Untersuchungsausschuss Berater: Selbst rechtswidrig war’s noch billiger, sagt der Haushaltschef

Umstrittene Beraterverträge im Verteidigungsministerium haben nach Ansicht vom Haushaltschef des Ressorts auch dann nicht zu einem Schaden für Haushalt und Steuerzahler geführt, wenn sie rechtswidrig zustande kamen. Der Abteilungsleiter Haushalt und Controlling, Karl-Henning Bald, wiedersprach mit dieser Aussage in der öffentlichen Zeugenvernehmung eines Bundestags-Untersuchungsausschusses am (heutigen) Donnerstagabend der Kritik des Bundesrechungshofes (BRH)

Konkret ging es bei den fraglichen Verträgen um das Projekt Product Lifecycle Management (PLM), die Beurteilung der dauerhaften Kosten in diesem Fall des Airbus A400M der Bundeswehr (Foto oben). Der Rechnungshof hatte in Prüfberichten beklagt, der Auftrag für eine externe Begleitung dieses Projekts sei ohne Ausschreibung und über einen Rahmenvertrag vergeben worden, der ausschließlich für Softwarepflege vorgesehen war. Damit sei die Vergabe mit einem Volumen von 19,5 Millionen Euro rechtswidrig gewesen; aufgrund der Marge für den Auftragnehmer des Rahmenerlasses und die Vergabe an eine Beratungsfirma als Unterauftragnehmer habe das Verteidigungsministerium etwa eine Million Euro mehr bezahlt als bei einer Vergabe nach Ausschreibung direkt an ein Unternehmen.

Dem hielt Bald in seiner Vernehmung entgegen, die Kritik des BRH beruhe nur auf Annahmen. Zwar habe das Ministerium wenn auch unzulässigerweise diesen Rahmenvertrag für das Projekt genutzt, aber Rahmenvertrag bedeutet durch die Bank günstiger als Einzelverträge. Deshalb macht man ja Rahmenverträge. Auf diese Weise habe die Bundeswehr den Skaleneffekt nutzen können, und die Frage, ob es auf anderem Wege preiswerter geworden wäre, kann man so sehen, kann es aber nicht belegen, sagte der Abteilungsleiter. Wenn wir den Vertrag selbst geschlossen hätten, hätten wir höhere Preise gehabt nach meiner Einschätzung.

Bald räumte ein, er habe im Sommer vergangenen Jahres, nach Kritik des Rechnungshofes an einem anderen Projekt, an der Nutzung des Software-Rahmenvertrages für solche Leistungen Zweifel gehabt. Allerdings habe es auch andere Rechtsauffassungen gegeben, die sich durchgesetzt hätten. Auf konkrete Angaben, wann er wem seine Zweifel mitgeteilt habe, ließ sich der Abteilungsleiter vor dem Ausschuss nicht ein.

Aus Sicht des Bundesrechnungshofes ist weiterhin unklar, wer die Verantwortung für die rechtswidrige Vergabe der entsprechenden Verträge trägt und welcher finanzielle Schaden entstanden ist. Entsprechende Aussagen seiner Prüfgebietsleiter bestätigte der Leiter der für Verteidigung zuständigen BRH-Abteilung 4, Hans-Joachim Waller, in der Zeugenvernehmung.

Waller verwies darauf, dass die Prüfbehörde in den vergangenen zwei Jahren auf falsche Vergabepraktiken im Verteidigungsministerium gestoßen sei, weil sich der BRH nach einer entsprechenden Prüfung in den Jahren 2008 und 2009 diesen Komplex auf Wiedervorlage gelegt habe. Nach den Vorschriften, die auch zuvor schon galten, hätte eine solche Praxis nicht passieren dürfen.

In der Vernehmung des Haushaltschefs aus dem Verteidigungsministerium wurde auch bekannt, dass bei dem PLM-Projekt noch eine Rechnung von drei Millionen Euro offen ist. Die hatte die Beraterfirma gestellt, nachdem sie die Arbeiten fortgeführt hatte, obwohl offiziell angesichts der rechtlich umstrittenen Vertragslage kein Auftrag mehr vorlag. Deshalb gebe es keine rechtliche Grundlage für die Zahlung, sagte Bald.

Zuvor war am Rande der Sitzung des Untersuchungsausschusses bekannt geworden, dass Akten gelöscht wurden, die für den Ausschuss von Interesse waren. Die Unterlagen hätten aber wieder hergestellt werden können, teilte das Verteidigungsministerium mit. Die Stellungnahme des Ministeriums im Wortlaut:

Um die Arbeit des Untersuchungsausschuss bestmöglich zu unterstützen, hat das BMVg im folgenden einen Beauftragten für den Untersuchungsausschuss benannt. Der Beauftragte hat direkt nach Einsetzung des Untersuchungsausschusses durch einen schriftlichen Hinweis an alle Beschäftigten des Geschäftsbereiches BMVg darauf hingewiesen, dass Akten und Daten, die unter den Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses fallen könnten, nicht gelöscht oder entfernt werden dürfen.
Am 27. März 2019 wurde der Beauftragte davon in Kenntnis gesetzt, dass in der Abteilung Cyber- und Informationstechnik des BMVg Daten, die den Untersuchungsauftrag des Ausschusses betreffen, aus der Datenablage abhandengekommen sind. Umgehend nach dem Vorfall wurde der dafür zuständige IT- Sicherheitsbeauftragte eingeschaltet. Dieser hat sofort den elektronischen Zugang zu dem betroffenen Bereich in der Abteilung CIT dahingehend beschränkt, dass keine Löschungen aus dem Datenbestand mehr möglich sind. Die vorübergehend vom Speicherort entfernten Daten konnten im Nachgang vollständig wieder hergestellt werden.
Zudem wurde aus diesem Anlass nochmals ausdrücklich auf das Vernichtungsverbot von Akten und das Löschverbot von Daten, die unter den Untersuchungsgegenstand des Untersuchungsausschusses fallen könnten, hingewiesen.
Wir gehen dem Vorgang weiter nach und führen dazu weiter interne Ermittlungen durch.

Es soll sich nach Informationen von Augen geradeaus! um einen Aktenordner mit Unterlagen zu einer bestimmten Person handeln; warum diese gelöscht werden sollten, ist noch nicht geklärt.

(Foto: A400M beim Lufttransportgeschwader 62 in Wunstorf am 2.1.2019 – Simon Otte/Bundeswehr)