einsatz von Militär und Bestehen im Gefecht könne ohne das Betreten einer moralischen Grauzone auskommen. Zum Krieg gehört kämpfen. Zum kämpfen gehört schießen. Zum schießen gehört womöglich töten. Und besonders die vergangenen Einsätze der Bundeswehr haben gezeigt, dass „asymmetrische Kriegführung“ gleichbedeutend mit dem Betreten von Grauzonen ist. Auch der Cyberwar der Zukunft wird sich in Grauzonen abspielen. Die Folge ist, dass die Soldaten in diesen Grauzonen gemeinsam mit den Kameraden an ihrer Seite allein gelassen werden.
Stattdessen müsste durch die Bundesregierung und Parlament ehrlicher kommuniziert werden: Ja, wir wissen, dass wir durch den Einsatz unseres Militärs eine schwierige moralische Entscheidung treffen. Aber es ist auch unsere Moral, die uns zu dieser Entscheidung geleitet hat. Gefolgt von der Erklärung von Einsatz- und vor allem Exitstrategie.
Dabei mag der Begriff Ideologie manchem sofort sauer aufstoßen. Aber er beschreibt nichts anderes, als ein System von Weltanschauungen, Grundeinstellungen und Wertungen, was im bundesrepublikanischen Sinne nichts negatives darstellt, im Gegenteil. Unsere Soldatinnen und Soldaten handeln nach den Artikeln des Grundgesetzes und der Menschenrechte, das Soldatengesetz verpflichtet sie sogar dazu, andernfalls würden sie bestraft. Sie schwören, „…das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“. Tapferkeit bedeutet, bei Gefahr für Leib und Leben zu handeln. In diesem Fall für Menschen, Grundgesetz und Menschenrechte, auch im Krieg, auch mit kämpferischen Mitteln. So sind Sie dann auch „Staatsbürger in Uniform“ im besten Baudissin’schen Sinne.
Welche Symbole gibt es
Die wenigen greifbaren Symbole, die es für die Bundeswehr gibt, werden bestenfalls stiefmütterlich behandelt. So gibt es zwar die Fahne mit den Freiheitsfarben Schwarz, Rot, Gold, die seit der ersten demokratischen Revolution auf deutschem Boden für Einigkeit und Recht und Freiheit und damit für bundesrepublikanische Werte steht. Aber die Verbindung zu Ihrer Fahne ist den Soldatinnen und Soldaten so fremd, dass vielen – so meine Erfahrung nach rund 12 Jahren als Soldat – sogar das morgendliche Hissen im Wachdienst eher lästiges Übel als ehrenvolles Ritual ist.
Grundsätzlich ist es zu begrüßen, wie kritisch man in Deutschland gegenüber allem Militärischen eingestellt ist. Es ist eine besondere Situation, dass Deutschland das einzige Land in der Geschichte ist, das derart selbstkritisch mit seiner Vergangenheit umzugehen weiß. Aber anstatt diesen Schatz zu nutzen und die daraus abgeleiteten Leitbilder mit Leben zu füllen, mit emotionaler Verbundenheit, werden unsere Soldatinnen und Soldaten zwar in lebensbedrohliche Einsätze geschickt, aber ohne ihnen dafür ein tragfähiges ideologisches Konzept implementiert zu haben, an dem sie sich emotional festhalten können.
Der Leitspruch Treue um Treue, der von jenem Kompaniechef in Kunduz genutzt wurde, um die ihm unterstellten Soldatinnen und Soldaten mit einem greifbaren Leitbild zu stützen und zusammenzuschweißen, entstammt ursprünglich den Befreiungskriegen gegen Napoleon.
Aus meiner Sicht versinnbildlicht er die zentralen Tugenden des Soldatentums: Füreinander einzustehen, Treue für Treue untereinander und für das Land und seine Bürgerinnen und Bürger zu zeigen und diese Werte zu leben. Unser Chef nutzte diese Worte, weil er seine Männer und Frauen in einer hochkomplexen und lebensgefährlichen Einsatzsituation emotional abholen musste.
Alles andere wäre ein „Einsatz ins Ungewisse“, wie der Spiegel schon 1995 angesichts des Einsatzes deutscher Soldaten auf dem Balkan titelte. Ungewissheit ist das, was Soldatinnen und Soldaten im Einsatzfall als letztes gebrauchen können, egal ob im Ausland oder in der Landesverteidigung.
Der Spruch Treue um Treue wurde 2014 in der Bundeswehr verboten. Zu sehr würde die zivile Öffentlichkeit den Ausdruck mit den Fallschirmjägern der Wehrmacht in Verbindung bringen. Natürlich entspräche diese Verbindung nicht der Traditionslinie der Bundeswehr und ihren Werten. Nur: Es wurde viel entfernt, vieles davon zurecht. Es wurde aber praktisch nichts unternommen, um etwas sinnstiftendes hinzuzufügen, das emotional funktioniert. Die Herausforderung heute lautet, etwas zu implementieren, dass junge Menschen auf der Suche nach einem Beruf, Soldaten auf virtuellen Schlachtfeldern und die Kampftruppe gleichermaßen abholt und mitnimmt.
Dabei fängt es mit Kleinigkeiten an. Hier lohnt sich auch der Blick ins Ausland: Wie auch die Fahne wird der Dienstanzug von Soldatinnen und Soldaten aller Laufbahnen mit sichtbarem Stolz und Würde getragen, auch außerhalb der Kaserne. In Deutschland würde es sich lohnen, stärker zu zeigen, dass man über die Uniform auch auf die Werte stolz sein kann, die sie repräsentiert.
Zu wenig wird dieser Stolz in der Bundeswehr vorgelebt und damit verankert. Der gerade erst beschlossene Traditionserlass wirkt dabei vornehmlich auch wieder wie eine Liste von Verboten denn eine proaktive Gestaltung der soldatischen Identifikation in der Bundeswehr.
Einzig der Slogan „Wir.dienen.Deutschland.“ ist seit 2011 ein erster bedeutender Schritt, damit Soldatinnen und Soldaten und Zivilwelt verstehen, was dieser Beruf bedeutet. Er bedeutet, Treue zu den Kameraden (Wir), zur Aufgabe (anderen Menschen dienen) und zum Land (Bundesrepublik Deutschland) zu leben.
Auch, wenn dies gegen einen allgemeinen Gesellschaftstrend des Individualismus gehen sollte: Es wäre ein Alleinstellungsmerkmal der Bundeswehr, diese Treue als Teil der soldatischen DNA hervorzuheben. Sie muss in den alltäglichen Dienst transportiert werden. Ein erster Schritt könnte sein, den Slogan Wir.Dienen.Deutschland nicht nur als Marketinginstrument zu nutzen, sondern zum Beispiel als Ritual beim Antreten zu verwenden. Viele weitere Schritte und sinnvolle Rituale könnten folgen.
(Eine gekürzte Fassung ist in der Januar-Ausgabe der Zeitschrift JS der Evangelischen Soldatenseelsorge erschienen.)
(Archivbild: ‚Troops in Contact‘ (TIC, Soldaten im Gefecht) im September 2010 in Qala e Zal mit Bravo-Zug der Schutz Kompanie Kunduz – Patrick von Söhnen/Bundeswehr)
@Escrimador 22.01.2020 um 13:06 Uhr
Ich befürchte wir haben unterschiedliche Vorstellungen von Vorbildern. Selbst erlebtes spornt mich an. In diesem Sinne sind meine Vorbilder ganz einfache Menschen, die mich beeindruckt haben.
Mir persönlich wäre eine Herausstellung der Taten Einzelner wenig hilfreich. Bestimmt gibt es reichlich davon und mir selbst sind auch welche bekannt. Ich bilde mir jeweils meine eigene Meinung und ziehe auch meine eigenen Schlüsse.
Berichte mit dem Ziel einer Art „Heldenverehrung“ wären mir eher suspekt.
Aber, und hier gebe ich ihnen recht, ein wenig mehr objektive Berichte könnten nicht schaden.
@Georg 22.01.2020 um 15:59 Uhr
Ich stimme ihnen zu.
Erziehen hat einen so schlechten Ruf. Dabei ist es doch nichts Anderes als mittels Anleitung, Vorbild und nötigenfalls Sanktionen zukünftiges Verhalten zu beeinflussen.
Ihrem idealisierten Leitbild aus der militärischen Vergangenheit möchte ich einen mir wichtigen Aspekt hinzufügen.
Mich interessiert vor allem der Kontext, die „ganze Geschichte“. Und genau hier tut sich ein Bericht oder eine Überlieferung zumeist schwer…
@ThoDan sagt: 22.01.2020 um 13:37 Uhr: dass der damalige Feind ihn so beschrieb, überrascht ja wohl nicht. Aber Ihre Meinung ist ihr gutes Recht.
Dennoch zum Thema Traditionen: sie denken an ein Heer, das weniger Verbrechen begangen hat. Ich denke an Menschen. Unsere Vorfahren. An sie gilt es sich zu erinnern. Das kann weh tun, wie sie mit ihrem Hinweis auf Teile SS zurecht schildern, weil es um Verbrechen geht. Aber nicht von „der SS“, sondern von Menschen wie wir.
Solange wir es nicht schaffen, unsere Geschichte so zu akzeptieren und zu analysieren wie sie ist, werden wir nie tradierungswürdige Linien aufbauen, sondern immer bei z.B. „Treue um Treue ist verboten, weil…“ stehen bleiben.
Denn schliesslich waren die Gründungsväter der BW ja auch in der Wehrmacht gewesen. Also BW Tradition erst ab den 1980ern, weil davor alles N*Z*S?
Wer mit seiner Geschichte nichts zu tun haben will, wird nicht aus ihr lernen können.
@Georg
„@Pete
…Ich würde allerdings ergänzen, dass es nicht ausreicht nur ein idealisiertes Leitbild zu entwickeln…“
– Es reicht in der Tat nicht aus nur ein „idealisiertes Leitbild zu entwickeln“, sondern dieses Leitbild muss klar und verständlich kommuniziert werden, es müssen Handlungsvorgaben daraus abgeleitet wewrden und vor Allem es muss „von oben“ vorgelebt werden. Nur „ideelle Werte“ aufschreiben, gegen die in der Praxis verstoßen wird, kann nicht funktionieren.
– Der Leitbildbegriff, den ich im Kopf habe, ist möglicherweise breiter gefasst als der, den Sie im Kopf haben. Ich will nur zwei Links anbieten, um zu verdeutlichen, was ich unter „Leitbild“ verstehe:
https://magazin.hettl-consult.de/sinn-vision-mission-die-inhalte-eines-unternehmensleitbildes/
https://de.wikipedia.org/wiki/Unternehmensleitbild
– Die Bundeswehr hat eine große Bandbreite von zivilen und militärischen Führungskräften, die akademisch gebildet sind. Teilweise sind sie in wissenschaftlichen „Denkfabriken“ sogar in großer Anzahl als Gruppe verfügbar. Idealtypisch für die Beantwortung von „Leitbildfragen“ würde ich das „Zentrum für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bundeswehr“ (ZMSBw) sowie das „Zentrum Innere Führung“ (ZInFü) ansehen.
– Ich möchte an dieser Stelle nicht noch mehr meine eigenen kleinen Ideen ausleben, sondern bin schlicht und ergreifend der Ansicht, wenn es der Bundeswehr nicht gelingt, ein zeitgemäßes Leitbild und daraus abgeleitete Handlungsoptionen zu entwickeln, welche den Soldaten Orientierung geben und identitätsstiftend wirken, dann frage ich mich, wöfür all diese akademischen Einrichtungen eigentlich geschaffen wurden? Wenn mich nicht Alles täuscht wurden diese Akademien ursprünglich genau für diese Aufgaben aufgestellt.
Unter dem Strich:
Es ist genug theoretisches/akademisches Wissen und auch genügend Praxiserfahrung in der Bundeswehr vorhanden sein, um die in dem obigen Artikel aufgestellte These („Auf der Suche nach Identität: Da fehlt was in der Bundeswehr“) zunächst einmal auf tatsächliche Relevanz zu überprüfen. Falls dieses Identitätsdefizit tätsächlich vorhanden sein sollte, sollte es kein Problem sein, dieses Defizit mit den in der Bundeswehr vorhandenen OrgBereichen und akademischen „Think Tanks“, einschließlich zweier Universitäten und einer Führungsakademie, zufriedenstellend zu lösen. Welches Unternehmen hat schon solch eine breit und tief aufgestellte akademische Belegschaft wie die Bundeswehr für die Beantwortung solcher Fragen zur Verfügung?
Zur Erinnerung:
Eine Expertengruppe von nur 15 Personen erarbeitete vom 5. Oktober 1950 bis zum 9. Oktober 1950 (also in nur vier Tagen) im Kloster Himmerod „…eine Denkschrift „über die Aufstellung eines deutschen Kontingents im Rahmen einer übernationalen Streitmacht zur Verteidigung Westeuropas“ und zu den Konzepten der „Inneren Führung“ und des „Staatsbürgers in Uniform“.
https://de.wikipedia.org/wiki/Himmeroder_Denkschrift
Das war die berühmte „Himmeroder Denkschrift“, die als „Magna Charta“ der Bundeswehr gilt, weil weite Teile dieser Denkschrift in der späteren Bundeswehr tatsächlich so wie vorgeschlagen umgesetzt wurden. Im Detail und sehr aufschlußreich wird der Aufbau der Bundeswehr und auch das „Ringen“ um das „Leitbild des künftigen Soldaten“ in einem Buch von Donald Abenheim (Bundeswehr und Tradition – die Suche nach dem gültigen Erbe des deutschen Soldaten“) beschrieben. Wenn man dies bei Google eingibt, kann man auch auf einen größeren Buchauszug zugreifen.
Abschließend:
Was feht den „Experten“ heute, um so etwas wie die „Himmeroder Denkschrift“ zu leisten? Sicherlich nicht Intellekt/Wissen und geeignetes Personal, sondern vielleicht nur die klare Vorstellung davon, „wofür“ und „wogegen“ die Bundeswehr dienen soll. Damals 1950 gab es diese Klarheit, daher konnten die Experten in nur vier Tagen ein umfassendes Konzept für den deutschen Verteidigungsbeitrag vorlegen.
@ThoDan sagt: 22.01.2020 um 13:37 Uhr
„In der Hinsicht das es nichts mit der Aussage von Johannes Clair zu tun hat haben Sie recht, aber wie viele Staatsformen hatten wir in Deutschland seit 1900 und 943?“
Verstehe immer noch nicht, was das mit dem Thema zu tun hat.
Wir sind hier im Kommentarfaden zu einem themenbezogenen Eintrag, der im konkreten Fall ein Aufsatz von Johannes Clair ist.
„Ich glaube weder an immer und ewig vor der Geschichte, noch das die Service Organisation über dem Souverän steht.“
1. Die Bundeswehr ist keine „Serviceorganisation“.
2. Die Bundeswehr steht natürlich nicht über dem Souverän (wer hat denn das bitte auch nur angedeutet???).
Und jetzt?
@ ThoDan
Sie irren sich, daher korrigiere ich Sie wie gewünscht. Das Lied war von Anfang an für die feierliche Aufführung ausgerichtet, was sich schon an der Wahl der Melodie zeigt. Im Text wird der Einfluss der *vor* der Entstehung stattgefundenen Feiern mit nationalliberalen Oppositionellen auf Helgoland (die natürlich nicht in einer „Kneipe“ stattfanden) verortet. Erstmals gesungen wurde es öffentlich von einem etablierten Chor.
Natürlich eignet sich das Lied wie alle guten Hymnen auch dazu,
Darf man im Übrigen erfahren, inwiefern die Marseillaise Sie emotional mehr anspricht als das Deutschlandlied? Da dreht sich jede einzelne Strophe um Waffen, ums Kämpfen, ums Töten und ums Sterben. Man kann sich ja drüber lustig machen, aber ich finde selbst „Deutsche Frauen, deutsche Treue, deutscher Wein und deutscher Sang“ sympathischer als „Formez vos bataillons! Marchons, marchons! Qu’un sang impur! Abreuve nos sillons!“
Meiner Meinung nach fehlt es in Deutschland vor allem in der Medienlandschaft an positiver Berichterstattung.
Während Hollywood die Helden des 2. WK abfeiert, ebenso wie die Spezialeinheiten, die Bin Laden töteten, ist dies in DE verpönt.
Das liegt meines Erachtens aber auch an der eher links-pazifistischen Einstellung der Journalisten und – innen.
Hinter allem und jedem wird auch nur im geri ngsten Fall Rechtes Gedankengut vermutet.
Und dementsprechend mit Shitstorm reagiert.
Gerade Gestern Abend in Markus Lanz folgender Bericht von Till Schweiger:
„Mein Freund Xavier Naidoo hat es mal gewagt, aus reinem Interesse an einer Veranstaltung der Reichsbürger teilzunehmen. Er wollte sich informieren, wer diese Menschen sind. Später wurde ihm von Rassismus bis zur Homophobie alles mögliche an den Kopf geworfen. (..). “
Schade, dabei kann sich jeder*:_r selbst fragen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Mensch mit Migrationshintergrund Rassist ist.
Das ist leider auch der Grund, warum sich kein Politiker*:_in daran traut, etwas vorzuschlagen, dass konstruktiv einen Leitwert im positiven Sinne erschafft.
Zu groß ist die Gefahr, abgestempelt zu werden.
Wie wichtig aber positive Vorbilder sind, zeigt sich an dem Einsatz der GSG 9 in Mogadischu.
Das hatte Anerkennung hervorgerufen, von der die GSG 9 heute noch zehrt.
Es ist aber heute kaum möglich, selbst Personen zu würdigen, die im Ausland höchsten Respekt genießen.
Beispiel Erwin Rommel.
Ich hätte sicherlich nicht den Mut, mich vom Anhänger eines verbrecherischen Systems zum aktiven Widerstandskämpfer zu wandeln.
Und dies, wo ich doch um Leib und Leben auch meiner Familie fürchten muss.
Aber leider gibt es ja nur schwarz und weiß.
Offiziere, die nachweislich die Haager Landkriegsordung anwandten, gab es ja nie.
Und warum die U-Boot Besatzungen den Befehl bekamen, keine Schiffbrüchigen mehr zu retten, liegt ja auch nur daran, daß böse Nazis am Werk waren.
Positiv fand ich die WM 2006,da durfte man endlich mal die Deutschland – Fahne zeigen.
Zurück zu Markus Lanz: Einziges Mittel ist, sich nicht einschüchtern zu lassen.
Und so stehe ich nach wie vor zu meinem Vorbild Erwin Rommel. Und zur 5./294.
Auch wenn ich kein Panzersoldat war, sondern Panzergrenadier.
Und das „Dran drauf drüber“ lasse ich mir nicht nehmen.
Wer es versucht, hört es nur umso lauter.
[Ernsthaft jetzt, Sie führen die Reichsbürger als Beispiel dafür an, dass man „zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt“ würde?! Oder haben Sie’s nur unglücklich ausgedrückt? T.W.]
@TobyR & @ThoDan:
Ich glaube, dass man Hymnen eher aus ihrer Entstehung interpretieren muss, denn aus dem, was politisch und ethisch angezettelt wurde, während man das „Lied auf den Lippen“ hatte.
Gerade die Marseillaise, mit ihren gefühlt 250 Strophen, ist so ziemlich das rassischtischste, brutalste und blutrünstigste Stück Musikgeschichte, dass man sich vorstellen stellen kann.
Dagegen ist das „Deutschlandlied“ – besonders Strophe 1 – ja eher eine Bestandserhebung der Ausbreitung der deutschen Sprache und des Gedankens an eine „Deutsche Nation“, die damals ja in 1001 Kleinstaaten zerplittert war.
Dass diese Ausbreitung dann irgendwann „Deutschland in den Grenzen von 1942“ heißen sollte – geschenkt, aber seitens des Schreibers definitiv nicht intendiert.
Anmerkung:
Die deutsche Nationalhymne besteht seit 1991 aus der dritten Strophe des Liedes der Deutschen von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben.
Quelle: Wiki und „politische Bildung“.
Insoweit ist ein Bezug auf Strophen, die nunmehr seit fast 30 Jahren NICHT mehr Teil unsere Hymne sind (und davor nicht gesungen wurden) schon etwas merkwürdig.
Zunächst glaube ich einmal das man aufgrund dieser Vernetzung heute GAR nichts mehr sagen kann wogegen nicht Irgendwer was hat. Jeder kann seine abstrusen Gedanken oder Oberflächlichkeiten verbreiten. Das ist weder förderlich noch positiv.
Darüberhinaus ist der demokratische Grundsatz des Zuhörens und nachvollziehen wollen der anderen Meinung nicht mehr vorhanden. Diskussionen nehmen zumeist die Form von ideologisch geprägten Glaubenskriegen an.
Zur Identitätsfrage passen diese Gedanken besonders gut, denn Irgendwer wird immer gegen etwas sein. Militärische Taten aus der Kaiserzeit ? Pfui ! Deutsch-französischer Krieg ? Pfui ! Weimar ? Pfui ! 1933-1945 ? Pfui ! Bw Gründungsväter als ehemalige Soldaten der Wehrmacht oder SS ? Pfui ! Ein „Brunnenbohrer“ aus Afghanistan ? Pfui !
Genau das macht es uns Deutschen offensichtlich so schwer, denn wir suchen immer Haare in den Suppen … zuletzt kommt der Politiker der die Welt wiederum noch völlig anders sieht als ein Soldat ! Komisch das ein Eurofightergeschwader nach einem ehemaligen Jagdflieger des Dritten Reiches benannt werden darf, denn der diente doch auch den Verbrechern, oder ?
Was mir bei Johannes Clair so richtig auf den Zeiger geht ist, dass er seine Afghanistan-Erfahrungen und seine Fallschirmjägerprägung zu solchen Thesen wie
„Die Bundeswehr zwischen Tradition und Widerspruch oder die Soldaten auf der Suche nach Identität“ pseudo-intellektuell extrapoliert und dann außer “ Treue um Treue“ keine Auflösung des von ihm postulierten Widerspruchs anzubieten hat. Ziemlich „dünn“ oder foxhole perspective syndrom. Einfach ignorieren.
@ Pete sagt:
22.01.2020 um 21:37 Uhr
“ wenn es der Bundeswehr nicht gelingt, ein zeitgemäßes Leitbild und daraus abgeleitete Handlungsoptionen zu entwickeln, welche den Soldaten Orientierung geben und identitätsstiftend wirken, dann frage ich mich, wöfür all diese akademischen Einrichtungen eigentlich geschaffen wurden?”
Aua, der Finger in der Wunde ;-)
Wobei die Frage, warum die BW sich diese Institutionen heute hält, noch passender wäre.
Wenn ich mir allerdings das Video “ Innere Führung leicht gemacht – Das Erklär-Video” auf https://www.bundeswehr.de/de/organisation/weitere-bmvg-dienststellen/zentrum-innere-fuehrung#Z7_694IG2S0MO4NA0A7N8BQNP2G43 ansehe, beschleichen mich merkwürdige Zweifel, ob man’s dort selbst weiss…
@ Pete sagt:
22.01.2020 um 21:37 Uhr
Oder, Headline auf Seite “Abteilung Weiterentwicklung Innere Führung” (https://www.bundeswehr.de/de/organisation/weitere-bmvg-dienststellen/zentrum-innere-fuehrung/abteilungen-und-bereiche/abteilung-weiterentwicklung-innere-fuehrung)
”Die Abteilung Weiterentwicklung Innere Führung ist verantwortlich dafür, neue Herausforderungen und Entwicklungen aufzugreifen und diese entsprechend in Regelungen einzubringen.”
Uff…Lach…Örks…
@ Fehlbesetzung 22.01.2020 um 20:33 Uhr
Ich denke, da gibts die „kleinen“ Vorbilder, die im persönlichen Umfeld liegen, und „große“ Vorbilder, die über ihr unmittelbares Umfeld hinaus wirken.
(Nicht jeder, der Manuel Neuer als Torwart nacheifert kennt ihn persönlich.)
Für die „großen“ Vorbilder sollte die Bw schon was anbieten. Wenn sie da selbst keine Vorstellung hat …
@Auslandsdiener
„Wer mit seiner Geschichte nichts zu tun haben will, wird nicht aus ihr lernen können“. Lob und Anerkennung für diesen Satz, damit haben Sie mir den Tag gerettet. Darf ich dieses Zitat bei ähnlichen Diskussionen verwenden?
@ klabautermann sagt:
23.01.2020 um 16:10 Uhr
Naja, von einem OSG d.R. erwarten, dass er dann die Lösung des von ihm angesprochenen Problems gleich mitliefert, ist aber auch etwas arrogant.
So geht das auch nicht: Da meldet sich jemand zu den Fallis, geht in die Schlammzone, sagt dann nach seiner Zeit als Zetti “ich hätt da was gebraucht”, und dann: Lass mich doch allein mit Deinem Problem/lös es selbst/und mir passt schon dein “Falli-Mannschafter-mit-Abitur-Duktus” nicht.
Nee, sorry. Würden Sie so mit einem Mannschaftssoldaten umgehen, der Ihnen als Vorgesetztem von solchen Gedanken erzählt? Ich hoffe nicht. Oder neiden Sie Clair seine -begrenzte- Publicity?
Wichtig für ein Identitätsgefühl wäre die Förderung militärischer Formen, Gebräuche, Feierlichkeiten und Rituale. Die Aushändigung von Urkunden und Abzeichen darf nicht auf dem „Flur“ oder „mal eben kurz im Büro“ unter ferner liefen geschehen. „In einem würdigen Rahmen“, wie es in einigen Vorschriften heißt. Das bedeutet: ein ordentliches Antreten, sich Mühe geben als auszeichnender Vorgesetzter und den ausgezeichneten Soldaten den dazugehörigen Respekt für den Dienst in der Bundeswehr entgegenbringen. Das erzeugt auch Stolz auf das Geleistete und ein „Wir“-Gefühl.
@Escrimador 23.01.2020 um 16:58 Uhr
Vielleicht haben sie recht. Mag sein ich bin es so gewohnt jegliche Herausstellung herausragender Einzelleistungen als verdächtig zu interpretieren, dass mir ihr Fehlen als Normalzustand erscheint. Eine Folge meiner Sozialisation, kann ich mich fein herausreden. Aber gut, mich wird man nicht mehr ändern. Das Anbieten durch den Dienstherrn hingegen verursacht mir auch unbehagen, mein Erfahrungsschatz empfiehlt mir auch hier eine kritische Betrachtung. Gerade weil mir die reflexhaften Agitationen bei geringsten Anlässen in den zurückliegenden Jahren gezeigt haben, es gibt keine Politik der ruhigen Hand am Steuer. Je mehr man mitbekommt und versteht, desto weniger möchte man Teil davon sein.
Im Allgemeinen sehe ich die Sehnsucht nach einem „großen Vorbild“ als mir fremd an, das mag ein Nachteil sein. Ich weiß es nicht. Kameraden um mich herum haben vielleicht eines, ich weiß es nicht. Und das finde ich beklagenswert. Wir misstrauen einander ja mittlerweile so sehr, dass wir uns zu einem solchen Austausch nicht getrauen. Wenn die Zahlen benannt werden, gegen wieviele Soldaten wegen des Verdachts auf eine politische Gesinnung außerhalb der freiheitlich demokratischen Grundordnung ermittelt würde, dann kann man mit schöner Regelmäßigkeit vernehmen, dass die Dunkelziffer sicherlich manigfach höher läge. Und eigentlich müsse sie ja bei annähernd hundert Prozent liegen, weil der Soldat an sich ja aus irgendeinem Grund diesen Beruf gewählt hat, und das kann ja kein „guter“ Grund sein.
Und eigentlich könnte für mich damit alles gesagt sein. Allerdings möchte ich noch Stellung beziehen zu einem Post …
@klabautermann 23.01.2020 um 16:10 Uhr
Ich kann ihre Einlassung absolut nicht nachvollziehen. Auf welcher Gesetzestafel steht geschrieben, dass man nur dann eine Situation kritisieren darf, wenn man mindestens einen Lösungsansatz anzubieten hat? Mit ihrer Bewertung und Diffarmierung setzen sie lediglich sich selbst in das argumentative Niemandsland. Meine Großmutter pflegte zu sagen, dass „Wenn Du mit Deinem Finger auf Andere zeigst, dann zeigen drei Finger auf Dich selbst:“
Kluge Frau.
BG sagt:
>>[…] Das liegt meines Erachtens aber auch an der eher links-pazifistischen Einstellung der Journalisten und – innen. […] Gerade Gestern Abend in Markus Lanz folgender Bericht von Till Schweiger:„Mein Freund Xavier Naidoo hat es mal gewagt, aus reinem Interesse an einer Veranstaltung der Reichsbürger teilzunehmen. Er wollte sich informieren, wer diese Menschen sind. Später wurde ihm von Rassismus bis zur Homophobie alles mögliche an den Kopf geworfen. (..). “Schade, dabei kann sich jeder*:_r selbst fragen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Mensch mit Migrationshintergrund Rassist ist. <>[Ernsthaft jetzt, Sie führen die Reichsbürger als Beispiel dafür an, dass man „zu Unrecht in die rechte Ecke gestellt“ würde?! Oder haben Sie’s nur unglücklich ausgedrückt? T.W.]<<
Herr Wiegold, wollen Sie BG/Schweiger/Naidoo falsch verstehen oder können sie einfach nicht anders?
[Es mag vorkommen, dass ich eine Aussage falsch verstehe. Ihr Ton „wollen Sie das falsch verstehen oder können sie einfach nicht anders?“ ist natürlich ’ne bewusste Anpöbelei, anscheinend können sie nicht anders. Dann lassen Sie’s hier doch einfach. T.W.]
[quote]
Christian Schmi sagt:
21.01.2020 um 19:37 Uhr
Eigentlich ist es doch ziemlich einfach.
Viele benötigen keine Vorbilder, für die geht es auch ohne.
Der Rest benötigt Vorbilder oder wünscht sich Vorbilder und die kann man finden.
Wenn man will!
Es gibt für die Bundeswehr 4 Zeitabschnitte, in denen es genügend Helden und Vorbilder (als Person) gab.
1. Die Zeit seit der Gründung der Bundeswehr (Beispiele wurden schon genannt und waren mir auch unbekannt)
2. Widerstandskämpfer im Zweiten Weltkrieg
3. Den einen oder anderen Soldaten aus dem 1. Weltkrieg
4. Alles davor (Deutschland und sein Reich existiert ja schon in sein Vorgängern lange genug)
Ein Held oder Vorbild muss kein Kämpfer gewesen sein, sondern eben Vorbildliches geleistet haben.[/quote]
Da schläft mir ja beim Lesen das Gesicht ein. Für den Beitrag gibt es im Sperrfach Innere Führung bestimmt eine Eins Plus mit Sternchen, aber in der Truppe gewinnt man damit keinen Blumentopf.
Mal angenommen ich bin ein interessierter junger Soldat, der Ihre Thesen aufnimmt und sich mit den dargebotenen Vorbildern beschäftigt, dann stolpere ich nach kurzer Zeit über eine böse Episode die sich da Zweiter Weltkrieg nennt und stelle fest, dass alles was mir von Seiten der Bundeswehr serviert wird (ohne den Einsatzsoldaten zu nahe treten zu wollen, für deren Dienst ich große Hochachtung empfinde) kalter Kaffee ist und sich wie ein Knabenchor zu dem ausnimmt, was im Zweiten Weltkrieg geleistet wurde und was bis heute phänomenal gut dokumentiert ist. Dann stelle ich fest, dass jeder (Ur)Großvater in meiner Familie auch dabei war und dass all diese Menschen aber „böse“ gewesen sein sollen, weil sie genau das was ich heute tue, nämlich treu zu dienen zur falschen Zeit getan haben. Und schon fällt das politisch korrekte Kartenhaus der modernen Traditionspflege wieder in sich zusammen.
Scharnhorst und Staufenberg werden schon seit Jahrzehnten als Vorbilder gepredigt. Hat sich eigentlich schon irgendjemand gefragt, warum man nirgendwo Wandgemälde oder Ähnliches von Ihnen findet, die von den Landsern selber angebracht wurden? Warum kommt keine Begeisterung auf? Weil diese Herrschaften leider zu weit weg sind vom normalen Soldaten – der will ein Vorbild, dass mit der Waffe in der Hand gekämpft hat. Und weil die Wehrmacht dabei bekanntlich Maßstäbe gesetzt hat und das gut dokumentiert ist (ganz im Gegensatz zu den wenigen Gefechten der Bundeswehr, mit Ausnahme vielleicht des Karfreitagsgefechts) sind es immer wieder Wehrmachtssoldaten mit Stahlhelm und MG, die sich die Soldaten aller Dienstgradgruppen als Vorbilder aussuchen und die alle Jahre wieder auf Wände gemalt werden.
Wir kommen um den Zweiten Weltkrieg nicht drumherum und sollten mit dem Eiertanz drumherum aufhören und nicht eine ganze herausragende Soldatentradition verteufeln, sondern alleine nach individueller Leistung und Schuld urteilen. Wenn dann zur allgemeinen Freude wieder überall Landserbilder in den Fluren hängen und die Soldaten daneben ihre eigenen Fotos von Einsatz und Übung aufhängen, dann haben wir schon einen großen Schritt nach vorne gemacht. Bis es soweit ist, wird leider noch viel Wasser den Rhein runterfließen und die letzten Jahre waren in dieser Beziehung eher ein Rück- als ein Fortschritt.
@Pio-Fritz
Die BW erntet möglicherweise auch, was während der Wehrpflichtzeit nicht gut gemacht wurde
@Auslandsdiener
Seine Großmutter Victoria ist lange vor WWI gestorben und wenn ein Offizier von Kaiser und Kameraden gedeckt wird, nachdem seinen Rang und Funktion schändlich missbraucht hat bis zum Mordversuch die Zabernaffäre.
Ich weiß das es Menschen waren, einer von ihnen war mein Großvater, und ich sage auch nicht wir sollen uns nicht erinnern – sondern ihre Taten sind kein Vorbild
Eignen sie die Gründungsväter (nicht) als Vorbild?
Was ist mit den Reformern der Freiheitskriege, was ist mit den Deutschen in den Streitkräften der Alliierten, den Veteranen der Einsätze, speziell jenen die ausgezeichnet wurden?
@TobyR
Stimmt, ich sehe mich korrigiert.
Das mich die Marseillaise mehr anspricht dürfte daran liegen, das es leidenschaftlicher auf mich wirkt glaube ich.
@BG
https://augengeradeaus.net/2017/05/gastbeitrag-saving-private-schmitz/
@Klabautermann
Er ist zumindest bereit zu versuchen die richtigen Fragen zu stellen, danach kann man die Antworten suchen.
42
@Koffer
Mit dem Thema vielleicht wenig
Vielleicht mal eine Frage, würde sich das deutsche Volk freiwillig entscheiden die BRD zu beenden und eine andere rechtsstaatliche Staatsform zu wählen, was würde das für die Soldaten der BW bedeuten, ihr Selbstverständnis und Pflichten.
In den letzten 120 Jahren gab es mindestens 5 deutsche Staaten
Werte, Tradition und Identität, das alles sind Begriffe die im öffentlichen Diskurs nur steril behandelt werden. Deren Verlust ohne politisch korrekte Anpassung zu beklagen wird meistens zu Verunglimpfungen und überzogenen Unterstellungen führen. Deshalb muss sich ein jeder, der sich solcher Themen annimmt vorweg von allen verwerflichen Positionen distanzieren und sich zum aktuell herrschenden System bekennen. In diesem Fall muss dafür das Grundgesetz herhalten.
Ist dieses noch keine 100 Jahre alte Dokument das identitätsstiftende Bindemittel von dem wir unsere Werte und Traditionen beziehen? Sind wir bereit dafür zu kämpfen? Sind wir bereit dafür andere in den Tod zu schicken? Für was würden wir kämpfen?
Warum waren dem Autor im Gefecht die Kameraden präsenter als der Schwur? Manch einer mag für die abstrakten Werte in den Kampf ziehen, aber ist dieses Bekenntnis nicht ein Zeichen dafür, daß uns wichtiger ist was uns am nächsten liegt?
@Landmatrose 3000
„…Wenn ich mir allerdings das Video “ Innere Führung leicht gemacht – Das Erklär-Video…ansehe, beschleichen mich merkwürdige Zweifel, ob man’s dort selbst weiss…“
-Vielen Dank für den Hinweis auf das Video.
– Ich stimme Ihnen zu. Das sehr komplexe Konzept „Innere Führung“, welches nicht mit ein paar Schlagworten zu verstehen ist, wird in meinen Augen in diesem „Leicht gemacht“-Video nicht nur unzureichend, sondern in wesentlichen Aspekten, zumindest in meinen Augen, widersprüchlich zu anderen Quellen der Bundeswehr/Regierung dargestellt werden. Ich will das lediglich an einem Beispiel festmachen. Hinsichtlich der zu verteidgenden Werte heißt es im Erklärvideo (“Innere Führung leicht gemacht“) :
„…müssen diese Werte verteidigen, egal wohin das Parlament sie entsendet…“
Dezidiert genannt werden in dem Video folgende Werte: „Demokratie, Freiheit, Frieden und Menschenwürde…“
Im Vorwort zum Weißbuch 2016 wird die Bundeskanzlerin, Angela Merkel, hinsichtlich der zu verteidigenden Werte wie folgt zitiert:
„…um gemeinsam Menschenrechte, Freiheit, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Völkerrecht zu verteidigen…“
https://www.bundeswehr.de/de/ueber-die-bundeswehr/auftrag-aufgaben-bundeswehr
In einem Erklärvideo der Bundeswehr („Im Video erklärt: Das Weißbuch 2016“) werden hingegen die folgenden zu verteidigenden Werte genannt:
„…Die Werte für die wir einstehen sind Menschenwürde, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit…“
https://www.bundeswehr.de/de/ueber-die-bundeswehr/auftrag-aufgaben-bundeswehr
Fazit:
– In drei offiziellen Quellen Regierung / BMVg/ Bundeswehr gibt es drei voneinander abweichende Festlegungen dafür, welche Werte die Bundeswehr verteidigen soll. Selbst ein erläuterndes Video zum Weissbuch 2016 nennt nicht die exakt selben Werte wie die Bundeskanzlerin in dem Vorwort zu eben diesem Weißbuch.
– Man kann eigentlich nur schonungslos feststellen: Schlampige Arbeit!
– Wenn selbst so etwas Grundlegendes wie die zu verteidigenden „Werte“ in allen offiziellen Dokumenten der Regierung/des BMVg/der Bundeswehr nicht exakt einheitlich und übereinstimmend dargestellt werden, sondern voneinander abweichen, wie soll der Soldat/die Soldatin dann Orientierung für seinen / ihren Auftrag bekommen?
@Mackiavelli
Vielen Dank für Ihren Beitrag. Mit abstraktem akademischem Geschwurbel kann man keinen Landser für irgendwelche befohlenen „Traditionen“ erwärmen. Genau so wenig mit pauschalen Verteufelungen von allem, was es seit den Einigungskriegen an deutschen Streitkräften gab.
Man sollte die Hirnakrobatik, dass die Bw nichts mit ihren Vorgängerorganisationen zu tun hat, endlich mal einstellen und eine gewisse Gelassenheit und Objektivität einkehren lassen.
Wie Sie schon angemerkt haben, macht „Opa’s Kriegseinsatz“ halt mehr her als das glorreiche Gefechtsschießen in Munster-Süd oder der schiefgegangene Brunnenbohreinsatz in einem weit entfernten Trümmerstaat.
Ich behaupte, dass es erstmal kein Problem ist, wenn ein Soldat bspw. einen Ritterkreuzträger als sein Vorbild sieht. Kenne davon genügend und die sind dadurch nicht automatisch FDGO-feindlich eingestellt. Solange also keine Kriegsverbrecher angehimmelt werden oder eben unser Rechtsstaat in Frage gestellt wird sollte man also vielleicht mal locker durch die Hose atmen.
Den Kritikern meines Kommentars gebe ich zu bedenken, dass imho Johannes Clair eine Forderung erhebt, die von der BW unmöglich grundgesetzkonform erfüllt werden kann. Wenn man während seiner aktiven Dienst-/Einsatzzeit aus naheliegenden Gründen und so ja auch gerade in Afghanistan von Vorgesetzten gefördert die Staatsbürger-in-Unifomr-Identität durch eine Kämpferidentität quasi ersetzt, dann bekomme ich u.U. ein massives, persönliches Identitätsproblem wenn ich die Uniform ablegen muß, weil meine aktive Dienstzeit endet. Da könnte der eine oder andere Ehemalige schon auf die Idee kommen, von der BW zu fordern, sie möge doch bitteschön diese Kämpferidentität zur Staatsbürgeridentität machen, egal ob mit Uniform oder ohne.
Und mit einer solchen Forderung lande ich (gesellschfts)politisch irgenwo am rechten Rand der FDGO und u.U. darüber hinaus. Und so sehe ich eben den Gastbeitrag von Johannes Clair: ein rechtspopulistiches, identitäres (?) „Selfie“
Und da wir ja bei Oma-Zitaten sind, dann hab ich auch eines von meinem Opa: „Man kann einem Nationalisten alles ausreden, bloß nicht seinen Nationalismus“…..deshalb mein /ignore
@Mackiavelli
Zu behaupten Scharnhorst hätte nicht gekämpft halte ich jetzt für ziemlich unverfroren, er fiel in der Schlacht von Großgörschen und hat mehr Kriegs, Feldzugs und Schlachterfahrung als die ganze BW zusammen.
<<<Für den Beitrag gibt es im Sperrfach Innere Führung bestimmt eine Eins Plus mit Sternchen, aber in der Truppe gewinnt man damit keinen Blumentopf.<<<
Was sagt uns das angeblich über die Truppe.
"Sie steht höher im Rang als ich." William Tecumseh Sherman über eine der Leiterinnen der Lazarettschwestern
Ich denke bei der ganzen Diskussion über die Identitätsstiftung muss man sauber von oben nach unten arbeiten.
1. Muss die Bundesregierung mal einen politischen Konsens finden für welche Aufgaben man die Bw überhaupt einsetzen will.
2. Muss sie dies dann offensiv in der Bevölkerung propagieren und damit eine breite öffentliche Zustimmung für die Bw und deren Auftrag erzeugen und
3. Muss man dann überlegen wer als Vorbild für die jeweilige Soldatengruppe in der konkreten Situation geeignet ist und
4. Müssen die Vorbilder für die jeweilige Funktion und Dienstgrad der Zielgruppe geeignet sein.
Es ist deshalb Unsinn Graf von Stauffenberg als Vorbild für den Mannschaftssoldaten hinzustellen. Er hat keine emotionale Verbindung zu den Handlungen des 20. Juli 1944. Das würde für die Stabsoffiziersebene taugen, aber die trauen sich heutzutage weniger öffentliche Kritik zu übern als die Mannschaftssoldaten. Im Übrigen wollte Graf von Stauffenberg keine Demokratie in Deutschland schaffen sondern als erstes den verheerenden Krieg mit 300 000 toten Soldaten pro Monat ( ! ) , im Juli 1944 beenden.
Es bringt auch nichts einen Panzersoldaten als Vorbild für einen Piloten oder für die Lw allgemein hinzustellen und entsprechend ähnliche Fälle kann man genug konstruieren.
Leider sind die militärischen Vorbilder des II. WK, die bis zum Ende des letzten Jahrhunderts, also bis ca. zum Jahr 2000 gepflegt wurden, von der rot-grünen Bundesregierung in einer späten Nachtabstimmung im Bundestag alle verbrannt worden. Deshalb wurden sehr viele Kasernen und Flugplätze, gerade in Süddeutschland umbenannt, die eine breite Akzeptanz in der Bevölkerung und bei den aktiven und ehemaligen Bw-Soldaten genossen. Hier wurde eine Umerziehung im rot-grünen Stil praktiziert, unterstützt vom Mainstream in der Presse, die bekanntlich jede Woche eine neue Sau durchs Dorf treibt.
Diese Umerziehung in der rot-grünen Regierungszeit, auch weil viele konservative Regierungspolitiker mit Kriegserfahrung in dem Zeitraum aus der Politik ausgeschieden sind, hat in der Bw einiges verändert.
Leider sind die damals abgeschafften Vorbilder nicht durch politisch korrekte, personalisierte Vorbilder ersetzt worden.
Und hier schließt sich wieder der Kreis der Misere. Wie will man Vorbilder für Soldaten finden, wenn die herrschenden Politiker mit dem Soldatentum an sich nichts am Hut haben, außer die Rüstungsmiliarden für die heimischen Industriebetriebe anzuzapfen und mancher rot-grüner Stadtrat in einer Garnisionsstadt nur das Einkommensteueraufkommen der stationierten Soldaten und die Wirtschaftskraft des Kasernenbetriebes für die Stadt und den Landkreis sieht ?
[„Umerziehung in der rot-grünen Regierungszeit“? Diese Tendenz von rechts und noch weiter rechts, alles was nicht in ihre Denke passt, mit solchen Kampfbegriffen zu belegen, lassen wir hier bitte sein. Mir fallen sonst sehr deutliche Worte für diese Versuche ein. T.W.]
Bin gespannt ob der Hausherr meine Beitrag zulässt, ist ja doch etwas OT…
„Während Hollywood die Helden des 2. WK abfeiert, ebenso wie die Spezialeinheiten, die Bin Laden töteten, ist dies in DE verpönt.“
In Deutschland gibt’s keine Todestrafe. Erschießen ganz ohne vorherige Verhandlung ist da natürlich noch eine Stufe schlimmer. Sieht man sich selbst als rechtsstaatlich ist das ein (innerer) Konflikt und ich halte Zweifel für angebracht.
„Das liegt meines Erachtens aber auch an der eher links-pazifistischen Einstellung der Journalisten und – innen.
Hinter allem und jedem wird auch nur im geringsten Fall Rechtes Gedankengut vermutet.“
Es gibt genug bekannter Journalisten die in etablierten Blättern kein Blatt vor den Mund nehmen und Fremdenfeindlichkeit schüren. Die generelle linkslastigkeit der deutschen Medienlandschaft wäre noch zu beweisen.
„Gerade Gestern Abend in Markus Lanz folgender Bericht von Till Schweiger:
„Mein Freund Xavier Naidoo[…]“
Wenn Schweiger von Naidoo als Freund spricht ist doch schon offensichtlich das er Voreingenommen ist. Von daher ist bei der Aussage allein schon Vorsicht angezeigt. Schweiger selbst sieht sich regelmäßig als Opfer von Kritikern und auch Medien allgemein. Da ist die Wagenburgmentalität fast schon greifbar.
„[…]hat es mal gewagt, aus reinem Interesse an einer Veranstaltung der Reichsbürger teilzunehmen. Er wollte sich informieren, wer diese Menschen sind. Später wurde ihm von Rassismus bis zur Homophobie alles mögliche an den Kopf geworfen. (..). ““
Naidoo kam in den Fokus weil er sich das nicht nur einfach angesehen hat sondern auf die Bühne ging um auf der Veranstaltung zu sprechen. Jetzt mag das allein noch kein Grund sein ihn abzustempeln, fehlender Kontext und ein bisschen Dämlichkeit reichen da als Erklärung.
Wohl aber seine Aussagen „Deutschland hat keinen Friedensvertrag und dementsprechend ist Deutschland auch kein echtes Land und nicht frei.“, „jeder weiß, dass Al Qaida nur die CIA ist“ oder „Der Schmock is’n Fuchs und ihr seid nur Trottel.“ Damit ist er in der Schublade bei Reichsbürgern und anderen Verschwörungstheoretikern ganz gut aufgehoben.
„Schade, dabei kann sich jeder*:_r selbst fragen, wie wahrscheinlich es ist, dass ein Mensch mit Migrationshintergrund Rassist ist.“
Sie wären überrascht. Ich hab schon Videos gesehen wo Menschen mit asiatischem oder mittelamerikanischem Aussehen sich selbst als weiß oder kaukasisch identifiziert haben.
Interessant ist in dem Zusammenhang ein Blick nach Afrika wo es teils ausgeprägten Rassismus zwischen hell- und dunkelhäutigen Afrikanern gibt. Das führt z.B. dazu das sich Frauen mit Hausmitteln die Haut bleichen (mit ungewissem Ausgang) um ihre Chancen bei der Arbeits- und Partnersuche zu verbessern.
Auch nicht allgemein bekannt: Indianerstämme die sich der westlichen Lebensweise angepasst hatten waren in Sklavenhandel und -besitz beteiligt.
Die Vorstellung das erlebte Unterdrückung, Herkunft oder optische Merkmale den Rassismus gegen andere negieren muss ist schlicht falsch.
[Es geht in der Tat sehr Richtung OT… und wir sollten den Aspekt jetzt dabei belassen. T.W.]
@klabautermann sagt: 23.01.2020 um 16:10 Uhr
„Was mir bei Johannes Clair so richtig auf den Zeiger geht ist, dass er seine Afghanistan-Erfahrungen und seine Fallschirmjägerprägung zu solchen Thesen wie
„Die Bundeswehr zwischen Tradition und Widerspruch oder die Soldaten auf der Suche nach Identität“ pseudo-intellektuell extrapoliert und dann außer “ Treue um Treue“ keine Auflösung des von ihm postulierten Widerspruchs anzubieten hat. Ziemlich „dünn“ oder foxhole perspective syndrom. Einfach ignorieren.“
Naja, Johannes Clair behauptet ja auch nicht, dass er eine Habil dazu verfasst hat, sondern er zeigt aus Perspektive derjenigen auf die es ankommt, nämlich der Truppe ein Problem auf und skizziert ein Lösung.
Niemandem ist geholfen, wenn man hoch abstrakte, rein theoretische Lösungen findet, die am Bedarf der Truppe vorbei gehen.
Der Versuch der Bundeswehr (und der Politik) in den letzten Jahrzehnten eine abstrakte Tradition am Bedarf der Truppe herbei zu konstruieren führt doch gerade zum jetzt bestehenden Dilemma.
Vielleicht hätte man einfach versuchen sollen konstruktiv die Wünsche der Truppe aufzunehmen (und dabei bestimmte Ausschläge „einzuhegen“), als immer wieder den Bedarf zu negieren und die konkreten Vorschläge und geübte Praxis vom Tisch zu wischen.
@klabautermann sagt: 24.01.2020 um 13:47 Uhr
„Den Kritikern meines Kommentars gebe ich zu bedenken, dass imho Johannes Clair eine Forderung erhebt, die von der BW unmöglich grundgesetzkonform erfüllt werden kann.“
Das wage ich zu bezweifeln.
Ich sehe nichts, was auch nur einmal ansatzweise nicht grundgesetzkonform wäre.
Es gibt einiges, was nicht mit der derzeit durch die politische Leitung gewünschten Traditionspflegepraxis in Übereinstimmung steht, aber diese ist jederzeit änderbar ohne das es hierfür einer Grundgesetzänderung bedürfte.
Sie mögen sich das nicht wünschen, aber die Ansicht von Johannes Clair als in Konflikt stehend mit dem Grundgesetz zu bezeichnen empfinde ich als mehr als nur gewagt. Ja fast schon als einen Versuch ein Totschlagargument einzuführen um sich nicht inhaltlich damit auseinander setzen zu müssen.
@ThoDan sagt: 23.01.2020 um 22:46 Uhr
„Mit dem Thema vielleicht wenig“
Erkennen Sie das Problem?
„Vielleicht mal eine Frage, würde sich das deutsche Volk freiwillig entscheiden die BRD zu beenden und eine andere rechtsstaatliche Staatsform zu wählen, was würde das für die Soldaten der BW bedeuten, ihr Selbstverständnis und Pflichten.“
Warum sollte man über eine rein hypothetische, derzeit nicht absehbare Option theoretisieren?
Das bringt niemanden
„In den letzten 120 Jahren gab es mindestens 5 deutsche Staaten“
Nein. Es gab vielleicht 5 unterschiedliche Regierungssysteme (4+1), aber nur 1+1 Staat. Das ist ein wichtiger Unterschied. Auch mit Blick auf die Traditionspflege.
@Klabautermann
Mir ist absolut nicht klar, welche Forderung Herr Clair erhebt, die nicht grundgesetzkonform zu erfüllen wäre (meine Unklarheit bezieht sich auf diese von ihnen aufgezeigte und nicht weiter erläuterte Forderung, als auch den Grundgesetz-widersprüchlichen Charakter des nicht Erläuterten). Vielleicht mögen sie das nochmal ausführen.
Im Übrigen zeigt Herr Clair einige Dinge über das „Treue um Treue“ hinaus auf, während er nach meiner Wahrnehmung diesen Spruch eher als Beispiel anführt (Zitat sinngemäß „vieles wurde verboten, wenig neu etabliert“), anstatt ihn zwangsläufig neu beleben zu wollen. Aus diesem Grund lese ich seinen Beitrag als Feststellung eines Problems, was er gut ausgeführt, weil sinnvoll erläutert und begründet, hat. Insbesondere seinen Hinweis auf die Rituale im Sport und den Ursprung in Ritualen in der Geschichte (ich habe in diesem Zusammenhang den von ihm erwähnten englischen Beitrag gelesen) finde ich sehr interessant und kann die Rückschlüsse aus Soziologensicht vollumfänglich bestätigen.
Und ihre Abwertung seines Textes, weil er angeblich keine Lösungen anböte (was anhand des Aufsatzes leicht widerlegbar ist), senkt weder die Problembeschreibung im Wert, noch ist es grundsätzlich ein Widerspruch, ein Problem ohne Lösungsvorschlag zu präsentieren, bzw zur Diskussion zu stellen. Im Umkehrschluss werfe ich ihnen ja auch nicht vor, keine Lösung aufzuzeigen, sondern nur ein Problem anzubringen (nämlich, dass sich Herr Clair hier äußert). Ihre Betrachtungssweise ist also in sich widersprüchlich.
Übrigens stoßen manche Bereiche des Auftretens in der Öffentlichkeit von Herrn Clair bei mir nicht auf Gegenliebe, allerdings halte ich anhand einiger Äußerungen von ihm, die ich verfolgt habe Ihre These, er sei Rechtspopulist für vollkommen absurd. Im Übrigen gebe ich noch zu bedenken, dass es Herr Clair in seiner angeblichen Pseudo-Intellektualität geschafft hat, sich im Aufsatz sachlich zu äußern. Während sie dies als augenscheinlich Intellektueller nicht zustande bekommen haben.
Mich interessiert im Zusammenhang tatsächlich, was sie als Lösung anzubieten haben. Mir persönlich stellt sich der Zusammenhang der Identität der Bundeswehr und des Umganges mit unserer Geschichte als Einschätzung seitens der Politik folgendermaßen dar: Aufgrund unserer Erfahrungen (mit dem WKII) brauche unsere Truppe keine starke ideologisierte Alltagsausprägung. Ob dies so ist oder nicht, wird hier ja trefflich diskutiert. Wie sie allerdings darauf kommen, Herr Clair wäre in irgendeiner Form rechts oder identitär, obwohl sein Text jede Menge Material bietet, das das Gegenteil belebt, ist mir schleierhaft. Die Feststellung er sei intellektuell nicht in der Lage, sich dem Thema zu nähern, empfinde ich als arrogant und diffamierend und kann nur hoffen, dass sie im Alltag im Umgang nicht ein derartiges Verhalten der Abwertung und Bloßstellung an den Tag legen.
Ich glaube, wenn Sie erst einen zweiten Kommentar benötigen, um Ihren ersten (zu Herrn Clair) zu erläutern, dann ist dieser erste Beitrag augenscheinlich nicht gut ausgeführt. Und da er deutlich diffamierend formuliert wurde und Sie in ihrem Zweiten sogar erläutern, dass ihnen etwas persönlich gegen den Strich geht, frage ich mich, warum es ihnen offenbar leicht fällt, einem Gegenüber „Pseudo-Intellektualität“ zu attestieren, sich selbst aber mit einem einfachen zwischenmenschlichen, kommunikativen Grundsatz auf den Leim gehen, der sogar in der AGA der Bundeswehr gelehrt wird und sinngemäß lautet: „Wenn du dich persönlich ärgerst, schlafe erst eine Nacht und überlege dann, ob und in welcher Form Du es nach außen trägst.“.
Wie gesagt: Ich schätze weder jedes Auftreten des Herrn Clair noch teile ich jede Facette seines Aufsatzes hier, aber ihren „Beitrag“ dazu halte ich für (von ihnen ja letztendlich auch selbst erklärt – ) von niederen persönlichen Motiven gelenkt, unsachlich und in Teilen (soweit ich das beurteilen kann) schlicht unwahr („Rechtspopulist“, „Identitär“).
Grüße,
Blaubeer
@Klaus Trophobie
>>Die generelle linkslastigkeit der deutschen Medienlandschaft wäre noch zu beweisen.<<
Damit wir alle auf dem gleichen Sachstand sind, hier zusammengesuchte faktenbasierte Realität. Ich vermeide die kompletten Links:
Suchen sie nach "uebermedien Journalisten sind eher links":
„Es ist klar, dass Journalisten grösstenteils dem linksliberalen Meinungsspektrum zuzuordnen sind. Das ist kein Klischee, es ist durch Umfragen und Forschung belegt. Zum Beispiel zitiert Professor Hans Mathias Kepplinger, einer der bekanntesten deutschen Kommunikationsforscher […] eine Statistik, nach der die Parteipräferenzen deutscher Journalisten zu 36 Prozent bei den Grünen und zu 25 Prozent bei der SPD, aber nur zu 11 Prozent bei der CDU/CSU und nur zu 6 Prozent bei der FDP liegen. 23 Prozent entfallen auf ‚Sonstige‘ oder ‚ohne Parteineigung‘. Mehrere Studien zeichnen ein ähnliches Bild: Deutsche Journalisten fühlen sich weit überwiegend linken Parteien nah, während die Verteilung unter den Bürgern – also Lesern – anders aussieht.“
Suchen sie nach "Statista parteipraeferenzvon politikjournalisten in deutschland"
"Laut einer Erhebung der Freien Universität Berlin zum Thema „Politikjournalistinnen und -journalisten“ aus dem Jahr 2010 hat etwas mehr als ein Drittel keinerlei deutliche Vorlieben für eine Partei. Immerhin 26,9 Prozent sehen sich aber den Grünen nahe. Das sind fast drei Mal so viele, wie eine Präferenz für CDU oder CSU angeben, das tun nämlich nur 9,0 Prozent der Journalisten und damit nicht einmal jeder zehnte. Damit liegt die Union auch deutlich hinter der SPD, die auf 15,5 Prozent aller Befragten kommt."
Übrigens scheint das in der Schweiz ähnlich zu sein. Suchen sie nach "Wie links sind SRG-Journalisten wirklich?"
"Fast 70 Prozent aller SRG-Journalisten bezeichnen sich als links. 16 Prozent verorten sich in der politischen Mitte. Und 16 Prozent sehen sich als rechts. Gefragt wurde nach der politischen Einstufung auf einer Skala von 0 bis 10. Dabei steht 0 für links, 5 für Mitte und 10 für rechts. Kein Journalist der SRG verortete sich rechts aussen bei den Werten 9 und 10; 7,4 Prozent stehen links aussen bei den Werten 0 und 1."
Damit lasse ich jetzt auch gut sein, wollte nur sicherstellen, das alle auf dem gleichen Fakten-Fundament stehen.
Wer persönlich den Sturm auf die Traditionsräume der 90er miterlebt hat – ja, da waren auch einige Dinge zu sehen, die mMn da nicht hingehör(t)en und zu recht rausgeflogen sind – weiß, dass dieses Thema – ich nenn es mal salopp – "undiskutierbar" ist. Dass dann im weiteren Verlauf in Fürsty 2005/6 alles in die "Strasse der Luftwaffe" umgewandelt wird…… logische Schlussfolgerung. Insofern stimme ich @Georg zu, auch wenn ich nicht das Wort "Umerziehung" sondern "Umgestaltung" genutzt hätte.
Ich empfehle trotzdem immer wieder das Studium von van Crevelds "Kampfkraft". Da sind ja alle Denkanstösse drin. Vom Dienstgeber/Politik werden keine neuen Impulse kommen.
[Mir bleibt ein bisschen die Spucke weg ob der Dreistigkeit, das Thema dieses Threads für Ihren ideologischen Kampf zu missbrauchen.(Und fangen Sie zunächst mal an, den Titel korrekt zu zitieren: Journalisten sind eher links. Aber sorgen sie für linken Journalismus?.)
Ihre Behauptung, das sei nötig, „damit alle auf dem gleichen Fakten-Fundament stehen“, lasse ich mal unkommentiert. Wenn einige hier der Meinung sind, sie könnten sich in dieser Weise hier ideologisch austoben, dann klare Ansage: Irrtum. Sie sind raus. T.W.]
Eines steht auf jeden Fall in diesem kontroversen Diskussionsverlauf in diesem Faden fest:
„Die meisten Soldaten brauchen Vorbilder für ihren Dienst und damit sie sich wenig mit anderen Berufen.“
Interessant ist beim Beobachten in diesem Faden und in dessen Verlauf, doch ein zentraler Punkt: Kommentatoren, die als langjährige Soldaten (Zeit- und Berufssoldaten) gedient haben, wie z.B. @Koffer, @Klabautermann, @CRM-Moderator und ich selbst, betonen alle, dass Soldaten Vorbilder brauchen und dass in den letzten 20 Jahren von der Politik einige gewachsene Tradiotionslinien in der Bw zerstört wurden.
Zitat von @CRM-Moderator: „Wer persönlich den Sturm auf die Traditionsräume der 90er miterlebt hat – ja, da waren auch einige Dinge zu sehen, die mMn da nicht hingehör(t)en und zu recht rausgeflogen sind – weiß, dass dieses Thema – ich nenn es mal salopp – „undiskutierbar“ ist.“
Ja und weil es undiskutierbar ist und die meisten Vorgesetzen aus Angst vor Karrrierenachteilen und / oder auch aufgrund ganz klarer Weisungslage wurden eben auch in einer Modellflugzeugsammlung im Schaukasten die Hakenkreuze am Seitenleitwert abgeklebt oder übermalt.
Auf der anderen Seite der Kommentatoren gibt es die Geschichtswissenschaftler und die Soziologen, die mal ihre Wehrpflichtzeit vor 30 Jahren in der Bw verbracht haben (wie z.B. @ ThoDan) und dann vor diesen Hintergrund kommentieren ob die Bw heute, 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs und nach zig Auslandseinsätzen in aller Welt noch aktive Vorbilder für die Soldaten braucht und wenn ja, welche Vorbilder.
Eine letzte Anmerkung zu Ihnen, Herr Wiegold. Niemand unterstellt Ihnen, dass sie linken Journalismus betreiben. Jeder der hier liest und event. kommentiert weiß was sie für die Bw und deren Soldaten in den letzten fast 30 Jahren geleistet haben. Dafür sind sie zurecht für dieses Blog ausgezeichnet worden und werden als Experte für Interviews zu sicherheits- und militärpolitischen Themen eingeladen. Trotzdem reagieren sie fast reflexhaft wenn jemand in den Kommentaren von links-grünen Journalisten bzw. deren Produkte berichtet. Selbst in dem von Ihnen verlinkten Artikel über das Interview mit Matthias Döpfner, dem Vorstandsvorsitzenden des Axel Springer Verlages, bestätigt Herr Döpfner dass die Mehrheit der Journalisten links-grün denkt und die wenigstens konservativ eingestellt sind. Eine andere Frage ist dann, ob diese Journalisten ihre Grundtendenz in ihren Artikeln immer ausleben können.
Um auf unser Thema zurückzukommen. Es ist unzweifelhaft während der rot-grünen Regierungszeit von 1998 bis 2005 zu einer Einstellungsänderung der herrschenden Politiker zu den vorhandenen Vorbildern, ausgedrückt in Traditionsnamen für Schiffe, Regimenter, Geschwader und Kasernen gekommen. Hier gab es von der Regierungsseite einen Sturm auf die Traditionsnamen die viele aktive und ehemalige Soldaten aber auch häufig die Zivilbevölkerung in den Garnisionsstädten verstört hat. Es wurde danach aber versäumt neue Vorbilder zu finden und aufzubauen. Dabei bitte ich auf meine vorherigen Kommentare zu diesem Thema aufzubauen. Es reicht nicht ein idealisiertes Soldatenbild abstrakt zu beschreiben, sondern es muss runtergebrochen werden auf einzelne Personen in einzelnen Waffengattungen, die dann auch für den einfachen Soldaten, aber auch für das Unteroffizierskorps und das Offz-Korps als Vorbilder geeignet sind.
Korrektur: „„Die meisten Soldaten brauchen Vorbilder für ihren Dienst und damit unterscheiden sie sich wenig mit anderen Berufen.“
Ein letzter Satz zu dem Versuch, hier das Thema auf andere Pfade zu führen: Völlig ungeachtet der Frage, ob ich nun linken oder linksgrün-versifften oder was auch immer Journalismus betreibe oder eben nicht, nehme ich für mich in Anspruch, bei Off-Topic-Ansätzen an das Thema eines Threads zu erinnern. Wenn ich darauf die Reaktion bekomme, ich würde halt dem linken Mainstream huldigen oder sogar zu lesen bekomme: „Statt sachlicher Gegenargumente erntet man pauschale Verurteilung von einem Vertreter der 4. Gewalt“, dann reicht es mir. Es mag sein, dass etliche damit unzufrieden sind, dass ich als Moderator darauf achte, dass wir beim Thema eines Threads bleiben – dann aber die billige Rechtspopulisten-Nummer mit linksgrün abzuziehen oder mich gar der Zensur oder ähnlichem zu bezichtigen, mag ich gar nicht und reagiere mit der notwendigen Härte. Im Interesse aller Leser*innen.
@Georg sagt: 25.01.2020 um 13:38 Uhr
Stimme Ihnen in Ihrer Analyse weitgehend zu. Langjährig Gediente erkennen in der Tat offensichtlich leichter die Bedeutung von konkreten und glaubwürdigen Vorbildern für den einzelnen Soldaten.
Warum gerade hochrangige Vorgesetzte (allsamt langjährig gedient) das zwar im kleinen Kreis auch betonen, aber im großen dann diesen Kurs nicht aktiv verfolgen sondern bestenfalls passiv stehen, schlimmstenfalls selbst zu Traditionsstürmern werden begreife ich nicht.
„Ja und weil es undiskutierbar ist und die meisten Vorgesetzen aus Angst vor Karrrierenachteilen und / oder auch aufgrund ganz klarer Weisungslage wurden eben auch in einer Modellflugzeugsammlung im Schaukasten die Hakenkreuze am Seitenleitwert abgeklebt oder übermalt.“
Genau das habe ich auch erlebt. Diese „Angst“. Wobei ich sie nie verstanden habe, dann echte Karrierenachteile hat man ja nicht. In den seltensten Fällen sind Vorgesetzte wirkliche Traditionsablehner, so das man keine Nachteile in der Beurteilung zu befürchten hat und Disziplinarvergehen sind ja mit (wohlverstandener) konservativer Traditionspflege erst recht nicht verbunden.
Ich glaube hier gelt: Angst essen Seele auf :(
Und was war jetzt nochmal der Skandal an der Äußerung von der Leyens von wegen „Haltungsproblem“?
Achja, die meisten hier sind keine aktiven Soldaten mehr.
Wie schwer kann es denn sein?
Wenn Deutschland ab ’39 einen „verbrecherischen Angriffskrieg“ geführt hat, sollte doch für jeden teilnehmenden ebenso gelten? Na was denn?
Aber vielleicht habe ich ja eigentlich gar kein Problem damit? Finde es sogar ganz gut? Sage mir insgeheim: „Jawoll! Wenn, dann richtig!“
Eine intensivere Ritualisierung im Sinne Verfassungskern wäre tatsächlich wünschenswert. Auch die Bedeutung einer in Frage Stellung des GG durch äußeren/inneren Feind wäre tiefer verankert wünschenswert.
Die jungen Soldaten kommen zur BW auch auf der Suche nach Orientierung: “ Alter, Bundeswehr tut mir gut, stabil! „
Ich verstehe ehrlich gesagt nicht diesen „Glauben“, dass Vorbilder oder Traditionen etwas an „Angst essen Seele auf“ wirklich ändern können. Damit meine ich, dass Vorbilder und Traditionen in keinem Fall wirklich eine Art präventive PTBS-Therapie sein können. Die Angst vor dem Sterben läßt sich nicht „so einfach“ wegretuchieren. Todesangst kann man auch empfinden ohne „Gefecht“, z.Bsp . bei einem richtig heftigen Sturm auf See, der das Schiff/Boot so rumbeutelt, dass die „Schwimmweste“ und die Hoffnung darauf, dass dem „Alten“ noch was einfällt alle Vorbilder und Traditionen einfach beiseite fegt, Mir ist einmal als Kommandeur ein Marinetornado bei einer Übung ca. 300 Meter vor einem meiner Boote ins Wasser geknallt. Tornado: Totalverlust und zwei tote Piloten, Schnellboot: Schäden im Rumpf und im Mastbereich und eine traumatisierte Besatzung. Ebenfalls traumatisiert die Besatzungen der anderen Boote meiner Division, die dann die „Einzelteile“ an der Oberfläche „gefischt“ haben , inkl. eines Stiefel mit darin steckendem „Fuß ab“ eines der Piloten. In dieser „Lage“ habe ich an alles Mögliche gedacht, aber ganz bestimmt nicht an Vorbilder oder Traditionen. Ja, „Angst essen Seele auf“, und was soll nun die BW dagegen präventiv tun ?
@Georg: Sorry, aber sie verbreiten hier Fake-News.
1. Die Diskussion um die Kasernenumbenennung in Süddeutschland tobte in den 90iger Jahren unter Kanzler Kohl und Verteidigungsminister Rühe! Im Laufe dieser Diskussion wurden die Gebirgsjägerkasernen in Füssen(Dietel Kaserne) und Mittenwald(General Kübler Kaserne) umbenannt. Die Kasernenumbenennung hat nichts viel rot-grün zu tun. Und die meisten Kasernen, welche nach Wehrmachtssoldaten benannt waren, wurden unter CDU-Verteidigungsministern umbenannt.
2. Und soweit sie auf den Fall Mölders abheben, ohne den Namen auszusprechen, kann dieser Fall auch nicht einfach rot-grün untergeschoben werden. Denn der Bundestagsbeschluß, mit welchem alle Angehörigen der Legion Condor für nicht traditionswürdig für die BW erklärt wurden, ist unter der Regierung Kohl 1998 noch ergangen. Der Antrag beruhte ursprünglich auf einem interfraktionellen Antrag von PDS, Grünen und SPD, aber in einer Nachtsitzung(mit nur noch ca. 30 anwesenden Abgeordneten des Bundestages), hat die PDS den Antrag einseitig verschärft und mit diesem Beschluß ihren einzigen Abstimmungssieg über die Regierung Kohl errungen, die nur noch mit einem Abgeordneten vertreten war. Jahre später hat der SPD-Bundestagspräsident Thierse Druck auf Verteidigungsminister Struck ausgeübt, diesen verfassungsrechtlich unverbindlichen BT-Beschluß endlich gegen Mölders anzuwenden und den Ehrennamen Mölders(Mölders war ein Jagdfliegerass der Wehrmacht und ist im 2. Weltkrieg tödlich verunglückt) des Jagdgeschwaders 74 zu streichen. Das Verbot des Ehrennamens Mölders hat zu einer der heftigsten Streitigkeiten in der Öffentlichkeit über die Traditionen der BW geführt, denn Mölders gehörte zum Zeitpunkt des Angriffs auf Guernica im Spanischen Bürgerkrieg der Legion Condor noch gar nicht an, sondern war damals in Deutschland stationiert. Er kam erst später zur Legion. Mölders war ein gläubiger Katholik und Beweise, daß er ein Nazi war, hat man nie gefunden. Viele ehemalige Soldaten der BW haben öffentlich für Mölders Partei ergriffen und die BW-Führung hat dem betroffenen Jagdgeschwader jede Kritik an dem Entzug des Ehrennamens verboten. Soviel zum Staatsbürger in Unform!!!
3. Und viele andere heftige Auseinandersetzungen in der BW über die Rolle der Wehrmacht und die Tradition der BW haben nichts mit rot-grün zu tun, Ich erinnere an die Beisetzungen von Oberst Rudel oder Großadmiral Dönitz und die Auseinandersetzungen dazu. Die General Konrad Kaserne, als letzte der umstrittenen Gebirgsjägerkaseren, wurde unter Verteidigungsminister TdM unbenannt. Und die Jagd nach Wehrmachtsdevotionalien wurde unter Verteidigungsministern VdL betrieben. Der systematische Gegner aller Wehrmachtstradtiionen in Deutschland ist die PDS/Linkspartei. Und keine demokratische Partei in Deutschland leistet dagegen noch ernsthaften Widerstand. Auch Union und FDP nicht mehr.
4. Und zum Artikel zurück, keine Partei in Deutschland, schon gar nicht die Innere Führung der BW, kann bis heute den Soldaten der Schlammzone irgendwelche kämpfende Vorbilder geben. Die Politik behandelt die BW wie eine Bundespolizei 2.0 und erkennt die Unterschiede zwischen Polizei und Militär nicht. Ein Polizist kann sein Selbstbewußtsein und seine Zufriedenheit aus jedem aufgeklärten Kriminalfall oder jedem gefangenen Verbrecher ziehen. Die BW aber nicht.
5. Allerdings kann ich ihre Ausführungen auch zu Graf Staufenberg nicht nachvollziehen. Oberst Staufenberg hat sich beim Sichelschnitt das Eiserne Kreuz 1. Klasse verdient und das Goldene Verwundetenabzeichen für seine Verwundungen erhalten, die er bei der 10. Panzerdivision in Afrika erlitten hat. EIn solcher Stabsoffizier kann sehr wohl als Vorbild auch für die Schlammzone dienen. Und es gab genug andere hoch dekorierte Widerstandskämpfer in der Wehrmacht, deren Kriegsleistungen die BW herausstellen könnte.
6. Ich glaube nicht, daß es AG weiter bringt, wenn sie behaupten, daß nur die längerdienenden BW Soldaten die Notwendigkeit eines kämpfenden Vorbildes erkennen, aber sozialwissenschaftliche Wehrpflichtige nicht. Es gibt hier gediente und ungediente Leser/Kommentatoren und die Frage, wie man zu den Traditionen der BW steht ist meiner Meinung nach eher eine politische Frage und nicht davon, wie lange jemand gedient hat.
[Auch Sie sollten nicht Fake news verbreiten… „Der systematische Gegner aller Wehrmachtstradtiionen in Deutschland ist die PDS/Linkspartei. Und keine demokratische Partei in Deutschland leistet dagegen noch ernsthaften Widerstand.“ Hm, der Traditionserlass vdL ist nach dieser Lesart nicht demokratisch zustande gekommen? T.W.]
Als aktiver Modellbauer kann ich hier zum Thema der Hakenkreuze (man möge den leichten OT verzeihen) kurz noch beitragen: Hier gilt $86a StGB, nach dem alle verfassungswidrigen Kennzeichen in der Öffentlichkeit verboten sind.
Das heisst für die Modellbauer: Hakenkreuze können auf den Flieger drauf (in 97% der Fälle aufgrund der Argumentation: „Das ist eine originalgetreue Darstellung, deshalb muss das!“, und nicht, weil Bastler verkappte Nazis sind), aber dann kann man den gebastelten Flieger halt weder in Internetforen noch auf Ausstellungen zeigen. Ärgert einige Bastler, die dann gerne auf Fernsehdokumentationen u.ä. verweisen, wo man verfassungswidrige Zeichen ohne Einschränkungen sieht, ist aber so. Also lassen die meisten das häßliche Zeichen weg oder nutzen Bildbearbeitung und kleine Abdeckscheiben, wenn der Flieger in die Öffentlichkeit soll.
Gut, dass ich nur „modernen Krams“ bastel…
@Georg „Die meisten Soldaten brauchen Vorbilder für ihren Dienst und damit unterscheiden sie sich wenig mit anderen Berufen.“
Durch die Korrektur ist mir der Satz jetzt besonders ins Auge gesprungen und ich fühle einen inneren Widerstand gegen die Aussage. Mal sehen ob ich es in Worte fassen kann.
Ich bin gelernter Elektroniker und arbeite produktionsbegleitend. Nach meinem Gefühl brauchen weder mein Kollegen noch ich Vorbilder um unsere Aufgabe zu erfüllen. Nicht das es an potentiellen Anwärtern mangeln würde, die bekannten Namen der Elektrotechnik sind im täglichen Gebrauch fest verankert. Es gäbe eine Menge Kultur auf die man aufbauen könnte, im Grunde schert sich aber keiner darum.
Ich möchte deswegen aber nicht behaupten das man sich ein einem Vakuum bewegt. Es gibt ein klares Regelwerk, es ist rechtlich binden. Die Menschen dahinter sind als VDE (Verband deutscher Elektrotechniker) aber völlig anonym.
Wie man arbeitet schaut man sich auch bei anderen ab. In meinen Augen läuft das auf die Frage hinaus wie man Vorbild konkret definiert. Im einfachsten Fall heißt das einfach das, wenn man die Prozesse für sicheres Arbeiten einhält, ein Signal setzt für die Kollegen sich ebenfalls an die Prozesse zu halten. Die Gruppe überwacht sich ein Stück weit selbst und kann aufeinander vertrauen. Funktioniert natürlich besser wenn Vorgesetzte nicht „Wasser predigen und Wein saufen.“
Warum ich das Beispiel von der Definition her als schwammig erachte: Ja, wir haben Vorbilder, wir machen uns diese Vorbilder selbst, wir sind die Vorbilder. Aber keine bekannten Namen, keine einzelne Personen und schon gar keine historisch nennenswerte. Und ich denke da liegt der große Unterschied zu den Vorbildern die in dieser Diskussion erwartet oder erhofft werden.
So sehr mir der Spruch „Treue um Treue“ als Zirkelschluss auch gegen den Strich geht, ist er doch Vergleichbar mit den Vorbildern wie ich sie im normalen Berufsleben kennen gelernt habe: Die Gruppe; Kollegen und nahe Vorgesetzte. Die Rahmenbedingungen unter denen sich das Muster bildet sind in anonymem, teil kryptischem Regelwerk niedergeschrieben.
Worauf ich glaube hinaus zu wollen:
Entweder die Aussage von Georg ist korrekt, dann gibt es für Soldaten keinen Bedarf an besonders herausgestellten Persönlichkeiten als Vorbilder. Die Forderung in dieser Diskussion nach solchen Vorbildern wäre obsolet.
Oder die Aussage ist falsch, Soldaten brauchen diese Vorbilder weil ihre besondere Herausforderung und Aufgabe sie zu sehr von anderen Berufen unterscheidet.
@Koffer
Das ich eine möglicherweise irrelevante Frage gestellt habe, hypothetisch ist daran mWn nur ob die BRD so endet.
@Georg
Ich bin weder noch und ganz so alt bin ich auch nicht, ich ziehe vielleicht zu leichtfertig Linien von der BW vor, während und nach meiner Wehrpflichtzeit und diese endete nicht vor 5 Jahren oder so, sondern vor über 25.
Viele meiner Kritikpunkte, spez. gegenüber Vorgesetzten beruhen auf mir bekannten Aussagen eben derselben in den letzten Jahren.
—
Wenn ich mich nicht „falsch“ ausgedrückt habe, und wenn dann war das ziemlich das Gegenteil von der gewollten Aussage, dann habe ich mich nicht gegen Vorbilder ausgesprochen sondern gegen die falschen Vorbilder.
Die Wehrmacht ist durch die „willige“ Unterstützung der Verbrechen der Nationalsozialisten und eigener einfach zu belastet.
Das macht Wehrmachtsmitglieder, die sich dem nicht widersetzten IMO als Vorbilder ungeeignet und unzumutbar speziell für Soldaten, deren Vorfahren unter dem Naziregime gelitten oder gar ermordet wurden.
Ich könnte in ihnen wohl kaum ein Vorbild sehen, schon gar keines das hilft in schwierigen ethischen Situationen die richtige Entscheidung zu treffen, für den Staatsbürger in Uniform.
@Pio-Fritz Habe eher den Eindruck, dass das 3. Reich fächerübergreifend zur Schulzeit meiner Generation (2000er) als Schwerpunkt beackert wurde. Selbstverständlich primär die politischen, ethischen und sozialen Aspekte. Spiegelt sich dann in der Liste der Abschlussarbeiten meiner Professorin wieder. 1/3 bis 1/2 solche Themen. 1848er und Ähnliche sind bei uns genauso eine Bildungslücke wie der Inhalt der Nationalhymne als auch der Bedeutung der Farben der Nationalflagge.
@Klaus Trophobie Volle Zustimmung. Mich erinnerte die Bw eher wie eine Art Schichtdienst in einem beliebigen Logistikbetrieb. Weit entfernt von dem ehrenwerten Sinn und einem gewissen Miteinander, den ich in meinen jungen Jahren suchte. Man tritt halt in der gleichen Uniform an, dient irgendwie für Irgendetwas weil Irgendjemand das irgendwie so will. Oder auch nicht. Selbst in meinem kampferprobten Bataillon („Shorty“ aus Vier Tage in November war in meinem Zug) konnte mir Niemand erklären, was wir in Afghanistan erreichen wollen. Da finde ich persönlich jeden Kaninchenzuchtverein ehrlicher und zielgerichteter.
@Closius Also ich erinnere mich an unsere Bataillonsflagge? Wie kommen Sie darauf, dass jedes Btl/Rgt eine bräuchte? MMn ist das doch eh so?
@ThoDan Ist ihre Frage nach dem Sinn vom Nationalstolz in der Bw ernst gemeint???
Ich persönlich sehne mich einfach nach einem großen, erstrebenswerten Ziel jenseits von einem vollen Konto, Freizeitvergnügen und Familienglück. Das finde ich persönlich weder in der Bw noch in der BRD allgemein. Vielleicht ein Wohlstandsproblem, vielleicht ein Vergangenheitsproblem, vielleicht beides? Die Deutschen müssen erstmal ein Volk werden, ein Ziel finden und dann die Bw mit der Sicherstellung dieses Ziels beauftragen und ihr auch erlauben, stolz auf ihre Soldaten und auf sich selbst zu sein. Wie das passieren soll? Da muss ich passen.
@Klabautermann:
Ritualisierung, ein Aspekt der PTBS Therapie, nicht Prävention.
Präventiv wäre, zu wissen wie die Selbstheilungskräfte der Seele funktionieren.
Denn im Sinne dieser Heilungsprozesse dürfen Gefühle nicht unterdrückt werden. Um es kurz zu fassen: Nach der traumatisierenden Situation z.B heulen wie ein Schloßhund und verarbeiten.
Das steht ganz und gar im Wiederspruch zu dem Bild vom harten Krieger, welches da propagiert wird.
Daher +1
@ Klabautermann
Zitat: “ Ja, „Angst essen Seele auf“, und was soll nun die BW dagegen präventiv tun ?“
Hier haben Sie das Zitat von @Koffer deutlich missverstanden. Es ging bei dem Zitat nicht um PTBS, sondern um die Angst der Vorgesetzten bei den umstrtittenen Säuberungen in den Traditionsräumen der Geschwader, Fallschirmjäger, Rgtern usw, auch das kleinste Symbol, das darin erinnert, das es vor uns die Soldaten der Wehrmacht gegeben hat, auch zu entfernen. Also „Angst essen Seele auf“ bevor man Rückgrat gezeigt hätte. Wohlgemerkt ging es hier nicht um NS-Propaganda, sondern um soldatische Leistungen von Wehrmachtsangehörigen.
@ Closius
Zitat: “ Viele ehemalige Soldaten der BW haben öffentlich für Mölders Partei ergriffen und die BW-Führung hat dem betroffenen Jagdgeschwader jede Kritik an dem Entzug des Ehrennamens verboten. Soviel zum Staatsbürger in Unform!!!“
Ja, und ich war ein ehemaliger Angehöriger des JG 74 „M“, der diesen Schritt auch kritisiert und das Zustandekommen wie Sie es geschildert haben auch kritisiert hat.
@ Klaus Trophie
So weit sind wir nicht auseinander. Auch ich bin Elektroniker und war Technischer Offizier im Lfz-Elo Bereich. Auch da gab es Vorbilder im Kameradenkreis und im Bereich der Techniker, die örtlich und überörtlich als Koryphäen in ihren Aufgabenbereich anerkannt waren und z.T. ehrfürchtig bewundert wurden.
Was machen Sie aber für einem Kämpfer aus der Schlammzone ? Auch für den Mann, für die Frau muss es ein Vorbild geben !
Auch ich spreche mich gegen die falschen Vorbilder aus ! Ich bemängele allerdings, dass die Politik die alten Vorbilder abgeschafft und keine neuen Vorbilder geschaffen hat. Das ist der Punkt, das erzeugte Vakuum !
Und den Spruch „Die Freiheit Deutschlands wird auch am Hindukusch verteidigt“ kann selbst der einfache Gefreite nach 6 Monaten Afghanistan als Lüge begreifen !
@ Klabautermann, AoR:
„Damit meine ich, dass Vorbilder und Traditionen in keinem Fall wirklich eine Art präventive PTBS-Therapie sein können.“
Soweit ich weiss nennt die PTBS-Forschung die Resilienz, also die psychische Widerstandsfähigkeit, als entscheidenden Einflussfaktor darauf, ob potenziell belastende Situationen als traumatisierend empfunden werden. Psychische Ressourcenstärkung = Förderung der Resilienz ist dann eine ganz entscheidende PTBS Prävention. Als positiv empfundene Riten und Vorbilder sowie die Einbettung in eine vertraute Gemeinschaft sollen zur Förderung der Resilienz maßgeblich beitragen können.
US Army hat das Battlemind-Programm dazu entwickelt, Zitate dazu „We can’t keep sending bodies where we haven’t prepared their minds to go.“
In diese Richtung verstehe ich auch den Ansatz von Clair: He was sent, but apparently his mind was not well prepared. Mit bekanntem Ergebnis: PTBS bei Clair. Nun regt er an, die Themen Riten und Vorbilder stärker zu beackern. Was für mich verständlich ist.
Aus dem Blickwinkel der Fürsorge – wie kann die BW die Resilienz der Soldaten fördern – ergibt sich dann für mich auch ein spannender Ansatz zum Thema Riten und Vorbilder. Nämlich: Welche Riten (u.a. Mittel) sind geeignet, den Zusammenhalt von Kampfgemeinschaft/Einheit/Verband/…bis zur BW als ganzes zu fördern? Wer kann Vorbild für den Soldaten sein darin, wie Probleme gut gelöst werden, wie schwierigen Situationen etwas positives abgewonnen werden kann, wie man mutig und umsichtig handelt, wie man in einer aktiven und keiner passiven Rolle sich bewegt (alles für Resilienz entscheidende Dinge)? Klar, am besten ist da der direkte Vorgesetze/Ausbilder ein gutes Vorbild, aber kaum jemand wird sich hinstellen und sagen „werdet so wie ich“. Ich glaube, dass das bewusste thematisieren von personifizierten Vorbildern ggf. ein sehr hilfreiches Instrument für den Vorgesetzen und die Ausbildung sein kann.
Zweiter Aspekt an der ganzen Thematik ist für mich das Selbstverständnis der BW. Clair spricht das auch an, und ich finde, das ist eine sehr grosse Baustelle. Was ist entscheident für gutes Selbstwertgefühl? Positives Selbstbild, Selbstakzeptanz, Selbstvertrauen, soziale Kompetenz, soziales Netz. Wie sieht’s da aus beim Patienten BW? Öfter mau. Zum Selbstbild, puh: Wertigkeit eher ambivalent, Stabilität eher fragil/wechselhaft, Kongruenz von Selbst- und Fremdbild öfter stark abweichend, diagnostiziert Küchenpsychologe Dr. Landmatrose3000…Merkt man auch hier im Blog. Was wäre zu tun: Ein Idealbild entwickeln und daraus ein Selbstkonzept erarbeiten, dass, wie Pete richtigerweise oben herausgearbeitet hatte, seit geraumer Zeit fehlt. Die BW besteht aber aus vielen sehr verschiedenen Teilen – Streitkräfte, zivile Verwaltung, Kämpfer, Unterstützer etc usw…? Tja dann, wären aus aus meiner Sicht die entscheidenden Fragen: Welches Idealbild gibt sich: Die BW als ganzes, die Streitkräfte, die zivile Verwaltung, die Kampfeinheit usw usf., und welches Selbstbild entwickelt sich daraus. Das kann Politik auch alles nicht vorgeben, das muss aus der BW kommen. Und es wäre eine sehr sinnvolle Aufgabe für ZinFü, FüAK, UniBw, ZMSBw, einen solchen Prozess zu entwickeln, zu steuern und zu begleiten.
@Landmatrose3000:
Sehr richtig. Wenn er dies meint, dann ist das ein wichtiger Aspekt. Resilenz bildet sich aber auch – und vor allem – in der Familie, bei Freunden und den Menschen die man liebt.
Also eben diejenigen, welche man als Soldat vor einer in Fragestellung der FDGO beschützen möchte.
Sicherlich hat die SiPo im allgemeinen und die BW im speziellen die Pflicht, die Herausbildung überdurchschnittlicher Resilenz zu fördern.
Ich habe nicht den Eindruck, dass dies geschieht.
Man bedenke, welche Befähigung ein Vorgesetzter hierzu bräuchte?
@Landmatrose3000
Also wenn ich eines nicht verstehe, dann ist es die US Streitkräfte quasi als Vorbild hinzustelle in Sachen „seelische Härtung“ aka Resilienz.
Abgesehen von dem Film Hamburger Hill u.a. sprechen die nackten Zahlen nicht gerade für eine vorbildliche Resilienz-Förderung in den US-SK:
„Die Selbstmordrate bei männlichen US-Veteranen ist laut einer Studie gestiegen. Ebenfalls deutlich zugenommen haben die Selbstmorde bei Frauen, die beim Militär gedient haben, so teilte das Kriegsveteranen-Ministerium am Donnerstag mit.
Viele dieser Soldatinnen und Soldaten meldeten und melden sich „freiwillig“ zum Militärdienst, weil sie zuhause zur Armee der Arbeits- und Chancenlosen gehören und die Pentagon-Propaganda ihnen eine bessere soziale Zukunft in Aussicht stellt. Viele von ihnen kehren mit körperlichen und seelischen Verwundungen zurück in die Arbeitslosigkeit, Obdachlosigkeit und Hoffnungslosigkeit. Letztes Jahr starben mehr aktive Soldaten durch Suizid als im Afghanistaneinsatz. Und die Zahl der Selbstmorde steigt dramatisch: Durchschnittlich 22 Soldaten begehen in den USA jeden Tag Selbstmord.“
https://weltnetz.tv/video/518-us-veteranen-arbeitslosigkeit-trauma-und-selbstmord Mal das ganze Interview lesen. Und all das obwohl die US SK ja nun gerade nicht an einem Mangel an Traditionen und Vorbildern leiden.
Also kommen sie mir bitte nicht mit den USA.
Zitat AoR:
„Man bedenke, welche Befähigung ein Vorgesetzter hierzu bräuchte?“
Gehen wir einen kleinen Schritt weiter ins Abstrakte und fragen, was es dazu allgemein bräuchte.
Auf die Biographie bis zum Beginn der Dienstzeit hat die BW keinen Einfluss, auch wenn dort das Fundament gelegt wird.
Im Dienst bzw. in der Ausbildung sind es letztlich altbewährte Konzepte, die man nur wieder ausgraben müsste.
Kontrollierte, teils nur gefühlte, teils echte Risiken in der Ausbildung, realitätsnahe Szenarien, schrittweises Heranführen an körperliche und mentale Belastung und damit zusammenhängend das Schaffen echter statt befohlener Kameradschaft.
Im Grunde nichts, was man nicht schon vor langer Zeit z.B. in „Kriegsnah ausbilden“ (oder dem teils modernisierten, teils verwässerten Quasi-Nachfolger „Einsatznah ausbilden“) finden konnte.
Die zwei großen Knackpunkte sind dabei für mich:
a) Wie vom Kameraden Clair angemerkt, kann die Ausbildung aufgrund von Sicherheitsvorschriften, arbeitsrechtlichen Vorgaben usw. oftmals nicht mehr in sinnvoller Weise erfolgen.
Wenn ich mir anschaue, was z.B. in manchen Ecken der zivilen Selbstverteidigung oder im Outdoor-Bereich freiwillig und mit Spaß an der Sache (!) auf sich genommen wird und wie die BW im direkten Vergleich zumindest in der Fläche mit angezogener Handbremse, Netz und doppeltem Boden agiert…so kann das nichts werden.
Eine sinnvolle und „nahrhafte“ Ausbildung kann nicht unter Ausschluss sämtlicher Risiken stattfinden.
Andersrum sind aus BW-Perspektive Vorgehensweisen schon gefährlich und undenkbar, die angesichts der tatsächlichen Verletzungsrate erwiesenermaßen ausreichend sicher sind.
b) Man muss den Spagat (sic!) zwischen dem Selbstbild als harter Kämpfer und dem Eingestehen der eigenen Schwächen und Grenzen schaffen.
Die BW dekonstruiert dagegen im PTBS-Kontext dieses Selbstbild schon im Vorfeld.
Da habe ich den Eindruck, dass etwa Polizei und Rettungsdienste dafür deutlich bessere Antennen haben, auch wenn das Bewusstsein dafür dort meist von unten kommt. Im Vergleich haben diese Organisationen mehr Realfälle, sprich mehr konkreten Anlass und Bedarf, sich damit auseinanderzusetzen. Zusätzlich sind dort Stehzeiten und Betreuungsverhältnisse anders: Relativ wenige Neulinge kommen früh in Kontakt mit alten Hasen, werden schrittweise herangeführt und nicht alle, aber ausreichend viele der Altgedienten haben ein gutes Auge dafür, ob die Neulinge klar kommen.
Und dort gibt es weit verbreitet die informelle Nachbereitung unmittelbar im Anschluss unter den Betroffenen und dem sonstigen Kollegenkreis – das mache ich auf meiner aktuellen Arbeitsstelle weiter mit großem Erfolg so.
Das war im Vergleich in meiner BW-Zeit die deutliche Ausnahme. In Sachen Menschenkenntnis sind mir da einige wenige Vorgesetzte im Gedächtnis geblieben, die allerdings mit Masse nicht mehr in Ausbildungsverantwortung standen.
Da wäre auch darüber nachzudenken, ob man sich in Sachen AGA-Ausbilder nicht lieber am amerikanischen Modell orientiert, wo das ein sehr prestigeträchtiger Posten für sorgfältig ausgewähltes Personal ist anstelle lästige Pflicht für jeden, der sich nicht schnell genug auf Lehrgang oder in den Urlaub verpissen konnte.
@Klabautermann: Um die Wirksamkeit der Maßnahmen zu Testen würde man einen Hypothesentest ansetzen. (Kontrollgruppe… wäre ja zynisch)
Zumindest ist die Theorie, dass ohne die Maßnahme die Suizidrate noch höher läge.
Und klar, wir sind die BW und die dort die US Army. Und nein, die sind nicht unser soldatisches Vorbild.
@ klabautermann sagt:
27.01.2020 um 15:07 Uhr
„Also wenn ich eines nicht verstehe, dann ist es die US Streitkräfte quasi als Vorbild hinzustelle in Sachen „seelische Härtung“ aka Resilienz.“
Ich habe nirgendwo geschrieben, dass die US-Streitkräfte allgemein ein Vorbild beim Thema Resilienz wären. Da läuft aus meiner Sicht vieles schlechter, einiges besser und vieles völlig anders als bei uns. Den Vergleich können wir uns aber generell hier sparen, weil
1. wir hier im Blog kaum zu belastbaren Ergebnissen dazu kommen werden
2. die Zahl der Soldaten mit Kampferfahrungen dort viel höher ist als bei der BW, und die durchlebte Intensität meist noch mal ganz anders
3. er vom eigentlichen Thema ablenkt.
Ich habe das Battlemind-Program eigentlich nur angeführt, weil ich das o.g. Zitat, das ich aus einem Text dazu hatte, zum Thema allgemein treffend und prägnant finde. Von der BW kenne ich kaum etwas prägnantes dazu.
Die BW ist aber die BW und muss, so glaube ich, Ihre eigene Identität entwickeln, entfalten und leben.
Ein simpler Vergleich zu den US Forces führte da aus meiner Sicht auf den falschen Weg. Die Unterschiede sind viel zu gross.