von der Leyen will Mittwoch als Verteidigungsministerin zurücktreten (m. Korrektur)

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen will am kommenden Mittwoch auf jeden Fall ihr Amt als Chefin des deutschen Wehrressorts niederlegen, auch wenn sie am Dienstag zuvor nicht zur neuen Präsidentin der EU-Kommission gewählt werden sollte. Das kündigte die CDU-Politikerin am (heutigen) Montag via Twitter an.

Damit wird zumindest formal die Frage geklärt, was passiert, wenn von der Leyen angesichts anhaltenden Widerstands von Teilen des Europaparlaments nicht die nötige Mehrheit der Europa-Abgeordneten erhalten sollte. Zugleich ist damit auch formal die – ohnehin schon laufende – Debatte über die künftige Besetzung an der Spitze des Verteidigungsministeriums eröffnet.

Nachtrag: Das Ministerium veröffentlichte dazu einen Tagesbefehl von der Leyens (den ich hier mal in voller Länge fürs Archiv dokumentiere):

Soldatinnen und Soldaten, zivile Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter!
Der Europäische Rat* hat mich Anfang Juli als Kandidatin für die Präsidentschaft der EU vorgeschlagen.
Ich möchte Sie vor der morgigen Abstimmung im Europaparlament darüber informieren, dass ich mein Amt als Verteidigungsministerin am Mittwoch zur Verfügung stellen werde.
Die Bundeskanzlerin ist über diesen Schritt informiert und wird die notwendigen Schritte für einen verantwortungsvollen Übergang im Sinne der Bundeswehr und der Sicherheit Deutschlands einleiten.
Ich bin sehr dankbar und fühle mich tief geehrt, dass ich mehr als fünfeinhalb Jahre Verantwortung für die Bundeswehr tragen durfte. Die Soldatinnen und Soldaten und die zivilen Beschäftigten der Bundeswehr leisten einen unschätzbaren Dienst für unser Land.
Nach mehr als zwei Jahrzehnten des Schrumpfens und Reduzierens geht es für die Bundeswehr wieder aufwärts. Der Etat ist um mehr als ein Drittel gestiegen, die Zahl der Soldatinnen und Soldaten wächst wieder, modernes Material und Ausrüstung in Milliardenhöhe ist bestellt oder bereits bei der Truppe eingetroffen.
Trotz etlicher Rückschläge haben wir gemeinsam im Ministerium, in den Kommandos, Ämtern und in der Truppe wichtige Reformen auf den Weg gebracht. Im Rüstungswesen, beim Personal oder beim Traditionsverständnis einer Parlamentsarmee, die seit mehr als sechzig Jahren fest in unserer Demokratie verankert ist und für unsere Werte einsteht. Und wir haben die Bundeswehr für neue Herausforderungen aufgestellt, etwa bei der Cyberabwehr und der Digitalisierung. Mit dem Weißbuch, der Konzeption der Bundeswehr und dem Fähigkeitsprofil verfügt die Bundeswehr erstmals in ihrer Geschichte über einen ebenso strategischen wie transparenten Aufbauplan, der klarer Kompass bis weit ins übernächste Jahrzehnt ist.
Das Amt als Verteidigungsministerin habe ich als meine politisch forderndste Aufgabe empfunden: Es bedeutet Verantwortung für die Einsatzbereitschaft der Bundeswehr, unsere Soldatinnen und Soldaten und zivilen Beschäftigen. Es bedeutet Verantwortung für die Sicherheit und Freiheit Deutschlands und seiner Verbündeten. Und es bedeutet schließlich die Verantwortung für unsere Missionen, in denen unsere Truppe auf drei Kontinenten und zwei Weltmeeren Tag für Tag und Nacht für Nacht Herausragendes leistet.
Deutschland ist ein verlässlicher Partner: in der NATO, bei den Vereinten Nationen und in der Europäischen Union. Wir wissen: Deutschland ist nur sicher, wenn Europa stark ist. Deswegen haben wir in den vergangenen Jahren die Europäische Verteidigungsunion aus der Taufe gehoben, die wir nun schrittweise weiterentwickeln müssen. Sie ist unverzichtbar für ein Europa, das selbstbewusst auf der Weltbühne seine Werte vertritt und seine Interessen schützt. Dass Europa nicht nur in diesem Bereich wachsen muss, ist meine tiefe Überzeugung.
Ich danke Ihnen von ganzem Herzen für Ihren Dienst und die erfüllende Zeit als Verteidigungsministerin. Mein Dank gilt allen, die mich in den vergangenen Jahren im Ministerium, in der Truppe, aber auch in Parlament und Öffentlichkeit tatkräftig unterstützt oder mit konstruktiver Kritik angespornt haben. Meine besonderen Wünsche für die Zukunft gelten insbesondere unseren Soldatinnen und Soldaten und zivilen Beschäftigen, die in unseren Missionen ihren Dienst leisten.
Bleiben Sie behütet!
Ursula von der Leyen
Bundesministerin der Verteidigung

Noch ein Nachtrag: Ein bisschen gewunden hat Regierungssprecher Steffen Seibert – noch vor von der Leyens Rücktrittsankündigung – in der Bundespressekonferenz auf eines hingewiesen: Für Bundeskanzlerin Angela Merkel gelte weiterhin, dass die Geschlechterparität im Kabinett nicht verändert werden sollte. Das macht die Debatte über einen Nachfolger – oder eine Nachfolgerin – im Verteidigungsministerium noch etwas komplizierter. Seiberts Aussagen zum Nachlesen:

Frage: Herr Seibert, da Sie daran arbeiten, dass Frau von der Leyen gewählt wird, müssen Sie eigentlich auch darauf hoffen, dass eine Neubesetzung im Amt des Verteidigungsministers beziehungsweise der Verteidigungsministerin stattfinden kann. Das ist ja die logische Konsequenz.

Wird für diesen von Ihnen erhofften Fall, dass eine Neubesetzung stattfindet, die Kanzlerin Wert darauf legen, dass die Genderverteilung im Kabinett erhalten bleibt, dass also auch nach einer Neubesetzung, auf die Sie eigentlich hoffen müssen, genauso viele Männer wie Frauen Ministerposten bekleiden?

StS Seibert: Auf eine Anfrage danach in der vergangenen Woche haben wir schon gesagt, dass die Bundeskanzlerin zu ihren zu diesem Thema gemachten früheren Aussagen steht.

Ansonsten verweise ich darauf, dass Dienstagabend das Europäische Parlament entscheidet und man dann weitersehen wird.

Zusatzfrage: Die Aussage ist mir vergangene Woche entgangen. Ich bitte um Vergebung.

An der Genderparität oder Genderverteilung wird festgehalten?

StS Seibert: Ich habe es gesagt: Die Bundeskanzlerin steht zu ihren Aussagen.

*KORREKTUR: in der ersten Fassung des Tagesbefehls war vom Rat der Europäischen Union die Rede, was einigen Brüsseler Korrespondenten auffiel und dann vom Ministerium geändert wurde: