Geplantes neues Luftverteidigungssystem TLVS: Wertlos ohne US-Daten

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Das geplante neue Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS) für die Bundeswehr lässt seit Jahren auf sich warten, und ein Vertragsabschluss verzögert sich ständig. Dafür gibt es viele Gründe; einer wird jetzt so richtig offensichtlich: TLVS geht zwar aus dem einst von den USA, Deutschland und Italien vorangetriebenen Medium Altitude Air Defense System (MEADS) hervor, für einen kritischen Bestandteil hängt das System aber an US-Technik, mit der die USA sehr zurückhaltend umgehen.

Einen Hinweis darauf gab es im vor gut einer Woche veröffentlichten Rüstungsbericht, und zwar in dessen öffentlichem Teil:

Die Realisierung von TLVS erfordert durch den öffentlichen Auftraggeber  die zeit- und leistungsgerechte Beistellung von Rüstungsgütern, die sich in italienischem bzw. US-amerkanischem Eigentum befinden. Entsprechende Vereinbarungen mit den jeweils regierungsseitig verantwortlichen Stellen befinden sich derzeit in Vorbereitung. Besonders im Falle von erforderlichen US-Rüstungsgütern ist hierzu für eine Freigabe ein in der Koordination anspruchvolles, formales Verfahren (sog. „Foreign Military Sales“-Verfahren) zu durchlaufen. Die Sensitivität der hier in Rede stehenden Rüstungsgüter begründet die bislang sehr restriktive Haltung US-
amerikanischer Regierungsstellen, der auf deutscher Seite mit einem intensiven und konzertiertem Dialog auf mehreren Ebenen begegnet wird. Alle genannten Teilaspekte der TLVS-Realisierung sind vor Vertragsschluss inhaltlich und zeitlich eng abzustimmen und zu synchronisieren.

Der Kollege Sebastian Sprenger von Defense News ist diesem Hinweis mal nachgegangen – das Ergebnis seiner Recherche:

At issue is a “six degree of freedom” simulation for the interceptor missile in that weapon, known as the PAC-3 Missile Segment Enhancement, or MSE. In its most sophisticated form, the model can predict precisely how the interceptor would fare against the performance characteristics of enemy attack missiles, relying on data often obtained through spy craft. (…)
Germany owns most of the intellectual property associated with the MEADS components, the result of an explicit objective to field a system completely in the hands of the Bundeswehr, Germany’s armed forces. But the MSE missile-performance model falls outside that purview because the interceptors can also be shot out of existing Patriot fire units. That puts the modeling component under grasp of the U.S. Army’s Lower Tier Project Office, which has a history of making life difficult for any technology other than Patriot, and MEADS in particular.

Mit anderen Worten: Es mag auch an den Angeboten der Industrie liegen. Aber für einen Vertrag über das neue Luftverteidigungssystem wird es ohne eine Einigung zwischen Berlin und Washington nicht gehen. Die Abhängigkeit von den US-Zulieferungen bleibt auch bei einem scheinbar weitgehend deutschen System.

(Grafik: Lockheed Martin)