Trident Juncture: Andere Anforderungen als im Kalten Krieg

Das NATO-Großmanöver Trident Juncture 18 in Norwegen ist am (heutigen) Donnerstag in die scharfe Phase, die so genannte Live Exercise, gegangen – ab heute wird sozusagen formal eine militärische Auseinandersetzung geübt. Deshalb gibt es heute dazu auch etliche Berichte und Interviews (mehr dazu unten), obwohl für die beteiligten Soldaten die Übung schon seit Wochen, für einige schon seit Monaten läuft. Was die Truppe bisher schon gemacht hat und was der LiveEx-Beginn praktisch bedeutet, habe ich im Camp Rødsmoen bei Rena in der Mitte Norwegens den deutschen Brigadegeneral Ullrich Spannuth gefragt. Spannuth ist Kommandeur der Land-Brigade der so genannten Very High Readiness Joint Task Force (VJTF), der NATO-Speerspitze, die ein wesentlicher Teil dieser Übung ist:

Spannuth_VJTF_25okt2018     

 

Eine Aussage des VJTF-Kommandeurs fiel mir dabei auf: Eine solche Verlegung für eine Übung, sagt er, habe die Bundeswehr auch während des Kalten Krieges nicht gemacht – die fand in einer solchen Größenordnung nur innerhalb der Bundesrepublik statt, also innerhalb der Landesgrenzen. Die neue Qualität sei eben, für die Bündnisverteidigung innerhalb des NATO-Gebiets auch über größere Entfernungen Soldaten und vor allem Gerät zu transportieren.

Zur Ergänzung die Aussagen von Bundeswehr-Generalinspekteur Eberhard Zorn, der im NDR den Beitrag der deutschen Streitkräfte zu Trident Juncture – immerhin der zweitgrößte Truppensteller nach den USA und vor den gastgebenden Norwegern – auch politisch einordnet:

Frage: Manche sagen, dieses Manöver („Trident Juncture“) kommt zur falschen Zeit, weil das Verhältnis zu Russland extrem angespannt ist. Was sagen Sie?

Antwort: Wir beobachten natürlich …, dass auch die russischen Streitkräfte jedes Jahr eine Großübung durchführen – im letzten Jahr, in diesem Jahr wiederum. Und Streitkräfte müssen schlichtweg üben, vor allem in diesem großen Verbund. Und das tut die NATO jetzt erstmals seit über 30 Jahren wieder in einem solchen Großmanöver. Und insofern sind wir da in einer gewissen Parallelität. Ich muss aber dazu sagen, dass die Übung selber in Norwegen keinen konkreten Bezug zu einem anderen Land nimmt.

Frage: Das Ganze findet in Norwegen statt, in einem Land mit einer Grenze zu Russland. Und Sie glauben nicht, dass dieses Manöver zu einer weiteren Verhärtung des Verhältnisses mit dem Kreml führt?

Antwort: Nein, das glaube ich nicht, weil wir tatsächlich diese parallele Entwicklung haben. Man muss allerdings sehen, dass natürlich die skandinavischen Länder mit ganz anderen Augen auf ihre Landesgrenze schauen als wir das vielleicht in Deutschland tun. Norwegen, Finnland, Schweden sind ebenfalls als Übungspartner mit dabei, schauen in den arktischen Raum, schauen an ihre Landesgrenze und sehen natürlich diese Übung auch als eine Übung, die durchaus abschreckende Wirkung erzeugt.

Frage: Der Kreml sagt, dieses Manöver trage zur Destabilisierung der Sicherheit in einer Region bei?

Antwort: Das sehe ich so nicht, denn wir haben dort keine Angriffsoperationen, die wir dort führen. Wir sind dort defensiv bei dieser Übung vom Szenario angelegt und sind praktisch in einer Verteidigungsoperation und zeigen, dass das Bündnis seiner Bündnisverpflichtung gegenüber eben einem anderen Partnerland nachkommt; und zwar mit allen NATO-Partnern…

Frage: Deutschland ist mit 8.000 bis 10.000 Soldaten vertreten. Die Bundeswehr ist damit einer der größten Truppensteller für dieses Manöver. Ich nehme an, auch das ist kein Zufall?

Antwort: Das ist richtig. Wir haben uns natürlich das als einen Schwerpunkt genannt. Wir sind mit der Speerspitze der NATO in diesem Jahr praktisch in der Vorbereitungsphase auf eine sogenannte Stand-by-Phase nächstes Jahr; also in nächsten Jahr sind wir mit unseren Spitzenkräften innerhalb von zwei bis fünf Tagen reaktionsfähig. Und diese Übung trägt jetzt in diesem Jahr dazu bei, dass wir eine Zertifizierung unserer Truppenteile dort durchführen.

Wir haben diese Truppenteile eingemeldet vor mehreren Jahren und haben uns mit vielen Übungen jetzt auch auf diese Hauptübung jetzt in Norwegen vorbereitet, so dass wir danach dann einsatzbereit sind, um ein Jahr lang diese Speerspitze der NATO abzubilden.

(Hinweis: Meine aktuellen Bilder aus Norwegen hier.)

(Foto oben: Spannuth, l., Anfang Oktober auf dem Truppenübungsplatz Rødsmoen beim Besuch von Lokalpolitikern – Jesper Vigander Edwin/Forsvaret)