Tod beim Ausbildungsmarsch: Hitzschlag nach angeblichen Fehlern der Ausbilder

Die fatalen Folgen eines Bundeswehr-Ausbildungsmarsches in Munster im Juli vergangenen Jahres, als dessen Folge ein Soldat starb und weitere gesundheitlich teils schwerwiegende Probleme bekamen, sollen auf Fehler der Ausbilder zurückzuführen sein. Zu diesem Ergebnis kommt das inzwischen vorliegende rechtsmedizinische Gutachten, wie der Spiegel am (heutigen) Samstag berichtet:

Nach SPIEGEL-Informationen schreiben die Experten in einem Gutachten, der tragische Tod eines Soldaten und Hitzschläge bei mehreren seiner Kameraden seien vermeidbar gewesen, wenn sich die Ausbilder an die Regeln der Bundeswehr gehalten und ihre Fürsorgepflicht ernst genommen hätten.

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Die kollabierten Soldaten hätten laut ihrem Gutachten keinen Hitzschlag erlitten, wenn die Ausbilder die Bundeswehr-Regeln für solche Märsche und ihre eigene Fürsorgepflicht gegenüber den Soldaten ernst genommen hätten.

Die Details der Vorgänge am 19. Juli, zu denen das Heer einen Bericht vorgelegt hatte, sind hier nachzulesen. Dazu gehört auch eine medizinische Bewertung des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, in der unter anderem auf mögliche unzweckmäßige Kleidung bei sommerlichen Temperaturen hingewiesen wird:

Bei der Ausbildung wurde am 19. Juli 2017 der Gefechtsanzug mit Splitterschutzweste und Feldjacke, jedoch ohne Feldbluse getragen. Die Bekleidungsisolation wird durch den Verzicht auf die Feldbluse zwar verringert, jedoch ist dieser Effekt nur minimal. Aufgrund der hohen zusätzlichen Belastungen durch das zumindest zeitweise Tragen der Schutzweste sowie weiterer Ausrüstungsteile und vor allem durch die, im Vergleich zu o.a. Modellrechnung, deutliche höhere metabolische Wärmeentwicklung (i.e. Leistungsmarsch/Bewegungsarten im Gelände) ist dieser Effekt vernachlässigbar. Nach einer groben Abschätzung betrug die Gesamtisolation der getragenen Bekleidung zumindest zeitweise mehr als 1,5 clo (Maßeinheit: clo = clothing units; entspricht fester Arbeitskleidung). Dieser Wert ist, insbesondere bei zusätzlich belastender körperlicher Arbeit, für wesentlich kühlere Witterungsbedingungen als die am 19. Juli 2017 im Großraum MUNSTER vorzusehen.

Das Verteidigungsministerium wollte zu dem rechtsmedizinischen Gutachten, das im Auftrag der zuständigen Staatsanwaltschaft Lüneburg erstellt wurde, nicht Stellung nehmen. Eine Sprecherin bestätigte aber, dass die Inspekteure der Teilstreitkräfte angewiesen worden seien, die Ausbildungsmaßnahmen in ihrem Zuständigkeitsbereich zu überprüfen. Ihr Bericht dazu werde bis Mitte März erwartet.

Das Ministerium wollte keine Aussage dazu treffen, inwieweit Generalinspekteur Volker Wieker den Inspekteuren dabei möglichst schnelle Konsequenzen nahegelegt habe. Laut Spiegel wurde der ranghöchste Soldat der Bundeswehr recht deutlich:

In seinem Brief kritisiert Wieker indirekt auch die zögerlichen Ermittlungen gegen die Verantwortlichen. Es bestehe in puncto Ausbildung „weiterer dringender Handlungsbedarf“, eine „spürbar engere Begleitung der Ausbilder“ und eine genaue Prüfung ihres Führungs- und Fürsorgeverhaltens sei dringend erforderlich.

Entscheidend wird nun allerdings nicht nur das Vorgehen der Bundeswehr, sondern das weitere Vorgehen der Staatsanwaltschaft. Wenn den Ausbildern Fehler angelastet werden sollten, die direkt zum Tod eines Soldaten und zur gesundheitlichen Beeinträchtigung weiterer Soldaten führten, dürfte sich das auf die Ermittlungen und eine mögliche Anklage gegen die Ausbilder auswirken.

(Archivbild: Rekruten marschieren gemeinsam zum Biwak im Rahmen der Allgemeinen Grundausbildung beim Logistikbataillon 172 in Beelitz, am 25.10.2016 – Bundeswehr/Christian Thiel)