Haushaltsausschuss ohne Überraschung, bisschen mehr Geld für die Bundeswehr
Die so genannte Bereinigungssitzung des Bundestags-Haushaltsausschusses, in der die Haushälter letzte Hand an den Etat für das kommende Jahr legen, ist für Überraschungen gut – oder eben auch nicht. Beim Bundeshaushalt 2020 blieben sie diesmal für den Verteidigungsetat aus, dem aber eine kleine Aufstockung um 134 Millionen Euro zugebilligt wurde.
In der diesjährigen Bereinigungssitzung am (gestrigen) Donnerstagabend dauerte die Befassung mit dem Einzelplan 14 keine ganze Stunde – Ministerin Annegret Kramp-Karrenbauer, ihre Staatssekretäre Gerd Hoofe und Benedikt Zimmer und die Abteilungsleiter Vizeadmiral Carsten Stawitzki (Ausrüstung), Karl Henning Bald (Haushalt) und Generalleutnant Michael Vetter (Cyber- und Informationstechnik) standen offensichtlich nicht im Mittelpunkt des Fragebedarfs der Abgeordneten.
Der Haushaltsausschuss fasste mit der Billigung des Verteidigungsetats in Höhe von knap 45 Milliarden Euro unter anderem neu die Beschlüsse:
• Das Verteidigungsministerium kann, wie geplant, einen neuen Vertrag für den Betrieb des Gefechtsübungszentrums (GÜZ) in der Altmark vergeben – da hatte sich in der Ausschreibung das schwedische Unternehmen Saab gegen den bisherigen Betreiber Rheinmetall durchgesetzt, was auch von der Vergabekammer des Bundeskartellamtes und in letzter Instanz Ende Oktober vom Oberlandesgericht Düsseldorf bestätigt wurde. Aber: Nach Ablauf des fünfjährigen Vertrags soll das GÜZ (wieder) in die Verantwortung der Bundeswehr zurückkehren und als Eigenbetrieb geführt werden. Das legt ein so genannter Maßgabebeschluss des Ausschusses fest; wie die Abgeordneten des Parlaments in fünf Jahren dazu stehen, ist eine andere Frage.
• Für die Beschaffung von Munition stehen im kommenden Jahr 100 Millionen Euro zusätzlich zur Verfügung. Die bisherigen Summen für die Aufstockung der Depotbestände waren offensichtlich zu niedrig angesetzt.
• Für Übungen vor allem für die Vorbereitung auf die Führung der NATO-Speerspitze, der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), billigte der Haushaltsausschuss zusätzliche 34 Millionen Euro.
• Ebenfalls mit einem Maßgabebeschluss wurde die neue Cyberagentur gebilligt.
(Nachtrag: dazu mehr hier)
Nicht zur Beschlussfassung stand die Beschaffung des künftigen Schweren Transporthubschraubers für die Bundeswehr an, aber es gab im Ausschuss einen Sachstand: Für die Entscheidung über das künftig genutzte Modell, entweder Sikorskys CH-53K oder Boeings CH-47 Chinook, sollen bis zum 13. Januar kommenden Jahres die Angebote eingehen und ausgewertet werden. Die so genannte 25-Millionen-Vorlage, der Beschlussvorschlag fürs Parlament, soll im ersten Halbjahr 2021 vorliegen.
Ebenfalls nicht Thema der Beschlüsse des Haushaltsausschusses war der vom Verteidigungshaushalt gebilligte Antrag zur besseren Ausstattung der VJTF und damit verbunden die Bitte, die Beschaffung von 80 zusätzlichen Kampfpanzern zu prüfen. Das bleibt damit eine Aufgabe, die – wenn überhaupt – im Rahmen des bewilligten Etats passieren muss.
Vor der Bereinigungssitzung hatte es im politischen Berlin etliche Gerüchte gegeben, über neue, plötzlich auftauchende Rüstungsprojekte wie ein weiteres Los von fünf Korvetten für die Marine. Das hat sich nicht bewahrheitet – aber diese Themen können ja noch später nachkommen.
(Archivbild Juni 2018: In der Übungsstadt Schnöggersburg im Gefechtsübungszentrum Altmark)
Wie Sie schon sagen: „…oder eben auch nicht.“
Aber das Bild stimmt dafür auf die ja nun bald beginnende Weihnachtszeit ein. Ohne Geschenke…
Mit 15 Korvetten wäre der bereits 1995 (!) definierte Bedarf gedeckt. Diese Zeiträume sprengen meine Vorstellungskraft…
Ansonsten bleibt es insbesondere für das Heer beim Alt bekannten. Too little… Too late
pi
Tja, damit wird es endgültig bei der VJTF 2023 erneut zu Lücken bei anderen Verbänden kommen und es wird Substitute geben müssen. Entgegen jahrelanger Ankündigungen.
Mal sehen was die Eckwerte für 2021-2024 (Haushalt und Finanzplan) im Frühjahr 2020 bringen. Sollte es da nicht zu erheblichen Verbesserungen kommen, sind die Zusagen bzgl. Fähigkeiten an die NATO nicht mehr einzuhalten.
Und für PEGASUS wurde ebenfalls schon wieder kein Geld bereitgestellt. Bin gespannt ob die US Navy ihr Angebot für die Triton erneut verlängert oder nun zurückzieht.
@TW: danke für die aktuellen Infos
die zusätzlichen Leopard sollten ja auch prinzipiell von Geldern bezahlt werden die in 2019 nicht abgerufen werden konnten weil sich andere Projekte verzögert haben… das ist vllt erst Anfang 2020 ersichtlich was hier an Geld „übrig“ ist…
jedoch kann ja auch ein gewisser Betrag mit ins nächste Jahr genommen werden…
gibt es hier schon Anhaltspunkte wie viele Mio € übrig bleiben werden?
weitere sinnvolle Beschaffungen wenn Geld übrig ist wären (weitere Boxer)
dass sich TLVS weiter verzögert verwundert ja nicht… hier gibt es weiterhin viele offene Fragen… dafür wurde Patriot ja auch geupdatet und man hat eigentlich Ruhe bis 2030 … weitere PAC3 MSE wurden ja auch bestellt…
nichts desto trotz sollte man hier langsam vorankommen und wissen was man will
hier wäre es wichtiger bei einer SHORAD Lösung fürs Heer voranzukommen
bzgl STH kann ich die Verzögerungen nicht ganz nachvollziehen… hier ist ja schon eine Weile klar dass man zwischen A und B wählen muss…
hier sind die lahmen Beschaffungsprozesse wohl einer der Hauptgründe für die Verzögerungen… oder die Tatsache dass man hofft noch mehr Aussagekraft über die Leistungsfähigkeit der CH53K zu bekommen!?
das „Gerücht“ bzgl. 5 weiterer K130 finde ich positiv… da man so wohl recht schnell die Flaggenstöcke mit einer Einheit erhöhen könnte die für 80% der aktuellen Aufgaben geeignet ist… und so die sich anbahnende massive „10-Jahres Lücke“ bei den Fregatten schnell schließen könnte…
wenn man an das 2. Los jetzt lückenlos nachbestellt dürften die 5 weiteren Korvetten wohl auch nochmal etwas günstiger werden…
Eine vollausgestattete Brigade 2023…
Daran werden sich die Damen und Herren messen lassen müssen, auch wenn man hinterher bedröppelt Feststellen muss, dass man den Mund zu voll genommen hat.
Bis dahin muss man erstmal MoTaKo klären und vor allem PersAusrstg vermehrt beschaffen, das dürfte als Hürde genügen. Nicht das am Ende wieder Sturmhauben eingesammelt werden müssen.
Hier kurz die aktuellen Eckwerte für die Finanzplanung vom 9. August 2019:
„Im Entwurf des Bundeshaushalts 2020 sind im Einzelplan des BMVg Ausgaben von über 44,9 Mrd. € veranschlagt, damit liegen die für das Jahr 2020 vorgesehenen Ausgaben rd. 2 Mrd. € über dem bislang geltenden Finanzplan. Im Finanzplan bis 2023 sind für das Jahr 2021 rd. 44,08 Mrd. €, für das Jahr 2022 rd. 44,10 Mrd. € und für das Jahr 2023 rd. 43,98 Mrd. € vorgesehen.“
https://www.bundesrat.de/SharedDocs/drucksachen/2019/0301-0400/331-19.pdf?__blob=publicationFile&v=1
Wenn ich Memoria (und andere) richtig verstanden habe, ist das Problem, dass ein Verteidigungshaushalt über dem Finanzplan zwar möglich und nett ist, diese zusätzlichen Gelder aber nicht in langfristige Rüstungsprojekte (die über mehrere Jahre laufen) investiert werden können.
Stichwort: Verpflichtungsermächtigungen
Oder?
@Kevo:
Vor diesem Hintergrund ist es interessant/amüsant/traurig, dass die Luftwaffe mit einem ganzen Bündel an fliegenden EloKa-Plattformen plant, obwohl nicht einmal die Aufklärung (sprich: PEGASUS) steht.
https://www.janes.com/article/92552/germany-sets-out-challenging-airborne-electronic-attack-timeline-for-nato
@K.B.:
Das Problem ist nicht der Finanzplan, sondern seine fehlende Steigerung. Deswegen fehlen Verpflichtungsermächtigung.
Das Beispiel luWES zeigt ziemlich gut welche, mittlerweile völlig unrealistischen, Zusagen die Bundesregierung gegenüber der NATO gegeben hat.
@obiber:
Schon dieses Jahr hat das BMVg die Möglichkeit vertan überjährige Mittel zu nutzen. Selbst wenn dies nun besser sein sollte, ist eine Verwendung für die KPz unrealistisch.
Zusätzliche Korvetten sind auch vom Tisch.
Der Haushalt ist die Grundlage für politisches Handeln – und nicht irgendwelche Wünsche und unrealistische Vorstellungen.
@Obibiber : Der STH zieht sich wie ein Kaugummi. Bis 13.1. sollen nun die finalen Angebote eingehen, und bis die ausgewertet sind…stand Juni ist man im Auswahlverfahren ein Jahr im Rückstand…
Was den Boxer angeht : Wieviele benötigt das Heer denn? Ich habe 90 für Luftabwehr und Ausstattung mit einer Haubitze gelesen, aber auch von ca 280 mehr.
Evtl. können Sie mir hier Klarheit geben.
Bei einem Stückpreis von 2,5 – 3, 0 Mio wären das 270 – 840 Mio €.
Das sollte doch machbar sein.
Es wird dunkel, von Trendwende Material mit einer notwendigen umfassenden Modernisierung kann damit nicht mehr die Rede sein. Das Erreichen eines 1,5% Ziel in 2024 ist aus meiner Sicht dadurch ebenfalls illusorisch.
Es werden nun sehr viele Erneuerungsprojekte auf der Strecke bleiben. Der Rüstungsdreiklang aus schieben, streichen und strecken bleibt somit die bewährte von der Politik vorgegebene Arbeitsmethode in Koblenz/Bonn/Berlin.
Es soll sich bitte niemand mehr wundern wenn die Mangelwirtschaft der letzten Jahrzehnte nun ihre Fortsetzung findet.
@BG:
bzgl STH… und das mit recht klaren Rahmenbedingungen…
bzgl Boxer… gute Frage… also im Gespräch sind ca 90 Boxer für Luftabwehr, 108 AGM/Donar als Ergänzung zur PZH2000, ca 80-90 als schwerer Waffenträger (also IFV) … da sind wir knapp bei 300 Stück… außerdem gibt es noch ein paar andere interessante Varianten… und ein paar weitere für die Infanterie als Fuchs Ersatz wären bestimmt auch nicht verkehrt…
weitere bewehrte Einheiten zum Lücken füllen wäre ein bewaffneter LUH auf H145M Basis… da gibt es auch großen Bedarf als zuverlässige/günstige Ergänzung zum Tiger…
da sind 2 Projekte wo man problemlos überschüssige Millionen investieren kann und einen großen Mehrwert schafft
@Ha-Wa
Wenn das Motiv war die Motivation zu stärken indem man die Brücken verbrennt wäre das nicht okay?
[Das ist sehr OT… und beinhaltet auch ein Missverständnis. Ich lasse das hier erstmal als Merkposten stehen; zu Eurofighter ECR werde ich bei Gelegenheit einen neuen Thread aufmachen, dann lösche ich den Kommentar an dieser Stelle. T.W.]
Ist sehr Off Topic aber der Eufi ECR Threat ist leider schon zu….. Sorry @TW 🙊
Laut Janes die Brigadier-General Christian Leitges zitieren geht es bei der ECR Sache um drei Typen. Und insgesamt geht es wohl nur um die 12 Growler oder Eufi ECR. Wäre es für so wenige Flugzeuge nicht sinnig die Growler zu kaufen anstatt jetzt nochmal (wahrscheinlich) riesige Summen in den Eurofighter zu stecken? Und bei zwölf Maschinen eines Spezial Eurofighters wäre die Klarstandsrate auch sicher nicht sehr hoch…
Hier mal das Zitat:
“According to Gen Leitges, Project luWES is based upon a three-strand system-of-systems (SoS). This comprises a stand-off jammer aircraft, an escort jammer, and a stand-in jammer. The stand-off jammer would consist of about 10 larger aircraft yet to be acquired by the Luftwaffe that would operate at a distance from the target area using an integrated/podded/or palleted EA system; the escort jammer that would be about 12 Eurofighter ECR or Boeing EA-18G Growler platforms; while the stand-in jammer would be an unknown number of small expendable assets such as Remote Carrier unmanned aerial vehicles (UAVs) or MBDA SPEAR-EW decoys operating in the ground-based air defence system’s no-escape zone.“
https://www.janes.com/article/92552/germany-sets-out-challenging-airborne-electronic-attack-timeline-for-nato
@obiber:
Die Frage ist weniger was noch zusätzlich gekauft werden sollte, sondern was nicht mehr finanzierbar ist.
Eventuell nicht abgeflossene Mittel sollen bereits Finanzierungslücken in anderen Bereichen (z.B. Bekleidung) abdecken.
Grossvorhaben so zu finanzieren funktioniert nicht.
Insgesamt darf ich auch an die Diskussion zum gleichen Thema erinnern:
https://augengeradeaus.net/2018/11/aufgestockter-verteidigungshaushalt-soll-grosse-ruestungsprojekte-ermoeglichen/
Die Vorstellung es seien nun noch kurzfristige Beschaffungen von Fahrzeugen möglich ist illusorisch. Die Planung steht somit weitgehend auf der Stelle. Insbesondere weil überjähriges Planungsvolumen und z.T. Personal im BAAINBw fehlt.
@Memoria
Dass es aufgrund der Kurzfristigkeit des eingebrachten Ansinnens dieses Jahr zu keiner Beschlussfassung in puncto 80 Leopard 2 mehr käme, war abzusehen. Immerhin reden wir über ugf. 700 Mio. Euro. Da hätte man früher ankommen müssen; die haushalterischen Abstimmungen zwischen den einzelnen Ressorts und dem Finanzministerium beginnen früh im Jahr, meist im März oder April und laufen nach dem Prinzip wer zuerst kommt, malt zuerst.
Davon abgesehen wird KMW ohnehin erst die Panzer für Ungarn fertigen. Solange das Thema nächstes Jahr wieder auf den Tisch kommt – und dies wird es gewiss, weil mit CD/SU, FDP und AfD eine Mehrheit im Ausschuss dafür ist –, mache ich mir keine großen Sorgen.
An die Boxer kommt man ab 2020/2021 schneller und billiger als jetzt, weil unszuland mehr Kapazitäten freiwerden, sobald die Produktion in Großbritannien und Algerien angelaufen ist.
Dass sich die Beschlussfassung hinsichtlich des neuen schweren Transporthubschraubers verzögert, kann sich je nach Ursache als positiv oder negativ herausstellen. Natürlich muss ein Ersatz her; nach allem, was man hört, sind im Schnitt gerade mal 10× CH-53GA/S einsatzbereit. Doch hat das USMC dieses Jahr die Herstellung der Einsatzbereitschaft der CH-53K um abermals 24 Monate verschoben; die Maschine lässt wirklich keine Kinderkrankheit aus. Solange beide Muster im Rennen sind, ist es mir lieber, man sieht sich das Ganze aus der Ferne an und entscheidet in voller Kenntnis der Sachlage, anstatt sich auf ein Modell festzulegen, dass vielleicht noch viele Jahre in Limbo hängt.
@muck:
„Da hätte man früher ankommen müssen; die haushalterischen Abstimmungen zwischen den einzelnen Ressorts und dem Finanzministerium beginnen früh im Jahr, meist im März oder April und laufen nach dem Prinzip wer zuerst kommt, malt zuerst.“
Das ist im Regelfall so, das letzte Wort hat aber der Bundestag (siehe K130, 2. Los; KPz Leopard 2A7V). Dieses Mal fehlte es wohl an der Überzeugung im Haushaltsausschuss.
Das Vorhaben wäre ja auch auf mehrere Jahre angelegt – dafür muss es aber haushalterisch abgebildet sein. Ob das Thema nächstes Jahr nochmal aufkommt, hängt vorallem davon ab inwieweit sich die Koalition auf eine weitere Steigerung des EPl. 14 einigen kann.
Eine vermeintliche alternative Mehrheit zu einem Einzelthema gibt es nicht (wäre das Ende der Koalition).
Die Verteidigungspolitiker der Koalition sind offenbar für einen Anstieg auf 1,5%.
Die Spitzen der Koalition in den Parteien und Fraktionen sind sich da nicht so einig.
Solange es diese Einigung nicht gibt, sind auch weitere Beschaffungsideen illusorisch, da ja schon alle bekannten Großvorhaben im aktuellen Finanzrahmen nicht realisierbar sind.
Beim STH sehe ich das entspannter.
Das Vorhaben ist aufgrund der Verzögerungen bei TLVS ziemlich sicher finanziert. Die Angebote werden erstellt, es folgen die Bietergespräche, Vertragsverhandlungen, evtl ein BAFO, ein Zuschlag, die 25-Mio-Vorlage.
Da ist der genannte Zeitrahmen schon realistisch und somit ein Vertragsschluss vor dem Bundestagswahlkampf 2021 möglich.
DasBMVg zu den Entscheidungen des Haushaltsausschusses:
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/verteidigungshaushalt-weiter-im-aufwaertstrend-149988
Dabei ist auch interessant was so alles nicht erwähnt wird.
Da der SPIEGEL nun ja auch über einen Spezialkräfteeinsatz in Mali berichtet (https://www.spiegel.de/politik/deutschland/neue-bundeswehrmission-in-afrika-und-asien-geplant-a-1296655.html, nicht wirklich mehr als hier vor einer Woche), wird es wohl nächstes Jahr auch noch in diesem Bereich ausserplanmässige Ausgaben geben.
Denn bisher gibt es angeblich im BMVg keine „konkreten Pläne“. Angeblich sind 500 Soldaten für den Einsatz vorgesehen. Da gibt es dann immer Mehrkosten für Personal, Infrastruktur, Material, Materialerhalt.
Mehr Verantwortung kostet halt auch Geld.
Das Geld findet sich im Haushaltsvollzug eigentlich immer, fehlt dann aber meist an anderer Stelle.
[Ich würde diesen OT hier ungern weiter verfolgen – es steht, wie schon angemerkt, nicht wirklich mehr drin als hier vor zehn Tagen, und ein Dementi gibt’s auch schon.
https://www.aa.com.tr/en/europe/germany-no-plans-for-missions-to-mali-south-china-sea/1646742
Deshalb steht das Thema aber natürlich trotzdem auf Wiedervorlage – wenn es was Neues dazu gibt… T.W.]
Tut mir Leid, da hatte ich zu früh Enter gedrückt.
@Memoria
Zitat: „Das ist im Regelfall so, das letzte Wort hat aber der Bundestag (siehe K130, 2. Los; KPz Leopard 2A7V). Dieses Mal fehlte es wohl an der Überzeugung im Haushaltsausschuss.“
Alle Fachausschüsse bereiten „nur“ die Beschlüsse des Plenums vor. Ich verwies auf das gängige Prozedere deshalb, weil es keinesfalls an Überzeugung gemangelt haben muss. Es ist nämlich so, dass der Haushaltsplan de facto vom Finanzminister unter Mitwirkung der Koalitionsspitzen festgelegt und dem Haushaltsausschuss als geschnürtes Paket zur Beratung übermittelt wird. Ebendieses Paket wird selten noch einmal aufgeschnürt.
Dies ist auch gar nicht gewollt. Wenn ich mich recht erinnere, haben überhaupt nur die Obleute die Befugnis, den Antrag auf Abstimmung über Änderungsanträge zu stellen. Soll heißen, die einfachen Mitglieder könnten keine Änderungsanträge einreichen, selbst wenn sie es wollten.
Zitat: „Das Vorhaben wäre ja auch auf mehrere Jahre angelegt – dafür muss es aber haushalterisch abgebildet sein. Ob das Thema nächstes Jahr nochmal aufkommt, hängt vorallem davon ab inwieweit sich die Koalition auf eine weitere Steigerung des EPl. 14 einigen kann.“
Nicht unbedingt. Der Kauf von weiteren Leoparden ist politisch relativ gefahrlos, weil man auf einen akuten Anlass (eingegangene Verpflichtungen) verweisen kann und das Projekt keine unangenehmen Überraschungen oder Kostensteigerungen verspricht.
Auch sehe ich den Zeitplan noch nicht allzu kritisch, v.a., wenn man die Alternative bedenkt, nämlich ohne ein einziges Fahrzeug mehr ins schicksalsschwangere Jahr 2023 zu gehen. So gesehen wäre jeder zusätzliche Leopard 2 ein Gewinn.
Übrigens besteht industrieseitig durchaus die Möglichkeit, selbst bei einer Auftragerteilung 2021 oder 22 zumindest noch das Gros der angedachten 80 Leoparden zu liefern, sofern kein anderes Land zuerst bestellt. Die Panzer für Katar hat man auf einer einzigen Fertigungsstraße in einer (statistischen) Rate von 1 Fahrzeug alle 10 Werktage produziert, was bei 248 Werktagen 24-25 Panzer ergibt. KMW hält aber eine zweite Fertigungsstraße offen. Sollte sie besetzt werden können, könnte man die 80 Panzer in weniger als zwei Jahren produzieren. Selbst mit einer einzigen Fertigungsstraße wären es aber kaum mehr als drei Jahre.
Zitat: „Eine vermeintliche alternative Mehrheit zu einem Einzelthema gibt es nicht (wäre das Ende der Koalition).“
Ich sprach nicht von einer Beschlussfassung gegen die Stimmen der SPD. Doch scheint im Verteidigungsausschuss zu dem Thema relative Einigkeit zu herrschen, sodass man getrost hoffen darf, dass die Vorlage in die Kategorie ‚verschoben, aber nicht aufgehoben‘ fällt.
Zitat: „Die Spitzen der Koalition in den Parteien und Fraktionen sind sich da nicht so einig.“
Die CDU ist relativ geschlossen dafür, die SPD ist in Teilen und in Person der Fraktionsspitze dagegen. Dort bedient man nach wie vor den Narrativ, die „Trendwende Material“ sei eine Aufrüstungskampagne. Doch wie mehrere Leser zu Recht angemerkt haben, ließe sich der Kauf selbst im bestehenden Finanzrahmen realisieren. Zum Nachteil anderer Haushaltsposten, gewiss, doch muss das Heer angesichts der eingegangenen Verpflichtungen zweifellos einen klaren Vorrang haben.
Dies ist auch für die öffentliche Wahrnehmung wichtig, sowohl innerhalb Deutschlands als auch in der NATO. Probleme mit Flugzeugen, deren Bordcomputer die Rechenleistung früherer Supercomputer aufweisen, kann man der Öffentlichkeit noch vermitteln. Einen Panzer, in dem ein schwarz angemalter Besenstiel die Waffenanlage vertreten soll, eher weniger.
@T.W.:
Auf das Dementi hatte ich mich ja bezogen.
Bemerkenswert nach all den Reden und Interviews der Ministerin zu mehr Verantwortung in der Sahelzone gibt es dazu also offiziell keine konkreten Pläne.
Das ist entweder ziemlich unprofessionell oder unwahr.
Und wenn man keine Pläne hat, dann kann man auch schwierig Vorsorge im Haushalt schaffen.
Aber ist ja O.T. – bis es Geld kostet.
Aus meiner Sicht ein weiteres Beispiel für die Widersprüche zwischen reden und handeln (besonders sichtbar im Haushalt).
Hoffe diese Replik zum O.T. ist noch akzeptabel.
@Muck:
„Ebendieses Paket wird selten noch einmal aufgeschnürt.“
Die Bereinigungssitzung schnürt das Paket jedes Jahr erheblich auf:
https://www.presseportal.de/pm/7846/4440489
Änderungen erfolgen über die jeweiligen Arbeitsgruppen Haushalt der Regierungsfraktionen. Ein einfacher Abgeordneter muss seine Kollegen in der Arbeitsgruppe für Änderungsanträge gewinnen. Was die Fachpolitiker wollen, ist dabei meistens weniger relevant (siehe Leoparden).
Ohne Einplanung im Haushalt kann kein Beschaffungsverfahren beginnen, egal welche industriellen Kapazitäten bestehen.
Deswegen ist das Ergebnis der Bereinigungssitzung so wichtig.
In den Diskussionen hier um Haushalt und Beschaffungen gibt es sehr häufig Vorstellungen, die mit den wirklichen Verfahren in Legislative und Exekutive wenig zu tun haben.
Ich hatte ja schon auf die Paradebeispiele K130 und Leopard 2A7V verwiesen. Zunächst bedarf es einer Abbildung im Haushalt (inkl. Verpflichtungsermächtigung), ggf. Erstellung der bedarfs- und haushaltsbegründenden Dokumente, dann Angebotsaufforderung, Vertragsverhandlungen, 25-Mio-Vorlage, Vertragsschluss, Lieferung.
Es gibt auch nicht nur im Bereich des Heeres Zusagen an die NATO, die nicht materiell hinterlegt sind. Luftwaffe, Marine, ZSanDst, SKB und CIR haben ebenfalls erhebliche „Hausaufgaben“ (siehe oben).
Zudem ist die VJTF mehr als die Landkomponente.
Die Summe dieser Dinge ist im Fähigkeitsprofil zusammen gefasst, daraus ergibt sich die Finanzbedarfsanalyse. Die aktuelle Haushaltsplanung bis 2023 liegt im Bereich von 30 Mrd € unter der Finanzbedarfsanalyse.
So ist die Gesamtlage.
Es hilft wenig dabei immer nur einzelne Aspekte herauszugreifen. Insgesamt passen Auftrag, Kräfte und Mittel nicht zusammen.
Solange die Koalition (nicht nur die SPD, sondern auch die Kanzlerin) diese Fakten weiter negiert, wird es auch nicht wirklich besser werden können.
@Memoria:
Bzgl. Ihrer Aussage, dass man derzeit ca. 30 Mrd. unter der FBA liegt sei angemerkt, dass dies schon „schöngerechnete“ Zahlen sind. Wir haben innerhalb der Bundeswehr die Situation, in der die Haushaltsmittel für notwendige Maßnahmen an den Bestandssystemen fehlen. Gleichzeitig will man Fähigkeiten aufwachsen lassen und baut auch noch Luftschlösser.
Mit den derzeit veranschlagten Mitteln geht es, abgesehen von ein paar Inseln, in der Fläche weiter bergab.
@Woody:
Volle Zustimmung. Ich habe mich auf die offizielle und öffentlich zugängliche Zahl bezogen. Dies zeigt eigentlich recht deutlich, dass 1,5% mindestens notwendig sind.
Alle reden von notwendiger Vollaustattung, nur die Rechnung und die notwendigen Schritte im Bundeshaushalt wollen nicht alle nachvollziehen.
Wenn die Ministerin zu den nächsten Eckwertebeschlüssen eine Änderung erreicht, dann wird es auch danach in dieser Koalition nichts mehr. Sie hat als Ministerin und Parteivorsitzende eine interessante Doppelrolle im Koalitionsausschuss und im Bundeskabinett. Sie selbst hatte ja verkündet, dass ihre Amtsübernahme ein Signal dafür sei, dass die Bundeswehr für die CDU oberste Priorität habe.
Abseits all der Reden und Interviews wird sich dies im Haushalt bewahrheiten müssen.
Oder eben auch nicht wie im letzten Koalitionsausschuss zum Haushalt als die Kanzlerin und AKK die Forderungen nach einem Aufwuchs des EPl. 14 gemäß Fähigkeitsprofil nicht wirklich unterstützten.
Die SPD wird sich bis dahin auch noch schütteln, auch da muss man sich dann entscheiden.
Oder man fährt wieder „auf Sicht“ und macht damit jede sinnvolle Planung unmöglich.
Prust… immer noch keine CH-53 Nachfolge beschlossen. Das Thema war schon während meinem Schulpraktikum bei den Heeresfliegern aktuell. Das war 2003.
@Memoria
Zitat: „Die Bereinigungssitzung schnürt das Paket jedes Jahr erheblich auf“
Das kann man so nicht sagen. Ich habe im 17. Bundestag für die FDP-Fraktion gearbeitet und kann Ihnen versichern: Wenn nicht gerade ein Atomkraftwerk explodiert und die Regierung die Leitlinien ihrer Politik umwirft, steht der Haushaltsplan inoffiziell sehr früh ist. Dies allein deshalb, weil Koalitionsregierungen i.d.R. unheimlich auf ihre Außenwirkung bedacht sind.
Zitat: „Ohne Einplanung im Haushalt kann kein Beschaffungsverfahren beginnen, egal welche industriellen Kapazitäten bestehen.“
Das ist mir durchaus klar. Ich wollte lediglich andeuten, dass eine Verschiebung der Auftragvergabe ins kommende Jahr noch nicht automatisch bedeuten muss, dass 2023 kein einziges Fahrzeug mehr auf dem Hof steht.
Zitat: „Es hilft wenig dabei immer nur einzelne Aspekte herauszugreifen. Insgesamt passen Auftrag, Kräfte und Mittel nicht zusammen.“
Absolut. Ich würde behaupten, dies liegt daran, dass es keinen Auftrag gibt, der den Namen verdiente. Wenn die Regierung ihr eigenes Weißbuch missachtet, setzt sie damit ein eindeutiges Zeichen, dass sie die darin skizzierten Ziele als entbehrlich und die genannten Herausforderungen als trivial oder ganz und gar inexistent betrachtet. Sie kann also die Finanzierung dieser Ziele gar nicht mehr glaubhaft befürworten, noch entsteht denen ein politischer Schaden, die sich dagegenstellen.
Zitat: „Solange die Koalition (nicht nur die SPD, sondern auch die Kanzlerin) diese Fakten weiter negiert, wird es auch nicht wirklich besser werden können.“
Frau Merkel regiert nach dem Prinzip ‚divide et impera‘. Anders lässt sich nicht erklären, warum sie ihre Richtlinienkompetenz schlechterdings ruhen lässt, während ihre Minister sich duellieren, und am Ende sich auf die Seite des Gewinners schlägt. Allein der Gewinner ist in der Regel die SPD. Die schlechten Umfragewerte der Partei machen ihre Ursache vergessen und täuschen über die Popularität ihrer Politik hinweg. Die SPD ist lediglich entbehrlich geworden, weil sie Positionen vertritt, die von Grünen, Linkspartei und, auf genanntem Wege, auch von der Union zur Genüge vertreten werden.
Sozialstaatliche Belange, überhaupt fiskalische Belange mit unmittelbarerer Außenwirkung für die Bevölkerung, diffuse pazifistische Ängste, anti-amerikanische und anti-imperialistische Ressentiments, der Wunsch nach einer Ostbindung deutscher Außenpolitik; diese komplizierte Gemengelage bewirkt, dass Frau Merkel selbst in dieser ihrer letzten Amtszeit, in der sie den Konflikt nicht mehr zu scheuen bräuchte, keine finanzielle Ertüchtigung (alias Aufrüstung) der Bundeswehr mehr betreiben wird.
Aber, und ich sage es nochmals: Der internationale Vergleich beweist, dass auch mit dem vorliegenden Etat mehr drin sein müsste.
Selbst mit einem 2%-Etat würde ich mir nur punktuelle Verbesserungen erwarten, in Wahrheit würden die Probleme wohl bloß maskiert wie Schlaglöcher, die man gelegentlich mit Schotter füllt, anstatt sie wirklich zu beseitigen. Es ließe sich hier viel intern regeln. Viel wäre schon erreicht, wenn man endlich einen Bürokratieabbau in Angriff nähme, der den Namen verdient.
[Ich lasse den Kommentar trotz aller Bedenken mal stehen – die allgemeinpolitische Befindlichkeit, egal in welche Richtung, ist hier wirklich nicht Thema und damit ist das schon ziemlich OT. Wäre nett, wenn das nicht zum Standard würde. T.W.]
Herr Wiegold, gab es letzte Woche vielleicht doch einen erwähnenswerten Maßgabebeschluss zum STH? Hartpunkt.de deutet da sowas an. Leider hinter der Paywall…
[Ich wüsste nicht, und mir scheint die Überschrift bei hartpunkt.de auch nicht in die Richtung zu deuten, aber ich versuche mal was rauszufinden. T.W.]