Kabinett billigt Staatsvertrag für Militärrabbiner
Nach rund 100 Jahren wird es im kommenden Jahr wieder Militärrabbiner in den deutschen Streitkräften geben, die Soldatinnen und Soldaten jüdischen Glaubens betreuen sollen. Einen entsprechenden Staatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden in Deutschland billigte das Bundeskabinett; der Bundestag muss in einem Gesetz noch zustimmen. Zunächst sollen zehn Militärrabbiner in der Bundeswehr Dienst tun.
Die Einrichtung der jüdischen Militärseelsorge hatte das Verteidigungsministerium bereits im April angekündigt. In der Bundeswehr gibt es geschätzt rund 300 jüdische Soldatinnen und Soldaten; die genaue Zahl wird nicht erfasst, weil außer der steuerlich relevanten Angabe einer evangelischen oder römisch-katholischen Kirchenmitgliedschaft die Religionszugehörigkeit nicht abgefragt wird. In Streitkräften anderer Staaten, zum Beispiel der USA, sind Militärgeistliche aller größeren Glaubensrichtungen die Regel (s. Foto oben).
Die Eingangsbestimmungen des Staatsvertrags:
Artikel 1
Für die Bundeswehr wird eine ständige jüdische Militärseelsorge eingerichtet.
Artikel 2
(1) Die jüdische Militärseelsorge als Teil der religiösen Betreuung wird im Auftrag und unter Aufsicht des Zentralrats der Juden in Deutschland ausgeübt.
(2) Der Staat sorgt für den organisatorischen Aufbau der Militärseelsorge und trägt ihre Kosten.
Artikel 3
(1) Die Militärseelsorge wird von Militärrabbinern und Militärrabbinerinnen hauptamtlich ausgeübt.
(2) Zunächst soll eine zur Sicherstellung einer umfassenden Grundbetreuung im In- und Ausland sowie im Rahmen einer Begleitung in Auslandseinsätzen erforderliche Anzahl von Militärrabbinern und Militärrabbinerinnen berufen werden. Diese kann bei einem entsprechenden Bedarf erhöht werden.
(3) Die Aufgaben der Militärseelsorge können von Rabbinern und Rabbinerinnen auch in Nebenfunktion wahrgenommen werden.
Artikel 4
(1) Aufgabe der Militärrabbiner und Militärrabbinerinnen ist die Lehre der Halacha (jüdisches Recht), die Entscheidung religiöser Fragen, die Sicherstellung der Einhaltung der Mizwot (jüdische Gebote) und die Seelsorge im In- und Ausland sowie im Rahmen einer Begleitung in Auslandseinsätzen und Übungen.
(2) In Erfüllung dieses Dienstes sind sie von staatlichen Weisungen unabhängig.
Der Staatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden orientiert sich rechtlich an der Vereinbarung mit der evangelischen Kirche (bei der katholischen Militärseelsorge sieht es aufgrund des Konkordats etwas anders aus). Analog zu einem christlichen Militärbischof wird das Amt eines Militärbundesrabbiners geschaffen, der vom Zentralrat der Juden berufen wird, bei dem die Bundesregierung aber ein Vetorecht aus schwer wiegenden Gründen hat. Wie bei den beiden christlichen Kirchen wird es auch eine Behörde geben, ein Militärrabbinat als Bundesamt, das dem Bundesministerium der Verteidigung unmittelbar nachgeordnet ist.
Zunächst sollen Stellen für zehn Militärrabbiner bzw. Militärrabbinerinnen eingerichtet werden, die die Seelsorge der Soldaten jüdischen Glaubens sowohl im Inland als auch in den Einsätzen sicherstellen sollen. Sie werden in einer dreimonatigen Probezeit als Angestellte, danach als Beamte auf Zeit eingestellt.
Der Staatsvertrag soll am 20. Dezember von Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer und der Spitze des Zentralrats der Juden in Deutschland unterzeichnet werden. Das genaue Inkrafttreten hängt allerdings vom Zeitplan des Bundestages ab, der das dafür erforderliche Zustimmungsgesetz bescchließen muss, voraussichtlich Anfang kommenden Jahres.
Während die Vereinbarung des Staatsvertrages mit dem Zentralrat der Juden innerhalb eines halben Jahres erfolgreich war, gestaltet sich die ebenfalls geplante Einrichtung einer Militärseelsorge für die weitaus mehr Soldatinnen und Soldaten muslimischen Glaubens schwieriger: Hier fehlt eine zentrale Institution, die den entsprechenden Staatsvertrag schließen könnte. Die statt dessen nötigen Regelungen für nötige Einzelverträge mit muslimischen Geistlichen sind allerdings bislang nicht getroffen.
(Archivbild 2014: Navy nurse Lt. Ashley Weimer looks on as Lt. Col. Rabbi Shmuel Felzenberg, U.S. Army, leads a Hanukkah celebration at the NATO Role 3 Multinational Medical Unit at Kandahar Airfield, Afghanistan – Lt.Cmdr. Jesse Ehrenfeld/NATO Role III Multinational Medical Unit)
Eine begrüßenswerte Maßnahme, wie ich finde.
Ich frage mich allerdings, wie die Dislozierung dieser Militärrabbiner vonstatten gehen soll. Müsste man dafür nicht einen zumindest groben Überblick darüber haben, an welchen Standorten überhaupt jüdische Soldaten tätig sind?
Wie wird es dann bei den vielen anderen Religionen von denen es ja recht viele giebt, praktiziert?
Bei geschätzt 300 Soldaten jüdischen Glaubens sollen 10 Stellen für RabbinerInnen und eine Behörde geschaffen werden?
Kommen dann auch zusätzlich ein paar Tausend PfarrerInnen um die restlichen Soldaten adäquat zu betreuen?…zumindest um die Quote zu halten…
Stellungnahme Historiker Prof. Michael Wolffsohn
„Bis zur dritten Generation einschließlich waren die Nachfahren von Holocaust-Überlebenden von der Wehrpflicht befreit.
Jetzt, wo sich das deutsch-jüdische Verhältnis entkrampft hat, … gibt es Juden in der Bundeswehr“.
Ich begrüße diesen Schritt außerordentlich und hoffe zudem, das „entkrampft“ wird sich tatsächlich beweisen.
Der eigentliche Schritt zur Beweisführung von Normalität wird die Begegnung der Gläubigen sein, jüdischer und muslimischer beim Dienst in gleicher Einheit, zwischen und mit Thora und Koran, zwischen Gaza, Westbank und Ostjerusalem.
https://www.deutschlandfunk.de/bundeswehr-bekommt-militaerrabbiner-ethische-unterstuetzung.886.de.html?dram:article_id=445282
@Dante sagt: 11.12.2019 um 15:05 Uhr
„Wie wird es dann bei den vielen anderen Religionen von denen es ja recht viele giebt, praktiziert?“
Naja, Hinduisten, Buddhisten, Taoisten und Shintoisten gibt es in der Bundeswehr wohl nicht allzu viele. Mit den Moslems ist ja bisher kein Staatsvertrag zustande gekommen, man erinnere sich an die Ditib-Diskussion, die auch in den Medien diskutiert wurde.
Und den evangelischen und katholischen Standortpfarrer, na der gehört doch schon fast zum Inventar. Es fehlt die orthodoxe Militärseelsorge, in Österreich gibt es sie.
@Bürger sagt: 11.12.2019 um 14:05 Uhr
„Eine begrüßenswerte Maßnahme, wie ich finde.“
Zustimmung. Lange überfällig. Wenn man jetzt noch endlich über seinen (öffentlich-rechtlich, das-haben-wir-schon-immer-(nicht)-so-gemacht) Schatten springen würde und auch für die muslimischen Kameraden eine Lösung finden würde, dann wäre es wirklich ein zeitgemäßer Schritt in eine veränderte Welt.
„Ich frage mich allerdings, wie die Dislozierung dieser Militärrabbiner vonstatten gehen soll. Müsste man dafür nicht einen zumindest groben Überblick darüber haben, an welchen Standorten überhaupt jüdische Soldaten tätig sind?“
Wenn man es deutsch-perfekt lösen wollte (jeder bekommt einen persönlichen amtlichen Brief etc.), dann sind die Hürden hierfür sehr hoch. Denn wenngleich viele der jüdischen Kameraden (aufgrund ihrer Steuerpflicht) „rausfindbar“ wären, so wären immense rechtliche (Datenschutz)-Hürden zu überspringen.
Aber das löst sich ganz pragmatisch: Man macht ein Anschreiben des GI zur Verteilung bis auf Einheitsebene über den regionalen Zuschnitt, gibt eine E-Mail Adresse an und der Rest läuft von selbst.
Wenn noch parallel der Zentralrat eine vergleichbares Anschreiben auf seiner Schiene an die jüdischen Gemeinden macht, wäre sind auch noch die Gemeinderabbiner mit informiert und können (wo notwendig) flankieren.
@Dante sagt: 11.12.2019 um 15:05 Uhr
„Wie wird es dann bei den vielen anderen Religionen von denen es ja recht viele giebt, praktiziert?“
Naja, der Charakter von einerseits öffentlich-rechtlicher Körperschaft und/oder andererseits mehr als 1300 aktiven Soldaten diesen Glaubens (denn das ist eine Grenze), dürften sehr (!) wenige Religionen überspringen.
Aber im Prinzip, weiß man jetzt bereits welche Religion bzw. Konfessionen es könnte (wenn er sie es wollte):
– orthodox (russisch-orthodox sicher, serbisch und griechisch orthodox möglicherweise) und
– neuapostolisch
Und (sobald man die Probleme mit dem Rechtsstatus der muslimischen Glaubensgemeinschaften gelöst hat) der Islam. Hierbei wiederum eindeutig Sunniten und Shiiten. Andere möglicherweise, aber sehr unwahrscheinlich, aufgrund ihrer geringen Größe.
Trennung
Das Problem ist hier nicht die Wiedereinführung der Militärrabbiner (das ist verfassungsrechtlich sogar geboten, sobald es einen Bedarf gibt) an sich. Das ist wie gesagt erstens verfassungsrechtlich geboten und zweitens auch schon LANGE überfällig.
Problematisch ist die vollkommen außerhalb jeglicher Proportion liegende Ressourcenallokation mit 10 Rabbinern und eigener Bundesoberbehörde.
Von der Anzahl der Gläubigen und den gängigen Schlüsseln wären ein bis vier Rabbiner begründbar gewesen (der Schlüssel liegt bei 1.300 Gläubigen bzw. wenn man die klassische regionale Gliederung an nimmt vier Nord/Süd/Ost/West), zzgl. jeweils eines Militärbundes(ober)rabbiners.
Wenn man dann noch den üblichen Einsatzschlüssel hinzufügt, dann wären fünf +1 das absolute Maximum gewesen (denn hierfür kommen ja nochmals jeweils Pfarr-/Gemeindehelfer etc. etc. hinzu).
Wenn dann die (nichtreligiöse!) Verwaltung (also Beschaffung, Personalwesen, Rechtswesen, Vergabewesen, etc.) entweder im Rahmen Amtshilfe durch die evangelische oder katholische Seite mitgemacht worden wäre ODER man das durch das BMVg direkt gemacht hätte ODER man ein gemeinsames Bundesamt für die Militärseelsorge geschaffen hätte…
Aber so ist das einfach nur erfolgreiche Lobbyarbeit des Zentralrates zulasten des Steuerzahlers und m.E.n. ohne jegliche inhaltliche/seelsorgerische Rechtfertigung.
„Wenn man es deutsch-perfekt lösen wollte (jeder bekommt einen persönlichen amtlichen Brief etc.), dann sind die Hürden hierfür sehr hoch. Denn wenngleich viele der jüdischen Kameraden (aufgrund ihrer Steuerpflicht) „rausfindbar“ wären, so wären immense rechtliche (Datenschutz)-Hürden zu überspringen.“
Ist das nicht schon für die Erkennungsmarken erfasst?
Rein anzahlsmäßig gibt es vermutlich mehr orthodoxe Christen in der Bundeswehr wegen der ganzen Spätaussiedler bzw. deren Kinder als Juden in der Bundeswehr. Könnte man sich ja auch mal darum kümmern, aber für die Orthodoxen in Deutschland gibt es keine bequeme Schnittstelle wie bei Juden oder Katholiken, sprich eine deutschlandweite Dachorgnaisation mit welcher der Staatsapparat einen Staasvertrag schließen könnte. Also dasselbe Problem wie mit den Moslems. Der Staat ist da eben ein wenig doof.
Ich Stimme da dem Kommentator Koffer zu, daß die Anzahl der Rabbiner überzogen ist. Die Bundeswehr wird wohl kaum einen Ansturm jüdischer Rekruten haben in Zukunft. Und man den Verwaltungskram auch vereinheitlichen könnte, aber die Militärseelsorger sollen ja absichtlich außerhalb der Hierarchie stehen, also sowas wie ein Seelsorgeamt auch nicht geht, weil es so ja wieder Teil der BmVg und Bundeswehr Struktur wäre. Tja, müsste man mal kreativ sein und eine Lösung finden, die das Verwalterische abdeckt, Kosten spart, und gleichzeitig die Unabhängigkeit der Militärseelsorger wahrt.
@Sommerbiwak sagt: 11.12.2019 um 23:28 Uhr
„Ist das nicht schon für die Erkennungsmarken erfasst?“
Das Eintragen der Religion auf die Erkennungsmarke ist aufgrund Datenschutz nicht mehr verpflichtend.
Unabhängig davon sind diejenigen die einer Religion angehören, die ihre Organisation in Form einer öffentlich-rechtlichen Körperschaft praktizieren und die vom Recht dieser Körperschaft gebrauch machen Steuern zu erheben im Rahmen des PersWiSys erfasst (also z.B. evangelisch-landeskirchlich, römisch-katholisch). Aber andere Religionen (obwohl öffentlich-rechtliche Körperschaften) machen vom Steuerprivileg keinen Gebrauch (ich glaube einige evangelische Freikirchen fallen hierunter). Und wiederum andere haben keinen Körperschaftsstatus (z.B. die Muslime). Die jüdischen Gemeinden übrigens sind teilweise Regelfall öffentlich-rechtlich organisiert und von denen wiederum erheben einige Kirchensteuer und nur hier ist es dann eingetragen.
Aber wie ich weiter oben bereits sagte. Selbst in den Fällen in denen diese Information vorliegt ist die Weitergabe zum Zwecke des Anschreibens datenschutztechnisch schwierig. Da müssten vermutlich DICKE Bretter gebohrt werden (ggf. sogar eine Gesetzesänderung herbeigeführt werden).
Also warum den ganzen Aufwand?!
In Bezug auf die Orthodoxen stimme ich Ihnen teilweise zu und widerspreche Ihnen teilweise: 1. Ja es gibt viele Orthodoxe und für diese würde sich eine (kleine) Militärseelsorge durchaus lohnen. Zahlen sind wie immer schwierig, aber vermutlich liegen die Orthodoxen entweder an erster oder an zweiter Stelle hinter den Muslimen (je nach zählweise sind die Neuapostolen größer oder kleiner). So oder so liegen sie aber DEUTLICH vor den Juden. 2. Nein, es gibt keine Probleme mit der Organisation. Die orthodoxen Kirchen sind zentral organisiert.
Das mit dem Seelsorgeamt haben Sie falsch verstanden (bzw. ich nicht gut erklärt). Natürlich ist auch schon jetzt ein „Seelsorgeamt“ innerhalb der Bundeswehr geplant. So wie es ein evangelisches bereits gibt (nennt sich evangelisches Kirchenamt für die Bundeswehr) und ein katholische (nennt sich katholisches Militärbeschofsamt) wird es nach aktueller Planung ein jüdisches geben. Diese Ämter sind Teil der Bundeswehr, werden von der Bundeswehr bezahlt, von Bundesbeamten und Angestellten besetzt und unterstehen rechtlich durch dem BMVg. In allen nicht-religiösen Fragen (also z.B. Beschaffung, Brandschutz, Dienstrecht, Lebenskundlicher Unterricht) müssen diese Ämter (wie auch die Pfarrer und zukünftig die Rabbiner) auch den Anweisungen des BMVg vollumfänglich folgen. Lediglich in religiösen Fragen sind die Seelsorger weisungsungebunden ggü. dem BMVg. Deswegen gibt es sozusagen eine Doppelspitze bei den Ämtern. Es gibt einen Bundesbeamten (den Militärgeneraldekan bzw. Militärgeneralvikar) und einen NICHT der Bundeswehr angehörigen Militärbischof.
Das Problem ist also nicht, dass sich der Zentralrat auf eine Seelsorgebehörde innerhalb der Bundeswehr einlassen muss. Das muss er und hat es auch ja bereits getan.
Das Problem ist, dass hier „mein Förmchen, dein Förmchen“ gespielt wurde und jetzt eine eigenständige Bundesoberhörde geschaffen wird für die Führung von nur 10 (!) Seelsorger. Bei den katholischen sind es glaube ich 80 und bei den evangelischen 110.
Hier werden einfach Steuergelder verschwendet :(
Hier hat der Zentralrat nicht als Glaubensgemeinschaft gehandelt, sondern als Lobbyorganisation verhandelt und das BMVg hat sich m.E.n.über den Tisch ziehen lassen.
Sind die 10 Rabbiner Vollzeit bei der Bw tätig? M.W. sind bei kleineren Tandorten die ev. Pfarrer nur Teilzeit tätig.
Menschen mit russischen Migrationshintegrund sind hier in D tendenziell selten orthodox. DIe Russlanddeutschen sind eher evangelisch. Und ansonsten gab es nach 1990 auch das Angebot für Juden nach D auszuwandern. Die jüdischen Gemeinden sind vielerorts russisch geprägt.
Auch die relativ großen Gebiete, die russ.-orthodoxe Pfarrer betreuen lassen vermuten, dass da nicht soviele Gläubige da sind.
@ Koffer 12.12.2019 8:17 Uhr
„Hier werden einfach Steuergelder verschwendet :( “
Imho ein ganz schwaches und vermutlich auch unzutreffendes Argument solange man die haushalterischen Kosten für diese neue Bundesbehörde nicht kennt. Deshalb glaube ich kaum, dass sich der BRH oder der Bund der Steuerzahler darauf einlassen wird, denn das politische Signal, dass Deutschland die Gemeinschaft der Soldaten (m/w/h) jüdischen Glaubens institutionell auf Augenhöhe mit den evang/kath stellt ist heutzutage mit Steuergeld nicht aufzuwiegen.
Geht es hier nicht ums Prinzip`?
Wie wäre die neue Organisation sichergestellt angemessen ohne ein solches Amt zu betreuen?
Die anteilig hohe Zahl der Seelsorger ist wohl der Geografie geschuldet und der Frage, wo man die Rabbiner stationiert.
Hilft wenig, wenn zwei Rabbiner in München sitzen und die Soldaten jüdischen Glaubens in Hamburg, Köln oder Buxtehude stationiert sind.
Dann kommt noch der Auslandseinsatz hinzu….
Zum Thema Islam, nun vielleicht nimmt da der Staat mal das Heft in die Hand, und wartet nicht auf Erdogans ansagen, wie muslimischer Glauben in Deutschland zu organisieren wäre…
Wir erinnern uns, das Sein religiöser Institutionen hierzulande wurzelt in der Napoleonischen Besatzung (auch wenn dies die Konfessionen ungern zugeben) und nicht etwa innerreligiösem Konsens (dessen Nachweis noch aussteht und ein Nobelpreis verdient hätte)
Wie sagte es ein jüdischer Kamerad so schön: „Zwei Rabbis, drei Meinungen“ /SCNR
P. S: Werden die Seelsorger allesamt vergleichbar psychologisch und pädagogisch geschult?
@ Koffer
„ Das Problem ist, dass hier „mein Förmchen, dein Förmchen“ gespielt wurde und jetzt eine eigenständige Bundesoberhörde geschaffen wird für die Führung von nur 10 (!) Seelsorger. Bei den katholischen sind es glaube ich 80 und bei den evangelischen 110.
Hier werden einfach Steuergelder verschwendet :(“
Ach, Herr Koffer, geben Sie sich einen Ruck. Die paar 100k€ für das Militärrabbinat sind erstens auf den EP14 betrachtet eine verschwindend kleine Summe und zweitens, bei dem Thema dass die BW auch den Angehörigen jüdischen Glaubens eine gute Betreuung durch die Geistlichkeit zukommen lässt, sollten gerade wir in DEU nicht über die letze Stellschraube der Kosteneffizienz jammern. Hier geht es um was anderes und da gibt es ganz andere Stellschrauben in der BW die sich zu drehen lohnen würde. Die Rabbiner würden sich wohl wünschen dass sie und die Gläubigen mehr wären – und dass der Holocaust eben nie statt gefunden hätte.
Dass man eine andere Glaubensrichtung der Militärgeistlichkeit auch in der Struktur auf die gleiche Stufe stellen muss erscheint mir auch recht logisch.
Ich fände es zum Beispiel toll, wenn das Rabbinat es hinbekommen würde, dass auch der nichtjüdische Soldat und BW-Zivilist etwas aus erster Hand über das Judentum früher und heute erfährt. Gilt genau so für Muslime und dann auch in die andere Richtung. Kenntnis weckt Verständnis.
Guten Morgen,
nur ein paar grundsätzliche Aussagen und Denkanregungen zu dem oben gesagten und von der Regierung befürworteten Schritt (der an sich sehr positiv zu werten ist):
„Vor Jahren“ (verjährt ’80…) als freiwilliger Offizieranwärter wurde „man“ von seinem Vorgesetzten gebeten das Kreuz für die Lohnsteuerkarte (PS ‚Konfession‘ eingeführt 1939 und ab 1945 weiterhin von der Bundesregierung und den Kirchenträgern belassen) und die handschriftlich eingefügte Religionszugehörigkeit zur „jüdischen Religion“ (‚3.Zeile ohne Nennung‘) doch noch mal zu überlegen, vielleicht wegzulassen bzw. „noch mal in sich zu gehen“ ob „man“ wirklich zur Bundeswehr wolle….das ist nun auch lange her.
„“Denn wenngleich viele der jüdischen Kameraden (aufgrund ihrer Steuerpflicht) „rausfindbar“ wären, so wären immense rechtliche (Datenschutz)-Hürden zu überspringen.““
Ist es nicht mehr so dass viele Kameraden „keine Konfession“ angegeben bzw ausgetreten sind ??? (Einführung Soli hat zu massivem Kirchenaustritt geführt……..die „Ausgetretenen“ sind nie wieder zurückgekehrt, viele unserer Kameraden aus den „neuen Bundesländern“ sind nie einer Kirche „beigetreten“….soll heissen – die Suche wird dann doch nicht so einfach und vielleicht sieht der ein oder andere das dann doch wie meine verstorbene Mutter: „Sei vorsichtig, musst ja nicht mit allen Deinen Glauben teilen – „es“ könnte ja wiederkommen“ (Anm. Das glaube und hoffe ich nicht, sonst wäre ich nicht „hier“ aber es gilt den vielen Zeichen Einhalt zu gebieten und da sehe ich unsere Deutsche Regierung überfordert).
„Diese Bundeswehr steht für das veränderte Deutschland mit der inneren Führung“, sagt Bundesverteidigungsministerin Ursula von der Leyen. „Heute sehen deutsche Jüdinnen und Juden die Bundeswehr als ihre Armee an.“
Die Bundeswehr sei ein Spiegel unserer Gesellschaft, meint die Ministerin (UvdL):
Anfang des Jahres 2019
„Kann Juden nicht empfehlen, überall die Kippa zu tragen“
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung hat Juden in Deutschland vor dem Tragen der Kippa gewarnt. Grund sei eine zunehmende Verrohung der Gesellschaft.
Umfrage Universität Jena 2019
Der Aussage: „Die Juden haben einfach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns“ stimmten 16 Prozent der Befragten zu (2018: 9 Prozent).
Heute haben wir im Kabinett ein wichtiges Zeichen für unsere jüdischen Soldatinnen & Soldaten gesetzt. Nach rund 100 Jahren werden wir wieder jüdische Militärrabbiner in der #Bundeswehr einrichten.
Ein klares Bekenntnis: Jüdisches Leben ist selbstverständlich in unserem Land.
— A. Kramp-Karrenbauer (@akk) 11.12.19
2017/2018/2019 ein Bsp
Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die antisemitischen Vorfälle in Deutschland nach Trumps Jerusalem-Entscheidung scharf verurteilt. Der Rechtsstaat müsse mit allen Mitteln dagegen einschreiten, so Merkel.
Laut Kriminalstatistik seit 2017 eine Erhöhung von über 20% der öffentlichen antisemitischen „Vorfälle“ (Bedrohung, Bespucken, Gewalt gegen Personen und Objekte, Mord).
Seit einigen Jahren mehren sich die Austausche, Besuche und gemeinsamen Übungen zwischen der Israelischen Armee und der Bundeswehr, auch dies trägt zur weiteren Volksverständigung und freierem Gedankengut bei.
Zum Abschluss – war es nicht so, dass in verschiedenen Armeen – damals – Frauen, Randgruppen bis hin zu „Ausländern“ erlaubt und beworben wurden……mit dem einzigen Hintergrund, dass nicht mehr genug Männer zur Verfügung standen bzw. bereit waren diesen speziellen Dienst für ihr jeweiliges Land zu leisten ??????
—
In diesem Sinne sehe ich die Einrichtung der Miltärrabbinerstellen als ausgezeichnet (über die Zahl lässt sich wie o.a. streiten) allerdings sollte man bei der Bundeswehr sich nicht mit dem Spruch „Spiegel der Gesellschaft“ abgeben sondern weiter stetig daraufhin arbeiten ein besonderes, demokratisches Beispiel für die Gesellschaft zu sein und positive Exempel zu statuieren – was in der Masse der Fälle auch von den verschiedenen Bundeswehrangehörigen vorgelebt wird (selbst wenn die Politik daran zweifelt und es selber nicht vorleben kann..).
Ich finde das gut, dass es eingeführt wurde.
Das die Anzahl zu hoch ist, wie einige hier meinen, finde ich persönlich nicht,
da diese wie die Pfarrer auch LeKu machen werden und diesen Bereich durch neue Ansätze bereichern werden.
Weiterhin werden die auch andere Weiterbildungen machen. Den Pfarrer den ich in meiner Zugfüherzeit kennen gelernt habe,
hat sich da sehr engagiert und hatte auch sehr gute Weiterbildung/Sensibilisierung zum Thema „Suizid“ gemacht und ich denke und hoffe, dies wird durch die Rabbiner auch geschehen.
Und würden nur 4 eingestellt werden, sind die Pendelzeiten zu einzelnen Standtorten sehr hoch und nicht zielführend. Und bei Krankheit wird’s dann noch schwerer.
Aus dem Gesetzentwurf geht hervor, dass ein Militärrabbinat als Bundesamt mit 48 Dienstposten eingerichtet werden soll. Darin enthalten sind die 10 Militärrabbiner/-innen mit jeweils einer Hilfsperson (vergleichbar Pfarrhelfer/-in). Die jährlichen Ausgaben sollen sich auf 4,4 Mio. Euro, davon 3,6 Mio. Euro Personalausgaben belaufen.
Hinsichtlich der Schätzungen der Anzahl jüdischer Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr ist 300 die höchste Zahl, die ich gehöhrt habe. Stellen in der Bundeswehr rechnen mit 100 bis 200.
Nun lassen wir die Bundeswehr aber erstmal Erfahrungen mit diesem Kräfteansatz sammeln. Notwendig ist allerdings, nach einer Erprobungsphase Aufwand und Nutzen – lösgelöst von der politischen Dimension – zu bewerten.
@Koffer („Hier hat der Zentralrat nicht als Glaubensgemeinschaft gehandelt, sondern als Lobbyorganisation verhandelt und das BMVg hat sich m.E.n.über den Tisch ziehen lassen.Hier werden einfach Steuergelder verschwendet :(“ ) : Den nahe liegenden Gag, Verschwendung und BW in einem Satz unterzubringen, kann sich jeder selbst basteln.
Aber: Wenn mit dieser „Verschwendung“ politische Konflikte vermieden werden, wäre es aus meiner Sicht immer noch gut angelegtes Geld – selbst wenn Sie natürlich völlig damit Recht haben, dass ein beachtliches Missverhältnis zwischen Aufwand für die Strukturen und erkennbarem Betreuungsbedarf vorliegt. Trotzdem ist m.M.n. irgendeine Antisemitismus-Diskussion (oder andere Diskriminierungsgeschichten) so ziemlich das Letzte, was die BW derzeit braucht.
btw: Die Glaubensgemeinschaften agieren allesamt wie Lobbyorganisationen bei solchen Verhandlungen. Die Konsistorialräte und Prälaten unterscheiden sich da keinen Deut von den Abgesandten des Zentralrats – was Ihre Gegenüberstellung Lobbyorganisationen vs Glaubensgemeinschaft im besten Falle unbedacht erscheinen lässt. Sie drücken damit gewieften und ausreichend böswilligen Spin-Doktors ziemlich dicke Steine in die Hand zum Schmeißen. Dieses Geschäft mit den Religionen ist eben ein Minenfeld, auf dem Ruhe besonders wertvoll ist. Nicht zuletzt deshalb wäre es gut, wenn für die anderen genannten Gemeinschaften (namentlich Orthodoxe und Muslime) ebenfalls brauchbare Lösungen gefunden werden. Das darf m.E. auch etwas kosten.
@Peter Rigot
Sie habe sich evtl. im Jahrzehnt vertan, jedenfalls was Wehrpflichtige anbetrifft?
„Verjährt ’80 … und die handschriftlich eingefügte Religionszugehörigkeit zur „jüdischen Religion“ (‚3.Zeile ohne Nennung‘) doch noch mal zu überlegen, vielleicht wegzulassen bzw. „noch mal in sich zu gehen“ ob „man“ wirklich zur Bundeswehr wolle….das ist nun auch lange her.
Die Zahl Freiwilliger wird im genannten Zeitraum, 30 Jahre nach der Schoa überschaubar gewesen sein.
Denn: Prof. Michael Wolffsohn
„Bis zur dritten Generation einschließlich waren die Nachfahren von Holocaust-Überlebenden von der Wehrpflicht befreit“!
Jenseits dessen ist die Beachtung jüdischen Lebens in einer staatlichen Institution wie den Streitkräften uneingeschränkt nicht nur begrüßenswert sondern absolut erforderlich. In erster Linie gegenüber muslimischen Soldaten zeigt die Anwesenheit von Rabbinern in den Streitkräften, dass Art 4 GG nicht allein eine Verfassungsmaxime darstellt, sondern in der pluralistischen Gesellschaft gelebt wird. Gerade deswegen wird es hoffentlich gemeinsame Auftritte von Religionsvertretern der 3 monotheistischen Religionen innerhalb der Einheiten geben.
Gebote der Toleranz können Bereicherungen der muslimischen Konfessionen untereinander bedeuten, in gleichem Maße im Verhältnis zu Soldaten jüdischen Glaubens. Darin sehe ich den vornehmlichen Gewinn durch die neue Regelung, jenseits der Betreuung jüdischer Soldaten.
Der anscheinend kaum einzugrenzende Vormarsch religiöser Fundamentalisten in der Levante der letzten Dekade fußt auf dem Versuch angeblich verlorene kulturelle, damit religiöse Indentität neu zu begründen. Sicherlich ein großer Anspruch, jedoch werden Rabbiner erkennen lassen, Eigenständigkeit in Vielfalt darf (!) und kann gelebt werden.
Ich finde es einfach völlig übertrieben, dass wegen einer der Zahl nach unbekannten Gruppe an Gläubigen die vermutlich unter 300 Personen liegt, 48 Dienstposten zu deren Betreuung geschaffen werden. Das Gerede von „Zeichen setzen“ etc. macht es meiner Meinung nach nicht besser. Das ist mit dem Grundsatz des sparsamen Umgangs mit Steuermiteln nicht zu vereinbaren.
Teile des Art. 4, 1 halte ich für problematisch (Halacha, Sicherstellung der Einhaltung der Mizwot). Man wird sehen, wie dies im Tagesdienst dann umgesetzt wird.
Davon ab: gibt es auch entsprechende Dienstgradschlaufen?
@ KPK
“ Gerade deswegen wird es hoffentlich gemeinsame Auftritte von Religionsvertretern der 3 monotheistischen Religionen innerhalb der Einheiten geben.”
DAS wäre super!
@ Mackiavelli
Die Haltung “Mimimi, ist aber sooo teuer” zum Thema finde ich als Christ ziemlich neben der Spur.
@Landmatrose3000
Ob die Rabbiner einen ökumenischen Gottesdienst durchführen können / wollen? Oder die Imame?
Wie wäre es konsequenterweise den religiösen quatsch zu Hause zu lassen? Ich würde komplett die Seelsorge in der Armee abschaffen.
@Forodir: Mir wären Pädagogen und Psychologen auch lieber, daher die Frage, ob dort einheitlich geschult wird?
Wäre mir als Atheist einfach lieber, als mir was über JHW, Gott oder Allah anzuhören. Habe ich da ein Betreuungsangebot?
@Forodir:
Auch wenn man selbst so denkt, ist es für viele ein wichtiger Bestandteil des Lebens und ist meiner Ansicht nach zu respektieren. Vorallem möchte ich nicht wissen, wie viele Suizide oder ähnliches durch Pfarrer/Pastor bisher verhindert wurden, alleine weil sie da waren und als Ansprechpartner dienten.
Und auch als bekennender Atheist halt ich die Seelsorge für immens wichtig und will die nicht missen bzw. ist dies nicht nur durch Psychologen zu gewährleisten, insbesondere da dort die Hemmschwelle deutlich höher ist. Das offene Ohr, was die Seelsorger haben, ist Gold wert und auch die Plätze/Anlässe/Angebote um mal zur Ruhe zu kommen sind immens wertvoll. Wir sollten hier noch besser werden und dies durchaus ausbauen. Und das hier ist ein guter Schritt.
@Forodir
Wie wollen Sie das mit der Freiheit der Religion und der Fürsorgepflicht vereinbaren?
@Klaus-Peter Kaikowsky – was hat bitte schön jetzt „Gaza, Westbank und Ostjerusalem“ irgendetwas mit dem Thema zu tun??…
@‘Thomas Melber
“Ökumenische” Gottesdienste – das funktioniert sicher nicht so leicht. Trotzdem gäbe es sicher genug andere Gelegenheiten wo man zusammenkommen und sich austauschen kann. Am Ende glauben Christen, Juden und Moslems auch an den selben Gott.
@Skimor
Na, bisschen aus der Zeit gefallen?
Spätestens beim Aufeinandertreffen jüdischer und muslimischer Soldaten, jeweils fest im Glauben verwurzelt, wird dies Thema sein, zu dem ein Rabbi/zugelassener Imam Stellung nehmen müssen wird.
Außerdem mich bitte nicht aus dem Kontext gerissen zitieren.
@ThoDan
Religionsfreiheit ist eine persönliche Sache, jeder darf gerne glauben was er möchte. Ich verbiete es ihm ja nicht. Ich sehe es aber nicht ein das ich als Staat das vorhalten muss das soll der einzelne für sich schauen wie er das regelt.
Die Fürsorgepflicht wird mehr als genug berücksichtigt, dazu haben wie ein Sozialpsychologische Netzwerk, dort würde nur der Militärgeistliche Anteil dann wegfallen, durchaus verschmerzbar.
Zudem ich keinen meiner Altersgenossen und darunter kenne der zum Pfarrer geht (Ich bin über 40) , mag es geben aber der Verlust des moralischen Ansehens der Kirche und die Realitäten der Gesellschaft im 21. Jahrhundert lässt sowas eher fraglich erscheinen.
@ JP
Alles dinge für die ich keine Militärgeistlichen brauche.
orodir sagt:
12.12.2019 um 23:48 Uhr
„Wie wäre es konsequenterweise den religiösen quatsch zu Hause zu lassen? Ich würde komplett die Seelsorge in der Armee abschaffen.“
Weil …?
@Forodir sagt: 13.12.2019 um 16:18 Uhr
Das Recht auf eine Militärseelsorge ist im Grundgesetzt verankert. Ich sehe keine Mehrheit dafür, dass diese Recht abgeschafft werden wird.
@Landmatrose3000 sagt: 12.12.2019 um 18:48 Uhr
„Die Haltung “Mimimi, ist aber sooo teuer” zum Thema finde ich als Christ ziemlich neben der Spur.“
Sehe ich nicht zu. Ich bin ja durchaus der Meinung, dass Kosten in Streitkräften nur eine nachrangige Rolle spielen dürfen. Es ist bei uns grundsätzlich Richtung Effektivität und nicht Richtung Effizienz zu optimieren.
Aber wenn es keinen zusätzlichen Nutzen hat, dann ist es keine Frage der Effektivität mehr, sondern der Verschwendung von Steuergeldern.
@Thomas Melber sagt: 12.12.2019 um 16:33 Uhr
„Teile des Art. 4, 1 halte ich für problematisch (Halacha, Sicherstellung der Einhaltung der Mizwot). Man wird sehen, wie dies im Tagesdienst dann umgesetzt wird.“
Vermutlich mit Sinn und Verstand. So läuft es ja auch bei den katholischen und muslimischen Glaubensvorschriften ja jetzt schon. Die Regeln ändern sich ja nicht.
„Davon ab: gibt es auch entsprechende Dienstgradschlaufen?“
Ja und nein. Dienstgrad –> nein, denn die Seelsorger sind ja auch jetzt schon nicht in ihren „Dienstgraden“ erkennbar, sondern haben lediglich eine Kennzeichnung für ihre Konfession. D.h. der A13 Pfarrer hat die gleiche Schulterklappe wie der A16 Leitende Dekan.
Aber Schulterschlaufe –> ziemlich sicher ja, denn sonst könnte man den Rabbiner in Übung, Einsatz und Krieg ja nicht als solchen erkennen und würde ihn für einen Rekruten halten.
@Thomas Melber sagt: 12.12.2019 um 22:23 Uhr
„Ob die Rabbiner einen ökumenischen Gottesdienst durchführen können / wollen? Oder die Imame?“
Gottesdienste natürlich nicht. Das gehört zum Kernbereich der jeweiligen Religion und da sind lediglich Evangelen und Katholen (und mit Ausnahmen die anderen Denominationen) kompatibel. ggf. könnte man über Andachten im Sinne von Besinnung und Einkehr sprechen, aber das ist dann etwas, dass muss man im Einzelfall prüfen.
Was aber sehr wohl geht, sind viele Fragen von Seelsorge (Tod, Verwundung, familiäre Sorgen) und natürlich LEKU und ethische Beratung.
@Zivi a.D. sagt: 12.12.2019 um 13:22 Uhr
„Die Glaubensgemeinschaften agieren allesamt wie Lobbyorganisationen bei solchen Verhandlungen. Die Konsistorialräte und Prälaten unterscheiden sich da keinen Deut von den Abgesandten des Zentralrats“
Dem stimme ich mehr oder weniger zu. Aber das ist ja nicht der Punkt. Der Punkt ist, dass sich das BMVg vom Zentralrat über den Tisch hat ziehen lassen. Zum Schaden der Steuerzahler und nicht zum Nutzen der Gläubigen.
@Forodir
Was Sie brauchen ist fast irrelevant.
Religionsfreiheit ist ein Menschenrecht und damit keine Privatsache, nicht wenn der Staat von seinen Soldaten verlangt Gewalt anzuwenden und zu erleiden.
Ich bezweifle das dieses SPN für ethische und moralische Fragen der geeignetste Ansprechpartner ist und auch wie gut der Methoden zur Kartharsis legitimieren kann.
@ Koffer
zu “ Aber wenn es keinen zusätzlichen Nutzen hat…”
Bitte was?? Fragen Sie doch bitte mal einen Kameraden jüdischen Glaubens, ob das aus seiner Sicht KEINEN zus. Nutzen hat.
Fragen Sie doch auch mal Mitglieder aus den jüdischen Gemeinden, ob das aus derer Sicht keinen Nutzen hat. Besonders diejenigen, die sich leider auch heute nich mit Antisemitismus auseinander setzen müssen. Für mich ist völlig klar, dass das Thema Militärrabbinat nicht nur ein BW-internes ist, sondern eine Strahlkraft über die BW hinaus haben wird.
@ThoDan
Definitiv ist das SPN dafür geeignet, ihre persönliche Meinung das Geistliche dafür geeignet sind ist aus meiner Sicht (und Erfahrung) eben nicht haltbar, aber geschenkt so ist das eben mit Meinungen da muss man nicht immer übereinstimmen.
Was das Menschenrecht angeht mag das keine Privatsache sein an sich, die Ausführung aber sehr wohl. Also nein, die Notwendigkeit sehe ich immer noch nicht.
@Koffer
Das ist richtig, für den Moment. Wie mag das in einem Jahrzehnt aussehen? Nein ich bleibe bei meiner (begründeten) Meinung das dies eine Popanz ist die in naher Zukunft sowieso immer mehr an Einfluss verlieren wird und in einem Staat nichts verloren hat.
@Forodir
Meine persönliche Meinung geht zurück auf das byzantinische Heer und Kirche, und meine Zweifel liegen on der suboptimalen psychologischen Betreuung der Soldaten im Einsatz zu Beginn der Einsätze
Dann erklären sie mal wie das mit den Sakramenten, speziell der Beichte, Kommunion etc, funktionieren kann und wie der SPN einen Einsatz, Gewalteinsatz entsprechend dem bellum iustum nach Augustinus legitimieren würde.
@Forodir
Ich kann mir nicht helfen, ich meine hier so eine typische Neiddebatte zu erkennen. Die Spinner, die an etwas Höheres glauben bekommen noch Puderzucker in den… geblasen. Aber Sie, der Sie an nichts glauben, gehen leer aus. Bekommen auch Nichts. Das muß einfach schwer zu akzeptieren sein.
Aber der wissentschaftliche Fortschritt ist ja nicht aufzuhalten. Das Rationale tritt seinen Siegeszug an.
Das sehen sehr viele Menschen anders. Deren Zahl wird, entgegen Ihrer Prognose, sogar noch zunehmen. Und die seelsorgerischen Bedürfnisse werden sich gar nicht mehr über die offiziellen Angebote erfüllen lassen. Das wird passieren. Und all diese Menschen werden auf die Notwendigkeit der Erfüllung hinweisen.
Ihre Meinung wird dann sein was Sie ist, eine Meinung.
Freiheit für Mittelerde!
@Landmatrose3000 sagt: 13.12.2019 um 21:03 Uhr
„Bitte was?? Fragen Sie doch bitte mal einen Kameraden jüdischen Glaubens, ob das aus seiner Sicht KEINEN zus. Nutzen hat.“
Ich muss Sie dringend bitten Kommentare ganz und im Kontext der Diskussion zu lesen, bevor Sie solche Kommentare zurück schreiben.
Ich habe nicht den Nutzen von Militärrabinern in Frage gestellt. Ganz im Gegenteil ich habe ausdrücklich begrüßt, dass sie wieder eingeführt werden. Ich habe außerdem herausgestellt, dass dieser Schritt längst überfällig war.
Ich kritisiere den Übergroßen Stellenkegel und den aufgeblähten Führungsapparat.
Benötigt werden zwischen 1 (Berechnnungsschlüssel gem. Größe, so wie er auch für alle anderen Konfessionen gilt) und 5 Militärrabbiner (Berechnungsschlüssel nach Region inkl. Reserve für Einsatzgestellung) zzgl. einem Militäroberrabiner bzw. Militärbundesrabbiner.
Benötigt wird zudem eine nichtkonfessionell geprägte Behörde Verwaltung“kram“ (das ist der große Teil der Verwaltung) und eine Bundesoberbehörde für religiös geprägte Fragen (das ist der deutlich kleinere Teil). Der letztere muss jüdisch exklusiv sein. Der erstere kann auch von anderen oder in anderer Struktur wahrgenommen werden.
Was also unsere Kameraden jüdischen Glaubens benötigen um ihr Recht (!) einer jüdischen Militärseelsorge erfüllt zu bekommen sind also max. (!) 5 Stellen im höheren Dienst als Seelsorger, 5 Pfarrhelferstellen, eine A16/B3 Stelle für den Oberrabbiner und ca. 5-10 üblich geschlüsselte Stellen mit theologischer und Verwaltungsprägung in der Verwaltung.
Was der Zentralrat aber rausgeholt hat sind im Seelsorgebereich das doppelte des maximal (!) benötigten Stellen und im Verwaltungsbereich das vermutlich (genaue Zahlen sind noch nicht bekannt) drei bis vierfache des benötigten.
Damit bekommt der jüdische SG in Buxtehude keinen Jota mehr Seelsorge, aber der Steuerzahler zahlt pro Jahr mehrere Millionen extra.
Darüber hinaus erschwert das jetzt die Verhandlungen mit den anderen Religionen, weil diese peinlichst genau darauf achten werden, dass sie „auf Augenhöhe“ mit der jüdischen Seessorge betrachtet werden und das sie zwischen dem 3 und 10fachen der jüdischen Gläubigen stellen wird das dann RICHTIG teuer für den Steuerzahler.
Und auch das wiederum ohne das es dem orthodoxen, neuapostolischen oder muslimischen Kameraden eine bessere Seelsorge beschert.
„Für mich ist völlig klar, dass das Thema Militärrabbinat nicht nur ein BW-internes ist, sondern eine Strahlkraft über die BW hinaus haben wird.“
Ja.
@Forodir sagt: 13.12.2019 um 21:03 Uhr
„Das ist richtig, für den Moment. Wie mag das in einem Jahrzehnt aussehen? Nein ich bleibe bei meiner (begründeten) Meinung das dies eine Popanz ist die in naher Zukunft sowieso immer mehr an Einfluss verlieren wird und in einem Staat nichts verloren hat.“
Dem steht das Grundgesetz sehr eindeutig und unmißverständlich entgegen.
@Forodir
Keine Sozialpsychologie besitzt die moralische Macht der Kirchen, über zweitausend Jahre gewachsen, trotz allgegenwärtiger Zwielichtigkeiten in beiden christlichen Konfessionen. Kein Staat, keine Organisation hat in vergleichbaren Zeiträumen ihre Existenz behauptet, Kirche besteht weiter. Mit Blick auf das Judentum kann auf 3500 Jahre zurück geschaut werden. JHW und das Vertrauen in die jüdische Religion haben sogar die Shoa überlebt, warum wohl?
Die Realitäten des 21. Jahrhunderts (welche übrigens) gleichen einem Wimpernschlag in den Zeitabläufen von Kirch(en) und Glaube, unabhängig von jeweiliger Ausrichtung. Gäbe es Kirche tatsächlich nicht, müsste sie schleunigst „erfunden“ werden.
Die Installation jüdischer, hoffentlich auch bald muslimischer Geistlicher hat zudem präventiven und defensiven Charakter zur Verhinderung eines Einflusses falscher Propheten aus fundamentalistischer Denkfabrik. Moralische und kulturell-geistige Lücken werden rasch von jenen in Beschlag genommen, die unsere Gesellschaft nicht anerkennen und bekämpfen.
Das Vorhaben setzt ganz nebenbei auch einen deutlichen Kontrapunkt gegen Antisemitismus in seiner anti-judaistischen und -zionistischen Absicht, unterstreicht damit unser Staatsziel von Israel als Teil deutscher Staatsraison.
Die Diskussion hat schon skurrile Züge. Da werden z.B. von einem Kommentator in einem Post sowohl das Recht auf Militärseelsorge grundgesetzlich begründet, aber drei Sätze später der Nutzen von Militärrabbinern bezweifelt.
Hier geht es weder um Nutze, Effektivität oder Effizienz noch um ein paar Euro, um dieses zu implementieren. Es geht schlicht um freie Religionsausübung.
Und da ist die Bundeswehr einen großen, und in meinen Augen auch wichtigen, Schritt weiter gekommen. Und das ist eben auch von Atheisten, die den „Religionsquatsch“ lieber zu Hause lassen wollen, zu akzeptieren und tolerieren. Wenn man das nicht kann, sollte man seine Einstellung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung und dem Grundgesetz überdenken und entsprechende Konsequenzen ziehen.
@ Pio-Fritz sagt: 14.12.2019 um 11:04 Uhr
„Die Diskussion hat schon skurrile Züge.“
Jepp. In der Tat.
“Da werden z.B. von einem Kommentator in einem Post sowohl das Recht auf Militärseelsorge grundgesetzlich begründet“
Jepp. In der Tat.
“aber drei Sätze später der Nutzen von Militärrabbinern bezweifelt.“
Nope. Genau das Gegenteil.
@ Klaus-Peter Kaikowsky sagt: 14.12.2019 um 10:44 Uhr
+1
Wenn Sie erlauben: Guter Kommentar.
Ich stimme allen Argumentationslinien aus voller Überzeugung zu (Moral/Ethik, Extremismusabwehr und Staatspolitik).
Einzig würde ich noch ergänzend hinzufügen, dass es aber natürlich nicht nur im diese (wenngleich äußerst wichtigen) Nebenaspekte geht, sondern um vielmehr auch und zu allererst um Seelsorge als Ausdruck religiöser Rechte, die keinem Soldaten genommen werden sollten.
Wir können wirklich nur hoffen, dass endlich eine Lösung für unsere muslimischen Kameraden gefunden werden wird.
@ Koffer
Ist ja gut wenn wir uns einig sind, dass das Militärrabbinat an sich und sinnvoll ist. Aber, sorry, ich bleibe dabei: Nehmen Sie doch mal den von Ihnen geschätzten Mindestbedarf und stellen Sie dem das was nun geplant ist gegenüber. Was ist der Unterschied? Delta ca. 20 Stellen und vielleicht 1,5-2 Mio €/Jahr oder so ähnlich bis zum perfekten effizienten Ansatz – den die BW auch ansonsten wirklich nirgendwo erreicht.
Was soll denn aber der jüdische Kamerad denken, wenn er so einige Kommentare hier liest? Stelle mir das in etwa so vor: “Na super, die alte Leier, so von wegen “Der Zentralrat die die BuReg über den Tisch gezogen!” Soll wohl heissen, die schlauen Juden ziehen den redlichen Deutschen mal wieder das Geld aus der Tasche…ah, die Denke kenne ich doch irgendwo her..(seufz)…”
War nicht so gemeint von Ihnen? Würde ich sofort glauben, kann aber sehr gut so gelesen und verstanden werden, und nochmal, nur wegen einer nominell sehr geringen Anzahl von Stellen über einem “perfekten” wirtschaftlichen Ansatz, ohne dass wir ja überhaupt schon wissen können, welche genau Themen das Militärrabbinat gedenkt mit dem Personal so alles zu beackern und in wie fern Bespielung des Lebenskundlichen Unterrichts oder ähnliche Felder eben gewisse personelle Ressourcen erfordern.
Deswegen, nochmal, mein Appell: Bitte jetzt nicht hier ausgerechnet bei diesem Thema eine perfekte Kosteneffizienz verlangen, die die BW so ziemlich nirgendwo sonst bringt. Freuen wir uns doch mal ohne Krittelei, dass hoffentlich, wohl zum ersten Mal in der Geschichte deutscher Streitkräfte, auch die jüdischen Kameraden das Gefühl bekommen können, komplett angenommen, gleichberechtigt, anerkannt, und wertgeschätzt mit Ihren christlichen oder atheistischen Kameraden sein zu können. Wäre allerdings schön, wenn man für die muslimischen Kameraden da auch bald eine entsprechende Lösung hat, BMVg arbeitet offenbar ja dran.
@Landmatrose3000 sagt: 14.12.2019 um 15:15 Uhr
„Aber, sorry, ich bleibe dabei: Nehmen Sie doch mal den von Ihnen geschätzten Mindestbedarf und stellen Sie dem das was nun geplant ist gegenüber. Was ist der Unterschied? Delta ca. 20 Stellen und vielleicht 1,5-2 Mio €/Jahr oder so ähnlich bis zum perfekten effizienten Ansatz – den die BW auch ansonsten wirklich nirgendwo erreicht.“
Durch die eigene Bundesoberbehörde mit allem drum und dran bezweifle ich, dass es bei 20 Stellen zu viel bleiben wird, aber meinetwegen. Darüber hinaus müssen Sie bedenken, dass alle Ausgaben sowie die komplette infrastrukturelle Ausstattung der einzelnen Dienststellen (jeder Rabbiner bildet zusammen mit seinem Gemeindehelfer eine eigene Dienststelle) ebenfalls aus Steuermitteln übernommen werden, soweit sie nicht Kultushandlungen oder ähnliches umfassen. Von daher bezweifle ich auch, dass es bei 2 Mio verschwendeten Mio pro Jahr bleiben wird (ich vermute eher, dass es bei 30 und 3-4 pro Jahr liegen wird), aber ich akzeptiere jetzt mal der Einfachheit halber Ihre Zahlen.
Orthodoxie und Neuapostolen liegen jeweils in etwa bei der dreifachen Gläubigenzahl ggü. den Juden in der Bundeswehr. Wenn diese (und ich würde dies begrüßen) jetzt ebenfalls von Ihrem Recht Gebrauch machen. Müssen wir die Zahl der Verschwendung schon verdreifachen (ich glaube nicht, dass beide Interesse an NOCH größeren Apparaten haben, denn sie müssen ja auch qualifizierte Bewerber aufbieten).
Richtig teuer wird es dann, wenn wir (endlich) eine Lösung für die Muslime gefunden haben. Bei den Vorverhandlungen wurde bereits deutlich, dass die möglichen Partner auf muslimischer Seite sehr stark auf „Augenhöhe“ ggü. den christlichen Vergleichsseelsorgen achten werden. Von daher ist mEn ausgeschlossen, dass sie ggü. den Juden in den Nachteil kommen wollen.
Da die Muslime aber mehr (!) als die 10fache Anzahl von Gläubigen in der Bundeswehr haben als die Juden werden wir hier vermutlich über min. 20 Imame reden.
Insgesamt kostet dieser „Deal“ des BMVg mit dem Zentralrat mittelfristig also nicht EUR 2 Mio zuviel (!), sondern vermutlich 10 Mio. Pro Jahr!
Und das ohne das für diese Zahlen und diesen Apparat ein Bedarf bei den Gläubigen vorhanden wäre.
DAS ist mein Punkt.
„Was soll denn aber der jüdische Kamerad denken, wenn er so einige Kommentare hier liest?“
Ich erwarte von meinen jüdischen Kameraden das gleiche, was ich auch von christlichen oder muslimischen Kameraden erwarte. Ich sehe hier keinen Unterschied. Kamerad ist Kamerad. Glaube ist Glaube (nicht im Sinne von jeder Glaube ist gleich, sondern im Sinne von vor dem Grundgesetz sind alle Religionen gleich).
„Soll wohl heissen, die schlauen Juden ziehen den redlichen Deutschen mal wieder das Geld aus der Tasche…ah, die Denke kenne ich doch irgendwo her..(seufz)…”
Ehrlich gesagt finde ich Ihre Formulierungen höchst bedenklich, mißleitend und von den Fakten ablenkend.
„welche genau Themen das Militärrabbinat gedenkt mit dem Personal so alles zu beackern und in wie fern Bespielung des Lebenskundlichen Unterrichts oder ähnliche Felder eben gewisse personelle Ressourcen erfordern.“
Die jüdische Militärseelsorge hat aus den Steuermitteln genau die gleichen Aufgaben (inkl. LKU) abzudecken wie die christliche.
Alle „speziellen“ Aufgaben oder Kultushandlungen müssen aus Mitteln des Zentralrats bezahlt werden. Das ist bei den christlichen Seelsorger genauso. Alles was Bundesaufgabe ist (Seelsorge und LKU) wird aus Bundessteuermitteln bezahlt (inkl. Personalkosten und Infrastruktur) und alles was Religion im engeren Sinne ist (also Gottesdienst und andere Kultushandlungen) muss aus Kirchensteuermitteln bezahlt werden.
Es ergibt sich also auch hier kein Grund besondere Maßstäbe anzulegen.
„Freuen wir uns doch mal ohne Krittelei, dass hoffentlich, wohl zum ersten Mal in der Geschichte deutscher Streitkräfte, auch die jüdischen Kameraden das Gefühl bekommen können, komplett angenommen, gleichberechtigt, anerkannt, und wertgeschätzt mit Ihren christlichen oder atheistischen Kameraden sein zu können.“
In der Tat ist es großartig, dass wir wieder Militärrabbiner bekommen werden. Es war ein Schritt der lange überfällig war und den wir unseren jüdischen Kameraden schulden (und der zudem zahlreiche positive Nebeneffekt hat, @Klaus-Peter Kaikowsky verwies bereits hierauf).
Aber Steuerverschwendung bleibt nun einmal Steuerverschwendung. Das hier Kleinzureden bin ich nicht bereit.
„Wäre allerdings schön, wenn man für die muslimischen Kameraden da auch bald eine entsprechende Lösung hat, BMVg arbeitet offenbar ja dran.“
Hoffentlich! Aber ich bin leider nicht besonders enthusiastisch :(
Das BMVg denkt darüber seit fast 10 Jahren und arbeitet daran seit über 4 Jahren und alles was ich bisher gehört habe ist sehr konservativ im Denken und nicht von positivem Gestaltungswillen geprägt…
Hier bleibt zu hoffen, dass jetzt mit dem Militärrabbinat ein Momentum entsteht, dem sich selbst die Beharrungskräfte im BMVg nicht mehr länger widersetzen können.
Immerhin gab es den ersten Militärimam in Deutschland bereits vor über 250 Jahren in Preußen, da ist es gradezu lächerlich, dass wir es im Jahre 2019 angeblich nicht hinbekommen :(
@Landmatrose3000 / @Koffer
Das „… wohl zum ersten Mal in der Geschichte deutscher Streitkräfte …“ trifft so pauschal nicht zu
Julius Schoeps vom Potsdamer „Moses Mendelssohn Zentrum“ ( DLF 14.12.19) zu jüdischen Soldaten im Kaiserreich:
„Juden standen zweifellos in ihrer Mehrheit links von der Mitte. Aber es gab natürlich viele, die konservativ eingestellt waren und das zeigte sich bei Kriegsausbruch: Man meldete sich zu den Fahnen und war stolz darauf, Kriegsdienst leisten zu können. Das war das Bekenntnis zu Deutschland, das Bekenntnis zu Preußen, das Bekenntnis zum Kaiser; und wir können tatsächlich von so etwas wie einem jüdischen Patriotismus sprechen. Man zog in den Krieg, weil man der Überzeugung war, man müsste seine Pflicht leisten.“
Allerdings gab es auch dies:
„Mit Petitionen und Denkschriften an das Kriegsministerium machten Antisemiten Front gegen die angeblichen „Drückeberger“. Bis sich das Ministerium zu einer umstrittenen Maßnahme entschloss: Im Herbst 1916 ordnete es eine ‚Judenzählung‘ im Deutschen Heer an“.
Letztlich ohne erhoffte Ergebnis seitens antisemitischer Kreise:
„Zu Beginn der 20er-Jahre wies der Statistiker Franz Oppenheimer nach, dass Juden genauso wie ihre nichtjüdischen Kameraden in den Schützengräben standen und fielen. … Natürlich, es gab Feldrabbiner, es gab zweifellos ein jüdisches Engagement, das kann man nicht hinwegleugnen. Aber den Antisemiten passte das nicht“.
Der aufkommende Nationalsozialismus der frühen 20er bemühte dann auch die Dolchstoßlegende zur Ausgrenzung jüdischer Soldaten (ca. 100.000) als Vaterlandsverräter, wiewohl die ihrem Eid gemäß treu gedient hatten. Gerade weil ähnliches krudes Gedankengut von rechter politischer Richtung inzwischen wieder bemüht wird, in affinen Kreisen – auch der Streitkräfte – Aufmerksamkeit gewinnt, kommt einem Rabbinat besondere Bedeutung im Kontext LKU/staatsbürgerliche Bildung (in Kohärenz mit den Chefs) zu.
Dieser Gedanke passt in die von @Koffer so bezeichneten „positiven Nebeneffekte“, ja, stimmt.
Ich erachte diese aber gesamtgesellschaftlich weitestgehend für bedeutender als die seelsorgerische Betreuung, da diese m.E. eine Selbstverständlichkeit darstellt. Wenn die Streitkräfte (immer noch?) ein Spiegelbild der Gesellschaft abbilden, obliegt es nicht allein Berliner Sonntagsreden mit Kamera gerecht platzierter Kippa dem jüdischen Glauben und seiner kulturellen Leistung für Deutschland den in Treblinka geraubten Platz zurück zu geben.
Hm. Hat man denn im Vorfeld eine Bedarfsanalyse gemacht, vulgo ist zum Äußersten geschritten und hat die nun Beglückten auch gefragt?(*)
Oder ist das Ganze nur eine teure politische Geste zu irgendeinem 100-Jährigen?
Einzig und alleine darauf würde ich die Diskussion aufbauen. Es gilt: Bitte vom Ziel her analysieren und nicht mit irgendwelchen Nebeneffekten die Mittel rechtfertigen. Wenn ich nen Piloten für teuer Geld ausbilde, dann argumentiere ich schließlich auch nicht damit, dass er die Kanzlermaschine sanft landen kann, sondern dass er Material zu den Soldaten und Feuer ins Ziel bringt.
(*) Würde ich bei den anderen Konfessionen auch mal empfehlen. Denn dass die Seelsorger heuer nicht mehr allzuviel Zulauf haben aber ihre eigenen Stellen natürlich niemals in Zweifel stellen würden, ist eine Binse. Diese Leute obendrein quasi als Resteeintopf für die psychologische Betreuung der konfessions/glaubenslosen Mehrheit einzusetzen, ist dumm und dreist.
Ich denke eine der ersten Aufgaben des Militärrabbinates wird es sein, die genaue Größe und Verteilung der jüdischen Gemeinde in der Bw aufzuschlüsseln und danach deren Seelsorge, bedingt durch und von den allgemeinen Erfordernissen des militärischen Dienstes her, zu gestalten.
Bin gespannt, was es dort für Betreuungsansätze, unterschieden nach In- und Ausland, geben wird. Gerade die o.g. Artikel 3 (3) und Artikel 4 (1) sind ja interessant.
@ Klaus-Peter Kaikowsky sagt:
14.12.2019 um 21:43 Uhr
Eben – nachdem zu Beginn des WK 1 erstmals viele Juden in die Offiziersränge kamen – und antisemitsiche Propaganda mit sehr begrenztem Erfolg verboten wurde – ging sehr bald mit dem Kulminationspunkt Judenzählung 1916 die Ausgrenzung und Stigmatisierung der jüdischen Soldaten wieder so richtig los. Und im nichtjüdischen Teil des Offizierskorps muss Antisemitismus die ganze Zeit schon vorher sehr weit verbreitet gewesen sein.
Dolchstoßlegende ging schon früher los als in den 20ern – Hindenburg hatte die im November 1919 herausposaunt, und die OHL hatte die schon jahre vorher aufgebaut, um von eigener Verantwortung abzulenken. Da waren die Nazis noch gar nicht auf der Bildfläche.
Ansonsten alles aus meiner Sicht richtig, was Sie schreiben.
@ Stöber sagt:
15.12.2019 um 21:17 Uhr
„….hat die nun Beglückten auch gefragt?“
Ich weiss es nicht. Aber den einzelnen Soldaten fragen, das stelle ich mir als nicht so leicht vor, u.a. weil
– Historie Judenzählung, siehe https://de.wikipedia.org/wiki/Judenz%C3%A4hlung. Klar, ganz ganz anderer Hintergrund, trotzdem wird BMVg keinesfalls auch nur in die Nähe des Begriffs kommen wollen.
– Viele Juden gehen auch heute noch nicht mit ihrem Glaubensbekenntis in die Öffentlichkeit, und – leider – gibt es nachvollziehbare Beweggründe dafür. Komme mir da bitte keiner mit „Die sollen sich mal nicht so anstellen“ etc. Selbst ich als Christ war kaum innerhalb der BW bei Veranstaltungen der Militärpfarrer – ich hatte gerade in jungen Jahren mit etwas weniger breitem Kreuz keinen Bock auf blöde Sprüche der lieben Kameraden, und die gelebte Toleranz von Atheisten (und ja, manchmal auch U-Boot-Christen) gegenüber praktizierenden Gläubigen (= u.a. eben keine blöden mackerhaften Sprüche machen) ist manchmal allgemein nicht ganz so hoch ausgeprägt. Trotzdem wäre ich im seelischen Bedarfsfall froh gewesen über das Angebot.
@ Koffer
„Aber Steuerverschwendung bleibt nun einmal Steuerverschwendung. Das hier Kleinzureden bin ich nicht bereit.“
Ich werde Sie bei der nächsten Diskussion zu Themen der BW-Personalführung betreffend Steuerverschwendung wegen fehlender Effizienz gern an diese Formulierung erinnern ;-)
On Topic, ganz trocken: Ist die gewählte Lösung zum Militärrabbinat effizient? Nicht so, wie sie im Idealfall sein könnte. Ist Sie effektiv bezogen auf die beabsichtigten und gewünschten Output? Ist Glaskugelgucken, aber sie kann effektiv sein. Also bitte erstmal abwarten und machen lassen.
Ich habe den Eindruck, dass es in immer mehr Threads nicht um Sachlichkeit einer Entscheidung geht, sondern direkt über Details debattiert wird, bevor eine Ankündigung praktisch umgesetzt wird und zugleich Gründe dagegen angezeigt werden. Ich habe 30 Dienstjahre voll und erlebe immer mehr rückwärtsgewandtes Denken, Bedenkenträgerei usw. Lasst die Rabbiner doch erst einmal ihre Arbeit aufnehmen und irgendwann wird sich zeigen, ob es mit diesem Ansatz funktioniert oder ggf. sogar erhöht werden muss auf Grund einer möglichen Dislozierung. Ich habe den Eindruck, die Deutschen neigen immer mehr zum <Jammern und suchen nach Gründen, warum etwas nicht geht. Wird nichts verändert oder etwas probiert wird gemeckert. Wird etwas getan wird auch gemeckert. Herrgott nochmal, Soldaten verschiedener Glaubensrichtungen dienen unserem Land, also verdienen sie auch seelsorgerische Betreuung. Ich bin Atheist und sage dies, weil ich es für wichtig halte. Wer sich allerdings als Christ betrachtet und hier Gegenargumente jeglicher Art sucht, sollte seinen Glauben und Verhalten ernsthaft auf den Prüfstand stellen.