Studie fürs „gläserne Gefechtsfeld“: Drohnen & KI

Die Bundeswehr will den Einsatz von Drohnenschwärmen, zum Teil gesteuert von Künstlicher Intelligenz (KI), auf dem Gefechtsfeld der Zukunft untersuchen lassen. Erzeugung eines gläsernen Gefechtsfeldes zur Unterstützung dynamischer Operationen ist der Arbeitstitel der Studie, die das Bundesamt für Ausrüstung, Informationstechnik und Nutzung der Bundeswehr (BAAINBw) in der vergangenen Woche ausgeschrieben hat. Die als Ergebnis erhoffte neue Technologie soll Kampfeinheiten auf taktischer Ebene im Gefecht unterstützen und das geplante künftige deutsch-französische Bodenkampfsystem (Main Ground Combat System, MGCS) ergänzen.

Wesentliche Bestandteile der künftigen Kampfumgebung, so die Hoffnung der Auftraggeber, sind autonom agierende fliegende unbemannte Systeme vor allem für die Aufklärung in Kampfsituationen für Heereseinheiten auf Zug- und Kompaniebene. Taktisches Teaming nennt das BAAINBw als Stichwort:

Die Bundeswehr braucht für die mobile Gefechtsfeldaufklärung viele unbemannte fliegende Systeme (UAS), die ein gläsernes Gefechtsfeld aufspannen können. Dieser Multirobotereinsatz soll hochautomatisiert im Zusammenwirken von bemannten (Gefechts-) Fahrzeugen im Rahmen eines taktisches Teamings durchgeführt werden. Es wird ein eigenes Führungs- und Kommunikationsnetz C4I aus zivilen und militärischen Komponenten verwendet. Der Studienfortschritt soll durch jährliche Demonstrationstests gezeigt werden.

Die Kleindrohnen zur Aufklärung, als Sensor-UAS (Unmanned Aerial Systems) bezeichnet, sollen von einem – ebenfalls unbemannt fliegenden – mobilen Kommunikationsknoten zentral über eine Künstliche Intelligenz gesteuert werden. In den nächsten Jahren soll dafür auch die derzeit vorgegebene gesetzliche Beschränkung fallen, dass jedes einzelne unbemannte Flugsystem von einem Menschen gesteuert werden muss.

Besondere Bedeutung für das gläserne Gefechtsfeld bekommt die steuernde Künstliche Intelligenz: Es soll auf allen Ebenen regelbasierte, Deep Learning oder andere Arten von KI eingesetzt werden, um Soldaten effektiv zu entlasten. Ziel ist es, Soldaten von Routinetätigkeiten zu entlasten und in Stresssituationen Handlungsempfehlungen zu geben, heißt es in der Ausschreibung. Der  Drohnenschwarm soll sich an den Bewegungen eines Orientierungsnutzers ausrichten, aber auch hochautonom bei Routinetätigkeiten agieren können.

Als mögliche Variante für die Studie wird vorgegeben, dass auch untersucht werden soll, ob die Aufklärungsdrohnen erkannte Ziele selbstständig einordnen können. Eine  Klassifikation von Bildmaterial  könnte zum Beispiel die Kategorien gepanzertes Fahrzeug, ungepanzertes Fahrzeug, Person umfassen. Auch die Möglichkeit, das System gegen Navigation Warfare zu schützen, also die Einflussnahme auf Positionsdaten zum Beispiel durch Störung der Satellitennavigation, soll untersucht werden.

Auf die Frage, ob in dem System auch Drohnen mit Waffenwirkung verwendet werden sollen, also möglicher Transport zum Beispiel von kleineren Sprengsätzen, geht die Leistungsbeschreibung der Studie nicht ein. Allerdings ist die Rede von der Einbindung weiterer unbemannter Systeme, deren potentieller Verlust eingeplant ist und die vor allem klein, leicht, schnell und ersetzbar sein sollten. Näher beschrieben sind die Funktionen dieser Verlust UAS jedoch nicht.

Das System, in der Bundeswehr-Abkürzung ErzUntGlas genannt, soll als so genannte Add-on-Lösung neue Gefechtssysteme am Boden ergänzen: Vorgesehen sei es primär zur Verstärkung von Gefechtsfahrzeugen im Rahmen von MGCS. Weitere Anwendungen wie z.B. Überwachung von Minensperren, urbaner Einsatz zusammen mit Infanteriekräften soll ebenfalls möglich sein.

Eine erste Teildemonstration mit einzelnen Fähigkeiten des gläsernen Gefechtsfelds soll bereits in diesem Jahr stattfinden. Abschließende Ergebnisse der Studie erhofft sich das BAAINBw für 2023, die muss der Auftragnehmer dann auch praktisch beweisen: Es werden zusammen mit einer Übungstruppe (blaue und rote Kräfte) 1 Woche einsatznahe Szenarien aus dem Bereich LV/BV/Stabilisierungsoperationen/urbaner Einsatz durchgeführt.

(Grafik: aus der Ausschreibung)