Leben mit PTBS: Radiofeature über ‚kaputte Krieger‘ ausgezeichnet
Der Kollege Tom Schimmeck hat, bereits im vergangenen Jahr, für den MDR ein Radiofeature über traumatisierte Soldaten produziert: Kaputte Krieger zeigt das Leben mit PTBS – lange nach dem Einsatz.
Das hörenswerte Stück ist jetzt mit dem DRK-Medienpreis ausgezeichnet worden. Ein guter Grund, darauf hinzuweisen – denn es steht, wie öffentlich-rechtlich üblich, nur noch bis zum 11. November 2019 (ein Jahr nach der Ausstrahlung) zur Verfügung:
Kaputte Krieger – Wie lebt man, wenn der Krieg im Kopf weitergeht?
(Foto: Das Personnel-Recovery-Team schützt sich während des Starts des Transporthubschraubers CH-53 MedEvac während einer Rettungsübung in der Nähe von Mazar-e Sharif/Afghanistan im Rahmen der Mission Resolute Support am 10.07.2019 – Andrea Bienert/Bundeswehr)
Auch in der Druckausgabe des Spiegel gibt es aktuell einen Bericht darüber. Gut dass kontinuierlich auf diese Thematik hingewiesen wird.
Konzepte und Erfolgsmeldungen etc. der Bw sind zwar gut und schön aber noch lange keine Taten.
Hier hat aktuelle Verteidigungsministerin auch ein Feld auf dem es noch genug zu tun gibt, damit die betroffenen Kameraden(innen) auch wirklich „behütet“ werden.
Schön beschrieben: das Absteuern in die Truppe, die keine Konzepte für den Umgang mit PTBS-Betroffenen hat, dafür aber reichlich Ressentiments. Wen wunderts: die von PTBS-Betroffenen sind ja quasi wie eine Drohung für aktive Soldat_innen, dass ihnen so eine Erkrankung auch ganz schnell blühen kann.
Was dem Feature fehlt:
PTBS-Betroffene, die sich einen Dienst in der Truppe noch vorstellen können, haben die Chance auf Weiterbeschäftigung. Was aber ist mit PTBS-Betroffenen, für die ein Dienst in Uniform oder für die Bundeswehrverwaltung aufgrund der Art der erlittenen Schädigung nicht mehr denkbar ist? Wie rechtfertigt die Bundeswehr, dass bei gleicher Ursache und Schädigung keine „zivil gestützte Schutzzeit“ existiert, die gleichermaßen funktioniert, wie das „Wehrdienstverhältnis besonderer Art“ in der Truppe?
@Daniel Lücking sagt: 07.08.2019 um 17:03 Uhr
„Was aber ist mit PTBS-Betroffenen, für die ein Dienst in Uniform oder für die Bundeswehrverwaltung aufgrund der Art der erlittenen Schädigung nicht mehr denkbar ist? Wie rechtfertigt die Bundeswehr, dass bei gleicher Ursache und Schädigung keine „zivil gestützte Schutzzeit“ existiert, die gleichermaßen funktioniert, wie das „Wehrdienstverhältnis besonderer Art“ in der Truppe?“
Die Bw muss da gar nichts rechtfertigen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ist gesetzlich durch BReg/BT zu klären.
Die Bw hat aus Fürsorgegründen bereits eine Regelung akzeptiert (bzw. in Teilen sogar aktiv vorangetrieben), die zum tatsächlichen Nachteil der Kampfkraft ist. In einer Gesamtabwägung kann man zweifelsohne zum Ergebnis kommen, dass die Betroffenen das verdient haben. Man hätte aber auch andere, angemessene Regelungen finden können. Aber wie gesagt. Diese Frage ist entschieden.
Für alles andere sollten Sie Ihre Frage an Ihren Abgeordneten und die BReg stellen.
Zitat Koffer: „Für alles andere sollten Sie Ihre Frage an Ihren Abgeordneten und die BReg stellen.“
Zitat Koffer: „Die Bw muss da gar nichts rechtfertigen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ist gesetzlich durch BReg/BT zu klären.“
Bei der Versorgung von Einsatzgeschädigten „Kampfkrafterwägungen“ einzubeziehen ist zynisch. Ebenso zynisch ist, dass die Bundeswehr nur einen Versorgungsweg bereit stellt, der perspektivisch wieder einen Nutzen für die Institution abwerfen soll.
Wenn es eine Aufgabe gegeben hat, die die Bundeswehr wahrzunehmen hatte, dann war es die, Schutzzeiten zwischen Auslandseinsätzen zu berücksichtigen, Material bereit zu stellen und eine adäquate Sanitätsversorgung bereit zu stellen. Betroffene, die das eingefordert haben wurden zunächst diskreditiert, bis dann das Bundeswehr-System höchst widerwillig eine Lösung erarbeitet hat, die aber eben den Nutzen für die Bundeswehr in den Vordergrund stellte. Verantwortung übernehmen sieht anders aus. Und nein: nicht ich als Betroffener muss solche Versorgungslücken erkennen und durch die Instanzen anmahnen und durchpauken: Fürsorge heißt, dass das von der Bundeswehr zu kommen hat.
@Daniel Lücking sagt: 09.08.2019 um 9:26 Uhr
„Bei der Versorgung von Einsatzgeschädigten „Kampfkrafterwägungen“ einzubeziehen ist zynisch.“
Nope. Die Versorgung ist unstrittig. WO diese erfolgen kann ist sehr wohl relevant. Die Bw hat einen Verfassungsauftrag und wenn die notwendige Fürsorge an unterschiedlichen Stellen erfolgen kann, dann ist die Frage der Auswirkungen auf diesen Verfassungsauftrag nicht nur zulässig, sondern inhaltlich und rechtlich sogar geboten.
„Wenn es eine Aufgabe gegeben hat, die die Bundeswehr wahrzunehmen hatte, dann war es die, Schutzzeiten zwischen Auslandseinsätzen zu berücksichtigen“
Richtig, aber auch die Auftragserfüllung ist hierbei zu berücksichtigen. Es gibt hier kein „immer so“ oder „immer anders“. Hier muss in jedem Einzelfall eine Abwägung zwischen den berechtigten Interessen des Einzelnen, der Pflicht des Dienstherren zur Fürsorge UND der Auftragserfüllung erfolgen.
Unabhängig davon, ist das aber nicht Kern Ihrer Aussage gewesen. Sie hatte ja von etwas ganz anderem gesprochen, nämlichen von „Was aber ist mit PTBS-Betroffenen, für die ein Dienst in Uniform oder für die Bundeswehrverwaltung aufgrund der Art der erlittenen Schädigung nicht mehr denkbar ist? Wie rechtfertigt die Bundeswehr, dass bei gleicher Ursache und Schädigung keine „zivil gestützte Schutzzeit“ existiert, die gleichermaßen funktioniert, wie das „Wehrdienstverhältnis besonderer Art“ in der Truppe?“
Also nochmals: Die Bw muss da gar nichts rechtfertigen. Das ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe und ist gesetzlich durch BReg/BT zu klären.
Oder sind wir schon in einer Militärjunta in der die Streitkräfte die Gesetze erlassen und der Regierung, der Wirtschaft und zivilen Verwaltung vorschreiben, was sie zu tun hat?!
Da drehen wir uns im Kreis, Koffer. Die Fürsorgepflicht erlischt ja nicht, nur weil Sie sagen, dass das etwas sei, was die Zivilgesellschaft zu erledigen habe.
Dieses Zuständigkeitsgehabe dürfen Sie sich also sparen.
@Daniel Lücking sagt: 09.08.2019 um 19:07 Uhr
„Die Fürsorgepflicht erlischt ja nicht, nur weil Sie sagen, dass das etwas sei, was die Zivilgesellschaft zu erledigen habe.“
1. Woraus ergibt sich Ihrer Meinung nach eine Zuständigkeit der Bundeswehr für eine Aufgabe der Gesamtgesellschaft? Denn die Schäden wurden ja nicht im Dienste für die Bundeswehr erlitten, sondern im Dienste für Deutschland. Warum sollte also die Bundeswehr eine Zuständigkeit zur Bewältigung dieser Schäden haben?
2. Wie soll die Bundeswehr, die verfassungsrechtlich keine legislativen Befugnisse hat Gesetze ändern?
3. Wie soll die Bundeswehr, die ein nachgeordneter Bereich eines Einzelministerium ist die Bundesregierung ohne Putsch dazu bringen Verordnungen zu erlassen?
4. Wie soll die Bundeswehr, die außerhalb ihrer eigenen Bereichs keine Regelungsbefugnis hat andere Teile der Bundesverwaltung (BMI, BMF etc.) für ihren Teil zu handeln?
Also nochmals: Erklären Sie mir wie die Bundeswehr etwas für das sie weder inhaltlich verantwortlich ist noch rechtlich zuständig ist regeln soll und kann?
„Dieses Zuständigkeitsgehabe dürfen Sie sich also sparen.“
Das nennt man Bindung an Recht und Gesetz und ist für die Bundeswehr im Art. 20 Abs. 3 des Grundgesetzes geregelt.