Rheinmetall macht Druck: Entscheidung für mobile Flugabwehr für VJTF 2023 soll schnell fallen

Rheinmetall, der größte deutsche Rüstungskonzern, will sich möglichst schnell auch als Systemhaus für die Luftverteidigung positionieren und dafür die (übernächste) deutsche Beteiligung an der NATO-Speerspitze 2023 nutzen. Für die Bundeswehr-Führung der Very High Readiness Joint Task Force (VJTF) in fünf Jahren könnte das Unternehmen den bislang fehlenden und dringend benötigten mobilen Schutz von Konvois und Marschkolonnen vor Luftangriffen bereitstellen, hieß es aus Unternehmenskreisen. Darüber hinaus will Rheinmetall die im Februar angekündigte Kooperation mit dem US-Rüstungskonzern Raytheon als Ansatz für einen Einstieg in den kompletten Bereich der Flugabwehr nutzen – sicherlich auch in der Absicht, das geplante künftige Taktische Luftverteidigungssystem (TLVS) vielleicht doch noch der Konkurrenz aus dem Lefnkflugkörperhersteller MBDA Deutschland und der US-Firma Lockheed Martin zu entreißen.

Der erste Ansatz für Rheinmetall ist allerdings die Flugabwehr im Nah- und Nächstbereich (NNbS), wo die Bundeswehr, aber auch andere NATO-Staaten eine Lücke haben: Derzeit hat kaum ein europäisches Bündnisland ein einsatzbereites System, das Verbände auf dem Marsch vor Angriffen zum Beispiel von Kampfhubschraubern mobil schützen kann. Die Lücke haben die Luftwaffe als zuständige und das Heer als betroffene Teilstreitkraft zwar schon lange benannt, entsprechende Waffensysteme fehlen aber weiterhin. Hinzu kommt eine ständig steigende Bedrohung durch (Kleinst)Drohnen, die nicht als Waffenträger, aber als Aufklärungssensoren uum Beispiel für gegnerische Artillerie dienen und bislang kaum bekämpft werden können.

Ein System, das das deutsche Unternehmen der Bundeswehr schmackhaft machen will, ist das bislang nur stationär als Feldlagerschutz vorhandene System Mantis, mit dem kleinere Raketen oder Mörsergranaten abgeschossen werden sollen. Innerhalb von drei Jahren sei Mantis als mobiles System realisierbar, heißt es aus dem Unternehmen.

Ein weiterer Ansatz ist die so genannte qualifizierte Fliegerabwehr des Heeres: 40mm-Airburst-Granaten aus einer Granatmaschinenwaffe zum Beispiel auf dem Transportpanzer Boxer könnten mit Hilfe eines zusätzlichen Ballistik-Rechners genutzt werden, kleinere unbemannte Flugsysteme abzuschießen.

Der Hinweis auf die VJTF 2023 soll natürlich dazu dienen, Tempo in die Angelegenheit zu bringen: Noch bis zum Sommer dieses Jahres müssten entsprechende Projekte angeschoben werden, wenn sie in fünf Jahren für die NATO-Speerspitze im Bundeswehr-Bestand sein sollen, heißt es aus dem Unternehmen.

Zuständig für dieses Systemhaus Flugabwehr ist übrigens die Rheinmetall-Tochterfirma Rheinmetall Electronics. An deren Spitze steht seit kurzem, das als Randbemerkung, eine aus anderen Zusammenhängen bekannte Rüstungsmanagerin: Susanne Wiegand, bisher Chefin von German Naval Yards in Kiel und eine engagierte Mit-Bieterin für die neuen Korvetten der Marine, wechselte aus dem Werftbereich in die Geschäftsführung von Rheimetall Electronics.

(Archivbild 2015: Gepanzertes Transportkraftfahrzeug  Boxer als Gruppentransportfahrzeug mit Maschinengewehr 12,7 mm (links) und Granatmaschinenwaffe GraMaWa 40 mm (rechts) bei der multinationalen Großübung Saber Strike 2015 in Polen am 15.06.2015 – Bundeswehr/Marco Dorow)