Neuer Kasernenname, neuer Traditionserlass: „Militärische Exzellenz allein genügt nicht“
Es ist ein Meilenstein für den Umgang der Bundeswehr mit ihrer Tradition: Erstmals in der Geschichte der Streitkräfte der Bundesrepublik Deutschland wurde eine Kaserne nach einem im Einsatz gefallenen Bundeswehrsoldaten benannt. Zugleich zeichnete Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen eine Neufassung des Traditionserlasses, der den Umgang der Bundeswehr mit ihrer Tradition auf eine neue Grundlage stellt.
Anlass für die Überarbeitung des bisherigen, seit 1982 geltenden Traditionserlasses war die im vergangenen Jahr geführte Traditionsdebatte der Bundeswehr – ausgelöst vor allem durch den Fall des Oberleutnants Franco A., der sich als syrischer Flüchtling ausgegeben hatte und Anschläge geplant haben soll (gegen den Offizier hatte die Bundesanwaltschaft im Dezember vergangenen Jahres Anklage erhoben) und die Debatte über den Umgang der Truppe mit Andenken an die Wehrmacht.
Allerdings wäre eine Überarbeitung auch so nach mehr als 30 Jahren fällig gewesen: Die bisher gültige Fassung stammte aus einer Zeit, die weder die deutsche Einheit und die Eingliederung von Soldaten der Nationalen Volksarmee (NVA) der DDR noch die Auslandseinsätze der Bundeswehr kannte.
In der Neufassung wird unter anderem klar gestellt, dass weder die Wehrmacht des NS-Regimes noch die NVA als Institution traditionsstiftend für die Bundeswehr sein kann. Einzelne Personen dieser Streitkräfte können jedoch, nach individueller Prüfung, als Vorbild und damit traditionsstiftend für die Truppe dienen:
Gleichwohl können aber einzelne Angehörige traditionswürdige Vorbilder für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sein. Es kommt auf die einzelne Person an, und wir müssen immer sorgfältig abwägen. Dieses Abwägen muss auch die Frage nach persönlicher Schuld stellen.
Und die Aufnahme in unser Traditionsgut muss zudem eine Leistung zur Bedingung machen, die vorbildlich und sinnstiftend in die Gegenwart wirkt; etwa die Beteiligung am militärischen Widerstand gegen das NS-Regime oder besondere Verdienste um den Aufbau der Bundeswehr oder die Auflehnung gegen die SED-Herrschaft oder besondere Verdienste um die Deutsche Einheit.
Militärische Exzellenz allein genügt jedenfalls nicht. Sie mag als Beispiel für Lehre und Ausbildung dienen. Tradition ist etwas anders: Sinn- und traditionsstiftend für unsere Bundeswehr, die freiheitlichen und demokratischen Zielsetzungen verpflichtet ist, kann nur ein soldatisches Selbstverständnis sein, das auf dem Wertefundament unseres Grundgesetzes ruht.
sagte die Verteidigungsministerin beim Appell zur Umbenennung der bisherigen Emmich-Cambrai-Kaserne in Hannover. Die Kaserne, in der vor allem die Schule für Feldjäger und Stabsdienst der Bundeswehr untergebracht ist, trägt nun den Namen des Feldjäger-Hauptfeldwebels Tobias Lagenstein, der am 28. Mai 2011 bei einem Anschlag auf afghanische Spitzenmilitärs und deutsche ISAF-Soldaten in Taloqan im Norden Afghanistans gefallen war.
Schulkommandeur Oberst Dirk Waldau begründete den aus der Truppe gekommenen Wunsch, die Kaserne nach Lagenstein zu benennen, so:
Auch wenn er als Berufsunteroffizier zur Feldjägertruppe gehört, können sich die Angehörigen der Dienststellen des Sanitätsdienstes und der anderen hier dienenden Truppengattungen mit ihm als Person sicher und eindeutig identifizieren. Er steht für Werte, die, losgelöst von Barett- oder Kragenspiegelfarbe, universell gültig sind und jeden Soldaten unmittelbar betreffen und binden: Pflichtbewusstsein, Führungswillen, Verantwortungsgefühl, Tapferkeit.
Sein Lebenslauf, seine militärische Profession und seine Leistung im Einsatz in Afghanistan haben uns überzeugt, die von ihm gelebten Werte sind auch unsere Werte, sie bestimmen unser Selbstverständnis – so soll unsere Kaserne heißen.
Während der neue Kasernenname ohne große Schwierigkeiten angenommen werden dürfte, wird sich das für den neuen Traditionserlass erst noch zeigen müssen. Während der Erarbeitung des neuen Regelwerks war unter anderem die Kritik laut geworden, dass es zu abstrakt sei und der Truppe und den Kommandeuren zu wenig praktische Handlungsmöglichkeiten zeige – ob die Überarbeitung erfolgreich war, muss also noch offen bleiben.
Zum Nachlesen:
Neufassung des Traditionserlasses*
Tagesbefehl der Verteidigungsministerin zum Traditionserlass
Rede der Ministerin zur Kasernenumbenennung (praktisch unverändert so gehalten)
Ansprache des Schulkommandeurs Oberst Dirk Waldau (wörtlich so gehalten)
*Die Neufassung des Erlasses wurde zwar von der Ministerin am heutigen Mittwoch gezeichnet; formal tritt er allerdings erst in Kraft, wenn sich auch der Bundestags-Verteidigungsausschuss und auch die Beteiligungsgremien damit befasst haben.
(Foto: Neues Namensschild an der Hauptfeldwebel-Lagenstein-Kaserne in Hannover)
Zitat aus einem Artikel bei ntv:“ Ab sofort steht „die reiche Geschichte der Bundeswehr“ im Mittelpunkt ihrer Erinnerungskultur, so von der Leyen.“
Das wird ja eine spannende Debatte werden was zur reichen Geschichte der Bundeswehr gehört … mir fehlen beim Studium des Erlasses wie er gegenwärtig geplant ist das Aufzeigen von Beispielen !
Im Augenblick bin ich etwas ratlos was gemeint sein könnte … und ich bin wahrlich nicht mehr blutjung oder phantasielos …
Jetzt bin ich einigermaßen verwirrt. Die Ministerin sagt:
Wieso wird dann im neuen Erlass unter Punkt 3.3 „Traditionsstiftendes [sic!] Verhalten“ auf S.5f. ausgeführt:
Wenn ich das für mich deute, so beschneiden die Aussagen der Ministerin den gerade eben erarbeiteten Erlass doch schon wieder? Der Erlass sagt, das zeitlose(!) Beispiele einzelner Personen und deren Leistungen „Anerkennung in der Bundeswehr finden können UND in Lehre und Ausbildung“ genutzt werden dürfen; die Ministerin hingegen spricht von einem obligatorischen Gegenwartsbezug, verschweigt das wichtige „UND“ und spricht nunmehr lediglich von Lehre und Ausbildung. Was denn jetzt?!
Wird dieser Erlass nach der Rede nun also konsequent umformuliert werden, oder sitzt man das in Berlin einfach aus? ;-)
Als kleine Ergänzung zu den obigen Anmerkungen: Unser Autor Philipp Fritz hat sich für den ADLAS den Erlass auch schonmal angeschaut:
https://adlasmagazin.wordpress.com/2018/03/28/ein-adlas-aktuell-zum-neuen-traditionserlass-ist-erschienen/
„Militärische Exzellenz allein genügt jedenfalls nicht. Sie mag als Beispiel für Lehre und Ausbildung dienen“.
Dieses „mag“ – heißt was bitte genau, für KpChef, InspChef, HsLtr vor der Front, im U-Raum?
Mag = kann sein, vielleicht, unter Umständen?
Im Vorfeld wurde des öfteren angekreidet, dass zu viel im Ungefähren bleibt. Bedeutet das etwa in weiterer Abfolge: Fehler und Irrtum, mal abwarten was geht, nicht geht?
Der Prüfrahmen is eng geschnitten: „Und die Aufnahme in unser Traditionsgut muss zudem eine Leistung zur Bedingung machen, die vorbildlich und sinnstiftend in die Gegenwart wirkt; …“
Am 05. und 06 Dezember 1757 schlug Friedrich II NW Breslau die Schlacht von Leuthen erfolgreich gegen einen zahlenmäßig überlegenen Gegner.
Bemerkenswert dabei:
– Etwa 50% der preußischen Truppen flutete Tage zuvor noch geschlagen aus Schlesien zurück.
– Am (Vor)Abend der Schlacht appellierte der König im Bewusstsein eine teils geschlagene Truppe zu befehligen, an Stolz und Ehre der Preußen. Er führte am zweiten Tag Tle eines Rgt von vorn gegen die Brücke von Lissa, in der Verfolgung zurückflutender Österreicher.
– Österreich und Preußen ware beide noch Teil des „alten Reiches“.
Also, Führungsfähigkeit, Innere Führung (Ansprache der Truppe) persönlicher Mut, absolutistische Fürsten gegeneinander.
Tradierbar, weil „vorbildlich und sinnstiftend“?
Mich beschleicht das Gefühl, diejenigen, die „es“ machen müssen, stehen im Regen.
Im neuen Traditionserlass steht:
„Die NVA wurde von der SED geführt, handelte im Sinne ihrer Politik und trug maßgeblich zu ihrer Herrschaftssicherung bei. Während der Friedlichen Revolution 1989 ging sie jedoch nicht gegen das Freiheitsstreben der Bevölkerung vor.“
Ich wurde im Mai 1989 in der DDR zum Wehrdienst gezogen und habe bis Ende April 1990 gedient. Heute bin ich beorderter Reservist der Bundeswehr. Wenn die NVA, deren Generale und Offiziere, willfähiges Herrschaftsinstrument der SED war, warum haben diese Soldaten der SED die Herrschaft nicht gesichert? Wenn die NVA so eng von der SED geführt wurde, warum hat die NVA Generalität nicht die „chinesische Lösung“ gewählt? Warum haben nicht NVA Soldaten die tausendfach vorhandenen Waffen genommen und die „Unruhen“ in der DDR einfach „hinweg gefegt“?
Die Bundeswehr soll in ihrer Tradition auch als Armee der Einheit gesehen werden. Einheit nur einseitig?
Was mich an dem ganzen etwas stört, ist die Tatsache das viel von der Geschichte der Bundeswehr verschwunden ist. In den Jahren der Reduzierung wurde vieles abgegeben bzw an andere Stellen vergeben. Das beste Beispiel ist das „Amt Blank“ !!!. In diesem Gebäude in Bonn wurde die Bundeswehr geplant, zusammen gestellt und der Aufstellungbefehl erstellt. DA könnte man mit der Geschichte und Tradition anfangen. Dieses geht aber nicht, weil das Gebäude vor Jahre im Zuge der Reduzierung vom damaligen Verteidigungsminister ausgeplant wurde. Sein Vater diente noch in diesem Gebäude und war einer der Väter der „Inneren Führung“.
Heute ist dieses Gebäude eingeflossen in die Flüchtlingsorganisation und steht nicht mehr zur Verfügung. An solchen Stätten hätte man mit der Tradition der Bundeswehr anfangen können und dort die Geschichte usw erzählen können.
Nun, es hätte zweifellos schlimmer kommen können.
Der neue Traditionserlaß scheint ausführlicher als der alte zu sein, ihm im wesentlichen aber nichts hinzuzufügen außer, daß die NVA im Prinzip so zu behandeln ist wie die alte Wehrmacht (was richtig ist).
Die Forderung, daß „zeitlos gültige soldatische Tugenden“ „nicht zu trennen von den politischen Zielen sind“, kann man so und so auslegen. In der laxesten Auslegung ist es notwendig und selbstverständlich: nein, natürlich dürfen wir *nicht* vergessen, daß die Wehrmacht für die NS-Regierung eingesetzt wurde, auch wenn es gerade darum geht, daß und wie sie sich hier und dort tapfer/geschickt geschlagen o.ä. hat.
In schärferen Auslegungen, in denen der politische Disclaimer nicht nur bei jedem als selbstverständlich im Hinterkopf vorausgesetzt, sondern immerzu ausgesprochen werden müßte, würde ich es ziemlich kritisch sehen. Aber da gilt dann ja eh: „wo kein Kläger, da kein Richter“. Und auch unter dem alten Traditionserlaß, über den der neue ja nicht hinausgeht, wurden in der Ausbildung Abschnitte aus „Einsatznah ausbilden“ vorgetragen.
Nur deswegen, weil die „saubere Wehrmacht“ ein Irrtum ist, braucht man nicht in den gegenteiligen Irrtum verfallen und die Wehrmacht wie eine größere Ausgabe Waffen-SS behandeln.
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Interessant sind ein paar andere Dinge, übrigens.
1. „Die Bundeswehr ist eine Bündnisarmee unter parlamentarischer Kontrolle und mit unabhängiger Gerichtsbarkeit.“
Parlamentarische Kontrolle ist klar. Aber „Bündnisarmee“? Bis 2001 traf das nur zum Teil zu, nämlich auf Feldheer, Marine und Luftwaffe; aber nicht auf das Territorialheer. Gehört das nicht zur Tradition der Bundeswehr? Und vor allem „mit unabhängiger Gerichtsbarkeit“ – uns wurde noch beigebracht, daß das besondere an der Gerichtsbarkeit der Bundeswehr doch gerade ist, daß sie keine hat, sondern nur *Disziplinargerichte* (wenn wir von den theoretisch errichtbaren Wehrstrafgerichten einmal absehen).
2. „der gemeinsame Beitrag zur Einsatzbereitschaft der Bundeswehr durch Streitkräfte und Bundeswehrverwaltung,“
Nichts gegen die Bundeswehrverwaltung, aber gehört eine Zivilbehörde in einen militärischen Traditionserlaß? Das alte Militärbeamtensystem mit Uniformen und offiziersäquivalenten Rängen (Stabszahlmeister und so) wurde doch gerade ausdrücklich abgeschafft.
3. “ das Ehrenkreuz der Bundeswehr für Tapferkeit als höchste Form des Ehrenzeichens der Bundeswehr“
Das ist sehr interessant. Meines Wissens war bisher nicht so wirklich klar gestellt, daß das Ehrenkreuz für Tapferkeit ausdrücklich die höchste Form ist (auch wenn es die meisten so behandelt haben).
4. „Europahymne und Europafahne als Bekenntnis zur europäischen Verteidigungsidentität“
Das erscheint mir im Traditionserlaß ein wenig fehl am Platze im Lichte der sonstigen Ausführungen, wonach die Bundeswehr in erster Linie eine NATO-Bündnisarmee ist, insbesondere, da von der NATO- (wie übrigens auch der VN-) Fahne anscheinend nirgendwo die Rede ist. Wenn die Verteidigungszusammenarbeit auf *EU-*Ebene demgegenüber nur ein Additum ist, das man dann auch noch machen kann, wenn es geht – wie es bisher der Doktrin entspricht – dann gehören Europahymne und Europafahne systematisch gesehen eigentlich hier nicht her.
Und eine europäische Verteidigungs*identität* gibt es sowieso nicht. Der EVG-Vertrag ist bekanntlich seinerzeit von den Franzosen abgelehnt worden.
5. „Die Bundeswehr unterstützt und beteiligt sich an der Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. sowie an den Veranstaltungen am Volkstrauertag im Sinne eines allgemeinen Totengedenkens. Damit pflegt sie jedoch keine Tradition früherer Streitkräfte.“
Das ist ein offenkundiger Selbstwiderspruch bzw. „ich definier mir die Welt, wie sie mir gefällt“. (Ich unterstehe keiner Gehorsamspflicht, ich darf das sagen!) Wenn die deutschen Streitkräfte „Bundeswehr“ am Volkstrauertag neben den eigenen Gefallenen auch und zahlenmäßig überwiegend für die Gefallenen der deutschen Streitkräfte „Wehrmacht“ (und, damit wir uns nicht falsch verstehen, auch der Gefallenen der Gegner/Befreier, der Zivilbevölkerung und im Bewußtsein des sei es Mißbrauchs für, sei es Mitläufertum bei NS-Zielen und der eigenen Kriegsverbrechen) gedenken, pflegen sie damit der Sache nach *natürlich* auch so etwas wie eine Tradition früherer Streitkräfte.
6. “ Es ist verboten, nationalsozialistische Symbole und Zeichen, insbesondere das Hakenkreuz, zu zeigen. Ausgenommen davon sind“
Es verwundert mich ein wenig, daß zumindest nach Wortlaut des neuen Traditionserlasses militärgeschichtliche Sammlungen, wenn für den historischen Kolorit nötig (oder so), anscheinend auch das Hakenkreuz zeigen dürfen. Hier wäre etwa – und, damit wir uns nicht falsch verstehen, ich meine das nicht sarkastisch, sondern völlig ernst – vielleicht ein strengeres Vorgehen wünschenswert gewesen, das sich z. B. direkt am Hakenkreuz (nur einmal neben dem Hitlergruß *das* Zeichen für NS-Gesinnung) festmacht und z. B. sagt: „militärgeschichtliche Sammlungen sind in Ordnung, aber wenn ein Hakenkreuz dabei ist, dann bitte in jedem Einzelfall vom BMVg genehmigen lassen, damit wir wissen, daß mit so etwas nicht Schindluder getrieben wird.)
7. „Das Ausschmücken von Diensträumen mit Exponaten und Darstellungen aus der Wehrmacht und der NVA ist außerhalb von Ausstellungen in Militärgeschichtlichen Sammlungen grundsätzlich nicht gestattet“
Das scheint mir der Punkt zu sein, wo der neue Traditionserlaß über den alten *konkret* hinausgeht. Ich selber hätte das als Minister vielleicht nicht befohlen, aber das fällt dann eben unter „wird wie befohlen ausgeführt“. Deswegen hindert die Soldaten ja nichts, sich die entsprechenden Darstellungen in Büchern anzuschauen, wenn sie es wünschen^^
8. “ Das Singen in der militärischen Gemeinschaft ist ein alter Brauch, der bewahrt werden soll.“
Sehr richtig. Ich bezweifle nur, daß das gemacht werden wird.
„Es unterliegt der Wertebindung der Traditionspflege in der Bundeswehr.“
Klar. Wir wollen doch nicht, daß deutsche Soldaten gegen die Werte verstoßende Haltungen dann auch noch besingen.
Also „Auf der Straße nach Berlin“ sofort verbieten („Achtung der Menschenwürde“, dazu gehören doch wohl auch Frauen) und das Panzerlied, „Rot scheint die Sonne“, „Westerwald“ usw. sofort wieder erlauben, die im höchsten Fall ja die ausdrücklich erlaubte kriegerische Tapferkeit besingen.
(Und damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich gehören auch – echte – Nazilieder strikt verboten! Also z. B. kein „Bomben auf Engelland“.)
Ich habe nur so meine Zweifel, daß man das so auslegen wird.
@ Vodoo
So schwer finde ich den von Ihnen zitierten Passus gar nicht !
z.B. Guderian kann in der Lehre als Panzertaktiker genutzt werden, ist aber kein Vorbild für die Bw, da er mit seinem Einsatz den verbrecherischen Zielen der Nazis diente.
Sein Verhalten ist nicht stinnstiftend für die heutige Zeit mit Bezug auf die Werte des Grundgesetzes !
So,so, wir haben also keine Tradition? Wie wäre es denn mit dem Folgenden:
Ich habe mal meine Kindheitserinnerungen sowie (schwerpunktmäig) Wikipedia bemüht:
Out-of-Area-Einsätze der Bundeswehr:
• 1960 Erdbeben Agadir
• 1962 Sturmflut Hamburg
• 1975 Waldbrände
• 1976 Friaul/Italien Erdbeben
• 1990/91 Operation Südflanke – Persischer Golf
• 1992/93 Kambodscha
• 1993794 Somalia
• 1994 Ruanda
• 1991-96 Irak
• Operation Sky Monitor 1992
• Operation Deny Flight 1993–1995
• Schneller Einsatzverband zur Unterstützung der UNPROFOR 1995
• Operation Deliberate Force 1995
• IFOR mit GECONIFOR 1995–1996
• Marineoperationen in der Adria 1992–1996 Operation Maritime Monitor, Operation Maritime Guard, Operation Sharp Guard
• SFOR mit GECONSFOR 1996–2004 (Operation Joint Guard, Operation Joint Forge)
• KFOR seit 1999, Operation Joint Guardian, United Nations Interim Administration Mission in Kosovo, Operation Allied Harvest
• EUFOR Operation Althea, seit 2004
• Albanien 1997:Operation Libelle, Lotterieaufstand
• Mittelmeer, seit November 2001, Operation Active Endeavour
• Afghanistan, seit Dezember 2001, ISAF, RS und Operation Enduring Freedom
• Dschibuti und Golf von Aden, seit Dezember 2001, Operation Enduring Freedom
• Demokratische Republik Kongo, Juni bis November 2006, EUFOR RD Congo
• Libanon, seit September 2006, Deutscher Einsatzverband Marine,
Ich glaube daraus kann man viel ableiten. Das muss man unseren jungen Soldaten servieren – alles andere/ewig gestrige: ab damit auf den Müllhaufen der Geschichte.
Denn diese jungen Soldaten werden uns in einigen Jahren, wenn wir auf dem Altenteil sitzen, verteidigen – also geben wir ihnen jetzt das richtige Selbstverständnis mit auf den Weg.
Wenn militärische Exzellenz allein nicht mehr genügt, um traditionststifftend zu sein, dann bleibt nur noch der „Heldentod“ oder der Ungehorsam gegenüber der militärischen Führung, welcher dann durch die Geschichte legitimiert wird.
Ich befürchte nur, dass wenn Frau v.d.L. so weitermacht, wird von der Bundeswehr, in die ich vor fast 30 Jahren aus tiefer Überzeugung eingetreten bin, nichts mehr übrig sein.
Bei allem Ärger über Frau von der Leyen!
Ich finde es großartig, dass einem Unteroffirzier diese Ehrung zu Teil wurde.
Denn gerade diese Personen tragen die Last des Kampfes.
@Georg | 28. März 2018 – 20:16
Guderian diente den verbrecherischen Zielen der politischen Führung. Vorsätzlich, fahrlässig oder wie? Das ist doch der feine Unterschied. Wenn man dieses von ihnen gewählte Konstrukt durchdenkt, dürfen wir auch der Gefallenen insgesamt nicht gedenken, da sie den verbrecherischen Zielen der Führung des III. Reiches dienten. Und schließlich haben Wehrmachtssoldaten die Bw aufgebaut, obwohl sie im Krieg zuvor „verbrecherischen Zielen dienten“ und sind damit Teil der Bw-Geschichte, auf die man zurückblickt. Auftragstaktik diente auch verbrecherischen Zielen etc. etc.
Nicht falsch verstehen: ich bein gedanklich ziemlich nahe bei Ihnen. Manch ruhmreicher Feldherr war gut im Krieg, diente aber schlechten Zielen.
Ich störe mich immer nur an dem pauschalen „Einsatz für die Ziele“ als Kill-Kriterium. An mancher Stelle wird man auch Mut beweisen müssen, warum eine Person vorbildlich sein kann (Lent).
@cosmo
Ok, und wo ist da ein Vorbild zu finden? Gab es Panzeroffiziere wie Otto Carius, Feldherren wie Erwin Rommel? Gab es Piloten vom Schlage eines Hartmanns? Worauf soll der einfache Soldat sowie der Truppenführer sehen?
Der Wehrbeauftragte der Bundeswehr erzählt gerade im Heute-Journal vom Mittwoch etwas von „Musterung“ und Eignungsfeststellung.
Seit 2011 gibt es keine Musterung mehr!
Was haltet ihr davon?
Gruß
@Anonymer_Typ | 28. März 2018 – 21:53
DANKE!
Zitat cosmo | 28. März 2018 – 20:35: „So,so, wir haben also keine Tradition? Wie wäre es denn mit dem Folgenden: … Out-of-Area-Einsätze der Bundeswehr: …“.
In keinem Einsatz hat die Bundeswehr gezielt Gefechte gesucht und geführt, ausgenommen den Luftkrieg um das Kosovo 1999. Zumeist handelte die Bundeswehr als gehärtete Polizei oder THW. Wenn sie dabei ihre Waffen abfeuerte, dann reaktiv zur Selbstverteidigung oder punktuellen Nothilfe.
Für eine Armee, die einen Krieg hoher Intensität gewinnen soll, ist das Kleinkram. Deswegen verlacht die Kampftruppe den neuen Traditionserlaß. Sie wird die Unterrichte und PolBil-Seminare/-Maßnahmen, die das ZInFü zum neuen Erlaß herausbringen wird, ignor … ich berichtige, in ihr Herz schließen.
@Anonymer_Typ
Der HptFw Lagenstein wäre ein Vorbild!
Ich bin überrascht, dass immer wieder die gleichen Argumente hervorgezaubert werden, wenn es um den Traditionserlass geht.
Für Taktik und Verfahren können (und konnten immer schon) in der Lehre die Erfahrungen aus verschiedensten Kriegen genutzt werden. Diese sind in der Geschichte nun mal mit den Namen der damaligen Planer verbunden, der „Schlieffen-Plan“ sei hierzu als Beispiel angeführt. Deshalb muss ich aber keine Kaserne danach benennen und auch kein Denkmal aufstellen um das zur Tradition hochzustilisieren.
@Zapfenstreich
Warum, weil er gefallen ist?
So tragisch es auch ist, ich kann absolut keine vorbildliche, traditionsstiftende Leistung erkennen, weder in den Umständen, die direkt zu seinem Tod geführt haben, noch sonstwie in seiner Karriere. Er hat treu gedient und seine Pflicht erfüllt. Aber mehr nun einmal auch nicht, und dass meine ich ganz explizit, ohne sein Andenken oder Leistungen schmälern zu wollen.
Natürlich soll unseren Gefallenen gedacht werden, und dass es besonders für seine „direkten“ Kameraden eine sehr schöne Geste ist steht völlig außer Frage. Aber soll es schon herrausragend sein, wenn man „nur“ seine Pflicht tut, und das erfüllt, was von einem Soldaten erwartet wird?
Es ist nur mein persönlicher Eindruck, aber mir scheint es, als würde man jetzt händeringend versuchen, der Bundeswehr eigene Helden zu stiften, um eben nicht mehr auf Soldaten der Wehrmacht oder frührer deutschen Armeen zurückgreifen zu müssen.
Ich möchte nochmal in aller Deutlichkeit sagen, dass ich die Leistungen und das Andenken an den HptFw in keinster Weise schmälern will!
Wenn deutsche Soldaten nicht einmal mehr Zugang zur Schlacht von Cambrai finden, wie der Oberst das in seiner Ansprache behauptet, dann ist das für diese Armee ein Armutszeugnis sondergleichen.
Bleibt abzuwarten wie beispielsweise mit Richthofen, Boelcke und Immelmann verfahren wird.
Wie hier schon im Artikel mit dem Bezug zu Franco A. klar wird. ist das ganze eine politische-mediale Inszenierung, die nicht nötig gewesen ist. Franco A. ist in der französischen Armee geprägt worden, wie auch so mancher franz. Kamerad z.B. in der D-F Brigade keine Probleme mit dem militärischen Handwerk der Wehrmacht hat. Und so war es auch gestern in der Emmich-Cambrai Kaserne sehr mediengerecht. Eine Inszenierung von „Diskussion“, in der sich der Moderator nicht vorstellt, der Hinweis auf Fragen aus dem „Publikum“ kurz vor Schluß gegeben wird, von „Unternehmensphilosophie“ gesprochen wird und Hilfe bei Naturkatastrophen und bei Bindertenprojekten hervorgehoben werden. Da ist es nur konsequent, daß außer dem Tod des Kameraden Lagenstein seine sonstigen Verdienste wie die gestanzten Formulierungen unserer Beurteilungen verlesen wurden und es nicht einmal erwähnenswert war, daran zu erinnern, daß am selben Tag noch ein weiterer Kamerad gefallen ist.
Und in kurzer Zeit werden auch die neuen Lehrgangsteilnehmer den Namen „googeln“ wie zuvor Emmich-Cambrai, wenn es sie überhaupt interessiert.
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie manche es schaffen, in gewissen Dingen immer nur das negative zu sehen.
Ich durfte mich mehrfach mit dem 1982er Traditionserlass auseinandersetzen und fand ihn ausreichend genug, um unseren bundeswehr-internen Ansprüchen gerecht zu werden. Daher war ich auch kein Freund der Entscheidung gewesen, einen „neuen“ zu schreiben, vor allem unter den damaligen Rahmenbedingungen und der damit einhergehenden Begründung.
Nachdem ich gestern den neuen Erlass mir das erste Mal durchgelesen habe, bin ich positiv überrascht. Er enthält Auflagen (bswp. Umgang mit Wehrmacht und NVA), gibt Grenzen vor (u.a. Nutzung von Beispielen auch aus dem 2. Weltkrieg in Lehre und Ausbildung) und lässt in meinen Augen dennoch genügend Spielraum zwischen diesen. Ist es nicht das, was mal als militärischer Führer immer will? Und im Zweifel steht bereits im Erlass, wo Hilfe zu finden ist, wenn man diese benötigt.
Nun liegt es an uns, den neuen Traditionserlass mit Leben zu füllen!
„Für eine Armee, die einen Krieg hoher Intensität gewinnen soll, ist das Kleinkram. Deswegen verlacht die Kampftruppe den neuen Traditionserlaß. Sie wird die Unterrichte und PolBil-Seminare/-Maßnahmen, die das ZInFü zum neuen Erlaß herausbringen wird, ignor … ich berichtige, in ihr Herz schließen.“
Manchmal glaub ich, die Ministerin hat doch recht mit dem Haltungsproblem – und @Koffer, das sind die Auswirkungen, wenn die Truppe selbst bestimmt, was Tradition ist.
Wo ist denn hier die groß eingeforderte Loyalität und die Identifikation mit dem „Großen und Ganzen“ (sorry, finde grad keine bessere Formulierung). Hier spricht Arroganz und Besserwissen, oben die Blöden, unten die Weisheit. Ich muss vollgas laufen gehen, dann kann ich das Kot… darauf schieben.
Ein strittiger und kontroverser Ansatz?
Heute im DLF mit Wolfssohn
http://www.deutschlandfunk.de/traditionserlass-historiker-wolfssohn-kritisiert.1939.de.html?drn:news_id=866477
@cosmo: Danke…
Sowie Kosovo und Nordirak. Wir haben Millionen Menschen allein in den letzten Jahren das Leben gerettet, als im Nordirak der Genozid drohte.
@ Cosmo und AoR
Jetzt möchte ich bitte gerne erklärt haben was die Tradition sein soll in den geschilderten Einsätzen ? Gerne anhand der Flutkatastrophe HH 1962 oder aber auch GECONIFOR …
Und wenn bald jeder gefallene Kamerad Vorbild sein soll und wir eine Kaserne nach ihm benennen, dann gehen uns bald die Kasernen aus … ich sehe überaus nicht klar in dem Erlaß …
Zitat diba | 29. März 2018 – 8:42: “ …. Manchmal glaub ich, die Ministerin hat doch recht mit dem Haltungsproblem – und @Koffer, das sind die Auswirkungen, wenn die Truppe selbst bestimmt, was Tradition ist. …“
Falsch. Denn Kriegshandwerk und -kunst zielen darauf ab, unter möglichst geringen eigenen Verlusten den Feind zu besiegen. Aber dieses gewesene, gegenwärtige und bleibende Prinzip aller Gefechte und Schlachten spiegelt sich fast gar nicht im neuen Traditionserlaß wider, nicht in den bisherigen In- und Auslandseinsätzen der Bundeswehr, und auch nicht in den ständigen Übungen im GefSimZ, GÜZ, SIRA usw.. Dort erleben die Soldaten tagtäglich Dutzende, wenn nicht Hunderte Üb-Tote und Üb-Verwundete durch die Wirkung eigener oder feindlicher Waffen.
Genau deswegen nehmen die Soldaten den Erlaß nicht ernst: er will sozusagen Vorbilder für ein Wetter mit leicht bedecktem Himmel vermitteln. Damit kann kein Soldat etwas anfangen, der sich mit seinen Kameraden für den Orkan vorbereitet.
Nicht die Truppe hat hier ein Haltungsproblem. Vielmehr haben manche Außenstehende ein Wahrnehmungs- oder Folgerungsproblem.
@Wo ist denn hier die groß eingeforderte Loyalität und die Identifikation mit dem „Großen und Ganzen“ (sorry, finde grad keine bessere Formulierung)
Wie soll man sich den mit etwas identifizieren, an dem man selbst keinerlei Anteil hatte? Die Truppe wird sich, und das ist Mutmaßung meinerseits, durch solche plumben Erlasse von oben, auf die sie selbst keinerlei Einfluss hatte, ganz einfach nur übergangen fühlen, und sich ganz sicher nicht damit identifizieren können. Ich weiß jedenfalls, dass es bei mir so ist.
Und Loyalität ist keine Einbahnstraße; es gibt ein Haltungsproblem, aber nicht bei der Truppe, sondern bei der politischen Führung. Anstatt das Vertrauen und die Loyalität in die eigenen Soldaten zu haben, als mündige Staatsbürger in Uniform wenigstens einen Anteil an der Schaffung des Traditions erlasses zu haben, beschließt man es lieber im kleinen Kreise über die Köpfe der Soldaten hinweg, ohne ihnen zumindest die Chance zu geben, Verbesserungsvorschläge oder -wünsche zu äußern.
Das ist auch leider nicht das erste Mal, dass sich Frau von der Leyen auf Kosten „ihrer“ Soldaten in Szene setzt. Da fehlt die Loyalität.
Da zu diesem Thema hier und an anderer Stelle bereits reichlich Argumente ausgetauscht wurden, möchte ich es bei einer einfachen Meinungsäußerung belassen:
„Militärische Exzellenz allein genügt jedenfalls nicht.“
Für mich auch schon vor der Neuausgabe des Traditionserlass integraler Bestandteil meines Selbstverständnis. Ohne diesen würde ich keine Uniform tragen. Ich finde den Erlass größtenteils gelungen.
Besondere Bedeutung in der Traditionspflege der Bundeswehr haben:
die schwarz-rot-goldenen Nationalfarben als Symbol demokratischen
Selbstverständnisses,
die Nationalhymne als Ausdruck des Bewahrens von Einigkeit, Recht und
Freiheit,
der Adler des deutschen Bundeswappens als Zeichen nationaler
Souveränität und der dem Recht dienenden Macht,
das Eiserne Kreuz als nationales Erkennungszeichen und als Sinnbild für
Tapferkeit, Freiheitsliebe und Ritterlichkeit.
Sehr schön und natürlich einverstanden. Das EK als hohe Tapferkeitsauszeichnung wird nunmehr also wieder neu gestiftet! Oder?
Wo finde ich als Offizier der Panzertruppe eine Möglichkeit traditionsstiftende Elemente für meinen Kernauftrag – das Gefecht mit schwerem Gerät – zu finden?
Wenn mir einer der Erleuchteten das mal erklären könnte wäre ich dankbar.
Die Frage warum mein Vater und ich gute und erinnerungswerte Soldaten sind/waren, während mein Großvater und Urgroßvater, die aus genau den gleichen Beweggründen ihrem Vaterland in ungleich schwierigeren Zeiten gedient haben, behandelt werden wie Schwerverbrecher und ich nichtmal Fotos von ihnen im Dienstzimmer aufhängen darf, wäre dann die zweite.
Als jemand, der Militärmusik schön findet: Was ist jetzt noch erlaubt? Der Marsch in dem Link, geht das noch (sorry, der Schwachkopf aus Bayern wird leider gezeigt)? https://youtu.be/ClUWxpi63_o
[Oh weh. Ich ahne schon die erbosten Reaktionen und bitte erneut darum, hier nicht bewusst zu provozieren… Was den Marsch angeht: Der wurde auch beim Appell zur Kasernenumbenennung nach der Unterzeichnung des Traditionserlasses gespielt. T.W.]
Das ist tatsächlich nicht ganz einfach, aber Sie sind ja auch kein Offizier der Panzertruppe, sondern Offizier der Panzertruppe der Bundeswehr. Und da wir in den 62 Jahren keinen Kampfauftrag mit dem Großgerät hatten, werden die gesuchten Anknüpfungspunkte nicht zu finden sein. Dafür aber Anknüpfungspunkte für den Offizier der Bundeswehr – ohne TrGtg-Bezug.
Dazu treten dann die, vermutlich sehr raren, Anteile des II.WK, in denen PzTrT, abseits von Angriffskrieg, in „sauberen“ Verbänden und von untadeligen Offz/Uffz geführt, militärische Excellenz bewiesen haben.
Daneben bleibt immer aber die Darstellung und die auch detaillierte Kenntnis der technischen Geschichte und der Taktik der Panzertruppe = das ist aber eben nur Wissen und keine Tradition.
Fazit: Tradition ist eben nur eine ganz kleine Restmenge aus technischer Geschichte, Uniformträgern und Einsätzen – es wird keiner behaupten wollen, dass Traditionsbildung einfach ist… .
@Klaus-Peter Kaikowsky
„Das EK als hohe Tapferkeitsauszeichnung wird nunmehr also wieder neu gestiftet! Oder?“
Naja, da das Ek für jeden Krieg neu gestifftet werden muss (oder es jedenfalls historisch so gehandhabt worden ist), und wir uns momentan nicht im Krieg befinden, wohl eher nicht.
In dem Zusammenhang versteh ich dann auch wiederum nicht, warum man man Ehrenkreuze der Bundeswehr, die höchste Auszeichnung in unserem „Friedensbetrieb“, dann auch schon an Soldaten verleiht, die z.B. „nur“ Ersthelfer bei zivilen Autounfällen waren.
Etwas vom Thema weg, aber warum man keine Verwundetenauszeichnungen gestiftet hat, versteh ich auch nicht. Es wäre natürlich nur ein sehr schwacher Trost, aber doch ein Zeichen der Wertschätzung für Verwundete Kameraden, und ich finde eine sehr gute Geste.
@Mackiavelli
„Wo finde ich als Offizier der Panzertruppe eine Möglichkeit traditionsstiftende Elemente für meinen Kernauftrag – das Gefecht mit schwerem Gerät – zu finden?“
Was hat der Kernauftrag mit Tradition zu tun? Das ist lediglich der Zweckbestimmte Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel.
Traditionell setzt dazu die Panzertruppe gepanzerte Gefechtsfeldfahrzeuge ein. Nicht mehr und nicht weniger.
Provokativ gefragt: Welche Tradition bemüht der Berufskraftfahrer um seinen täglichen Dienst zu gestalten?
„Die Frage warum mein Vater und ich gute und erinnerungswerte Soldaten sind/waren, während mein Großvater und Urgroßvater, die aus genau den gleichen Beweggründen ihrem Vaterland in ungleich schwierigeren Zeiten gedient haben, behandelt werden wie Schwerverbrecher und ich nichtmal Fotos von ihnen im Dienstzimmer aufhängen darf“
Das wurde erstens schon vor längerem revidiert und zweitens ist ein Dienstzimmer immer noch ein Arbeitszimmer unseres Dienstherren. Eigentlich sollten da an den Wänden eher Einsatzpläne etc. hängen. Ich sehe keine Notwendigkeit darin, die Familiengeschichte im Büro zu veröffentlichen. Bei mir hängt das zu Hause an der Wand.
Ihre Tradition ist vorrangig eine FAMILIENtradition, da dass Soldatentum offenbar in der Familie gepflegt wurde. Das hat aber mit der Bundeswehrtradition nicht viel zu tun.
Sinnstiftend ist natürlich auch der Auftrag der Streitkräfte und dessen / deren Wertschätzung durch die Gesellschaft. In anderen Staaten ist das so.
@Auslandsdiener: „An mancher Stelle wird man auch Mut beweisen müssen, warum eine Person vorbildlich sein kann (Lent).“
Bitte erwägen Sie: Noch im Juni 1944 sprach Lent vom Endsieg und rief seine Männer dazu auf, „in leidenschaftlicher und fanatischer Weise bis zum letzten Blutstropfen zu kämpfen“. Er forderte auch, dass „Feiglinge erbarmungslos ausgerottet“ werden müssen. Beim Staatsakt für den im Oktober 1944 tödlich verunglückten Lent rühmte Reichsmarschall Göring dessen „unvergängliches Heldentum“.
@ VEREMUNDO
Bitte erwägen Sie auch, ihr Wissen auf den aktuellen Sachstand der Debatte bringen. Helmut Lent wurde durch ein Folgegutachten des Zentrums für Militärgeschichte und Sozialwissenschaften der Bw gewissermaßen „entlastet“ – so lässt sich eben nicht belegen, dass er er ein strammer Nazi war, eher das Gegenteil ist der Fall.So stand er als gläubiger Christ sehr wohl für seine Werte ein, was ihn allerdings auch nicht automatisch zum Widerständler macht. Der Rat der Stadt Rotenburg entschied sich nach diesem Gutachten, sich für die Beibehaltung des Kasernennamens einzusetzen.
Es war absehbar, dass die Debatte über die Lent-Kaserne in diesem Zusammenhang aufkommen würde… Das wird hier vermutlich noch Thema werden; ist aber in diesem Thread nicht das zentrale Thema.
Deshalb nur der Hinweis auf das erwähnte Gutachten, das allerdings zu keinem so eindeutigen Ergebnis kommt:
https://www.helmut-lent.de/wp-content/uploads/2017/11/Gutachten-Helmut-Lent-Inititiative_Kuhle_Pfeiffer.pdf
Ich würde aber darum bitten, dass jetzt nicht hier in diesem Thread diese Diskussion in aller Breite geführt wird.
Klaus-Peter Kaikowsky | 29. März 2018 – 20:00
Auch wenn sie hier eventuell abgekupfert haben, aber das Eiserne Kreuz ist Geschichte.
https://tinyurl.com/yasfnhag
Nicht das Eiserne Kreuz sondern das Balkenkreuz oder auch Schwarzes Kreuz ist unser nationales Erkennungszeichen. Ferner geht die Bedeutung des Kreuzes auf das Kreuz Christi zurück (Karfreitag).
Wir verleihen für hervorragende Einzeltaten das Ehrenkreuz und nicht das Eiserne Kreuz, oder ?
https://tinyurl.com/y8x78bsp
oder
https://tinyurl.com/y8vmtjkm
Ich habe in der Schule gelernt dass unsere Nationalfarben hier den Ursprung haben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Deutsche_Revolution_1848/1849#/media/File:Maerz1848_berlin.jpg
[Uff, jetzt geht es hier aber munter durcheinander. Ich will doch sehr hoffen, dass nicht (mehr) das Balkenkreuz als das nationale Erkennungszeichnen angesehen wird, die Zeiten der Wehrmacht sind wirklich vorbei. Das Eiserne Kreuz ist das Hoheitssymbol der Fahrzeuge und Luftfahrzeuge der Bundeswehr. T.W.]
Danke @T.W.
@Milliway, Freiheitskriege nachlesen hilft und obigen Link.
@ Personaler
„Was hat der Kernauftrag mit Tradition zu tun? Das ist lediglich der Zweckbestimmte Einsatz der zur Verfügung stehenden Mittel.
Traditionell setzt dazu die Panzertruppe gepanzerte Gefechtsfeldfahrzeuge ein. Nicht mehr und nicht weniger.
Provokativ gefragt: Welche Tradition bemüht der Berufskraftfahrer um seinen täglichen Dienst zu gestalten?“
Na herzlichen Dank auch. Der Kommentar macht mir auf eine gewisse Art und Weise klar, wo der neue Traditionserlass auf Beifall hoffen kann und welche Differenzen es auch innerhalb der Bundeswehr gibt. Sie machen Ihrem Nickname alle Ehre.
@SER: Entschuldigen Sie die späte Antwort.
Tra·di·ti·o̱n „etwas, das seit vielen Generationen überliefert ist und als kultureller Wert gilt.“
Uns begleitet als aufgeklärte Gesellschaft das Erbe der Abrahamitischen Kultur die neben Islam und Christentum auch das Judentum beheimatet. Ein ganz besonderer Wert ist die präzise Überlieferung uralter spiritueller und sinnstiftender Rituale durch die Überlieferung des Alten Testaments. Dort findet man einen kleinsten gemeinsamen Nenner als Antwort auf die Frage, welches das höchte „göttliche Gebot“ sei: LEBEN SCHÜTZEN!
Dieser Nenner begleitet alle Glaubensrichtungen und präzisiert sich in deutscher Tradition auch in der militärischen Kleinstaaterei unserer Militärgeschichte: „Schützenferein“ wobei der Schütze auch der Beschützer ist.
Ritterlichkeit folgte in der abrahamitischen Gemeinde, im Christentum speziell dem Vorbild des barmherzigen Samariters.
Die internationalen Stabilisierungseinsätze im Rahmen heutigen aufgeklärten internationalen Rechts sowie der Nothilfe im Rahmen des GG, die Einsätze im ehemaligen Jugoslawien sowie im Nordirak waren in ihrem inneren Sinn immer dem Auftrag unterworfen Leben zu schützen in einer Lage die gekennzeichnet war unschuldiges ziviles Leben vor unaussprechlichem Leid zu schützen.
Traditionsstiftend ist immer auch ein Ritual welches übertragene Tradition bestätigt. Im Sinne dieser Tradition ist die Bundeswehr eine Verteidigungsarmee, um vornehmlich das deutsche Volk vor Gefahr zu beschützen, sie kann aber auch international agieren, um vergleichbares Leid robust von Anderen abzuwenden.
P.S: Die Wehrmacht schützte kein Leben, sie folgte der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft um zu vernichten. Daher ist sie im SInne unseres abrahamitisch-augeklärten Traditionsverständnisses nicht Sinn-stiftend. Sie diente nicht der Menschenwürde, sondern stand dem aufgeklärten Wert diametral gegenüber.
GFM Rommel, schoss er sich in den Kopf um sich selbst und seine Familie zu retten?
@ AoR
„Uns begleitet als aufgeklärte Gesellschaft das Erbe der Abrahamitischen Kultur die neben Islam und Christentum auch das Judentum beheimatet. Ein ganz besonderer Wert ist die präzise Überlieferung uralter spiritueller und sinnstiftender Rituale durch die Überlieferung des Alten Testaments. Dort findet man einen kleinsten gemeinsamen Nenner als Antwort auf die Frage, welches das höchte „göttliche Gebot“ sei: LEBEN SCHÜTZEN!“
Nein, wirklich nicht. Aus dem alten Testament militärische Traditionen herleiten zu wollen, ist so ungefähr das Letzte, was man in einer Armee, die sich am modernen Völkerrecht orientiert, tun sollte. Mal ganz abgesehen davon, dass atheistische Soldaten mit einer solchen ‚Tradition‘ wohl kaum etwas anfangen können.
„GFM Rommel, schoss er sich in den Kopf um sich selbst und seine Familie zu retten?“
Nein. Er schoss sich überhaupt nicht in den Kopf.
@milliway
Schwarz Rot Gold wurde erstmals 1848 verwendet. Allerdings waren das die Farben des Kaiserreichs und wurden vom Paulskirchenparlament aus diesem Grund auch gewählt.
Also mit den Traditionen ist das so eine Sache. Vor allem mit der Tradition die demokratisch legitimiert sein soll
@Mackiavelli
Sie verstehen mich diesbezüglich offenbar falsch. Ich bin weder Freund des neuen – noch Vertreter des alten Traditionserlasses.
Ich wollte mit meiner Antwort lediglich darlegen, dass man erst mal feststellen muss, dass der tägliche Dienstbetrieb gar nichts mit Tradition zu tun hat. Taktiken, Einsatzverfahren und auch der Kampf auf dem Schlachtfeld ist nunmal keine Tradition. Andernfalls müsste man dann auch sagen, dass die Deutschen am Ende traditionell die Kriegsfolgekosten bezahlen – ich denke, so möchte niemand Traditionen begründen, oder?
Übrigens ist ein der Name eines Verbandes oder einer (seegehenden) Einheit etwas Traditionelles – wenn er denn weitergegeben werden kann und darf. Das wurde in allen Armeen so gepflegt, selbst bei den meisten Ausländischen Armeen.
Das wiederum ist geschichtlich betrachtet bei unserer Vergangenheit sehr schwer umsetzbar, da vermeindlich alle bisherigen Namen vorbelastet sein sollen.
@AoR
Danke für diese Ausführung. So ewas ähniches hätte ich mir als Traditionsleitfaden gewünscht – wenngleich man nicht unbedingt bei Adam und Eva anfangen muss.
@ede144 | 30. März 2018 – 20:04
„Schwarz Rot Gold wurde erstmals 1848 verwendet. Allerdings waren das die Farben des Kaiserreichs und wurden vom Paulskirchenparlament aus diesem Grund auch gewählt.“
Das wird jetzt arg OT, aber natürlich ist schwarz-rot-gold noch (etwas) älter: Befreiungskriege –> burschenschaftliche Bewegung ab 1815 –> Hambacher Fest 1832…
@ede144
Etwas genauer geht es durchaus, zumal die historischen Abläufe komplexer sind.
„Paulskirche“ beschloss zwar 1848 die Farben des Deutschen Bundes als Schwarz-Rot-Gold. Übrigens noch mit Österreich als „Großdeutsche Lösung“.
Aber vorher schon:
Die Urburschenschaft von 1815 führte diese Farben erstmals und machte sie zu einem Symbol für die deutsche Einheit. Damals waren die zahlreichen deutschen Staaten nur durch den Deutschen Bund vereinigt.
Beim Hambacher Fest 1832 wurde die schwarz-rot-goldene Fahne erstmals (auch) in der heutigen Form geführt und wurde das Symbol für eine deutsche Republik.
Die Lent-Kaserne in Rotenburg darf weiterhin Lent-Kaserne heißen. Die Bundeswehr hat die Pläne, die Lent-Kaserne umzubenennen aufgegeben, wie die Kreiszeitung.de berichtet.
Weil die Soldaten, der Gemeinderat und der Kreistag den Kasernennamen nach dem Nachtjäger Lent beibehalten wollten, hat die BW die Umbenennung der umstrittenen Kaserne aufgegeben.
Offensichtlich hat man nichts dafür gefunden, daß Lent ein Nazi war und deshalb sieht die BW jetzt kein Bedürfnis mehr von oben aktiv zu werden, weil Soldaten, Gemeinderat und Kreistag den Namen behalten wollen.
Dabei wurde die Lent Kaserne immer als besonders Beispiel für die Umbenennung benannt.
Wenn dieses Beispiel schule machen sollte, dann würde es nur noch Umbenennungen geben, wenn dies von den Soldaten oder der Bevölkerung angestoßen wird und nicht mehr aktiv von oben, vom Ministerium aus.
Einige Umbenennungen von Kasernen, vor allem von drei Gebirgsjägerkasernen waren in der Vergangenheit sehr umstritten gewesen und erfolgten mindestens teilweise gegen die (Mehrheits)Meinung vor Ort.
[Danke für den Hinweis – ich muss mal offen lassen, ob die Interpretation so zutreffend ist. Vom Ministerium ist leider über die Ostertage keine Bestätigung für den Verzicht auf eine Umbenennung zu bekommen. T.W.]
@closius | 31. März 2018 – 10:34
„Wenn dieses Beispiel schule machen sollte, dann würde es nur noch Umbenennungen geben, wenn dies von den Soldaten oder der Bevölkerung angestoßen wird und nicht mehr aktiv von oben, vom Ministerium aus.“
Ich denke, Sie interpretieren hier etwas zu weit.
In der Tat soll ja gemäß (alter und neuer) Erlasslage eine Benennung (und damit auch Umbenennung) grundsätzlich aus dem/den Verband/Verbänden heraus erfolgen.
WENN allerdings das BMVg entscheidet, dass der bisherige Kasernenname „unwürdig“/unzulässig ist, dann kann natürlich auch weiterhin eine Umbenennung angewiesen werden.
Sie schreiben es ja selbst in Ihrem Kommentar:
„Offensichtlich hat man nichts dafür gefunden, daß Lent ein Nazi war und deshalb sieht die BW jetzt kein Bedürfnis mehr von oben aktiv zu werden…“