Schnöggersburg: Erste Übung mit Kampftruppe
Im Oktober vergangenen Jahres hatte das Gefechtsübungszentrum des Heeres einen Teil der neuen Übungsstadt Schnöggersburg auf dem Truppenübungsplatz Altmark übernommen, in diesen Tagen wurde der urbane Ballungsraum erstmals mit einer Übung von Kampftruppen getestet: Eine Jäger- und eine verstärkte Panzergrenadierkompanie mit Kampfpanzern probierte die Eignung von Schnöggersburg ganz praktisch aus.
Im Gegensatz zu den menschenleeren Gebäuden, die bei der Übergabe im vergangenen Jahr recht steril wirkten, sieht das Szenario bei dieser Erprobungsübung doch ein wenig anders aus.
Ein Bericht dazu hat das Heer auf seiner Webseite* eingestellt. Ein Fazit der Übungsteilnehmer: Wie sehr der Ablauf in einer solchen urbanen Umgebung von einem Gefecht auf offener Fläche abweicht, lässt sich erst zwischen den Gebäuden praktisch erfahren.
*Da die Beiträge auf den Bundeswehr-Webseiten in absehbarer Zeit nicht mehr über die bisherigen Links auffindbar sein werden, hier der Textteil des Berichts als pdf-Datei: Erprobungsübung Schnöggersburg
(Fotos Bundeswehr/Ralph Zwilling mit freundlicher Genehmigung des Fotografen)
Wie realitätsnah diese(s) Dorf/Stadt gestaltet ist, kann das Heer gar nicht wirklich beurteilen, da wir solche Einsätze gar nicht in dieser Intensiver durchführten.
Hier spreche ich von versteckten Panzern, sowie von verdeckter Infanterie mit Panzerabwehr.
Es ist eine Notwendigkeit, dass wir eine Expertise von der urbanen Gefechtsführung erhalten, um einen guten Grad der Ausbildung zu erfahren.
Die Stadt hat man schonmal errichtet, doch wenn der politische Wille wirklich dahingeht, dass wir solche Gefechte wirklich führen wollen, dann brauchen wir urbane Rüstsätze an Leo, Puma und Boxer.
Aus der Darstellung auf der Webseite/Heer geht leider nichts Genaues zum Kriegsbild und damit dem Übungsszenar hervor.
Üben Panzergrenadiere, die Jägerkompanie und der PzZug (nehme an, des handelt sich um eine TEinh) sowie Kampfunterstützer und Logister in gemeinsamer Truppeneinteilung oder wird getrennt nach Pz/PzGren geübt. Ein Szenar Inf plus KPz wäre zwar eher ungewöhnlich, angesichts einer UrbanOp-Lage mit Erprobungscharakter aber durchaus wünschenswert und notwendig. Zur Kampfunterstützung wäre auch eine Information dahingehend hilfreich, um welche Truppengattung(en) es konkret geht.
Zusätzlich die Frage, ist auch die dritte Dimension beigefügt, also auch z. B. mit JFST etc. Aber u.U. kann das noch gar nicht machbar sein, da: Pilotübung.
Die Aussage des zuständigen DezLtr aus dem AHEntwg “ „Diese Pilotübung ist enorm wichtig, um bewerten zu können, ob oder in welche Richtung wir unsere Einsatzgrundsätze (1) und Übungsverfahren anpassen, weiterentwickeln und zukunftsorientierend ausrichten müssen“ wundert mich in Teilen dann aber schon.
Böswillig betrachtet liest man daraus, die beginnen soeben erst mit Urban Operations, was natürlich nicht zutrifft. Das ist weniger auf Hammelburg mit Orts- und Häuserkampf auf unterster taktischer Ebene, Trp, Grp, Zg, Einh bezogen. Vielmehr haben Teile der Kampftruppe beginnend 2005 z.B. im NLD „Marnehuizen“ (Urban Training Centre) und auch in FRA und POL geübt. Erste „Taktische Grundlagen Urban Operations“ wurden demgemäß auch seit 2005 ff unter Leitung HA und Durchführung InfS/PzTrS entwickelt. Zutreffend wird auf jeden Fall sein, dass unterschiedlichste Übungsverfahren, angepasst an die bestehenden „Schnöggersburg-Gegebenheiten“, entwickelt werden.
Für das Deutsche Heer, aber auch Tle Lw und Marine sowie Verbündete eine ausgezeichnete, zentral gelegene Ausbildungs- und Übungsmöglichkeit.
(1) In der Phase der Abfassung o.g. „Taktische Grungdlagen …“ wurde sehr intensiv ausgewertet, welche Kriegserfahrungen andere machen mussten, dabei auch Groszny.
Es fragt sich also, ob der Bereich „Lessons Learned“ des Heeres Aleppo, ar-Rakka, Mossul usw auswertet, was ich als unbedingt erforderlich betrachte. Das Mindeste sollte dazu der Erfahrungsaustausch mit den U.S- Kräften sein, also mit TRADOC.
Mich würde mal interessieren, wie groß das Areal war, dass bei der Übung genutzt wurde, da der ganze Komplex ja noch nicht fertig ist. Wie stark war Team Rot, welche Waffen standen bei der Verteidigung zur Verfügung und letztendlich wie hoch war die Ausfallrate an Personal und Material des angreifenden Teams.
[Würde ich auch gerne alles wissen. Mal das Amt für Heeresentwicklung fragen, ob die diese Infos rausrücken… T.W.]
@Klaus-Peter Kaikowsky | 29. März 2018 – 18:43:
Wenn um 2005 Kampftruppe in ausländischen Ausbildungseinrichtungen unter Federführung Heeresamt und Truppenschulen bereits urbane Gefechtsführung erprobte, bin ich geneigt zu vermuten, dass die „Lessons identified“ die Umstrukturierungen der Truppenschulen (Ausgliederung Gruppen Weiterentwicklung) und die Zerschlagung des Heeresamtes einfach nicht überlebt haben und nun in Hammelburg, Munster oder Köln an anonymer Stelle auf dem Datenfriedhof liegen.
Dann ist die Aussage Vertreter Amt für Heeresentwicklung absolut nachvollziehbar, man erfindet gerade das Rad neu…
@FlaOffz
Ich hoffe sehr, dass Sie Unrecht haben. Das Dezernat LL im HA wurde etwa zu dem Zeitpunkt installiert.
Bei den factfindings seitens InfS/PTrS, auch Amtschef HA, war ich unmittelbar in MARNEHUIZEN / NLD beteiligt.
Es gibt zu Marnehuizen eine informativen Auftritt im Netz, auch englisch.
Ein paar Fragen an besser Informierte:
Gleich beim zweiten Bild (Bundeswehrseite) hängt beim Schützenpanzer vorne von der Front etwas herunter (Plastikplanen mit sandfarbenen Tuch).
Wofür ist das?
Auf dem 6. Bild (und Bild 9) sind große weiße runde aus der Erde ragende „Kanaldeckel“ zu sehen (mit Entlüftung).
Ist das nur gemacht, damit die Panzer nicht unabsichtlich auf die Kanaldeckel fahren? Oder ist das was ganz anderes?
Hier die Antwort, auf eine Anfrage beim Amt für Heeresentwicklung
…es wurde nur der bereits fertiggestellte Komplex genutzt.
Die genaue Anzahl vom „Team Rot“ liegt uns nicht vor.
Zum Einsatz kamen im Schwerpunkt Handfeuerwaffen (G36, MG) sowie die Waffenanlagen der eingesetzten Fahrzeuge als Simulatoren zum Einsatz.
Angaben zu Waffen und Fahrzeuge finden Sie unter
http://www.deutschesheer.de/portal/poc/heer?uri=ci%3Abw.heer.technik
Die Ausbildungsgeräte Duellsimulator (AGDUS) sollen die einsatznahe Ausbildung aller Truppengattungen durch die Simulation der Wirkung (Darstellung von Treffer und Wirkung) direktgerichteter Waffen ermöglichen.
Um dieses Ziel zu erreichen, sind die AGDUS-Geräte so konzipiert, dass mit ihnen das „Gefecht der verbundenen Waffen“ simuliert werden kann. ….
@Mathias.S
1. Planen reduzieren HEAT Wirkung. Der „brechende Strahl“ der Hohlladung entwickelt sich nur bei unmittelbarem Auftreffen der Hohlladung auf die Panzerung.
2. Kanaldeckel ???
@Andreas
1. „Team Rot“ liegt uns nicht vor“ …unglaubwürdig.
2. AGDUS, ist Standard, richtig und gut so.
Die Übung entspricht eher einem Truppenversuch. Zunächst also alles nicht so hoch aufhängen.
@Matthias.S, PKK
Die Planen dienen der Reduzierung der Signatur. Insbesondere mit Wärmebildgeräten kann die gerade Kante an der Wanne deutlich aufgeklärt werden. Diese Planen sind sowohl bei PzGren als auch Pz verbreitet. Die Konstruktionen sind durchgängig Truppenlösungen und finden sich nicht in den eigentlichen Verstauplänen wieder.
pi
Orts- und Häuserkampf wurde natürlich auch bisher schon geübt, allerdings eher im Zugrahmen (+) (z.B. im GÜZ).
@politisch inkorrekt
PKK hat was, stehe aber mehr auf Seiten @YPG. Gruß, @KPK.
Ansonsten stimmt das natürlich. Der „Lochschatten“ word reduziert.
@Thomas Melber
So ist es, siehe gestern, 29. März 2018 – 18:43.
KPz in einem MOUT Szenar (Military Operations on Urban Terrain) – Grosny 3.0? Werden da nicht falsche Bilder gestellt? Welchen Mehrwert haben dort KPz?
@KPK
Freudscher Autokorrekturversprecher ;).
Richtig. Der Lochschatten… ein wundervolles Wort aus der Abteilung „Tarnen und Täuschen“.
pi
Lieber @Thomas Melber, zu KPz in einem MOUT Szenar, mittlerweile hat sich übrigens „Urban Operations“ durchgesetzt, könnte ich jetzt wirklich sehr viel mitteilen. In der Folge würde ich wahrscheinlich gevierteilt, wegen des Umfangs und der Singularitäten in den Augen so manchen Lesers.
Um es mir bequem zu machen, seit Beginn der Gefechte gegen das „Kalifat“ werden Sie sehr wahrscheinlich keinen Bericht in seriösen Medien finden, in dem KPz NICHT Teil des Geschehens sind. Ganz frisch sei an Afrin, mit Leo 2A4 und M-60 (TUR, in der Türkei als SABRA Mk III geführt) erinnert.
Weshalb wohl?
Feuerkraft, Schutz, Beweglichkeit sind die üblicherweise typischen Merkmale, die KPz zugeordnet werden. Bei UrbanOp entfällt zumeist der Faktor Beweglichkeit.
Hinzugefügt werden muss die überragende moralische Wirkung in Kombination von Größe und Geräuschenwicklung, gerade beim Gebrauch der Hauptwaffe.
Einige Beispiele, via Google nachlesbar, sind Caen und Aachen 1944, Breslau und Berlin 1945, Hue 1968, Vukovar 1994. In jüngerer Zeit auch Falludscha und Kobane.
Neben den jüngsten Operationen im Mittleren Osten tritt aber Grozsny hervor.
Diese tschetschenische Stadt zeigt gleichzeitig auch Limitierungen auf, wenn z.B. Pz und Inf NICHT gemeinsam vorgehen, ohne ArtUstg, ohne solche durch KpfHubSchr. Und, es érwies sich insbesondere die Nichteignung der (SOWJ/RUS) KPz: Überlange Rohre, geringer negativer Höhenrichtbereich, Empfindlichkiet gegen HEAT in der Seite
Nicht zuletzt fußend darauf entwickelte die DEU PzTr bei KMW bis 2010 den
https://de.wikipedia.org/wiki/Leopard_2#Leopard_2_UrbOp dessen Erkenntnbisse in den 2 A7V eingingen.
Nun will ich keineswegs behaupten, der KPz sei das Mittel in UrbOp. Im Gegenteil. Dieser Nymbus gebührt der Inf, den PzGren und SturmPi – mit unmittelbarer artilleristischer FeuerUstg und LuftUstg. – Auf KPz aber generell zu verzichten, wäre ein prinzipieller operativer Fehler.
@Mathias.S die schnöggersburger „kanalschächte“ sind begehbar, aber wohl nicht wasserführend, damit mindestens team rot die übende truppe unerwartet piesacken kann
Die Jägerkompanie kam aus dem schönen Knüll.
Habe mich mit einem Teilnehmer heute darüber unterhalten können.
Nach dessen Aussage, hat die Leitung, in Form der Schiedsrichter, recht
stark in den Ablauf eingegriffen.
Die Jäger durften einmal auf „ihre“ unter Nebel vorgehen.
Dannach fand mehrmals nach Vorgabe durch die Schiedsrichter eine Annäherung
mit Boxer bis direkt an die Häuserzeilen statt.
Hilfreich hat sich im Vorfeld die Aufklärung durch die KPz mit Wäremebildgeräten bewehrt.
Während der Angriffe fand eine Überwachung durch diese statt.
Die Jäger waren mit einer neuen Version der SK IV Weste zu Erprobungszwecken ausgestattet.
Zwei Kritikpunkte waren die Zuverlässigkeit von AGDUS und das Fehlen von Fensterläden/ Verschlussmöglichkeiten von Fenstern ab der 2 Etage von mehrgeschosssigen Häusern.
Dies führte dazu, dass jede Bewegung durch Kräfte Rot sehr schnell aufgeklärt werden konnten und der Einsatz von DMR-Schützen nur eingeschränkt möglich war.
Thomas Melber | 30. März 2018 – 16:28
Orts- und Häuserkampf wurde natürlich auch bisher schon geübt, allerdings eher im Zugrahmen (+) (z.B. im GÜZ).
Es gab keine Phase in der Bundeswehr, in der es nicht geübt wurde. Bonnland, ein Beispiel: https://www.youtube.com/watch?v=O84LRjLcMew , ist eine sehr gute Einrichtung, Lehnin, siehe hier: https://www.youtube.com/watch?v=j0gfEMmQCy8 kann man nutzen und jetzt hat man mit „SCHNÖGGERBURG“ ein international durchaus anerkanntes Übungsplatzkonzept realisiert.
Thomas Melber | 30. März 2018 – 18:12
@KPK hat ihn ja interessant mit Worten geantwortet. Ich verlinke Ihnen bewusst ein recht altes Video:
https://www.youtube.com/watch?v=wicsKnklv9A
Insgesamt betrachtet ist „SCHNÖGGERBURG“ eine notwendige wie durchdachte Ausbildungseinrichtung. Natürlich muss diese, wie alles, immer einmal nachjustiert werden.