Bundestag billigt ersten Schritt für französisch-deutsches Kampfflugzeugprojekt

Der Bundestag hat den ersten Schritt für das Future Combat Air System (FCAS) gebilligt, ein gemeinsames Kampfflugzeugprojekt von Deutschland und Frankreich. Der Haushaltsausschuss des Bundestages gab am (heutigen) Mittwoch 32,5 Millionen Euro frei, mit der unter französischer Federführung eine Konzeptstudie für einen Kampfjet der sechsten Generation, das so genannte Next Generation Weapons System (NGWS) entwickelt werden soll. Die Einsatzfähigkeit des Flugzeugs, das in das Future Combat Air System integriert wird und , sowohl den von der Luftwaffe geflogenen Eurofighter als auch die französische Rafale ablösen soll, wird ab dem Jahr 2040 erwartet.

Die Entwicklung des Systems hatten beide Länder bereits 2017 vereinbart und seitdem in mehreren Verträgen weiter vorangetrieben. Anfang des Jahres hatte bereits Frankreich die beiden Unternehmen Dassault Aviation und Airbus Defence & Space GmbH mit der Studie beauftragt und die ersten Schritte vorfinanziert. Mit der deutschen Billigung wird sich die Bundesregierung zur Hälfte an den Gesamtkosten von rund 65 Millionen Euro beteiligen.

Diese Studie ist allerdings nur der allererste Schritt – nicht nur konzeptionell, sondern auch finanziell. Die Kosten in den nächsten Jahren werden weit darüber liegen: Nach einer ersten groben Abschätzung Frankreichs beträgt der Bedarf für die Technologiereifmachung und -demonstration bis 2030 insgesamt rund 8 Milliarden Euro, heißt es in der Vorlage des Verteidigungsministeriums für den Haushaltsausschuss. Danach erst beginnt die eigentliche Entwicklungsphase.

Die Aufteilung der Kosten hänge auch davon ab, welche Nationen noch zu dem Projekt hinzustoßen – und über die Jahre bis zur Einsatzfähigkeit ist damit auch noch nichts gesagt, warnte die Bundesregierung: Der Finanzbedarf für die daran anschließenden Phasen der Entwicklung, Fertigung und Nutzung ist derzeit aufgrund der vielen unbekannten Faktoren (konkretes Systemkonzept, logistisches Konzept, Partnernationen, Stückzahlen, Export) nicht abschätzbar.

Bereits in der frühen Phase gibt es zudem zwei sehr grundsätzliche politische Probleme: Zum einen die Furcht von deutscher Seite, dass Frankreich mit seiner Federführung in dem Gesamtprojekt auch in wirtschaftlichen Aspekten bestimmend sein wird. Und zum anderen die zwar frühestens in 20 Jahren, dann aber sehr real anstehende Frage, wie es mit Exporten des entwickelten Systems aussehen wird.

Der Bundestags-Haushaltsausschuss verband deshalb die Freigabe des Geldes für die erste Studie mit einem so genannten Maßgabebeschluss, der der Bundesregierung bestimmte Bedingungen für das weitere Vorgehen bei diesem System vorgibt. Darin heißt es unter anderem:

Der Haushaltsausschuss fordert die Bundesregierung auf, in den weiteren Verhandlungen sicherzustellen,
– dass Deutschland die gleichen und für den unabhängigen Betrieb, Instandhaltung und Weiterentwicklung hinreichenden Rechte am geistigen Eigentum am Next Generation Weapon System (NGWS) / Future Combat Air System (FCAS) erhält wie der französische Partner.
– dass der Cost-/Workshare (50/50) zwischen Deutschland und Frankreich eingehalten und durch eine daran ausgerichtete industrielle Programmstruktur und geeignete Entscheidungsprozesse abgesichert wird. (…)
– ein transparentes und nachvollziehbares Verfahren zu entwickeln, wie die Vergabe von Aufträgen und die Auswahl von Auftragnehmern innerhalb des deutschen Anteils von FCAS erfolgt.
– ein Berichtswesen zur Überwachung des tatsächlich erfolgten nationalen Rückflusses bei FCAS zu etablieren.
– darzustellen, wie eine in Deutschland ansässige industrielle Struktur (Systemhäuser, Zulieferindustrie) für das Projekt FCAS zur Sicherung nationaler Interessen eingerichtet werden soll. In der Darstellung sollen organisatorische, rechtliche und örtliche Aspekte berücksichtigt werden.

Nicht in den aktuellen Beschlüssen des Haushaltsausschusses vorhanden, dafür aber im Hinterkopf der zuständigen Abgeordneten und in der Bundesregierung: Neben das gemeinsame FCAS-Projekt für die Luftwaffen beider Länder soll auch das Projekt eines künftigen Main Ground Combat System (MGCS) für die Landstreitkräfte treten. Bei dem hat Deutschland die Federführung, aber da ist noch nicht so ganz geklärt, wie das auf Industrieseite geregelt wird. Und auch da wird es aus deutscher Sicht darum gehen, die Balance mit Frankreich zu gewährleisten.

Die Exportregelungen – nicht nur für FCAS, sondern für alle gemeinsamen Rüstungsprojekte beider Länder – werden derzeit noch verhandelt. Zwar ist im Anfang des Jahres geschlossenen Aachener Vertrag und in einer Zusatzvereinbarung zwischen Deutschland und Frankreich festgelegt, dass ein Land nur ein gravierenden Fällen ein Veto gegen einen Export aus dem anderen Land einlegen kann. Was genau aber diese gravierenden Fälle sind, ist noch nicht abschließend festgelegt.

Zur Erläuterung, weil die Begrifflichkeiten ja nicht so ganz einfach sind, die Abgrenzung von Future Combat Air System (FCAS) und Next Generation Weapons System (NGWS) aus der Vorlage des Verteidigungsministeriums:

Die Bundesregierung hat am 13. Juli 2017 mit der Regierung der Französischen Republik die Absicht formuliert, ein zukünftiges Kampfflugzeugsystem NGWS im Gesamtkontext eines FCAS gemeinsam zu entwickeln. Der Französisch-Deutsche Nukleus soll hierbei die Grundlage einer breiten europäischen Kooperation bilden mit dem Ziel, bis zum Beginn einer Außerdienststellung der in Nutzung befindlichen Kampfflugzeugflotten (EF und Rafale) ab dem Jahr 2040 eine Anfangsbefähigung für den Einsatz zu erreichen. (…)
Mit der europäischen Entwicklung und Beschaffung eines NGWS soll das bruchfreie Bereitstellen der derzeit durch den EF abgebildeten Fähigkeiten im Systemverbund FCAS für potentielle Einsätze in einem Bedrohungsspektrum ab dem Jahr 2040 im Einklang mit der Militärischen Luftfahrtstrategie 2016 initiiert werden.
FCAS bezeichnet dabei den Systemverbund luftgestützter bemannter und/oder unbemannter Waffensysteme sowie weiterer (nicht notwendigerweise luftgestützter) Systeme und Sensoren.
Beim NGWS wird es sich um ein sogenanntes „System of Systems“, d.h. einen Systemverbund aus bemannten oder optional bemannten Plattformen (Command Fighter) und unbemannten Komponenten (Remote Carriers, [RC]) handeln, der wiederum in den FCAS Verbund zu integrieren sein wird.

(Archivbild: Deutscher Eurofigher im Baltic Air Policing über Estland im November 2018)