Bundeswehr verzichtet auf zusätzliche NH90: „Bedarf an Hubschraubern ist gedeckt“

Die Bundeswehr wird nicht, wie seit vier Jahren erwogen, 22 zusätzliche NH90-Transporthubschrauber für einen Verbund zur medizinischen Evakuierung bestellen – weil sie genug Hubschrauber dieses Typs bestellt hat. Die vor vier Jahren vom damaligen Generalinspekteur Volker Wieker angeregte Überlegung, diese Helikopter zu beschaffen und für einen multinationalen Einsatzverband bereitzustellen, ist erledigt: Die mit dem Hersteller Airbus Helicopters vereinbarte Option zur Bestellung der 22 Maschinen wird nicht ausgeübt.

Das teilte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage von Augen geradeaus! mit:

Im Rahmen einer umfangreichen Untersuchung, der sogenannten Gesamtbetrachtung Hubschrauber, wurden unter anderem auch die Bedarfe des Heeres an Transporthubschraubern NH90 TTH mit Blick auf das Fähigkeitsprofil der Bundeswehr überprüft. Der Bedarf ist mit den unter Vertrag befindlichen 82 NH90 TTH derzeit gedeckt. Es ist daher unter den gegebenen Rahmenbedingungen nicht beabsichtigt, die Option auf 22 zusätzliche NH90 TTH auszulösen.

Die Option war im Rahmen des so genannten German Deal mit Airbus vereinbart worden: Darin wurde unter anderem die ursprüngliche Bestellung von 122 NH90 auf 82 Transporthubschrauber reduziert, hinzu kamen 18 Varianten dieses Helikopters für die Deutsche Marine (SeaLion). Die übrigen 22 Maschinen blieben jedoch als Option bestehen – und diese Option läuft im Oktober aus.

Im Jahr 2014 hatte der damalige Generalinspekteur in einem Brief an NATO-Partner dafür geworben, mit diesen Maschinen einen internationalen Verband aufzustellen, um den Bedarf an Hubschraubern für Medical Evacuation (MedEvac), also Rettungsmissionen in Einsätzen, sicherzustellen:

Helicopters – especially in their role as the mainstay of the Forward Air MedEvac capability and the associated air escort operations – are a critical asset in the European member states of NATO as well as in the European Union. This has been experienced by us in our current operations and remains valid for future missions. (…)
In addition, Germany now considers exercising its option of procuring 22 NH 90 in order to form a new Multionational Aviation Formation. If enough interested partners can be found, I intend to establish under the framework of a European cooperation an international unit in Germany, which assumes the role of escorted air medical evacuation thus reducing this mission criticial capability gap.
It is with this in mind that I would like to offer you the opportunity for your armed forces to participate in such a unit. The unit’s capabilities would be available both for multionational operations and for direct access by the respective nations.
A significant and qualified participation is fundamental. It would be desirable, therefore, that participating nations contribute pilots, technicians and support personnel as well as medical staff and should share the procurement and running costs for the above mentioned 22 NH 90.

Unklar bleibt vorerst, ob Wiekers damalige Überlegungen nicht mehr gelten oder ob sich schlicht nicht genügend Partnernationen gefunden haben, Beschaffung und Betrieb von 22 zusätzlichen Hubschraubern mit zu finanzieren.

Dabei hatte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen noch 2015, ein Jahr nach Wiekers Brief, ein finanzielles Entgegenkommen Deutschlands in Aussicht gestellt: wir zahlen die Beschaffung, ihr beteiligt euch am Betrieb. So äußerte sich jedenfalls die Ministerin in Brüssel:

It’s a good thought because we have a multinational helicopter institution in Germany. We build it up right now. So we are buying the helicopters. And small nations are fitting in with personnel and have the chance to equip their personnel with helicopters which are located in this multinational organization in Germany, when we buy the helicopters. Of course, this is the right idea. It’s the way to go. And we have — as a framework nation, of course we have to supply the frame with a lot of equipment and infrastructure so that other smaller nations can plug in with highly specialized personnel, which we lack. So we need them to. And that’s the way NATO works.

Nun, das scheint alles Geschichte. Denn aus Sicht des Ministeriums ist der Bedarf an diesen mittleren Transporthubschraubern mit den 82 bestellten Maschinen derzeit gedeckt – ausdrücklich unter Berufung auf das neue Fähigkeitsprofil der Bundeswehr.

(Archivbild November 2017: Ein Rettungsteam landet mit dem Rettungshubschrauber NH90 MedEvac in der Nähe von Gao/Mali bei einer Übung zur taktischen Verwundetenversorgung, – Bundeswehr/Susanne Hähnel)