Bundesregierung lässt deutsche Beteiligung an möglichem US-Luftangriff auf Syrien offen (Zusammenfassung, m. Transkript)
Die Bundesregierung hat offengelassen, ob sich die Bundeswehr an einem eventuellen Angriff der USA und anderer Staaten bei einem möglichen erneuten Chemiewaffeneinsatz des Regimes in Syrien beteiligen könnte. Regierungssprecher Steffen Seibert und die Sprecher von Verteidigungsministerium und Auswärtigem Amt bezeichneten ein solches Vorgehen als hypothetisch; entschieden werden könne nur in einem konkreten Fall. Während die SPD eine deutsche Beteiligung klar ablehnte, hieß es aus der Union, auch militärische Mittel dürften nicht ausgeschlossen werden.
Hintergrund ist der absehbare und zum Teil bereits begonnene Angrif auf Idlib, den letzten Rückzugsort der Aufständischen gegen das Regime des syrischen Präsidenten Baschar el Assad. Aus den USA war bereits die konkrete Warnung laut geworden, dass ein erneuter Vergeltungsangriff drohe, wenn dabei Chemiewaffen eingesetzt werden sollten. Mitte April hatten die USA, Frankreich und Großbritannien einen solchen Angriff als Reaktion auf den Einsatz chemischer Waffen geflogen.
Über die US-Drohung hatte unter anderem das Wall Street Journal berichtet:
President Bashar al-Assad of Syria has approved the use of chlorine gas in an offensive against the country’s last major rebel stronghold, U.S. officials said, raising the prospects for another retaliatory U.S. military strike as thousands try to escape what could be a decisive battle in the seven-year-old war.
In a recent discussion about Syria, people familiar with the exchange said, President Trump threatened to conduct a massive attack against Mr. Assad if he carries out a massacre in Idlib, the northwestern province that has become the last refuge for more than three million people and as many as 70,000 opposition fighters that the regime considers to be terrorists.
Die deutsche – innenpolitische – Debatte entzündete sich am (heutigen) Montag an einem Bericht der Bild-Zeitung (Link aus bekannten Gründen nicht), dem zu Folge die USA konkret in Deutschland nach Unterstützung für einen Vergeltungsangriff gefragt haben:
Im Verteidigungsministerium wird nach BILD-Informationen erwogen, sich künftig an der Allianz von USA, Großbritannien und Frankreich zu beteiligen. Allerdings nur, wenn Assad-Truppen die eigene Bevölkerung wieder mit Giftgas angreifen sollten. (…)
Das Planspiel: Sollte Assad sein eigenes Volk nachweislich wieder mit Giftgas angreifen, könnten neben den USA, Großbritannien und Frankreich (und möglicherweise weiteren neuen Verbündeten) diesmal auch bewaffnete Bundeswehr-Tornados Angriffe auf militärische Infrastruktur fliegen (Kasernen, Flugbasen, Kommandoposten, Munitionsdepots, Waffen-Lager, Fabriken, Forschungszentren).
Vor der Bundespressekonferenz ließen der Regierungssprecher, Jens Flosdorff vom Verteidigungsministerium und Rainer Breul vom Auswärtigen Amt offen, ob es eine solche konkrete Anfrage der USA gegeben hat. Die Bundesregierung sei zum Thema Syrien mit allen Verbündeten im Gespräch. Konkrete Planungen für einen Luftschlag mit deutscher Beteiligung könne es nicht geben, weil es keine entsprechende politische Planung gebe:
(Transkript unten)
Den Angriff im April hatte die Bundesregierung – auch ohne deutsche Beteiligung – begrüßt. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte damals erklärt:
Wir unterstützen es, dass unsere amerikanischen, britischen und französischen Verbündeten als ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrats in dieser Weise Verantwortung übernommen haben. Der Militäreinsatz war erforderlich und angemessen, um die Wirksamkeit der internationalen Ächtung des Chemiewaffeneinsatzes zu wahren und das syrische Regime vor weiteren Verstößen zu warnen.
Die damalige Einschätzung der Bundesregierung gelte weiterhin, sagten sowohl Außenamtssprecher Breul als auch Regierungssprecher Seibert.
Dennoch ist eine deutsche Beteiligung an einem erneuten Angriff schon innerhalb der Regierungskoalition umstritten. Die SPD-Partei- und Fraktionsvorsitzende Andrea Nahles bezog eindeutig Position dagegen:
Die SPD wird weder in der Regierung noch im Parlament einer Beteiligung Deutschlands am Krieg in Syrien zustimmen. Wir unterstützen den Außenminister bei seinem Bemühungen, im Gespräch mit unter anderem der Türkei und Russland, eine humanitäre Katastrophe zu verhindern.
Dagegen schloss der CDU-Verteidigungspolitiker Henning Otte ein auch militärisches Eingreifen Deutschlands nicht aus:
Die Bilder und Berichte, die uns erreichen, sind schwer erträglich. Unzählige Menschen in Idlib leiden unter dem Terror von Assads Bombardements auf die eigene Bevölkerung. Es ist daher wichtig, dass wir alle Handlungsmöglichkeiten prüfen – auch ein militärisches Handeln müssen wir natürlich erwägen.
Gegenwärtig stehen wir daher mit allen unseren Partnern in ständiger Verbindung, um Lageinformationen auszutauschen.
Außer Frage steht, dass ein Einsatz von Chemiewaffen in Syrien um jeden Preis verhindert werden muss. Dazu bedarf es einer gemeinsamen und abgestimmten Vorgehensweise.
Die militärische Fähigkeit der Bundeswehr, sich in gleicher Weise wie zum Beispiel Großbritannien an einem solchen Angriff zu beteiligen, ist eigentlich keine Frage: Die Royal Air Force hatte im April von Zypern aus Tornados mit Storm Shadow-Marschflugkörper aus dem Luftraum über internationalen Gewässern vor der Küste Syriens abgefeuert; der Luftwaffe stehen mit Taurus-Marschflugkörpern und ebenfalls Tornado-Jagdbombern gleichartige Waffensysteme zur Verfügung.
Umstritten bleibt aber die (völkerrechtliche) Dimension eines solchen Angriffs. Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestages hatte den Angriff im April als bewaffnete Repressalie im „humanitären Gewand“ eingeordnet, die völkerrechtlich nicht gerechtfertigt sei. Darüber hinaus müsste ein solcher Einsatz vom Bundestag gebilligt werden – und für den Fall, dass (wie Bild berichtet) nur eine nachträgliche Billigung erwogen wäre, bleibt die Frage, wie dieser Schritt rechtlich mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz in Übereinstimmung zu bringen wäre.
Nachtrag: Das Transkript der Aussagen in der Bundespressekonferenz:
Frage: Ich weiß nicht, ob Herr Seibert, das AA oder das Verteidigungsministerium etwas dazu sagen können und wollen. Sie kennen ja alle den Bericht über Gespräche über eine mögliche deutsche Beteiligung an einem möglichen westlichen Vergeltungsangriff auf einen möglichen Chemiewaffeneinsatz in Syrien. Die Konjunktive zeigen schon, dass man sich da sehr im spekulativen Raum bewegt. Deswegen möchte ich keine spekulative Frage, sondern die ganz konkrete Frage stellen, ob es Gespräche mit Verbündeten über ein solches Szenario gegeben hat, wie die „Bild“-Zeitung berichtet.
StS Seibert: Dann fange ich vielleicht an. Die Kollegen werden sicher auch ergänzen wollen.
Ich kenne diese Berichte. Natürlich steht die Bundesregierung in Kontakt mit Partnern und Verbündeten. Die Situation in Syrien, die Situation in Idlib im Speziellen, ist ja so, dass man wirklich große Sorgen haben muss, dass sich dort entsetzliche Muster aus anderen syrischen Kampfschauplätzen wiederholen könnten und dass hunderttausende Menschen in höchster Gefahr sind. Über diese Lage sprechen wir mit amerikanischen Verbündeten ganz genau wie mit europäischen Partnern.
Es hat keine Situation gegeben, in der jetzt eine Entscheidung zu fällen gewesen wäre. An Spekulationen – Sie selber haben vom spekulativen Raum gesprochen – werde ich mich nicht beteiligen.
Ganz klar ist allen in der Bundesregierung, dass grundsätzlich jeder militärische Einsatz der Bundeswehr mit dem Parlamentsbeteiligungsgesetz im Einklang stehen muss. Die SPD-Vorsitzende hat sich heute ja auch zu Wort gemeldet. Ihre Einschätzung wird natürlich in die Gespräche einfließen.
Zusatzfrage: Wenn ich mich recht erinnere: Beim vorangegangenen westlichen Angriff auf Syrien genau aus dem Grund am 14. April war hinterher eine der Argumentationslinien der Bundesregierung: Wir haben uns nicht beteiligt, weil wir auch gar nicht gefragt wurden.
Da Sie ja sagen, Sie seien jetzt im ständigen Gespräch mit den USA und den europäischen Verbündeten, kann ich davon ausgehen, dass diese Argumentation „Wir werden gar nicht gefragt“ nicht mehr gültig ist?
StS Seibert: Ich habe gesagt, dass die Bundesregierung in Kontakt mit Partnern und Verbündeten steht. Über diese Kontakte gebe ich hier, wie üblich, keine Auskunft.
Frage: An Herrn Seibert die Frage, ob es – wenn Sie sagen, Sie seien im Gespräch – eine Anfrage der amerikanischen Seite zu einer möglichen Beteiligung gegeben hat.
Von Herrn Flosdorff würde ich gern wissen, was genau Sie für den Fall einer Beteiligung prüfen und welche Optionen Sie ausschließen.
Dann noch eine Lernfrage, ob Aufklärungsflüge, die ja auch im Moment schon über Syrien stattfinden, vor oder nach einem Chemiewaffenangriff über Syrien von diesem Mandat gedeckt wären.
StS Seibert: Ich muss bei dem bleiben, was ich vorhin schon gesagt habe.
Ja, es gibt natürlich über die besorgniserregende Lage in Syrien Kontakte mit Partnern und Verbündeten. Über den Inhalt solcher Gespräche und die Art dieser Kontakte gebe ich hier ganz grundsätzlich keine Auskunft.
Flosdorff: Ich kann gern ergänzen. Ich möchte mich dem voll anschließen, was Herr Seibert gesagt hat. Wir reden hier über einen sehr hypothetischen Fall – das zeigt ja auch schon die einleitende Frage des Kollegen -, von dem man nicht sagen kann, dass er Realität wird, von dem wir uns insbesondere nicht wünschen, dass er jemals eintritt.
Es ist eine Selbstverständlichkeit. Alle Streitkräfte der Welt planen in Szenarien und müssen das auch tun. Das sagt per se nichts über die Wahrscheinlichkeit aus, dass diese Szenarien auch eintreten.
Wenn es anders wäre, dürfte es auch keine Übungen, Manöver, Ablaufpläne für Krisenfälle geben, wie sie zum Beispiel auch im Weißbuch der Bundesregierung beschrieben worden sind.
Ich werde mich jetzt hier nicht in irgendwelche spekulativen Szenarien hineinbegeben. Ich habe Respekt vor Ihrer journalistischen Neugier, was das angeht. Aber ohne dass man einen konkreten Fall vor Augen hat, macht es gar keinen Sinn, irgendwelche Planspiele hier auszubreiten.
Zusatzfrage: Dann habe ich doch die Nachfrage, Herr Flosdorff – wenigstens ein Teil war ja nicht spekulativ -, ob es Grenzen für die Aufklärungsflüge der Bundeswehr über Syrien gibt und ob Aufklärungsflüge rund um einen möglichen Chemiewaffenangriff außerhalb dieser Grenzen liegen.
Flosdorff: Wir haben ein klar definiertes Mandat, in dem diese Aufklärungsflüge stattfinden. Der Name des Mandates „Counter ISIL“ sagt auch schon, für welchen Zweck dieses Mandat gedacht ist. Selbstverständlich fliegt die Bundeswehr ihre Aufklärungsflüge streng im Rahmen dieses Mandates.
Danke auch noch einmal für die Gelegenheit, dass ich hier auch noch einmal von meiner Stelle aus sagen kann: Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass die Bundeswehr immer im Rahmen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, des Grundgesetzes und des geltenden Völkerrechtes agiert. Das gilt auch für alle Planungen und Szenarien, die die Bundeswehr vorsorglich für Krisenfälle bereithalten muss.
Frage: Herr Seibert, das Geschehen in Syrien dauert ja jetzt schon ein paar Jahre an. Haben Sie das Gefühl, wenn Sie auf diese Jahre zurückschauen, dass es Situationen gegeben hat, in denen die Bundesregierung nicht ausreichend auf schnelle Entwicklungen vorbereitet war und es daher vielleicht besonders angezeigt ist, sehr konkrete Szenarien im BMVg durchzugehen?
An Herrn Breul die Frage: Das ist ja nicht nur eine Thematik, die im BMVg geklärt werden muss. Werden diese Szenarien auch im Auswärtigen Amt geprüft?
StS Seibert: Das ist eine eher zeithistorische Frage. Ich glaube, dass sie den Rahmen hier sprengt.
Zum ganz grundsätzlichen Sinn von Lagebetrachtungen und Szenarienbetrachtungen hat sich ja der Kollege Flosdorff gerade geäußert. Ich habe zu dem nichts weiter zu sagen.
Wir sollten vielleicht auch noch einmal darüber sprechen, dass ja die Zuspitzung der Lage die internationale Gemeinschaft und einzelne Akteure jetzt durchaus zu Aktivitäten gebracht hat. In der vergangenen Woche hat es Treffen gegeben. Leider konnte nicht das Ergebnis einer Waffenruhe erreicht werden.
Jetzt blickt die Bundesregierung mit gewisser Spannung auf das heutige Treffen in Genf und dann am 14.09. auf das Treffen der sogenannten Small Group, in der Deutschland ja vertreten ist. Es ist sehr zu begrüßen, dass solche Gespräche unter Leitung des UN-Sondergesandten de Mistura stattfinden. Das sind vor allem Gespräche zum politischen Prozess, zur Einsetzung eines Verfassungskomitees mit allen wesentlichen Akteuren. Das ist ein wichtiger Teil eines politischen Prozesses. Als Mitglied der sogenannten Small Group unterstützt die Bundesregierung die Bemühungen von Herrn de Mistura.
Breul: Ich kann auf der Linie nur sagen, dass das auch für das Auswärtige Amt gilt. Selbstverständlich machen wir uns große Sorgen mit Blick auf die Lage in Idlib. Der Außenminister hat sich dazu auch mehrfach geäußert, zuletzt gerade eben – zeitlich koinzident. Parallel zu dieser Veranstaltung hier hat der Außenminister am Rande eines Treffens mit seinem zypriotischen Kollegen dazu Stellung genommen.
Dabei spielen Szenarien eine Rolle, selbstverständlich auch für den Bereich der humanitären Hilfe. Man bereitet sich auf das vor, was kommen kann.
Aber selbstverständlich steht unser Bemühen im Vordergrund – Herr Seibert hat es gerade noch einmal gesagt -, dass solche schlimmen Szenarien gerade nicht eintreten. Dazu werden intensive Gespräche geführt – Herr Seibert hat es gerade ausgeführt -, in dieser Woche an unterschiedlichen Orten in unterschiedlichen Formaten. Darauf setzen wir, und das ist unsere Botschaft an die beteiligten Akteure.
Frage: Ich habe noch einmal an Herrn Flosdorff eine Bitte um eine Präzisierung. Können Sie ausschließen, dass es bei den geprüften Szenarien den Fall geben könnte, dass es zu einer – wie auch immer gearteten – Beteiligung Deutschlands ohne eine vorherige Abstimmung im Bundeskabinett kommen könnte?
Flosdorff: Ich möchte mich hier nicht in Spekulationen ergehen. Es ist ja schon viel über die Möglichkeiten berichtet worden, die das Parlamentsbeteiligungsgesetz bereithält. Ich möchte nur sagen: Alles richtet sich nach einem konkreten Fall, einer konkreten Beurteilung, einer konkreten Lage. Das ist der Punkt, an dem man anfangen kann, über solche Dinge nachzudenken.
An diesem Punkt sind wir jetzt definitiv nicht. Wir bewegen uns hier in einem hypothetischen Rahmen. Ich werde von dieser Stelle aus nicht spekulieren. Ich kann Ihnen nur sagen: Die deutschen Streitkräfte bewegen sich im Rahmen des Parlamentsbeteiligungsgesetzes, des Grundgesetzes und des Völkerrechts.
Frage: Wir reden ja jetzt viel über das Völkerrecht. Im April gab es ja schon einmal einen solchen Vergeltungsschlag. Herr Breul, da kommt natürlich wieder die Frage auf – die Frage richtet sich auch an Herrn Seibert; denn mittlerweile, nach fünf Monaten, müsste das aus Sicht der Bundesregierung vielleicht klar sein -, war dieser Vergeltungsschlag gemäß dem Völkerrecht, ja oder nein?
Breul: Ich kann nur sagen, dass sich an unserer Bewertung dieser militärischen Aktion nichts geändert hat.
Zusatzfrage: An der nicht vorhandenen Bewertung?
Breul: Wir haben damals – ich kann Ihnen das Statement gern noch einmal vorlesen; aber ich glaube, das würde ein bisschen zu weit gehen -, den Angriff auf militärische Strukturen des syrischen Regimes durch Frankreich, Großbritannien und USA als angemessen und erforderliches Signal bezeichnet.
Frage: Daran anschließend, was Herr Breul gesagt hat. Herr Seibert, Herr Flosdorff, die damaligen Aussagen sowohl der Kanzlerin als auch der Verteidigungsministerin zum Vorgehen der Verbündeten haben weiterhin Bestand?
StS Seibert: Genauso hat Herr Breul es meines Wissens doch gerade eben gesagt.
Zusatz: Ich habe das so verstanden, dass es die Aussage für das Auswärtige Amt war. Das gilt auch für Kanzlerin und Verteidigungsministerium?
StS Seibert: Das war die Aussage für die Bundesregierung.
Flosdorff: Ja.
Frage: Herr Flosdorff, wenn es jetzt eine ganz dringende Situation wäre, in der auch die Bundeswehr schnell handeln müsste, ist in jedem Fall immer noch vorher das Parlament zu befragen? Oder gibt es auch eine Situation, in der man die Zustimmung des Parlaments praktisch nachträglich einholen kann?
Flosdorff: Es ist in jedem Fall das Parlamentsbeteiligungsgesetz zu beachten. Das würde sehr ernst genommen. Ich habe das eben auch schon Ihrer Kollegin gesagt.
Es ist verständlich, dass Sie es noch einmal versuchen. Aber ich werde hier nicht fiktive Fälle mit Ihnen durchgehen, von denen wir nicht wissen, über was wir konkret reden.
(Archivbild: A 34th Expeditionary Bomb Squadron B-1B Lancer deployed to the 379th Air Expeditionary Wing prepares to launch a strike mission from Al Udeid AIr Base, Qatar, April 13, in support of the multinational response to Syria’s recent use of chemical weapons. Two B-1Bs, deployed to Al Udeid AB from Ellsworth AFB, S.D., employed 19 Joint Air to Surface Standoff Missiles (JASSMs), marking the first combat employment of the weapon – U.S. Air Force photo by Master Sgt. Phil Speck)
Das Verhältnis Risiko-Nutzen stimmt bei den angeblichen Giftgasangriffen (laut Zeugenaussagen) nicht.
Ein Regimewechsel ist nicht machbar und vermutlich auch nicht gewünscht. Marschflugkörper mit Unterstützung von AWACS könnten höchstens den Status quo zementieren und eine russische Reaktion provozieren. Das Geheule bei dem massiven Manöver zusammen mit China wird ohnehin wieder groß sein.
Momentan haben unsere angeblichen Gülen bekämpfenden NATO-Freunde in der Türkei noch die besten Voraussetzungen, eine friedliche Lösung herbeizuführen. Dazu muss ein Bruch mit den 10.000 Al Kaida-Terroristen (laut US-Aussage) in Idlib stattfinden (laut UN-Resolution).
Ich verstehe wirklich nicht, darum dies hier der Politik bei solche Diskussionen nicht um die Ohren gehauen wird. Auch durch Journalisten bei der BPK. Kann mir das jemand bitte erklären?
Völkerstrafgesetzbuch
§ 13 Verbrechen der Aggression
(1) Wer einen Angriffskrieg führt oder eine sonstige Angriffshandlung begeht, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe bestraft.
(2) Wer einen Angriffskrieg oder eine sonstige Angriffshandlung im Sinne des Absatzes 1 plant, vorbereitet oder einleitet, wird mit lebenslanger Freiheitsstrafe oder mit Freiheitsstrafe nicht unter zehn Jahren bestraft. Die Tat nach Satz 1 ist nur dann strafbar, wenn
1. der Angriffskrieg geführt oder die sonstige Angriffshandlung begangen worden ist oder
2. durch sie die Gefahr eines Angriffskrieges oder einer sonstigen Angriffshandlung für die Bundesrepublik Deutschland herbeigeführt wird.
(3) Eine Angriffshandlung ist die gegen die Souveränität, die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit der Charta der Vereinten Nationen unvereinbare Anwendung von Waffengewalt durch einen Staat.
(4) Beteiligter einer Tat nach den Absätzen 1 und 2 kann nur sein, wer tatsächlich in der Lage ist, das politische oder militärische Handeln eines Staates zu kontrollieren oder zu lenken.
(5) In minder schweren Fällen des Absatzes 2 ist die Strafe Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren.
@Ingo Heinscher
Ihre Sicht, dass es sich um einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg im Sinne des zitiertebn Paragrafen handelt, wird nicht durchgängig geteilt. Und da ist es dann auch nicht zielführend, den ganzen Paragrafen hier zu zitieren…
Wurde schon sehr viel wichtiges und richtiges genannt.
Da eine Besetzung Syriens mit „Boots on the ground“ mit einer Erzwingung eigener Ziele durch pure Übermacht niemals im Bereich des Möglichen lag (gerade auch nicht für die USA, nach den Debakeln im Irak und Afghanistan), waren alle bisherigen Aktionen im Wesentlichen symbolisch bzw. eher prozeßorientiert als ergebnisorientiert.
Was hat das „militärische Engagement“ (P.S. der Precht hat bei dem Wort in Tilos Interview fast nen Anfall gehabt) des Westens in Syrien denn bisher signalisiert? Aus oben genanntem Grund doch nie „whatever it takes!“, sondern immer begrenzte Dinge, so daß der eigentliche Effekt der Abschreckung niemals eintreten konnte.
Signal an Assad: wir wollen dich weg, du wirst zur Rechenschaft gezogen werden, bezahlen / bestraft werden, wenn du weiter Gewalt gegen die Opposition einsetzt; Was bei Assad ankommt: ich hab gesehen, was ihr mit Gaddafi und Hussein gemacht habt: das ist ein Kampf auf Leben und Tod – von meiner Seite „whatever it takes“
Signal an die Rebellen: ihr bekommt Waffen und Geld und Luftnahunterstützung und den Einsatz von Spezialkräften / Black-OPs; Was bei den Rebellen ankommt: das reicht nicht, ihr laßt uns Hängen wie damals nach 1991 die Schiiten im Irak, ihr benutzt uns doch nur in eurem großen Spiel, ohne selber den Arsch zu riskieren,
Signal an die Russen: Poker um Syrien, Signal der Russen: wir ziehen mit und erhöhen um das Doppelte was ihr auf dem Tisch liegen habt…
Signal an die Zivilbevölkerung: bleibt wo ihr seid, wir tun was wir können um den Konflikt zu beenden; was bei der Zivilbevölkerung ankommt: nichts wie raus, der Konflikt wird von mehreren Seiten mit Waffen und Geld angeheizt und wird noch Jahre dauern.
Signal an die eigenen Wähler: wir müssen da einschreiten, weil der Assad produziert Unsicherheit in der Region und Kriegsflüchtlinge; was bei den Wählern ankommt: der Westen produziert Unsicherheit in der Region, die Probleme sind doch im Wesentlichen hausgemacht (- der Aufstieg des IS nach dem Machtvakuum im Irak etc.)
Und jetzt?
Signal der Bundesregierung an die Verbündeten: wir sind handlungsfähig, notfalls fragen wir das Parlament nachher. Was bei den Verbündeten ankommt: die Sache wurde an die Presse durchgestochen und wird jetzt sofort von den üblichen Verdächtigen gestoppt bzw. in breiter Diskussion „zerredet“ (Meines Erachtens zum Glück!)
Warum darüber überhaupt diskutiert wird oder so getan wird als würde man etwas unternehmen wollen. Niemand wird ernsthaft gegen Putin und Assad vorgehen. Die können da doch machen was sie wollen. Seit 2014 schon.
Er scheint nicht besonders bekannt zu sein, darum das Vollzitat des Paragraphen.
„Wird nicht durchgängig geteilt“… nun: Wenn jemand glaubt, dass ein Angriff auf einen souveränen Staat ohne UN-Mandat KEIN Verstoß gegen 13 VStGB sei, dann ist das zumindest erst mal nicht ohne weiteres nachvollziehbar und bedarf einer Begründung. Die könnte man ja hier jetzt liefern, wenn man dieser Meinung wäre.
Denn die Formulierung des Gesetzes ist ja dann doch sehr eindeutig.
Möglicherweise ist das Signal an Assad auch nur: wir treiben den Preis, den du für die Erreichung deiner Ziele zahlen mußt so hoch, daß es besser wäre, du würdest an den Verhandlungstisch kommen. Wenn aber, wie in meinem letzten Kommentar beschrieben, die Ansicht Assads ist, daß er mit den USA nicht verhandeln kann, weil die erst zufrieden sind, wenn er tot ist, wird es eben niemals zu Verhandlungen kommen.
Vielleicht zielt das Signal des Westens aber auch auf das Umfeld Assads: aber wenn ihn da jemand hätte ans Messer liefern wollen, um weiteren Schaden abzuwenden, wäre das doch auch längst geschehen.
Irgendwie kann ich nichts Neues erkennen, außer vielleicht einen weiteren Präzedenzfall für die Bundesregierung militärisch in einer Koalition der Willigen ohne UN-Mandat tätig zu werden (vgl. Kosovo), und für die Legitimisierung nun eben chemische Waffen herhalten müssen anstelle von ethnischer Säuberung (- was man ja beides für legitim halten kann, aber es gibt eben auch einen Unterschied zwischen legitim und legal – siehe das im P.S. verlinkte Dokument…).
P.S. danke an Thomas Melber für den link im letzten Faden – hier ist er nochmal, für diejenigen, die ihn im letzten Thread nicht gesehen haben (Völkerrechtliche Einschätzung des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags)
https://www.bundestag.de/blob/551344/f8055ab0bba0ced333ebcd8478e74e4e/wd-2-048-18-pdf-data.pdf
[Als Hinweis: Nur wer den Text oben gelesen hat, hat auch den Link zum Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes gesehen… T.W.]
Der BReg sei angeraten, sich das Gutachten des wiss. Dienstes zu den Luftschlägen im Frühjahr (hatte ich bereits verlinkt) einmal anzusehen.
Völkerrecht hat als Rechtsquelle auch Gewohnheitsrecht und das bildet sich durch Handeln.
Der Einsatz von C-Kampfstoffen ist international geächtet. Zur Durchsetzung dieses Verbots sind auch Repressalien möglich. Der Sicherheitsrat ist durch RUS als den Verbündeten des Friedenstörers blockiert, deshalb könnten ausnahmsweise Vergeltungsmaßnahmen auch ohne Zustimmung Sicherheitsrat gerechtfertigt sein.
Daneben käme auch das Nothilferecht zur Abwehr einer gegenwärtigen, andauernden, schweren Verletzung von Menschenrechten in Frage.
Die konkrete Lage ist also längst nicht so eindeutig, wie die hier zitierten Paragrafen.
Etwas seltsam, die Situation kann doch nicht ernsthaft seitens der Bundesregierung genutzt werden, um Bündnisttreue zu demonstrieren?! Welches Bündnis? Die NATO ist es in diesem Fall explizit nicht, die VN ebenso wenig… Der Verweis auf das Gutachten der Wissenschaftliche Dienste des Deutschen Bundestages und die dort enthaltenen Folgerungen sind m.E. richtig und wichtig.
@Karl Mohr
Normales Chlorgas gilt nicht als chemischer Kampfstoff bzw. müßte CS-Gas / Tränengas u.a. zur Crowd and Riot Control (CRC) eingesetztes Reizgas ebenso eingestuft werden.
https://de.wikipedia.org/wiki/Liste_chemischer_Kampfstoffe
https://de.wikipedia.org/wiki/Reizgas
Wäre der Einsatz den mit einem EU Mandat rechtlich Unordnung?
Das Thema ist sicherheitspolitisch auf dem absteigenden Ast. Das Durchstechen der U.S.-Anfrage, s.a. https://mobile.reuters.com/article/amp/idUSKCN1LQ124?__twitter_impression=true hat den gewünschten Effekt breiter öffentlicher und politischer Ablehnung zielgenau erreicht, und zwar von rechtsaußen bis linksaußen, merkwürdig? 100%iges Nein im Plenum also?
Siebert schließt Entscheidung ohne BT Behandlung aus, Nahles ist gegen eine DEU Beteiligung und lehnt folgerichtig Zustimmung sowohl im Kabinett als auch BT ab. Wer wollte bei der Sachlage noch weiter unter der Prämisse „wir tragen mehr Verantwortung“ darauf herumdenken?
Thema durch.
Hallo
So sieht „Demokratie“ gegen das Volk aus.
Es wird jetzt schon vorausgesetzt, dass Syrien und RUS unerlaubte Waffen einsetzen, anstatt mitzuhelfen, die islamistischen Verbrecher unschädlich zu machen.
Der Krieg könnte ja zu Ende sein und das ist für die Rüstungsindustrie schlecht.
Zum anderen ist das Ziel, die Einverleibung Syriens in das Einflussgebiet der USA nicht erreicht.
Ich bin noch nie gefragt worden, ob ich mit dem Einsatz deutscher Soldaten im Ausland einverstanden bin, Warum bei solchen Fragen kein Volksentscheid
mit freundlichem Gruß
Gerd Tengg
@Karl Mohr | 10. September 2018 – 17:32
Nein, Völkerrecht hat nichts mit Gewohnheitsrecht zu tun. Und Repressalien ohne UN-Mandat sind nicht zulässig. Sie begeben sich auf das Niveau Assads.
WD: “ …im Ergebnis einhellig als völkerrechtswidrig bezeichnet …“, mit Parallelen zur Bewertung in Kosovo 1999.
Soweit die Theorie.
Die Praxis, angedeutet bei Karl Mohr „Völkerrecht hat als Rechtsquelle auch Gewohnheitsrecht und das bildet sich durch Handeln“, kann als Hinweis auf die seit 2005 anhängige Frage des „Responsibility to Protect“ dienen.
Gibt es diese Verantwortung, die 09/2005 immerhin Aufnahme fand im Abschlussdokument des Weltgipfels der UN? (Bundeszentrale für politische Bildung 31.10.2008) Unklar bleibt dabei bis dato, ob/inwiefern die Idee von einer Schutzverantwortung bereits Teil des Völkerrechts ist! Das Völkerrecht muss als quasi lebender Organismus begriffen werden, eine Entscheidungsfindung allein anhand von Paragrafen des Völkerstrafgesetzbuches bleibt juristisch unseriös. (Selbst beim tagtäglichen Rotsünder gehen Lebens- und Tatumstände in eine Urteilsfindung ein)!
Im konkreten Fall,
– kann Deutschland sich auf eine Position der juristisch-politischen Nichteinmischung dem Legalitätsprinzip folgend zurückziehen, ohne Legitimität der Lw-Beteiligung und das Schicksal Betroffener in IDLIB zu erwägen?
– kann die Bundesregierung Assad mit WMD nach Belieben operieren lassen, weil Paragrafen getreues, rechtmäßiges Handeln seit dem 08. Mai 1945 Grundlage deutscher Politikteilhabe in internationalem Kontext – zurecht – ist?
@Ingo Heinscher | 10. September 2018 – 16:15
„Denn die Formulierung des Gesetzes ist ja dann doch sehr eindeutig.“
Nope. Denn die Frage der Aggression ist mit der Völkerrechtswidrigkeit verknüpft.
Wenn es aber nicht völkerrechtswidrig ist, dann liegt auch keine Aggression vor.
Und diese Frage ist nicht ganz so einfach zu beantworten, wie es auf den ersten Blick scheint. Völkerrecht ist nicht so einfach wie nationales (Straf)-Recht…
@Stadtpark | 10. September 2018 – 17:14, @Thomas Melber | 10. September 2018 – 17:17; @Andreas Wolf | 10. September 2018 – 17:36
Das Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes ist sicherlich eine wichtige und interessante Bewertung der Lage, aber es ist aber auch nicht mehr als das „ein wissenschaftliches Gutachten“.
Gerade im Bereich des Völkerrechtes gibt es häufig sehr unterschiedliche Auslegungen der gleichen Rechtsgrundlagen und selbst bei innerstaatlichen (vergleichsweise einfachen) Rechtsfragen habe Gerichte nicht selten anders entschieden als die wissenschaftliche Lehrmeinung (von Einzelgutachten ganz zu schweigen) bis dahin aussagten…
Da etliche Leute anscheinend immer noch davon ausgehen, daß der US-UK-Fra Angriff vom April wegen eines syrischen Chemiewaffeneinsatzes irgendwie berechtigt gewesen wäre, egal ob mit oder gegen das Völkerrecht, hier noch einmal der Link zum aktuellen Untersuchungsbericht der OPCW nach Untersuchung des Ortes und der in der Türkei präsentierten Beweisstücke:
https://www.opcw.org/news/article/opcw-issues-fact-finding-mission-reports-on-chemical-weapons-use-allegations-in-douma-syria-in-2018-and-in-al-hamadaniya-and-karm-al-tarrab-in-2016/
Zusammenfassung:
Es gibt keinen Hinweis auf den Einsatz von Organophosphaten (vulgo Nervengase) in Douma. Ebensowenig bei zwei anderen Ereignissen in 2016.
Aka:
Selbst wenn es irgendwie rechtmäßig wäre, als Drittmacht in Reaktion auf einen C-Waffen-Einsatz ein Lamd zu bombardieren – es gab keine C-Waffen in Douma. Der US-UK-Fra Angriff im April war in jedweder Hinsicht absolut Völkerrechtswidrig.
Böse Zungen können jetzt behaupten, daß US-Angriffe wegen nicht vorhandener C-Waffen inzwischen zur Tradition geworden sind…
Wie realistisch ist bei der Option Geleitschutz der US-Schiffe durch unsere Marine, die Möglichkeit, dass (unsere) Schiffe durch Syrische bzw. Russische Anti-Schiffsraketen angegriffen werden?
@Thomas Melber
Lesen sie ihre verlinkten Seiten?
Die Liste erhebt KEINEN Anspruch auf Vollständigkeit! Wenn Chlorgas militärisch mit dem Effekt eingesetzt wird, das Zivilisten daran sterben ist es FÜR MICH ein chemischer Kampfstoff. Aber das sehen Andere hier wohlmöglich anders.
@Ingo Heinscher
UN und Völkerrecht sind ein hohes Gut allerdings in der Realität nicht zu greifen. Rußland ist Schutzmacht von Assad und die USA haben in der Vergangenheit auch Resolutionen gegen Israel verhindert.
Der Einsatz von ABC-Waffen sind für mich eine rote Linie, da ist Handeln gefragt ( das schließt militärisches Handeln FÜR MICH nicht aus). Andere autoritäre Staatslenker schauen sich das genau an. Wenn Assad nach dem Einsatz von Chemiewaffen keine Konsequenzen befürchten muss wird das in Afrika oder Asien Schule machen. Mir ist Bewusst, die Konsequenzen werden nicht den Krieg drehen aber vielleicht haben einige Offiziere fern der Front keinen Bock ihre Köpfe für Assad hinzuhalten.
Aber das ist nur meine Sicht der Dinge :-)
@ Koffer
Die Frage an sich hat Sprengkraft für das ganze politische System in Deutschland … und zwar im Megatonnen-Bereich. Da sind derartige, pardon, „legalistische Haarspaltereien“ fehl am Platze weil man solche juristischen Winkelzüge keinem normalen Menschen erklären kann. Für Otto-Normalverbraucher ist das Gesetz in seiner Formulierung eindeutig und kein Politiker in Berlin wird es ob der ohnehin diffizilen Lage beim Wahlverhalten hier irgendwelche Experimente zu veranstalten. So wie die Dinge aktuell politisch und gesellschaftlich liegen ist für mich recht sicher, daß es keine deutsche Beteiligung geben wird.
@Mitleser
Habe Zweifel, was nach drei Monaten noch nachweisbar ist. Wie sieht die Flüchtigkeit der gesuchten Materialien aus?
@Koffer: Mit Verlaub, doch, das Gesetz ist sehr eindeutig formuliert. Denn im Gesetz steht nicht
„völkerrechtswidrig“,
sondern da steht
„Angriffshandlung begeht, die ihrer Art, ihrer Schwere und ihrem Umfang nach eine offenkundige Verletzung der Charta der Vereinten Nationen darstellt“.
Die Charta wiederum enthält tatsächlich keinen Passus zu irgendwelchen Nothilfekonstruktionen. Aus gutem Grund. Da muss man dann schon ganz schön zu schwurbeln anfangen, um als beteiligter Soldat nicht für mindestens zehn Jahre ins Gefängnis zu wandern.
Und als Politiker lebenslänglich.
@Flix | 10. September 2018 – 17:57
„Wäre der Einsatz den mit einem EU Mandat rechtlich Unordnung?“
Das lässt sich nicht so einfach beantworten. Es liegt u.a. an den Grundlagen für das EU Handeln (auch mit EU-Mandat darf man ja keinen Angriffskrieg führen) und an der Ausgestaltung des Mandats.
Zudem ist die EU nicht in erster Linie ein Militärbündnis und zudem auch nicht für den Frieden im Nahen Osten „zuständig“…
@Gerd Tengg | 10. September 2018 – 18:07
„So sieht „Demokratie“ gegen das Volk aus.“
Sorry, aber das ist Polemik.
„Ich bin noch nie gefragt worden, ob ich mit dem Einsatz deutscher Soldaten im Ausland einverstanden bin, Warum bei solchen Fragen kein Volksentscheid“
Ganz einfach: Weil es das Grundgesetzt nicht vorsieht.
@Pio-Fritz | 10. September 2018 – 18:12
„Nein, Völkerrecht hat nichts mit Gewohnheitsrecht zu tun.“
Doch. Und zwar sogar ausdrücklich. Völkergewohnheitsrecht ist eine von mehreren anerkannten Quellen des Völkerrechtes.
Aber in diesem Fall kommt zum Völkergewohnheitsrecht noch die Frage der „gelebten Praxis“ in der Auslegung bestehenden Völkerrechts hinzu.
Es ist im Völkerrecht (ganz egal ob im Völkervertragsrecht oder im Völkergewohnheitsrecht) nicht unüblich, dass sich die allgemeine Rechtsmeinung durch die tatsächlich und akzeptierte Praxis der Staaten fortentwickelt.
Ob das allerdings in diesem Fall in SYR einschlägig wäre, ist natürlich eine ganz andere Frage!
„Und Repressalien ohne UN-Mandat sind nicht zulässig.“
Doch. Grundsätzlich ist das denkbar.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 10. September 2018 – 18:57
+1
@Koffer | 10. September 2018 – 18:58
„Wenn es aber nicht völkerrechtswidrig ist, dann liegt auch keine Aggression vor.“
Naja. Nachdem im Nachgang klar geworden ist, das im April in Douma nix war mit C-Waffen und jegliche Legitimation des Bombardements der westlichen Allianz sich dadurch sprichwörtlich in Rauch auflöste, warum soll Assad so blöd sein, jetzt in Idlib C-Waffen einzusetzen?
Ihren Umkehrschluss mit der Aggression halte ich nicht für rechtskonform. Mit UN-Mandat kann eine Aggression, sprich Repressalie, durchaus legitim sein. Ohne nicht.
Aber diese Diskussion ist am Ende wohl der Sreit um des Kaisers Bart.
Ich gehe davon aus, daß kein Vorgesetzter einen Befehl erteilen wird, bei dem er bei Erteilung davon ausgehen muß, daß er völkerrechtswidrig ist.
Das Gutachten ist nun einmal in der Welt.
In diesem Zusammenhang vielleicht interessant:
https://www.heise.de/tp/features/80-StGB-Vorbereitung-eines-Angriffskriegs-ist-seit-1-Januar-2017-gestrichen-3590763.html
http://www.gesetze-im-internet.de/vstgb/index.html
Ich gebe zu bedenken, dass hier vermutlich nur zum geringen Teil Völkerrechtler anwesend sind. (Ich bin auch keiner.) Von daher ist diese hier ausgetragene juristische Debatte, nun, in Teilen nicht so zielführend. Zumal sie in den entsprechenden Fachblogs besser aufgehoben wäre.
@csThor | 10. September 2018 – 20:17
„Die Frage an sich hat Sprengkraft für das ganze politische System in Deutschland … und zwar im Megatonnen-Bereich.“
Ich bin diesbezüglich absolut Ihrer Meinung!
Genau um diese politische Frage geht es. Innenpolitisch und Außenpolitisch.
Die von vielen (leider auch hier in dem Kommentaren) geführten pseudo-Auslegungen einer hochkomplexe Rechtslage mit schwarz/weiß Antworten lenken vom eigentlichen Thema ab: Ist es grundsätzlich richtig es zu tun und wenn ja, ist richtig, dass DEU sich beteiligt. Zu dieser Frage nach der Legitimität kommt dann natürlich noch die Frage der politischen Klugheit. Allgemein und für DEU.
@Klaus-Peter Kaikowsky | 10. September 2018 – 20:23
Ich bin kein Chemiewaffenexperte, aber die OPCW sind es und kennt sich ebenso mit Forensik aus. Lesen Sie die Dokumente der OPCW; in den Fact Finding Mission Berichten wird jedes Detail sorgfältigst abgewogen, das Für und Wider seiner Beweiskraft ausführlich diskutiert und die Gesamtheit der Fakten nüchtern bilanziert. Vergessen Sie dabei nicht, daß die OPCW nicht allein auf Substanzreste vor Ort angewiesen ist, sondern auch Zeugen befragt, medizinische Unterlagen vom Zeitpunkt des Geschehens sichtet und bereits im April mit der Untersuchung der außer Landes in die Türkei verbrachten Material- und Gewebeproben begonnen hatte.
@Koffer
Die völkerrechtliche Bewertung ist glasklar! So genannte „Vergeltungsangriffe“ gegen souveräne Staaten sind ohne UN-Mandat völkerechtswidrig. Punkt! Da gibt es keinen Spielraum.
Die Tatsache, dass die USA und GBR und FRA es doch machen hat nichts mit der Komplexität des Völkerrechts zu tun, sondern mit der Tatsache, dass der „Stärkere“ sich das Recht heraus nimmt gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Das ist nicht neu. Es bleibt aber ein Völkerrechtsbruch.
Das hilflose Gestammel der Regierungssprecher bei ihren Antworten spricht ja Bände. Natürlich wissen auch diese, dass es völkerechtswidrig ist.
Die Bundesregierung trägt die „werteorientierte“ Ordnung verbal wie eine Monstranz vor sich her, ist aber leider im konkreten Handeln leichtfertig bereit sich davon zu distanzieren wenn es ihr gerade in den Kram paßt. Anspruch und Wirklichkeit klaffen meilenweit auseinander. Wir sind eben leider nicht immer nur „die Guten“.
Die juristische Frage ist mE sehr einfach, aber dazu ist wohl alles geschrieben.
Sicherheitspolitisch: Was gewännen wir?
– Eine gewisse Abschreckungswirkung gegenüber Staatschefs, die gegen ihr eigenes Volk Chemiewaffen einsetzen, wenn sie den zugrundeliegenden Krieg eigentlich schon gewonnen haben. Auch wenn Assad ein solcher Psychopath sein sollte: Wie oft wird es solche Fälle jemals geben? Wir würden also helfen eine Drohkulisse aufzubauen, die fast nie relevant wird. Und die Frage nach einem nachvollziehbaren Motiv für solch einen Chemiewaffeneinsatz ist damit auch nicht beantwortet.
– Wohlwollen der Trump-Regierung, eventuell auch der US-Opposition, soweit sie die Anti-Assad-Agenda teilt..
Was verlören wir?
– Einen vergleichsweise guten Draht zu Russland. Von allen NATO-Staaten kommt unsere Regierung mit der russischen derzeit am besten zurecht, sicher auch eine Folge unserer Zurückhaltung bei der Missachtung des Völkerrechts bzw. der russischen Interpretation davon.
– Die gesamte internationale Reputation als Friedensmacht.
– Tatsächlich kann es sogar sein, dass Russland diesmal wesentlich aktiver zugunsten Assads eingreift. Nicht wahrscheinlich, aber möglich, dass das einige unserer Soldaten das Leben kostet, und dann natürlich auch Ausrüstung.
– Noch unwahrscheinlicher, aber immer noch möglich: Eskalation in einen richtigen Krieg in Syrien.
Wer kann unter diesen Umständen eine solche Beteiligung für eine gute Idee halten?
Die Diskussion geht am Kern des Problems vorbei. Denn kaum jemand würde abstreiten, dass, falls Assad tatsächlich Chemiewaffen einsetzt, ein Vergeltungsschlag notwendig ist.
Doch das Problem ist – und war in der Vergangenheit – festzustellen, ob Assad das tatsächlich getan hat. Und das ist keine politische oder militärische Frage – sondern eine kriminalistische.
Aber das bisherige Vorgehen der OPCW entspricht nicht mal im Ansatz den üblichen kriminalistischen Standards. Die OPCW arbeitet lähmend langsam und besitzt schon personell keinerlei kriminalistische Expertise. Es sind nur Chemiker – und das reicht nicht. Duma im April dieses Jahres war der bislang erste einzige (!) Tatort, der von der OPCW untersucht wurde. Wichtige Indizien und Tatwaffen, wie die (vermuteten) Fragmente der ChAB-500-Bombe russischer Bauart in Chan Sheykhun sind bis heute, nach 1,5 Jahren (!) nicht sichergestellt und ausgewertet.
Wir kann man denn ohne die Untersuchung des Tatorts und der Tatwaffe irgendwelche Schlüsse ziehen?
Also wenn Deutschland mehr Verantwortung übernehmen will, dann sollte es zuallererst eine erweiterte Tatortgruppe des BKA bereithalten, um sie sofort nach dem Angriff am Tatort in enger Absprache mit den Rebellen einzusetzen und Spuren zu sichern, Zeugen zu befragen, Obduktionen vor Ort vorzunehmen. Die Bundeswehr könnte dazu beitragen, die Arbeit dieser Gruppe zu sichern, z.B. aus der Luft eine Flugverbotszone über dem Gebiet durchzusetzen.
Diese kriminalistische Tatortarbeit vor Ort ist das, was nach einem Angriff zu allererst erforderlich und angemessen wäre. Alles andere ist blinder Aktionismus.
@ Koffer | 10. September 2018 – 23:11
Ob die Diskussion die gerade geführt wird politisch klug ist weiß ich nicht, ich vermute eher nicht. Gesellschaftlich ist die Diskussion aber auf jeden Fall klug, genau so wie die Diskussion um bewaffnungsfähige Drohnen etc.
Erst diese Diskussion und das daraus folgende Ergebnis würde es der in Verantwortung stehenden Politik ermöglichen im Falle des Falles schnell und verbindlich zu handeln. Führt man diese Diskussion nicht proaktiv bleibt einem dann nur das Reagieren, agiert werden kann auf jeden Fall nicht.
Zum Thema „Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen“ gab es anno 1995 im Rahmen des jugoslawischen Bürgerkrieges eine Diskussion im bayerischen Fernsehen.
Kurze Zusammenfassung:
1. Menschenrechtsverletzungen können in Extremfällen ein Eingreifen rechtfertigen. Die damalige Situation in Jugoslawien galt als grenzwertig. Aus dieser Perspektive sollte der Einsatz chemischer Waffen gegen Zivilisten ein militärisches Eingreifen Dritter problemlos rechtfertigen,.
2. Grenzverletzungen und Störungen der öffentlichen Ordnung in den Nachbarländern sind allerdings weitaus gewichtigere Gründe für ein militärisches Eingreifen. Diese müssen NICHT direkt durch offizielle Streitkräfte erfolgen sondern es reichen grössere Flüchtlingsbewegungen. Und diese wird es mit Sicherheit in Richtung NATO-Staaten geben.
Assad kann also fast frei nach Machiavelli handeln solange er es leise tut und die Nachbarn nicht belästigt.
—
Das eigentliche Problem ist aber daß der Westen gespalten und und keine Perspektiven aufzeigt und verfolgt. Ob Assad sein Volk mit Knüppeln oder Giftgas umbringt macht kaum einen Unterschied. Eingreifen ohne Ziel ist nutzlos. Ein klares „Ja“ zur Unterstützung der DFNS wäre nützlich, Druck auf die Türkei sich mit der DFNS zu arrangieren wäre nützlich – z.B. durch die Ankündigung die Türkei mit ihrem Idlib-Problem alleine zu lassen. Eine Entwaffnung der Al-Kaida-Nahen Kämpfer wäre nützlich. Eine Kompromisaggenda der nordsyrischen Gebiete wäre nützlich. Ein Plan und ein Ziel wäre nützlich.
Aber ich sehe das nicht kommen. Also wird es anders kommen.
bei diversen Verlagsseiten ist heute zu lesen dass die deutschen Parteien generell offen für eine Syrien Intervention unter bestimmten Voraussetzungen sind.
“ Für den Fall eines Giftgas-Angriffs der syrischen Armee auf die Rebellen-Enklave Idlib schlossen Vertreter von CDU, CSU, FDP und Grünen einen solchen Schritt nicht aus. Deutschland solle sich in dieser Frage nicht verschließen,“
nur die SPD verweigert sich aktuell komplett und zerstört somit auch zumindest dieses theoretische Druckmittel… das heißt ja letztendlich nicht gleich das man bei einem Militärschlag dabei ist… aber die Möglichkeit direkt ohne jede Diskussion auszuschließen finde ich sehr unklug und würde ich eher von den Linken als von der SPD erwarten… da sind die anderen Parteien reifer wenn sie sagen dass man über die Möglichkeit sprechen muss… und dass die Bundeswehr auch mögliche Beteiligungsmöglichkeiten darstellt… und am Ende der Bundestag darüber abstimmt was gemacht wird oder was nicht…
Mich würde immer noch interessieren, auf welches Mandat sich unsere Regierung bei ihren Überlegungen stützt. Und warum man jetzt vom Fokus auf Landes- und Bündnisverteidigung wieder abrückt.
Soweit ich weiß, gibt es kein UN-Mandat für einen Syrien-Einsatz.
Und nur dann sähe eine deutsche Beteiligung anders aus. Aber ein UN-Einsatz ist sehr unwahrscheinlich.
@ Info Heinscher
100 Prozent Zustimmung zu Ihrem Beitrag!
@ obibiber
Das nennt man Taktik.
Es gibt doch nichts dümmeres, als einen Angriff vorher anzukündigen.
Die Drohkulisse anderer Länder hat in diesem Konflikt bisher auch nichts gebracht.
Die Unsicherheit dagegen, ob Deutschland und andere Länder sich beteiligen, oder nicht, ist ein viel größeres Risiko für Assad, als ein vorher einschätzbares.
Darum finde ich es gar nicht schlecht, wenn unsere Regierung nach außen KEIN einheitliches Bild abgibt und sich somit nicht in die Karten schauen lässt.
Nur um das Ganze mal militärisch einzuordnen.
Nordkorea „spielt“ seit geraumer Zeit mit Atomwaffen und schoß zu Tests sogar Raketen ab.
Dafür gab es genau welche militärische Konsequenz? Genau- gar keine. Die USA sind ein bisschen mit einem Flugzeugträger durch das Chinesische Meer gepflügt – so what.
Danach gab es noch einen Kuschelgipfel mit Donald Trump, bei dem man sich gegenseitig die Größe der roten Knöpfe zeigte..
Zugegeben, er hat sie nicht gegen sein Volk eingesetzt. Die dürfen für die ehrgeizigen Projekte aber hungern und schuften wie die Sklaven.
Die Bedrohung anderer Staaten ist hier ungleich höher, nur mal, um ein Standardargument der Befürworter eines Einsatzes aufzugreifen.
Und jetzt bitte das Ganze gewertet einordnen im Vergleich zur Situation in Syrien….
Ernüchtert stelle ich fest:
Seit der Wiedervereinigung ist das Friedensgebot des Grundgesetztes Schritt für Schritt ausgehöhlt worden und ist inzwischen nur noch eine inhaltsleere Phrase.
Ob Irak, Libyen oder jetzt Syrien. Immer wird behauptet es sei zum Schutz der Menschenrechte. War es nicht und ist es nicht! Und jeder der ehrlich zu sich selbst ist kann das auch wissen. Es geht um nichts Anderes als die Erringung von Macht und Dominanz in der Region. Und da das ohne militärische Gewalt nicht funktioniert wird eben sie eben eingesetzt.
So einfach, aber auch so traurig ist das leider. Die kurze Phase der deutschen militärischen Zurückhaltung scheint endgültig beendet zu sein.
@ Mitleser | 11. September 2018 – 0:29
„Lesen Sie die Dokumente der OPCW; in den Fact Finding Mission Berichten wird jedes Detail sorgfältigst abgewogen“
Eben nicht. Das Vorgehen der OPCE ist erratisch, inkonsistent und entspricht nicht den üblichen forensischen Standards.
Beispiel: Vergleich OPCW-Report zu Saraquib vs. Duma, alles frei verfügbar:
(a) In allen OPCW-Untersuchungen außer Duma gibt es keine saubere Beweismittelkette bei den Proben – die Proben wurden von den Weißhalmen genommen und teilweise Wochen (!) später, (wie in Saraquib, S. 4, Rn 4.9) der OPCW übergeben.
(b) Bei der OPCW-Untersuchung zu Saraquib wurden Konzentrationen der gefundenen Stoffe bestimmt (S. 21-22) – für Duma nicht.
(c) Bei der OPCW-Untersuchung zu Saraquib wurden forensische Experimente zur Bestimmung der natürlichen Konzentration der gefundenen Stoffe vorgenommen (S. 23) – für Duma nicht.
Quellen:
Saraquib: https://www.opcw.org/fileadmin/OPCW/S_series/2018/en/s-1626-2018_e_.pdf
Duma: https://www.opcw.org/fileadmin/OPCW/S_series/2018/en/s-1645-2018_e_.pdf
Tja, sowas ist eben keine belastbare Grundlage für weitreichendes Handeln.
President Bashar al-Assad of Syria has approved the use of chlorine gas in an offensive against the country’s last major rebel stronghold, U.S. officials said…
hab versucht dies einzuordnen, wie die Nachrichtendienste drauf kommen und zu den üblichen Quellen wie SIGINT – HUMINT – SATINT kommt mir in den Sinn nur noch die Einordnung als eine Prophezeiung. (https://www.quora.com/What-is-HUMINT-SIGINT-ELINT-IMINT-SATINT-and-COMINT-used-by-the-intelligence-agencies-around-the-world)
Spass bei Seite, hat jemand von Ihnen Argumente, dass die erste Zeile des Artikels keine Propaganda sei?
Zur Ergänzung ein Interview des verteidigungspolitischen Sprechers der Unionsfraktion, Henning Otte, heute im Deutschlandfunk:
„Wir müssen Stärke zeigen“
Aber mal ne andere Frage warum sollte Assad den überhaupt Giftgas Einsätzen wenn er doch weiß das dieses vorgehen eine Reaktion des Westen nach sich zieht. Mit der Unterstützung von Russland und dem Iran werden Assads Truppen Idlib Eroberern es ist nur eine Frage der Zeit oder? Also stellt sich mir da die Sinn frage warum sollte er Gas einsetzen wenn er weiß das er gewonnen hat. Ich könnten mir einen Einsatz dieser Waffen durch die Regierung vorstellen wen diese mit dem Rücken zur Wand stehen aber in der Aktuellen Lage, meiner Meinung nach höchst unwahrscheinlich.
Die zu Beginn der politischen Debatte einheitliche Ablehnungsfront, quer durch alle im BT vertretenen Parteien, löst sich auf.
Sollte Deutschland einen Militäreinsatz in #Syrien erwägen? Ja, wenn es nach #CDU, #CSU, #FDP und die #Grünen geht. So soll ein Giftgasangriff verhindert werden.
FAZ.net u.a.
Denkbarer Auftragsrahmen: Recce, BDA, Interdiction.
@ Pio-Fritz | 11. September 2018 – 9:40
„Die Bedrohung anderer Staaten ist hier ungleich höher, nur mal, um ein Standardargument der Befürworter eines Einsatzes aufzugreifen.“
Ja, gutes Argument. Es gibt zurzeit zu viele notleidende Baustellen und offene Flanken.
In die gleiche Kerbe: In Afghanistan geht zurzeit Landkreis um Landkreis an die Taliban verloren.
Aber wo sind denn angesichts dessen die Stimmen der Befürworter einer stärkeren Bündnissolidarität und Verantwortungsübernahme von Deutschland in der Welt?
Da ist nichts zu hören.
@all
Meine Einschätzung ist, dass es sich im wesentlichen um einen Testballon handelt. Zumindestr erfüllt das Gedankenspiel genau diese Funktion, wenn man sich die Debatten so anschaut. Ob man das jetzt innenpolitisch (Ablenkung von anderen Themen), verfassungspolitisch (Bundestagsmandat!), völkerrechtlich (Angriffskrieg? R2P?), außenpolitisch (Drohkulisse um Handlkung zu beeinflussen), bündnispolitisch (die US-Regierung wünscht sich das), oder noch anders diskutiert.
Die Diskussionen sind wichtig, aber ich sehe gerade nicht, dass die Bundeswehr da in ein Abenteuer geworfen wird. Das Maximum dürfte der Einsatz von Bündnisressourcen, wie AWACS und Luftbetankung sein. Alles andere übersteigt doch was die Öffentlichkeit aktuell zu schlucken bereit ist.
Falls ich falsch liege, sei mir ewiger Spott gewiss.
@Büdnnisverteidigungs-Argumentierer
Die Ausrichtung der Bundeswehr sieht Bündnisverteidigung als Priorität vor, nicht als Ausschlussgrund. Das, was sich so zwischen Stabilisierungs- und Interventionseinsätzen abspielt, bleibt auch Aufgabe der Bundeswehr. Alles andere ist Wunschdenken.
@Piofritz
Für den Einsatz von Atomwaffen gegen andere Staaten gibt es meines Wissens eine glaubwürdige Abschreckung: Den nuklearen Gegenschlag. Klar kann niemand glücklich mit einem Atombeaffneten Nordkorea sein, schon vor dem Hintergrund der inhärenten Instabilität solcher Regime. Das Problem gibt es mit Pakistan, das beständig zwischen Militärputsch und Islamistischen Aufständen wandelt, auch. Aber am Ende des Tages sind Atomwaffen strategisch defensiver Natur, auch für Nordkorea und auch wenn der taktische einsatz offensiv erfolgt. Damit unter dem Nuklearschirm nicht konventionell in die Offensive gegangen wird, braucht es konventionelle Abschreckung. Die ist in Südkorea und Japan ja erst einmal gegeben.
Wenn jetzt jemand Lust bekäme, mit einem Präventivschlag Nordkorea nuklear zu entwaffnen, würde er doch genau die Situation herbeiführen, die es zu vermeiden gilt: Einen konventionellen Schlagabtausch der ins nukleare hocheskaliert.
Dass sich all diese Punkte vom Chemiewaffeneinsatz im Rahmen des Syrischen Bürgerkriegs unterscheiden, ist meiner Ansicht nach offensichtlich.
@hammer.it
RUMINT ;)
aus dem df-interview:
Otte: Ziel ist es, einen solchen Giftgasangriff zu verhindern. Gegebenenfalls wird Deutschland bereit sein, sich auch zu beteiligen in der Gemeinschaft, um dieses Vorgehen zu sanktionieren.
– da war der Zensor wohl pi…. – die sind schon ein Schritt weiter beim Eskalieren.
Spielt Trump den starken Mann vor den midterms in Nov.6, wozu dann die breite Koalitonssuche?
Auf der anderen Seite, die Us-Flugzeugträger sind alle weit weg oder im Dock.
@ Walter Eucken
„Denn kaum jemand würde abstreiten, dass, falls Assad tatsächlich Chemiewaffen einsetzt, ein Vergeltungsschlag notwendig ist.“
Dieser sog. Vergeltungsschlag wäre genau so rechtswidrig wie ein Angriff, der aus anderen Gründen in Verletzung der UN-Charta erfolgt.
Der von Ingo Heinscher zitierte §13 des Völkerstrafgesetzbuchs ist eindeutig darin, dass er sich nur auf die UN-Charta als für diesen Fall relevante Quelle des Völkerrechts bezieht. Versuche , dieses positive Völkerrecht argumentativ durch gewohnheitsrechtliche Konstruktionen (die auf sehr wackeligen Beinen stehen, teilweise völlig absurd sind) zu umgehen, sind daher gänzlich irrelevant. ‚Völkerrechtswidrig‘ ist nicht die Frage, sondern ‚Verstoß gegen die UN-Charta‘. Da ein ‚Vergeltungsschlag‘ gegen eine Partei in einem Bürgerkrieg, an dem der ‚Vergeltende‘ nicht beteiligt ist, weder als Selbstverteidigung nach Art. 51 gewertet werden kann noch in diesem Fall durch den Sicherheitsrat legitimiert wurde, ist das Verdikt, zu dem ja auch der wissenschaftliche Dienst kommen musste(!) eindeutig.
@Walter Eucken:
Die OPCW nimmt vor Ort Proben soweit dies möglich ist. In einigen Fällen ist dies auf Grund der Sicherheitslage nicht möglich und es werden z.B. Proben von Dritten angenommen. Lediglich im ersten Falle kann die Chain of Custody nachvollzogen werden und dies wird in den OPCW Berichten auch kommuniziert.
Das OPCW führt die Analytik praktisch NIE selber durch, sondern beauftragt sogenannte Designierte Laboratorien. Diese müssen im Vorfeld ein strenges Akkreditierungsprogramm der OPCW absolvieren und regelmäßig wiederholen. Zu diesen Laboratorien zählt z.B. das Labor Spiez in der Schweiz oder das Labor des WIS (Bundeswehr) in Munster.
Unterschiede in der Durchführung der Analytik hängen von zwei Faktoren ab:
1) Auftragsart. Diese wird von der OPCW festgelegt und muss von den beauftragten Laboratorien befolgt werden. Es Abweichen ist nicht erlaubt.
2) Art der Proben. In vielen Fällen unterscheiden sich die Proben aus verschiedenen Aufträgen der OPCW massivst. Das Alter der Proben in den bisher veröffentlichten Berichten schwankte zwischen wenigen Tage und mehreren Monaten. Die vorliegende Konzentration kann im PPB Bereich oder auch extrem hohen PPM Bereich liegen. Auch die Art der Proben ist unterschiedlich (Alleine die Beschaffenheit eines Bodens hat großen Einfluss). Oftmals können nur Spuren ermittelt werden (PPB Bereich). Die Angabe von verlässlichen Konzentrationen ist unter diesen Umständen kompletter Blödsinn und auch nicht notwendig. Findet man sogenannte Listenkampfstoffe (z.B. Sarin) bzw. Vorläufer wie Methylphosphonat ist die Konzentration eh irrelevant. Es wurde ein Kampfstoff eingesetzt und Ende. Dies ist den Berichten letztlich auch zu entnehmen.
Die Laboratorien selber werden jedoch keine Bewertung der Substanzen vornehmen da die Frage durch die OPCW meist lautet:
Ist diese Substanz da: JA oder NEIN.
@Thomas Melber | 10. September 2018 – 17:49
„Normales Chlorgas gilt nicht als chemischer Kampfstoff bzw. müßte CS-Gas / Tränengas u.a. zur Crowd and Riot Control (CRC) eingesetztes Reizgas ebenso eingestuft werden.“
Verzeihung Herr Melber, aber dies ist vollkommen falsch.
Gemäß dem Chemiewaffenübereinkommen ist eine toxische Chemikalie, die ich zur Kriegsführung einsetze automatisch ein chemischer Kampfstoff. (Um genau zu sein enthält das CWÜ eine Liste der erlaubten Tätigkeiten mit toxischen Chemikalien, Kriegsführung zählt nicht hierzu).
Setze ich Chlorgas als Method of Warfare ein –> verboten
Setze ich Chlorgas zu Desinfektion ein –> erlaubt.
RCA (Riot Control Agents) sind gemäß CWÜ erlaubt ausgenommen solange sie dem „Zwecke der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung einschließlich der innerstaatlichen Bekämpfung von Unruhen.“ dienen. D.h. aber auch, RCA zum Kriegszwecke eingesetzt ist illegal.
Wichtig bitte, die sogenannten Listenchemikalien sind Substanzen, für die Inspektionen in den jeweiligen Betriebsstätten durchgeführt werden (durch die OPCW). Diese Liste ist keine abschließende Zusammenfassung aller chemischen Kampfstoffe sondern dient dazu, die Produktion von klassischen chemischen Kampfstoffen zu erschweren (in dem beispielsweise die Produktion von Phosphonaten (Liste 2, Vorläufer der Nervenkampfstoffe) reguliert wird. Diese Liste ist gleichzeitig eine politische Liste, d.h. um diese wurde bei der Erstellung des Abkommens heftigst gerungen. Und wie immer wenn die Politik ins Spiel kommt, stellt diese Liste einen Kompromiss dar.