Untersuchungsausschuss zu Beratern im BMVg: Antrag und Auftrag liegen vor
Die drei Oppositionsparteien FDP, Linke und Grüne haben am (heutigen) Montag erwartungsgemäß den Antrag auf die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu umstrittenen Beraterverträgen im Verteidigungsministerium und nachgeordneten Behörden vorgelegt und den Untersuchungsauftrag formuliert. Der Antrag wird am kommenden Mittwoch dem Verteidigungsausschuss vorgelegt; die Mitglieder aus den drei Fraktionen haben die nötige Zahl von Abgeordneten, auch ohne Zustimmung der Mehrheit einen solchen Untersuchungsausschuss einzusetzen.
Das Untersuchungsgremium soll seine Arbeit im März beginnen und nach Möglichkeit bis zur Sommerpause zu einem Ergebnis kommen. FDP, Linkspartei und Grüne wollen nicht den gesamten Verteidigungsausschuss als Untersuchungsausschuss, sondern einen Unterausschuss mit insgesamt neun Mitgliedern bilden – davon erhoffen sich die Fraktionen eine geringere Belastung des Gesamt-Ausschusses und zielregrichtetere Arbeit.
Der Verfahrensfrage eines Untersausschusses muss zwar die Mehrheit zustimmen; allerdings erwarten die Antragsteller die Bereitschaft vor allem der Regierungsparteien, diesen Weg mit zu tragen.
Die Statements der Abgeordneten Alexander Müller (FDP), Alexander Neu (Linke) und Tobias Lindner (Grüne) zum ihrem Antrag:
Und der Antrag im Wortlaut:
Der Verteidigungsausschuss im Deutschen Bundestag konstituiert sich als Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 45a Abs. 2 GG.
Der Ausschuss hat den Auftrag den Umgang mit externer Beratung und Unterstützung der Bundesregierung im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) seit Beginn der 18. Wahlperiode unter vertraglichen, rechtlichen, haushälterischen, geheimschutzrelevanten, militärischen, technologischen und politischen Gesichtspunkten zu untersuchen sowie die persönlichen und politischen Verantwortlichkeiten der Leitungsebene und Aufklärungs- und Informationspraxis des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung zu diesem Vorgang zu überprüfen. Der Untersuchungsausschuss soll seine Arbeit möglichst bis zum 31. August 2019 abschließen.
Ausgangspunkt der Untersuchungen sollen Projekte sein, bei denen durch den Bundesrechnungshof Rechts- und Regelverstöße festgestellt worden sind. Da auch die übergreifenden Führungsstrukturen Teil der Untersuchungen sind, können darüber hinaus weitere Fälle betrachtet werden, die im Zusammenhang mit dem Umgang des BMVg mit Beratungs- und Unterstützungsleistungen sowie mit Rechts- und Regelverstößen bei Vergaben stehen.
Hierzu sollen insbesondere folgende Fragen geklärt werden:
1. Wie ist es zu reihenweisen Rechts- und Regelverstößen bei Vergaben gekommen und welche Faktoren waren dafür ausschlaggebend?
2. Wer trägt die Verantwortung für die zahlreichen Rechts- und Regelverstöße?
3. Welcher (materielle) Schaden ist durch die Rechts- und Regelverstöße eingetreten?
4. Wurden Aufträge aufgrund persönlicher Beziehungen bzw. Kennverhältnisse vergeben
oder Einstellungen aufgrund solcher vorgenommen?
5. Besteht ein angemessenes und zeitgemäßes Compliance Management System, das
Compliance sicherstellt und eine Kultur der Rechts- und Regeleinhaltung (Compliance-
Kultur) fördert?
6. Gab es Führungsverhalten, das einer effektiven Compliance bzw. einer Kultur der
Rechts- und Regeleinhaltung entgegengewirkt hat?
7. Wurden erkannte Rechts- und Regelverstöße konsequent und entlang klar definierter
Abläufe unterbunden, aufgeklärt und geahndet?
8. In welchem Umfang wurden durch Auftragnehmer weitere Unterauftragnehmer zur
Erbringung von Leistungen eingesetzt?
9. Welche Unterauftragnehmer haben im Rahmen ihrer Beauftragung mit eingestuften
Dokumenten oder Informationen gearbeitet, wer hat dies kontrolliert und sichergestellt, dass alle Sicherheitsüberprüfungen durchgeführt wurden, auch bezüglich der Weitergabe von Unterlagen?
10. Existierte ein leistungsfähiges Steuerungssystem zur Beauftragung, Begleitung und Umsetzung von Beratungsleistungen, das auch den Einsatz von Unterauftragnehmern erfasst?
11. Inwiefern wurden bei den Vergaben die Grundsätze der Notwendigkeit und Wirtschaftlichkeit eingehalten?
12. Gab es ein Muster bei der Unterlassung von Bedarfs-, Notwendigkeits- und Wirtschaftlichkeitsnachweisen und bei rechtswidrigen Vergaben?
13. Wer hat von rechts- und regelwidrigen Auftragsvergaben wie profitiert?
14. Folgt der vermehrte Einsatz externer Beratung und Unterstützung einer strategischen
Zielsetzung und wurden die Rahmenbedingungen zur Steuerung dieser angemessen
ausgestaltet?
15. Wann war die Leitung des BMVg über die Rechts- und Regelverstöße informiert und
welche Maßnahmen hat sie daraufhin ergriffen?
16. Welche Vorschriften und Regelungen galten für die Vergabe von Beratungs- und
Unterstützungsleistungen?
Zum Warum des Untersuchungsausschusses hatte Lindner, der auch als Haushaltsausschuss-Mitglied den Verteidigungsetat im Auge hat, gleich mehrere Anekdoten parat – eine davon:
Neun Personen in ca fünf Monaten mit 16 Untersuchungspunkten, plus „Da auch die übergreifenden Führungsstrukturen Teil der Untersuchungen Teil der Untersuchungen sind, …“ was ja sicher solche des Ministeriums sein dürften, verwegen anspruchsvoll das Ganze!
Der U-Ausschuss geht also in die interne FührOrg des BMVg hinein, ist das so?
@Klaus-Peter Kaikowsky | 14. Januar 2019 – 17:15
„Der U-Ausschuss geht also in die interne FührOrg des BMVg hinein, ist das so?“
„…sowie die persönlichen und politischen Verantwortlichkeiten der Leitungsebene und Aufklärungs- und Informationspraxis des Geschäftsbereichs des Bundesministeriums der Verteidigung zu diesem Vorgang zu überprüfen.“
Ich befürchte daher eher, dass den U-Ausschuss die Verantwortlichen im nachgeordneten Bereich und die Systemfehler nicht interessieren.
Auch eine Sicht, eine verständliche, die noch umgesetzt wird?
@CProessl
Ich hätte ja fast mehr Lust auf einen Untersuchungsausschuss #GorchFock als auf einen zur Berateraffäre. Funfact: Ratschläge früherer Berichte des Bundesrechnungshofes wurden nur bedingt umgesetzt. Beratung muss schon viel Geld kosten…
Der Mangel an Differenzierung, mit dem nun die dringend benötigte Beauftragung von Unterstützungsleistungen bis zur Unmöglichkeit erschwert wird, ist eklatant. Zusätzlich wird durch ein ganzes Bündel von Maßnahmen zur zusätzlichen Überwachung und Genehmigung von Selbstverständlichkeiten, den Mitarbeitern klar gemacht, dass das Vertrauen der Führungsebene in eine zweckmäßige Handhabung bereits geltender Regelungen extrem limitiert ist. Da fällt mir doch spontan ein Spruch ein den ich heute gelesen habe: „A bad manager can take a good staff and destroy it, causing the best employees to flee and the remainder to loose all motivation.“
@Ex-Soldat | 14. Januar 2019 – 22:54
Der vorliegende Fall zeigt doch ganz deutlich, dass die bisherige Handhabung nicht praktikabel ist. Weil sie ausgenutzt wurde und zur jetzigen Situation führte. Ihr „bad manager“ war schon längst da.
Ich fürchte nur, dass selbst bei entsprechender Feststellung von Verfehlungen die politische Kultur in GroKonia inzwischen die konsequente Übernehmen politischer Verantwortung durch Ministerin oder Staatssekretäre unwahrscheinlich werden lässt.
Bad Management führt heutzutage eigentlich fast nur noch zur drölfzigsten „Strukturreform“ für die Verwaltung. Der Fisch stinkt vom Kopf her. Gewaschen wird trotzdem nur der Grätenschwanz.
@Pio-Fritz | 15. Januar 2019 – 9:54
„Ihr „bad manager“ war schon längst da.“
Wer genau?