Bei den EU-Ausbildern in Mali: AKK will Debatte über Veränderung des deutschen Mali-Engagements anschieben (m. Korrektur)
Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer hat ihre Afrika-Reise mit einem Besuch bei der EU-Ausbildungsmission in Mali fortgesetzt – und wie schon am Vortag im Niger zeichnet sich ab, dass die Ministerin für die im kommenden Frühjahr anstehende Verlängerung der Bundeswehr-Beteiligung sowohl an der EU-Mission als auch an der UN-Blauhelmtruppe MINUSMA im Land eine Debatte über Veränderung der deutschen Aufgabe anstoßen will.
Kramp-Karrenbauer ließ sich am (heutigen) Montag die Ausbildung malischer Soldaten in Koulikoro vorführen, im vergleichsweise ruhigen Zentral-Mali. EU-Trainer aus 22 Nationen, darunter derzeit 18 EU-Ländern (noch einschließlich der Briten) bringen der malischen Armee dort von infanteristischen Grundfertigkeiten bis zu Spezialkenntnissen wie Bombenentschärfung , aber auch Völkerrecht das bei, was eine Armee im Kampf gegen zunehmende terroristische Aktionen in einem flächenmäßig großen afrikanischen Land braucht.
Ausbildung bleibe auch weiter wichtig, sagt der deutsche Kontingentführer, Oberst* Christian Schmidt – und wünschen würde er sich von der Bundeswehr vor allem eines: nicht unbedingt mehr, aber mehr französischsprachige* deutsche Ausbilder. Zunehmend müsse es zudem darum gehen, mit der Ausbildung von Multiplikatoren die malische Armee in die Lage zu versetzen, selbst ihre Soldaten auszubilden. Nach dem Fast-Fall Malis an islamistische Gruppierungen sei das Training von Einheiten sinnvoll gewesen, inzwischen bringe das nichts mehr: Das könnten wir 100 Jahre machen.
Die vergleichsweise kleine EU-Ausbildungsmission mit rund 725 Soldaten – zum Vergleich: Die UN-Mission MINUSMA bietet mehr als 13.000 auf – lenkt aber den Blick auch auf die zunehmenden Probleme in Mali – wie auch in den Nachbarländern. Terroristische Gruppierungen, Anti- und Pro-Regierungsgruppen und dazu ethnische Spannungen verschärfen die Sicherheitslage kontinuierlich, und nicht immer spielen die malischen Streitkräfte dabei eine gute Rolle. Die Konflikte greifen zudem auf vorher ruhige Landesteile über – auch das EU-Trainingscenter in Koulikoro war im Februar Ziel eines groß angelegten Angriffs mit rollenden Bomben, der nur durch Glück folgenlos blieb.
Die EU-Ausbildungsmission, der UN-Einsatz und dazu die Anti-Terror-Mission Barkhane der französischen Streitkräfte – alle engagieren sich in Mali, ebenso, zumindest formal, eine gemeinsame Streitkraft von fünf Staaten der Sahelzone. Die Bestrebungen, die UN-Mission mit dieser regionalen Streitkraft zusammenzubringen, scheinen zwar nach ersten Anläufen 2017 an Fahrt verloren zu haben.
Allerdings, und darauf deuten die Aussagen Kramp-Karrenbauers hin, gibt es offensichtlich Bestrebungen, die verschiedenen internationalen Aktivitäten im Land besser zu koordinieren und zu vernetzen – und dabei könnte es auch um ein stärkeres, oder vielleicht auch anderes, deutsches Engagement zu verstärken. Die Ministerin blieb dabei ein bisschen vage, wie in ihrem Pressestatement in Koulikoro nachzuhören ist – wenn auch eines klar wurde: Die CDU-Vorsitzende ist keine, die für ein Ende des deutschen Einsatzes in Mali plädiert:
Dazu passt der ebenfalls am Montag veröffentlichte Bericht von UN-Generalsekretär Antonio Gutierrez zur Situation von MINUSMA an den Sicherheitsrat. Zur Sicherheitslage in Mali heißt es darin unter anderem:
The security situation remained complex in both northern and central Mali. Attacks by terrorist groups perpetrated predominantly in northern Mali continued to target national defence and security forces, MINUSMA and international forces with improvised explosive devices, rocket and mortar attacks and small arms fire. Confrontations between armed groupsand their respective communities led to violent clashes in Gao, Ménaka and Timbuktu regions. (…)
Extremists carried out 62 asymmetric attacks, with northern Mali recording the majority thereof (67 per cent, including in Timbuktu (15), Gao (14), Kidal (10) and Ménaka (3) regions), followed by 31 per cent in Mopti (17) and Ségou (2) regions and 1 attack in Kayes region. The number of such attacks is similar to the number recorded in the previous reporting period, in which 59 attacks were perpetrated, mostly in the northern regions (58 per cent). (…)
MINUSMA, national defence and security forces and international forces continued to be targeted by asymmetric attacks. There were 20 attacks against MINUSMA –in Kidal (6), Timbuktu (5), Gao (4), Mopti (3) and Ménaka (2) regions–resulting in the death of 1 contractor and the injury of 25 peacekeepers, 3 civilians and 4 contractors. In the previous reporting period, there had been 12 attacks against MINUSMA, resulting in the death of 4 peacekeepers and the injury of 12.
Vom Besuch der deutschen Ministerin in Koulikoro noch ein paar optische und ein akustischer Eindruck:
KORREKTUR: Kontingentführer Christian Schmidt ist Oberst, nicht Oberstleutnant. Und natürlich wünscht er sich nicht mehr deutschsprachige, sondern mehr französischsprachige deutsche Ausbilder. Ich bitte die Fehler zu entschuldigen.
Der deutsche Kontingentführer wünscht sich von der Bundeswehr mehr deutschsprachige Ausbilder?!?!?
Wen haben wir denn bisher hingeschickt? Bayern? Sachsen? (SCNR)
[Mein peinlicher Fehler, den ich jetzt korrigiert habe: Mehr französischsprachige deutsche Ausbilder natürlich. Sorry. T.W.]
Wieviele Ausbilder stellt die Bundeswehr den in Mali? Also salopp gesagt, was ist der bang for the buck?
Wie auch schon hier thematisiert: egal unter welchem Hut wir uns dort engagieren, wenn wir nicht bei Bakane oder begleitend (mit-)kämpfen, ist das Kräfte- und Materialverschwendung.
Wenn es an französischsprachigen Ausbildern fehlt, sollten halt die Franzosen das Training stemmen und wir entlasten sie an anderer Stelle. Es scheint mir ziemlich unsinnig, französischsprachige Ausbilder aus Deutschland zu erwarten. In manchen Bundesländern lernen kaum 10% der Schüler Französisch.
Die Ankündigungen sind ja recht wage. Auch das zu erreichende Ziel wäre noch zu definieren.
Ich frage mich immer, wenn ich solche Ankündigungen lese (oder höre), mit welchem Personal und vor allem mit welchem Material soll das stattfinden? Man schaue sich nur die logistischen Klimmzüge für die VJTF-Brigade an und das, was dem „Rest“ des Heeres an Material geblieben ist.
@0300-Infantrie:
Es sind bei EUTM Mali aktuell 8 deutsche Ausbilder.
In einem Bericht des BMVg zur Ministerreise heisst es dazu:
„Derzeit gibt es 83 Ausbilder, davon sind acht Deutsche. Zu wenige Ausbilder, zu viele Unterstützungssoldaten – so der Vorwurf. Ein Verhältnis von knapp 1:9. „Das Kräfteverhältnis ist gut. Wir brauchen einfach die Unterstützer wie beispielsweise die Sanitäter“, erklärt der Kontingentführer.
https://www.bmvg.de/de/aktuelles/einsatz-verteidigungsministerin-in-mali-128982
@Muck:
EUTM entstand ja zur Entlastung der Franzosen beim Übergang von Operation Serval zu Operation Barkhane.
Die nun von der Ministerin geforderte verbesserte Zusammenarbeit der einzelnen Missionen ist ja durchaus sinnvoll.
Aber noch scheint nicht klar zu sein, was das konkret bedeutet. Es gibt ja schon länger die Forderung der Franzosen EUTM einen Mentoring-Auftrag zu geben. Das wäre ein praktischer Ansatz zur besseren Zusammenarbeit.
Da wären dann wiederum die Bedenken in Berlin sicherlich wieder besonders groß (kein Kampfeinsatz!).
Wenn man das zivile und militärische Engagement verstärken will, dann müsste man zunächst mal eine echte Strategie haben.
Längst vergessen scheint die Aussage des damaligen GI (Gen Wieker), der EUTM als zeitlich begrenzt ansah bis die ersten Gefechtsverbände ausgebildet sind.
Mission creep par excellence…
Ein Teil der Bilder oben zeigt die Kadetten der verschiedenen Jahrgaenge an der Offiziersschule CIBSSK beim Exerzieren ( und das wird tagelang geuebt, nicht stundenweise), die Ausbildung durch ETTF EUTM findet im hinteren Teil des CIBSSK statt ( da zumindest bis 2017 der Ex-Platz nur nach Genehmigung des Schulkommanduers bzw. des malischen Major de Camp genutzt werden durfte). Die Kadetten selbst haben mit der Ausbildung durch EUTM nichts zu tun, ob AKK diese Feinheiten zu unterscheiden weiss? (wenn mich meine Erinnerung nicht truegt ist sie im Gespraech mit Colonel Dembele, der zum Schulkader gehoert(e) und weiter nichts mit EUTM zu tun hat). Vor drei Jahren wurden die EUTM-Lehrgangsteilnehmer mit AK-Holzgewehren bzw. „Erbsenschleudern“ (im AK-47 Look, und ja, wir sprechen von dem Kinderspielzeug) ausgestattet, etliche EUTM-Lehrgaenge fuer Uffz/Offz fielen wegen Teilnehmermangels aus. die malische Armee ist klein und ein Teil musste wirklich an der Grenze zu Mauretanien kaempfen. War natuerlich fuer das Stammpersonal der Schule der Super-GAU wenn man zum „Loewen“-Bataillon abkommandiert wurde, deswegen wurde ich auch oefters mal von malischen Soldaten gefragt: „Warum kaempft ihr nicht fuer uns oben im Norden?“. Verstaendlich, das war die Angst vor der Sahara und den Tuareg. Im Januar 2017 wurden groessere Goldvorkommen im Norden entdeckt (zuzueglich zu den bereits vorhandenen Bodenschaetzen), und die Chinesen bauen die Strassen dorthin…. :) Wer wird da wohl spaeter die Schuerfrechte bekommen?
Die Kadetten sind die Soehne der oberen Zehntausend, da langt ein Blick auf die Internet-Seiten des Ordre national du Mali, da sieht man dann wer das Land steuert bzw. besitzt, Wenn man dann Traore, Dembele oder Keita heisst gehoert man schon zu den richtigen Clans.
Viele Menschen rund um Koulikoro gehoeren nicht dem Islam, sondern einem lokalem Erdgeisterglauben an und im Dogon-Land will man mit Islamisten auch nichts tun haben.
Miltaerisches Fazit aus dieser Ausgangslage : Mit Ausbildung allein gewinnen wir hier keinen Blumentopf. Europaeisache Truppen muessen, um etwas im Kampf gegen IS zu erreichen, das Rahmengeruest fuer gemischte europaeisch-malische Verbaende bilden und dann aktiv in die Kampfhandlungen eingreifen.
Ob wir das politisch wollen ist eine andere Frage und ueber Sinn oder Unsinn will ich nicht spekulieren.
[Die Kadetten waren zur Begrüßung der deutschen Ministerin angetreten. T.W.]
[Hinweis: Gibt einen neuen Thread zu AKK in Gao. T.W.]
@bundeswehrInfo Gestern noch in #Koulikoro bei @eutmmali1, heute ist unsere Ministerin @akk bei @UN_MINUSMA in #Gao.
Dann wird von Gao aus erstmals die neue Richtung angedeutet werden können, sicher aber nach Rückkehr in Vorbereitung der Mandatsverlängerung in ’20.
Dass eine Zusammenfassung der Anstrengungen von EUTM, MINUSMA, G5-SAHEL und BARKHANE zahlreiche Synergieeffekte ergäbe, u.a. bei Logistik, Führung und Kräfteökonomie dürfte unbestritten sein. Animositäten und Rechtliches von Blauhelm/UN über Ausb/EUTM bis hin zu Kampf/BARKHANE sind lösbar.
Wesentlich aber zur Durchsetzung eigener Absicht ist das Mandat und dazu erforderliche Kräfte. Ausb, Maßnahmen der Security Sector Reform und herkömmliche Entwicklungshilfe führen zu nichts, wenn Gegner nicht zerschlagen wird. Es braucht also ein Mandat, dass Kampf mandatiert.
Die Verschlechterung der Sicherheitslage, insbesondere in Zentralmali, ist ja schon länger bekannt und wurde hier auch mehrfach diskutiert. Mittlerweile gibt es auch Analysten, die den möglichen Erfolg von MINUSMA – auch nach der Mandatsänderung zu mehr Präsenz in der Fläche – stark bezweifeln („too little, too late“):
https://www.theafricareport.com/17843/west-africa-shifting-strategies-in-the-sahel/
Daher bin ich sehr gespannt wie sich Deutschland hier nun einbringen will.
Nach dem Besuch von Außenminister Maas in Gao gab es auch keine erkennbaren Veränderungen.
@Memoria: Danke, ich habe eine öffentliche Quelle gesucht. Der ganze Zauber also für 8 (in Worten acht) Ausbilder (EUTM) und ein paar Radfahrzeugen die durch die Wüste fahren (MINUSMA). Ganz schön wenig bang for the buck…
Das Spiel hat in Afghanistan funktioniert, wo die USA den Preis gezahlt haben und dankbar waren, dass ganz viele Fahnen am HQ wehen.
Den Franzosen fehlen die Ressourcen um das dauerhaft alleine zu tun (wie die USA).
Alles etwas sehr vereinfacht, aber im Kern halte ich es für zutreffend.
Das Partnern / Operative begleiten indigener SK und die daraus resultierende Befähigung zum Kampf (wenn mit Assets unterstützt wird) bringt auch meiner Meinung nach mehr Effekt.
Dennoch birgt es ein höheres Risiko für eigene Kräfte, das wiederum denke ich wird in der aktuellen politischen Großwetterlage wenig bis keine Zustimmung erfahren.
Zudem ist der Einsatzraum überdehnt und das schaffen zusätzlicher Standorte notwendig, wenn auch nur im kleinen Ansatz MSS / FireBase Charakter.
Wie das funktioniert haben wir im AFG Einsatz erlebt und auch in Teilen selbstständig gestemmt…
Wie bereits erwähnt, wird nicht passieren… wir bleiben bei SoftSkills… ist vielleicht auch besser so.
Zur Sprach-„Problematik“ folgende Bemerkung: Ich sollte im Jahr 2015 nach POL versetzt werden, obwohl ich erstmals seit meiner Heirat „heimatnah“ (95km „einfach“) eingesetzt war. Auf meinen Ersten Jeans ggü „P“, ich verstünde dies nicht, da mir für die genannten DP selbst 3 Kameraden bekannt waren, die von ihrem aktuellen DP ähnliche räumliche Verhältnisse wie auf die zu besetztenden POL-DP hatten. Antwort „P“: Ja, das sei richtig und bekannt, aber bei diesen handele es sich um Kam mit „7er-PK“ (übernommene NVA-StOffz), und die sprächen nun einmal kein (ausreichendes) Englisch! Dies wiederum veranlaßte mich zu der Anmerkung, daß dies 25 Jahre nach der vielgepriesenen „Armee der Einheit“ ja wohl nicht ernsthaft als Grund für die dauerhafte Unmöglichkeit einer Versetzung „fern des Eigenheims“ ins Feld geführt werden kann. Weit gefehlt…
Insofern wundert es mich auch nicht, daß „die Bw“ bei „Französisch“, noch dazu derart „umgangssicher“, daß es zur Ausbildung afrikanischer Sdt reicht, gewaltige Defizite hat.
Allerdings muß auch da die PersFhrg – mindestens teilweise – ein eigenes Versagen zugeben: Ich hatte mehrfach angefragt, einen Frz-Lg besuchen zu dürfen, um die knapp über 100 Pkte des Einstufungstests zu einem damit ziemlich sicher erreichbaren „3er-SLP“ auszubauen (unrealistisch mit den „Kombi-Kontakt“-Programmen, wenn man das „nebenher“ machen soll). „Brauchen Sie nicht, NATO-Sprache ist Englisch“ (den „3er“ in ENG habe ich seit dem Studium, mittels 2-Monats-Lg zwar auf „4“ aufgestockt, aber eben weiter kein wirklich nutzbares Französisch…).
Von anderen Sprachfähigkeiten, die nicht nur die „Elite“ (GenStOffz) betrifft, will ich da gar nicht sprechen. Die „südliche Gegenküste“ Europas spricht nicht erst seit gestern in weiten Teilen Französisch, das ist also wirklich keine „neue Erkenntnis“… Aber auch Arabisch, Spanisch, Chinesisch und immer noch Russisch (das HÄTTE man zB bei den o.a. „ex-NVA“-Kam relativ einfach erhalten/ausbauen können…) sind weit verbreitete Sprachen, von denen (sicher und mindestens) eine ZUSÄTZLICH zu ENG in die Ausbildung (mindestens der längerdienenden) Offz/Fw gehört.
Wobei man sich bzgl der „jungen Generation“ angesichts „EUAZV“ schon etwas augenzwinkernd die Bemerkung nicht verkneifen kann, sich doch auch einmal „eigeninitiativ“ weiterzubilden. Auf der „vdL-Stube“ mit „www“ wäre ja abends tatsächlich ausreichend „Zeit und Gelegenheit“… Für die „Alten“ gestaltete sich dies – wenn man nicht gleich die „nicht eben günstige“ Lösung „Privatunterricht“ wählte – angesichts der tatsächlichen Dienstbelastung schon „schwierig“. Und ich weiß, wovon ich spreche, meine >100Pkte im Frz-Test waren schließlich das Ergebnis einiger VHS-Kurse, die ich aber aus dienstlichen Unwägbarkeiten maximal zu 50% besuchen konnte… Für die Nutzung von Sprachausbildungssoftware auf CD oä während der Fahrt bin ich offensichtlich eher ungeeignet…
Aber „Sprache“ ist – ähnlich wie das „www“ – ja „für uns alle Neuland“…
[Div. Abk. müssen nicht unbed. sein bzw. könnten ggf. erstm. erl. werden? T.W.]