Seelsorge in der Bundeswehr: Militär-Rabbiner kommen, muslimische Geistliche geplant

Die rund 300 Soldaten jüdischen Glaubens in der Bundeswehr sollen künftig wie ihre christlichen Kameraden von Geistlichen ihres Glaubens betreut werden. Dafür werde derzeit ein Staatsvertrag mit dem Zentralrat der Juden ausgehandelt, teilte das Verteidigungsministerium am (heutigen) Dienstag mit. Auch die rund 3.000 Muslime in der Bundeswehr sollen künftig von eigenen Geistlichen betreut werden, die allerdings mit Einzelverträgen eingestellt werden müssen.

Mit der geplanten Erweiterung der Militärseelsorge auf jüdische Soldaten, zusätzlich zu den derzeit rund 100 evangelischen und gut 70 katholischen Militärpfarrern, kehren nach rund 100 Jahren wieder Militärrabbiner in die deutschen Streitkräfte zurück.

Das Ministerium verwies darauf, dass es bereits in den USA (Foto oben), Frankreich, Großbritannien und den Niederlanden solche Militärrabbiner gebe.

Der Dialog mit Seelsorgern sei für Soldaten besonders wichtig, weil er außerhalb des hierarchischen Gefüges stattfindet – aber mit Menschen, denen die militärischen Strukturen vertraut sind, die das Leben in der Bundeswehr kennen, sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen. Jüdische und muslimische Soldaten hätten darauf den gleichen Anspruch wie ihre christlichen Kameraden: Gerade in Zeiten, in denen Antisemitismus, religiöse Polarisierung und Engstirnigkeit vielerorts auf dem Vormarsch sind, ist das ein wichtiges Signal.

Die Ankündigung des Ministeriums kam einen Tag vor einer Konferenz des Zentralrats der Juden in Deutschland zur Frage von Militärrabbinern. Ihre Aufgabe sei neben der seelsorgerlichen Betreuung der jüdischen Angehörigen der Truppe auch die Stärkung der ‚Inneren Führung‘ und der Demokratieerziehung der Soldatinnen und Soldaten, betonte der Zentralrat. Auch die Sensibilisierung der Soldatinnen und Soldaten der verschiedenen Einheiten und Waffengattungen gegenüber unterschiedlichen Ausdrucksformen des Antisemitismus gehört in ihr Arbeitsfeld. Ziel ist es, judenfeindlichen Ressentiments und Unwissenheit entgegenzuwirken.

Ebenso wie die christlichen Geistlichen sollen auch die Militärrabbiner bei Bedarf in den Einsatzgebieten der Bundeswehr tätig werden. Dafür sollen die vom Zentralrat der Juden vorgeschlagenen, aber von der Bundeswehr ausgewählten Rabbiner einer Sicherheitsüberprüfung wie einer gesundheitlichen und fachlichen Überprüfung unterliegen. Für die fachliche Aufsicht wird der Zentralrat zuständig, für die Dienstaufsicht die Bundeswehr. Zunächst ist nach Angaben des Ministeriums eine niedrige einstellige Zahl vorgesehen.

Etwas komplizierter als bei christlichen und jüdischen Geistlichen wird es bei muslimischen Geistlichen, weil es in Deutschland keine zentrale Institution entsprechend den beiden großen christlichen Kirchen und dem Zentralrat der Juden gibt und deshalb aus rechtlichen Gründen kein Staatsvertrag möglich ist. Deshalb sollen Militär-Imame (ein Begriff, den das Ministerium nicht verwendet) über so genannte Gestellungsverträge an die Bundeswehr gebunden werden. Auch hier ist zunächst eine niedrige einstellige Zahl vorgesehen.

Im Rahmen der Deutschen Islamkonferenz seien die Voraussetzungen für islamische Militärseelsorger einvernehmlich festgelegt worden, erklärte das Ministerium: Ein muslimischer Militärseelsorger in der Bundeswehr muss die deutsche Sprache in Wort und Schrift beherrschen und sicherheitsüberprüft sein. Er oder sie muss einen in Deutschland anerkannten Hochschulabschluss in islamischer Theologie besitzen, über eine seelsorgliche oder gemeindliche Erfahrung in Deutschland verfügen und von islamischen Religionsgemeinschaften, die die Zielgruppe der Soldatinnen und Soldaten repräsentieren, in die Bundeswehr entsandt und seitens der Bundeswehr akzeptiert werden.

Nach den Zahlen der Bundeswehr dienen derzeit rund 53.000 evangelische und rund 41.000 katholische Soldatinnen und Soldaten in der Bundeswehr; allerdings sind das Schätzwerte, weil die Angabe der Religionszugehörigkeit freiwillig ist. Die Zahl der Kirchenmitglieder in der Bundeswehr sei von rund 98 Prozent Ende der 1950-er Jahre auf die Hälfte geschrumpft. Demgegenüber machen die rund 3.000 Muslime und 300 Juden nur einen geringen Anteil aus.

(Archivbild 2009: JOINT BASE BALAD, Iraq — Chaplain (Capt.) Sarah Schechter, 332nd Air Expeditionary Wing rabbi, walks around and thanks servicemembers for attending the Torah dedication ceremony at Gilbert Memorial Chapel while Tech. Sgt. Craig Lifton, 332nd AEW Public Affairs NCO-in-charge of journalism, carries the newly arrived Jewish Torah behind her – U.S. Air Force photo/Senior Airman Elizabeth Rissmiller)